Leitsatz (amtlich)
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt in Verfahren nach § 36 ZPO nicht in Betracht.
Normenkette
ZPO §§ 36-37, 574; EGZPO § 9
Tenor
I. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Bestimmungsverfahrens.
III. Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird auf 14.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller beabsichtigen, den Antragsgegner zu 1), der ihnen eine Kapitalanlage empfohlen und vermittelt hat, sowie die Antragsgegnerin zu 2), als deren Vertreter der Antragsgegner zu 1) aufgetreten sei, wegen Verletzung vertraglicher Beratungspflichten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz zu verklagen. Nach der Darstellung der Antragsteller fanden die Gespräche, aufgrund derer sie sich zum Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung und zur Annahme des ihnen empfohlenen „Beteiligungsangebots” entschlossen, in den damaligen Büroräumen des Antragsgegners zu 1) in München statt.
Da die allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegner differieren – der Antragsgegner zu 1) hat seinen allgemeinen Gerichtsstand beim LG München II, die Antragsgegnerin zu 2) beim LG Hannover –, beantragen die Antragsteller, nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsames zuständiges Gericht zu bestimmen.
Die Antragsgegner haben sich dafür ausgesprochen, das LG Hannover zu bestimmen. Die Antragsteller haben sich diesem Vorschlag angeschlossen.
II. Das BayObLG ist das nach § 36 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 9 EGZPO für das Bestimmungsverfahren zuständige Gericht (vgl. Thomas/Putzo, 24. Aufl., § 36 ZPO Rz. 6a). Die beantragte Bestimmung kann jedoch nicht getroffen werden, weil die Bestimmung eines für Streitgenossen gemeinsam zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO voraussetzt, dass für den (beabsichtigten) Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; an dieser Voraussetzung fehlt es.
Bei Klagen auf Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Pflichten ist „streitige Verpflichtung” i.S.d. § 29 Abs. 1 ZPO diejenige Vertragspflicht, für deren Nicht- oder Schlechterfüllung Ersatz begehrt wird (Stein/Jonas/Schumann, 21. Aufl., § 29 ZPO Rz. 17; Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 29 ZPO Rz. 25 Stichwort „Schadensersatz”). Nach dem Klagevorbringen war schadensursächlich die mangelhafte Aufklärung und Beratung durch den Antragsgegner zu 1) bei den in seinen Büroräumen in München stattfindenden, unmittelbar zum Abschluss führenden Gesprächen. Die Aufklärungs- und Beratungspflichten der Antragsgegner wären also in München zu erfüllen gewesen. Das für diesen Ort zuständige Gericht ist daher für beide Antragsgegner nach § 29 Abs. 1 ZPO zuständig.
Im Falle der Ablehnung eines Bestimmungsantrags bedarf es einer Kostenentscheidung entsprechend § 91 ZPO (BGH, Beschl. v. 5.2.1987 – I AZR 703/86, MDR 1987, 735 = NJW-RR 1987, 757; BayObLG v. 31.8.1995 – 1Z AR 37/95, BayObLGZ 1995, 301 [305] = MDR 1995, 1261 = BayObLGReport 1995, 86).
Der Wert des Bestimmungsverfahrens ist gem. § 3 ZPO entsprechend dem Interesse der Antragsteller, die Antragsgegner bei demselben Gericht zu verklagen, auf einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache (von etwa 1/4) festgesetzt worden (vgl. BayObLG v. 31.8.1995 – 1Z AR 37/95, BayObLGZ 1995, 301 [305] = MDR 1995, 1261 = BayObLGReport 1995, 86).
Eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde war – entgegen einer in der Lit. vertretenen Ansicht (Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 37 ZPO Rz. 4; Thomas/Putzo, 24. Aufl., § 37 ZPO Rz. 6; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 60. Aufl., § 37 ZPO Rz. 6) – nicht veranlasst. Das OLG – und demgemäß auch das BayObLG in den Fällen des § 9 EGZPO – entscheidet nicht „im ersten Rechtszug” (vgl. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), sondern als übergeordnetes Gericht, in den Fällen des § 36 Abs. 2 ZPO anstelle des BGH. Die Zuständigkeit des BGH in Bestimmungsverfahren ist – nach wie vor – durch § 36 Abs. 3 ZPO abschließend geregelt, der durch das Zivilprozessreformgesetz unverändert geblieben ist.
Gummer Rojahn Seifried
Fundstellen
Haufe-Index 1103256 |
NJW 2002, 2888 |
MDR 2002, 1333 |
OLGR-MBN 2002, 444 |