Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 02 O 9985/99) |
LG Ingolstadt (Aktenzeichen 3 O 1856/99) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das Landgericht Ingolstadt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte eine Werklohnforderung in Höhe von 222 720 DM Hauptsache für die von ihr durchgeführte Demontage und Verschrottung einer Decklackspritzkabine und eines Decklack-Trockners bei der X-AG in Ingolstadt geltend.
Sie erwirkte beim Amtsgericht Ingolstadt den Erlaß eines Mahnbescheids. Nach Widerspruchseinlegung gab das Amtsgericht das Verfahren an das im Mahnbescheidsantrag als das für ein streitiges Verfahren als zuständig bezeichnete Landgericht Ingolstadt ab.
Dort beantragte die Klägerin, den Rechtsstreit an das Landgericht Leipzig zu verweisen.
Das Landgericht Ingolstadt erklärte sich mit Beschluß vom 8.12.1999 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Leipzig, das sich durch Beschluß vom 25.1.2000 ebenfalls für unzuständig erklärte und die Akten gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorlegte.
Entscheidungsgründe
II.
1. Da das Landgericht Ingolstadt zuerst mit der Sache befaßt war, ist nach § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen.
2. In der Vorlage durch eines der beteiligten Gerichte liegt das in § 37 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Gesuch.
3. Die beiden beteiligten Gerichte, von denen eines zuständig ist, haben sich rechtskräftig im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für unzuständig erklärt.
4. Als zuständiges Gericht ist das Landgericht Ingolstadt zu bestimmen.
a) Für die Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch waren ursprünglich sowohl das Landgericht Leipzig als Gericht des Sitzes der Beklagten (§§ 12, 17 ZPO) als auch das Landgericht Ingolstadt wegen des Gerichtsstands des Erfüllungsorts (§ 29 ZPO) zuständig.
Der Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen des auf Demontage und Verschrottung der in Ingolstadt befindlichen Decklack-Anlagen gerichteten Werkvertrages ist im Hinblick auf die besondere Ortsbezogenheit der vertragstypischen Leistung der Ort der Demontage (vgl. Zöller/Vollkommer 21. Aufl. § 29 Rn. 25 Stichwort „Werkvertrag”; OLG Koblenz NJW-RR 1988, 1401/1402 für ortsbezogene, der Errichtung eines Bauwerks vergleichbare Werkleistungen).
b) Gemäß § 35 ZPO stand der Klägerin insoweit ein Wahlrecht zu. Dieses Wahlrecht hat sie jedoch bereits dadurch ausgeübt, daß sie im Mahnbescheidsantrag gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das Landgericht Ingolstadt als das für das Streitverfahren zuständige Gericht bezeichnet hat. Mit Zustellung des entsprechend ausgefertigten Mahnbescheides ist die einmal getroffene Wahl für die Klägerin verbindlich und unwiderruflich geworden (BGH NJW 1993, 1273).
Damit war die Zuständigkeit des Landgerichts Ingolstadt geklärt und eine Verweisung an ein anderes Landgericht unzulässig.
c) Das Landgericht Leipzig war nicht nach § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO an den Verweisungsbeschluß des Landgerichts Ingolstadt gebunden.
Die gesetzlich angeordnete Verbindlichkeit eines Verweisungsbeschlusses wird zwar noch nicht dadurch in Frage gestellt, daß er auf einem Rechtsirrtum des Gerichts beruht oder sonst fehlerhaft ist. Aus rechtsstaatlichen Gründen (vgl. Art. 20 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) kann ein Verweisungsbeschluß aber nicht als verbindlich hingenommen werden, wenn ihm jede rechtliche Grundlage fehlt, so daß er objektiv willkürlich erscheint (BGH NJW 1993, 1273; 1996, 3013/3014; BayObLGZ 1993, 317).
So liegt es hier, da das Landgericht – als ein nach geltendem Recht unzweifelhaft zuständiges Gericht – den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verweist und damit objektiv den Anschein erweckt, es habe sich darüber hinweggesetzt, daß die Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 281 Abs. 1 ZPO die Unzuständigkeit des verweisenden Gerichts voraussetzt. Mangels einer diesbezüglichen Begründung des Beschlusses besteht auch kein Anhaltspunkt für einen Rechtsirrtum, der Willkür ausschließen würde (vgl. BayObLGZ 1993, 317).
d) Kommt dem Verweisungsbeschluß des Landgerichts Ingolstadt sonach keine Bindungswirkung zu, so ist das zuständige Gericht nach den materiellrechtlichen Zuständigkeitsvorschriften zu bestimmen.
Nach diesen aber ist, wie dargelegt, das Landgericht Ingolstadt nach § 29 Abs. 1 ZPO als Gericht des Erfüllungsortes zuständig, das der Kläger gewählt hat (§ 35 ZPO).
Unterschriften
Jaggy, Dr. Pongratz, Heiss
Fundstellen
Haufe-Index 1343796 |
NJOZ 2002, 5 |