Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen
Leitsatz (amtlich)
- Ein Eigentümerbeschluß, durch den der Vertreter eines Wohnungseigentümers mangels Vollmachtsnachweises von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen wurde, ist als Geschäftsordnungsbeschluß nicht anfechtbar. Wurde der Vertreter jedoch zu Unrecht ausgeschlossen, kann dies eine Anfechtung der übrigen in der Eigentümerversammlung gefaßten Eigentümerbeschlüsse begründen, sofern nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Beschlüsse auch ohne den Ausschluß zustandegekommen wären.
- Der Verwalter kann sich bei der ihm obliegenden Leitung der Eigentümerversammlung einer Hilfskraft bedienen.
- Beschließen die Wohnungseigentümer eine Sonderumlage, damit die Sicherheit als Voraussetzung der Zwangsvollstreckung aus einem gegen den Bauträger wegen Gewährleistungsansprüchen bezüglich des am gemeinschaftlichen Eigentums erstrittenen Urteils geleistet werden kann, hat sich der Bauträger, der zugleich Wohnungseigentümer ist, anteilig an der Sonderumlage zu beteiligen.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, § 23 Abs. 4, § 24 Abs. 5
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.12.2000; Aktenzeichen 1 T 21226/00) |
AG München (Entscheidung vom 25.10.2000; Aktenzeichen 484 UR II 982/99) |
Tenor
- Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 28. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
- Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15.266,76 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin, eine GmbH, und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
In § 14 der Gemeinschaftsordnung vom 27.11.1987 ist bestimmt, daß einer schriftlichen Vollmacht bedarf, wer in einer Eigentümerversammlung als Vertreter eines Wohnungseigentümers auftritt.
Die Antragstellerin hat die Wohnanlage als Bauträgerin errichtet. Sie wurde durch vorläufig vollstreckbares Teilurteil vom 10.8.1999 zur Zahlung eines Kostenvorschusses von etwa 124.000 DM zur Beseitigung von Baumängeln am gemeinschaftlichen Eigentum an die klagenden Wohnungseigentümer verpflichtet.
In der Eigentümerversammlung vom 27.10.1999 erschien für die Antragstellerin deren Prokurist, der weder eine schriftliche Vollmacht noch einen Nachweis seiner Prokura vorlegen konnte. Den Antrag, dem Prokuristen die Teilnahme an der Versammlung zu erlauben und ihm das Recht einzuräumen, sich zu Wort zu melden, lehnten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 2 ab.
Unter TOP 2 beschlossen die Wohnungseigentümer die Erhebung einer Sonderumlage, um die Sicherheit von etwa 124.000 DM zur Vollstreckung aus dem Teilurteil vom 10.8.1999 leisten zu können; außerdem beschlossen sie, den auf die Antragstellerin entfallenden Anteil von etwa 15.000 DM für den Fall, daß er nicht freiwillig bezahlt werde, einzuklagen.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 und 7 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 25.10.2000 stattgegeben. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 28.12.2000 den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 2 verworfen und den Antrag im übrigen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat ausgeführt: Der Eigentümerbeschluß zu TOP 2 sei als Geschäftsordnungsbeschluß mit Beendigung der Eigentümerversammlung gegenstandslos geworden. Er könne daher nicht angefochten werden, jedoch die Anfechtung anderer in der Eigentümerversammlung gefaßter Beschlüsse begründen. Dies sei aber nicht der Fall, weil der Prokurist der Antragstellerin zu Recht von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen worden sei. Das Verlangen nach einem schriftlichen Nachweis der Vertretungsbefugnis des Prokuristen sei nicht rechtsmißbräuchlich. Der Prokurist habe im September 1999 in mehreren Schreiben an die Verwalterin im Gegensatz zu früheren Schreiben ohne den auf seine Prokura hinweisenden Zusatz unterschrieben. Das Weiterbestehen der Prokura habe daher in Zweifel gezogen werden können.
Ebenso wie die Kosten für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer gegen den Bauträger, der Wohnungseigentümer sei, gehörten auch die zur Vollstreckung des Titels gegen ihn aufzubringenden Beträge zur Leistung der Sicherheit zu den Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Antragstellerin sei daher zu Recht anteilig an der Sonderumlage beteiligt worden. Daran ändere es nichts, daß jetzt nicht mehr alle Kläger, die das zu vollstreckende Urteil erstritten hätten, Wohnungseigentümer seien.
Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
- Die Erstbeschwerde der Antragsgegner ist innerhalb der Frist des § 45 Abs. 1 WEG eingegangen, nämlich nach einem Vermerk des Urkundsbeamte...