Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Werden zwei aneinandergrenzende Wohnungen abweichend von der Teilungserklärung und den Teilungsplänen errichtet, kann sich aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Anpassung der Teilungserklärung an den tatsächlichen Zustand ergeben. Dabei kann es der Billigkeit entsprechen, daß dem Wohnungseigentümer, der durch die Anpassung einen Rechtsverlust erleidet, unabhängig von der Höhe des Kaufpreises, den er beim Erwerb seiner Wohnung gezahlt hat, ein Ausgleich zu zahlen ist.

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 3283/01)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 1029/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 8. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Wohnungen grenzen aneinander. Die tatsächliche Bauausführung der beiden Wohnungen weicht von der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung samt Aufteilungsplänen ab. Eine Trennwand zwischen den beiden Wohnungen wurde verschoben, so daß eine Fläche von etwa 11 m², die nach dem Aufteilungsplan zur Wohnung der Antragsgegnerin gehört, in die Wohnung des Antragstellers einbezogen ist.

Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, einer Änderung der Teilungserklärung dahin zuzustimmen, daß diese und die Teilungspläne dem tatsächlich bestehenden baulichen Zustand angepaßt werden. Die Antragsgegnerin hat sich hierzu nur gegen Zahlung eines Betrags von 25.000 DM bereit erklärt. Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers am 9.2.2001 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 8.5.2001 dem Antrag Zug um Zug gegen Zahlung von 25.000 DM stattgegeben. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Dem Antragsteller stehe aufgrund der dem Gemeinschaftsverhältnis innewohnenden Treuepflichten ein Anspruch darauf zu, die Teilungserklärung der veränderten Sachlage anzupassen. Die angemessene Lösung bestehe darin, daß einerseits die Teilungserklärung und die Teilungspläne den tatsächlichen Verhältnissen angepaßt würden, andererseits der Antragsteller hierfür eine Ausgleichszahlung zu leisten habe. Ohne Bedeutung sei, zu welchem Kaufpreis die Antragsgegnerin ihre Wohnung erworben habe.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Gegenstand des Rechtsbeschwerde Verfahrens ist nur die Frage, ob der Antragsteller zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet ist. Diese Frage hat das Landgericht ohne Rechtsfehler bejaht. Das Eigentum der Antragsgegnerin, so wie es derzeit aufgrund der Eintragung im Grundbuch besteht, wird durch eine Anpassung an die tatsächlichen baulichen Gegebenheiten geschmälert. Dies rechtfertigt unter Billigkeitsgesichtspunkten grundsätzlich die vom Landgericht festgesetzte, vom Antragsteller Zug um Zug zu erbringende Ausgleichszahlung. Die Rechtsansicht des Landgerichts deckt sich insoweit mit der vom Senat in seinen beiden Entscheidungen in dieser Sache vom 30.7.1998 (NZM 1998, 973 = ZMR 1998, 794) und vom 25.5.2000 (NZM 2000, 1024 = ZMR 2000, 464) vertretenen Meinung. Aus Rechtsgründen ist es insbesondere nicht zu beanstanden, daß das Landgericht es außer Betracht gelassen hat, welchen Kaufpreis die Antragsgegnerin beim Erwerb ihrer Wohnung gezahlt hat. Die Höhe des Kaufpreises ändert nichts daran, daß die Antragsgegnerin durch die ihr jetzt abverlangte Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung einen Rechtsverlust erleidet, der durch die Zahlung ausgeglichen werden soll.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

 

Unterschriften

Dr. Reichold, Demharter, Werdich

 

Fundstellen

Haufe-Index 625087

BayObLGR 2001, 83

NZM 2001, 752

ZMR 2001, 988

ZfIR 2001, 745

WE 2002, 80

WuM 2001, 504

ZWE 2001, 605

IWR 2001, 65

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