Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wohnungseigentümer, der Rechtsnachfolger des Handlungsstörers ist, kann nicht auf Beseitigung, sondern lediglich auf Duldung der Beseitigung einer auf der Sondernutzungsfläche eines anderen Wohnungseigentümers errichteten Anlage in Anspruch genommen werden.
2. Ein Verstoß gegen das Schikaneverbot kommt nur in Betracht, wenn für die Geltendmachung eines Anspruchs keinerlei berechtigtes Interesse ersichtlich ist und diese lediglich den Zweck verfolgt, den Antragsgegner zu schädigen.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 26.04.2004; Aktenzeichen 1 T 13924/03) |
AG München (Beschluss vom 15.07.2003; Aktenzeichen 484 UR II 1177/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München I vom 26.4.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich derjenigen des Streithelfers zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird auf 20.000 Euro festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzungen im Beschluss des LG und im Beschluss des AG München vom 15.7.2003 werden entsprechend abgeändert.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind Miteigentümer in einer Wohnanlage. Die Anlage besteht aus dreizehn Reihenhäusern und einem Zweifamilienhaus (Einheit Nr. 14 und 15). Der Antragsteller ist Sondereigentümer der im Aufteilungsplan mit Nr. 14 und Nr. 15 bezeichneten Einheiten. Die Antragsgegner haben das im Aufteilungsplan mit Nr. 13 bezeichnete Reihenhaus 1998 vom Streithelfer des Antragstellers erworben. Nach Anlage II zur notariellen Urkunde vom 1.10.1979 ist dem Antragsteller als Eigentümer der Einheiten Nr. 14 und Nr. 15 das ausschließliche Benützungsrecht an der im Lageplan (Anlage III) grün und gelb angelegten Gartenfläche, Gartenterrasse und Vorplatzfläche sowie allen Baulichkeiten und Anlagen auf diesen Flächen eingeräumt, den Antragsgegnern als Eigentümern der Einheit Nr. 13 das ausschließliche Benützungsrecht an der im Lageplan braun schraffiert eingezeichneten Fläche. Beide Flächen grenzen unmittelbar aneinander an.
Der Antragsteller hat beim AG beantragt, die Antragsgegner samtverbindlich zu verpflichten, den auf der Sondernutzungsfläche zu den Wohneinheiten Nr. 14 und Nr. 15 befindlichen Zaun auf eigene Kosten so zu versetzen, dass dieser mit einem Abstand von maximal 6m parallel zur westlichen Hauswand des Reihenhauses Nr. 13 verläuft. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe dem Streithelfer als Rechtsvorgänger der Antragsgegner aus reiner Gefälligkeit unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs seinerzeit bei Errichtung der Anlage gestattet, den Grenzzaun um 3m in westlicher Richtung versetzt auf seiner Sondernutzungsfläche zu errichten. Dies sei den Antragsgegnern vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags mitgeteilt und von diesen akzeptiert worden.
Das AG hat die Antragsgegner durch Beschluss vom 15.7.2003 verpflichtet, die Versetzung des Zauns durch den Antragsteller auf dessen Kosten zu dulden. Das LG hat die von den Antragsgegnern eingelegte sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 26.4.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II.1. Das LG hat ausgeführt:
Der Anspruch auf Duldung der Beseitigung des Zauns ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3, § 22 WEG, da der Zaun sich nicht auf der Grenze der Sondernutzungsflächen befinde, sondern 3 m versetzt auf der Gartenfläche des Antragstellers. Dies sei aus dem im Maßstab 1:1000 errichteten Lageplan (Anlage III) ersichtlich, auf den in Anlage II zur notariellen Teilungserklärung vom 1.10.1979 Bezug genommen werde. Die Antragsgegner seien weder Handlungs- noch Zustandsstörer, so dass sie lediglich die Wiederherstellung der "richtigen" Grenzsituation zu dulden hätten. Der Anspruch sei weder verwirkt noch verstoße seine Geltendmachung gegen das Schikaneverbot.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegner einen Anspruch auf Duldung der Versetzung des Zauns gem. § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1 WEG.
a) Für die Abgrenzung des dem Antragsteller als Eigentümer der Einheiten Nr. 14 und Nr. 15 eingeräumten Sondernutzungsrechts von dem zu Gunsten der Antragsgegner als Eigentümern der Einheit Nr. 13 bestehenden Recht kommt es in erster Linie auf Anlage II zur notariellen Urkunde vom 1.10.1979 und den dieser als Anlage III beigefügten Lageplan an. Das Rechtsbeschwerdegericht kann den Inhalt und Umfang eines Grundstücksrechts, wie es sich aus dem Grundbuch sowie aus der in der Eintragung zulässiger Weise in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung samt Anlagen, insb. Lageplänen ergibt, selbständig auslegen, wobei auf Wortlaut und Sinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung darstellt (BGH v. 29.1.1993 - V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 [239] = MDR 1993, 442; Merle in Bärmann/...