Entscheidungsstichwort (Thema)

Altrechtliche Grunddienstbarkeit betreffend Eiskeller

 

Leitsatz (amtlich)

Eine altrechtliche Grunddienstbarkeit, die zur Herstellung und Nutzung eines Eiskellers berechtigt, hat als Folge der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung, die einen Eiskeller überflüssig macht, nicht dazu geführt, dass der Keller allgemein zu Brauereizwecken genutzt werden darf. Die Grunddienstbarkeit ist vielmehr erloschen, weil das Recht zur Nutzung als Eiskeller mehr als 10 Jahre nicht mehr ausgeübt wurde.

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 28.07.2003; Aktenzeichen 2 T 86/03)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG Weiden i.d.OPf. vom 28.7.2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 2) haben die den Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) sind im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks Flst. 658 eingetragen. Die Beteiligten zu 2) sind die Eigentümer der Grundstücke Flst. 658/2, 658/12, 658/14 und 658/15, die durch Teilung des ursprünglichen Grundstücks Flst. 658 1/2 entstanden sind.

Zur notariellen Urkunde vom 3.12.1895 räumten die damaligen Eigentümer des Grundstücks Flst. 658 den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks Flst. 658 1/2 das Recht ein, auf ihrem Grundstück einen Eiskeller herzustellen und zu benützen.

Die Beteiligten zu 2) haben beantragt, im Wege der Grundbuchberichtigung eine altrechtliche Dienstbarkeit nach Maßgabe der notariellen Urkunde von 1895 in das Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat den Antrag am 3.6.2003 abgewiesen. Das LG hat durch Beschluss vom 28.7.2003 die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt: Die Dienstbarkeit sei zum Zweck der Herstellung eines Eiskellers bestellt worden. Die Beteiligten seien sich darüber einig, dass die Dienstbarkeit zu diesem Zweck seit mehr als 10 Jahren nicht mehr ausgeübt werde. Damit sei sie erloschen. Eidesstattlich sei nur versichert worden, dass der Keller zu Brauereizwecken genutzt worden sei und genutzt werde. Als Zweck der Dienstbarkeit sei in der notariellen Urkunde konkret die Nutzung als Eiskeller festgelegt, so dass eine Nutzung zu Brauereizwecken nicht genüge, um die Dienstbarkeit zu erhalten.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Gemäß Art. 187 Abs. 1 S. 2 EGBGB kann der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit, die bei Anlegung des Grundbuchs bestand, die Eintragung der Dienstbarkeit in das Grundbuch verlangen. Bei der Eintragung handelt es sich um eine Grundbuchberichtigung i.S.d. § 22 GBO. Fehlt eine Berichtigungsbewilligung, ist in der Form des § 29 GBO der Nachweis für das Entstehen und für das Fortbestehen des Rechts zu führen (BayObLG v. 22.3.1990 – BReg. 2Z 20/90, RPfleger 1990, 351 f.). Da nach Art. 56 Abs. 3, Art. 57 Abs. 1 BayAGBGB eine Grunddienstbarkeit mit Ablauf von 10 Jahren nach der letzten Ausübung erlischt, muss sich der Nachweis auch darauf erstrecken, dass die Grunddienstbarkeit nie länger als 10 Jahre nicht ausgeübt wurde (vgl. BayObLGZ 1988, 102 [109]; Demharter, GBO, 24. Aufl., § 22 Rz. 20).

b) Nach dem Wortlaut der notariellen Urkunde vom Jahr 1895 über die Bestellung der Grunddienstbarkeit darf das dienende Grundstück zur Herstellung und Nutzung eines Eiskellers in Anspruch genommen werden. Nach Sinn und Wortlaut fällt darunter das Recht, in dem Keller Eisblöcke einzulagern, die im Rahmen eines Brauereibetriebs zum Zwecke der Kühlung Verwendung finden. Als Eiskeller in diesem Sinne wird das dienende Grundstück seit vielen Jahrzehnten nicht mehr genutzt, weil durch die technische und wirtschaftliche Entwicklung eine Kühlung unmittelbar durch Eisblöcke nicht mehr in Betracht kommt.

c) Allerdings liegen Inhalt und Umfang einer zeitlich unbegrenzten Dienstbarkeit nicht in jeder Beziehung von vorneherein für alle Zeiten fest, sondern sind gewissen Veränderungen unterworfen, die sich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben. Maßgeblich ist nicht die augenblickliche, bei Bestellung der Grunddienstbarkeit gerade bestehende Nutzung; es kommt vielmehr auf den allgemeinen, der Verkehrsauffassung entspr. und äußerlich für jedermann ersichtlichen Charakter des betroffenen Grundstücks an sowie auf das Bedürfnis, von dem Recht in diesem Rahmen Gebrauch zu machen. Dementsprechend kann der Umfang einer Dienstbarkeit mit dem Bedürfnis des herrschenden Grundstücks wachsen, wenn sich die Bedarfssteigerung in den Grenzen einer der Art nach gleich bleibenden Benutzung dieses Grundstücks hält und nicht auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung nicht vorhandene oder auf eine willkürliche Benutzungsänderung zurückzuführen ist (BGH v. 6.6.2003 – V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235 f. [1237] m.w.N). Auf eine derartige entwicklungsbedingte Änderung des Inhalts der Grunddienstbarkeit können sich die Beteiligten zu 2) ...

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