Leitsatz (amtlich)

1. Auch im Grundbuchverfahren kann auf Verlangen ein Zeugnis, das die formelle Rechtskraft bescheinigt, erteilt werden.

2. Tritt die Rechtskraft der Entscheidung, die zu bescheinigen ein Beteiligter verlangt hat, zu einem Zeitpunkt ein, in dem die weitere Beschwerde wegen Versagung des Rechtskraftzeugnisses anhängig ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht diesen neuen Umstand berücksichtigen und das Grundbuchamt anweisen, das verlangte Zeugnis zu erteilen.

3. Die gesonderte Anfechtung einer Nichtabhilfeentscheidung ist i.d.R. nicht als eigenständiges – unzulässiges – Rechtsmittel zu behandeln.

 

Normenkette

GBO §§ 75, 78; FGG § 31

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 27.03.2003; Aktenzeichen 60 T 494/03, 60 T 830/03)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten werden die Beschlüsse des LG Landshut vom 27.3.2003 und des AG – Grundbuchamt – Landshut vom 6.2.2003 aufgehoben und das AG – Grundbuchamt – Landshut angewiesen, dem Beteiligten die Rechtskraft des Beschlusses des LG Landshut vom 28.6.2002 nach Maßgabe des Beschlusses des Senats vom 2.7.2003 zu bescheinigen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte ist der Eigentümer des Grundstücks Flst. 1735. Er beansprucht außerdem das Eigentum an dem Grundstück Flst. 1735/2, das bei Anlegung des Grundbuchs im Jahr 1977 im Eigentum der Marktgemeinde Pf. vorgetragen wurde.

Der Senat wies am 16.4.1993 (MittBayNot 1993, 287) ein Rechtsmittel des Beteiligten zurück, das die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen das Eigentum der Marktgemeinde Pf. zum Gegenstand hatte. Seitdem verfolgt der Beteiligte sein vermeintliches Recht durch Anträge zum Grundbuchamt weiter.

Am 9.1.2002 hat das Grundbuchamt einen als Grundbuchberichtigungsantrag bezüglich des Eigentums an dem Grundstück Flst. 1735/2 ausgelegten Antrag abgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten dagegen mit dem Antrag, das Grundbuch gem. vollstreckbarer gerichtlicher Urkunde wiederherzustellen und das Anlegungsverfahren sowie die vorläufige Eintragung der Flurbereinigung aufzuheben, hat das LG durch Beschluss vom 28.6.2002 als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 23.10.2002 hat der Beteiligte beantragt, ihm ein Zeugnis über die Rechtskraft des Beschlusses vom 28.6.2002 zu erteilen. Dem hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Grundbuchamts mit Schreiben vom 18. und 22.11.2002 nicht entsprochen. Der Grundbuchrichter hat den Antrag mit Beschluss vom 6.2.2003 abgewiesen und das LG nach unterbliebener Abhilfe durch das Grundbuchamt mit Beschluss vom 27.3.2003 die gegen die Sachentscheidung des Grundbuchrichters sowie gegen die Nichtabhilfe gerichtete Beschwerde teils zurückgewiesen, teils verworfen.

Am 6.6.2003 hat der Beteiligte beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des BayObLG weitere Beschwerde gegen die Beschlüsse des LG vom 28.6.2002 und vom 27.3.2003 eingelegt. Der Senat hat das Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 28.6.2002 am 2.7.2003 (2Z BR 120/03) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde nicht verworfen, sondern zurückgewiesen wird.

II. Das gegen den Beschluss des LG vom 27.3.2003 erhobene Rechtsmittel ist zulässig (§ 12c Abs. 4, § 71 Abs. 1, §§ 78, 80 Abs. 1 GBO) und führt zur Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen des Grundbuchamts und des LG sowie zur Anweisung an das Grundbuchamt, dem Verlangen des Beteiligten stattzugeben.

1. Das LG hat ausgeführt: Das Grundbuchamt habe die Erteilung des Rechtskraftzeugnisses zu Recht verweigert. Gegen den Beschluss des LG vom 28.6.2002 sei das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gegeben. Darauf habe der Beschwerdeführer auch nicht verzichtet.

Gegen die ebenfalls angegriffene Nichtabhilfeverfügung des AG gebe es kein Rechtsmittel; dieses müsse deshalb verworfen werden.

2. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses nach § 31 FGG in Betracht kommt. Dieses bescheinigt den Eintritt der formellen Rechtskraft, was bedeutet, dass die Entscheidung das Verfahren abschließt und die Erhebung eines ordentlichen Rechtsmittels ausschließt. Die formelle Rechtskraft steht des weiteren auch einer Abänderung der Entscheidung in demselben Verfahren nach § 18 FGG entgegen; andererseits ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, in einem neuen Verfahren formell rechtskräftige Entscheidungen auch wieder abzuändern (Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 31 Rz. 2).

Das Grundbuchverfahren enthält insoweit keine besondere Regelung; deshalb gilt auch hier § 31 FGG (Keidel/Zimmermann, § 31 Rz. 14; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 8. Aufl., Einl. F 124; Riedel JurBüro 1972, 19 [24]), dessen Anwendung mit dem Wesen des Grundbuchverfahrens vereinbar ist (Demharter, GBO, 24. Aufl., § 1 Rz. 27).

Der Eintritt der formellen Rechtskraft setzt voraus, dass entweder der Instanzenzug erschöpft ist oder ein gegebenes Rechtsmittel durch Fristablauf oder Verzicht entfallen ist oder eine Entscheidung von Anfang an unanfechtbar ist (Meikel/Böttcher, Einl. F 124). Zum Zeitpunkt der mit der weiteren Beschwerde anfechtbaren Beschwerdeentscheidung de...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge