Leitsatz (amtlich)

Zuständigkeit des Streitgerichts für die Kostenfestsetzung gem. § 104 ZPO nach vorangegangenem Mahnverfahren, wenn das Mahngericht dem Antragsteller nach Rücknahme des Mahnbescheidsantrags die Kosten des Verfahrens analog § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auferlegt hat.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 269 Abs. 3 S. 2, § 104 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Aktenzeichen 126 C 6437/02)

AG Coburg (Aktenzeichen 2 - 8115885 - 06 - N)

 

Tenor

Zuständig ist das AG Dortmund.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Mahnbescheid des AG Coburg erwirkt. Als für den Fall des Widerspruchs zuständiges Streitgericht war im Mahnbescheidsantrag das AG Dortmund angegeben. Nachdem der Antragsgegner gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hatte, wurde der Mahnbescheidsantrag von der Antragstellerin zurückgenommen. Mit Beschluss vom 10.5.2002 hat das AG Coburg der Antragstellerin gem. § 269 ZPO die Kosten des Mahnverfahrens auferlegt.

Der Antragsgegner beantragte Kostenfestsetzung gem. § 104 ZPO. Das AG Coburg als Mahngericht erklärte sich für unzuständig für die Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens und verwies die Sache an das AG Dortmund als für das Streitverfahren zuständiges Gericht. Das AG Dortmund erklärte sich ebenfalls für unzuständig und legte die Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem OLG Bamberg vor, das diese zuständigkeitshalber an das BayObLG weitergeleitet hat.

II. Als zuständiges Gericht war das AG Dortmund zu bestimmen. Die nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dafür maßgebenden Voraussetzungen liegen vor.

1. Das BayObLG ist gem. § 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO für die Entscheidung des negativen Zuständigkeitsstreits zwischen dem – zuerst mit der Sache befassten – AG Coburg und dem AG Dortmund zuständig.

2. Zuständig ist das AG Dortmund als Streitgericht. gem. § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO entscheidet über einen Kostenfestsetzungsantrag das Gericht des ersten Rechtszugs, worunter nach dem Verhältnis, in dem das gerichtliche Mahnverfahren zum eigentlichen Streitverfahren steht, nicht das Mahngericht, sondern dasjenige Gericht zu verstehen ist, das für den etwa nachfolgenden Rechtsstreit zuständig ist (OLG Köln v. 21.12.1998 – 5 W 126/98, OLGReport Köln 1999, 203 = NJW-RR 1999, 1737 unter Hinweis auf BGH NJW 1991, 2084; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 104 Rz. 21 Stichwort „Zuständigkeit”; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 104 Rz. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 103 Rz. 41).

Das Mahnverfahren ist kein eigenständiges Streitverfahren, sondern ein diesem nur vorgelagertes Verfahren zur vereinfachten und beschleunigten Erlangung eines Vollstreckungstitels (BGH NJW 1991, 2084). Das Gericht des ersten Rechtszugs ist auch bei Durchführung des vorgelagerten Mahnverfahrens dasjenige Gericht, das im Falle eines streitigen Verfahrens über die geltend gemachten Ansprüche zu befinden hätte. Lediglich für den Fall, dass ein Widerspruch vom Antragsgegner im Mahnverfahren nicht erhoben wird, sieht das Gesetz als Ausnahme von der grundsätzlichen Zuständigkeitsregelung des § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO vor, dass das Mahngericht in einen ggf. zu erlassenden Vollstreckungsbescheid auch die bisher entstandenen Kosten des Verfahrens aufzunehmen hat (§ 699 Abs. 3 S. 1 ZPO). Eine gesetzliche Regelung der Zuständigkeit für das Kostenfestsetzungsverfahren in dem Fall, dass der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens noch vor der Abgabe an das Streitgericht zurückgenommen wird, besteht nicht. Werden dem Antragsteller in einem solchen Fall analog § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt, so verbleibt es für die nachfolgende Kostenfestsetzung bei der gesetzlichen Regelung des § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO (OLG Köln v. 21.12.1998 – 5 W 126/98, OLGReport Köln 1999, 203 = NJW-RR 1999, 1737 unter Hinweis auf BGH NJW 1991, 2084). Dem steht nicht entgegen, dass das AG Dortmund als das fiktive Streitgericht bislang mit der Streitsache noch gar nicht befasst gewesen ist (OLG Köln v. 21.12.1998 – 5 W 126/98, OLGReport Köln 1999, 203 = NJW-RR 1999, 1737 unter Hinweis auf BGH v. 8.10.1987 – I ARZ 482/87, MDR 1988, 291 = NJW-RR 1988, 186).

Kenklies Rojahn Zwirlein

 

Fundstellen

Haufe-Index 1103467

Rpfleger 2003, 35

AGS 2003, 128

www.judicialis.de 2002

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