Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinssache: Vereinssatzung. Vereinssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zulässigkeit der Bestimmung eines stellvertretenden Vorstands in der Satzung eines eingetragenen Vereins.

2. Die Satzung eines Vereins darf bestimmen, daß die Mitgliederversammlung zu berufen ist, wenn dies 20 % der Mitglieder verlangen.

 

Normenkette

BGB §§ 26, 37, 60

 

Verfahrensgang

AG Augsburg (Aktenzeichen 6c AR 480/00)

LG Augsburg (Aktenzeichen 5 T 443/01)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 5. März 2001 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Augsburg vom 16. Januar 2001 aufgehoben.

II. Die Akten werden an das Amtsgericht Augsburg zurückgegeben.

 

Gründe

I.

Mit der am 8.12.2000 eingegangenen Urkunde meldeten die Vorstandsmitglieder sich und den Verein zur Eintragung im Vereinsregister an.

Als Vorstandsmitglieder sollen eingetragen werden:

  1. A, 1. Vorsitzender,
  2. B, stellvertretender Vorsitzender,
  3. C, 2. stellvertretender Vorsitzender.

In § 9 Abs. 5 der Satzung des angemeldeten Vereins ist bestimmt:

„Der Vorstand kann eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Er hat innerhalb von 6 Wochen eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, wenn mindestens 20 Prozent der Mitglieder dies schriftlich verlangen. Für die außerordentliche Mitgliederversammlung gelten die Einladungsformalien der ordentlichen Mitgliederversammlung. Die Tagesordnung ist bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung nicht erweiterbar.

§ 10 der Satzung lautet:

  1. Der Vorstand besteht aus 5 Mitgliedern. Er führt die Geschäfte des Vereins ehrenamtlich. Zum Vorstand gehören

    1. der Vorsitzende
    2. der 1. Stellvertreter
    3. der 2. Stellvertreter
    4. der Schriftführer
    5. der Schatzmeister
  2. Gesetzliche Vertreter im Sinne von § 26 BGB sind der Vorsitzende sowie der erste und zweite Stellvertreter des Vorsitzenden. Sie sind einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
  3. ….

Mit Zwischenverfügung vom 16.1.2001 wies das Amtsgericht darauf hin, der weiteren Behandlung stehe entgegen, daß (Nr. 1) in § 9 Abs. 5 der Satzung für die Pflicht zur Einberufung der Mitgliederversammlung eine Minderheit von 20 % bestimmt sei und (Nr. 2) daß in § 10 Abs. 1 der Satzung die Formulierung „Stellvertreter” missverständlich sei, da trotz des nachfolgenden Absatzes der Eindruck entstehe, die Tätigkeit der stellvertretenden Vorsitzenden sei bedingt. Die vom Urkundsnotar eingelegte Beschwerde hat das Landgericht am 5.3.2001 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die weitere Beschwerde des Notars.

II.

Die weitere Beschwerde des Notars ist zulässig. Er ist als Urkundsnotar, der den Eintragungsantrag gestellt hat, gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG postulationsfähig. Die Befugnis des Vereins zur weiteren Beschwerde ergibt sich aus der Zurückweisung der Erstbeschwerde (vgl. BayObLGZ 1998, 195; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 27 Rn. 7).

III.

Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es folge der Auffassung, daß das Minderheitenrecht nicht gewahrt sei, wenn die Satzung mehr als 10 % der Mitglieder für die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlange. Es erscheine sachgerecht, § 37 Abs. 1 BGB entsprechend den zwingenden Vorschriften von § 50 Abs. 1 GmbHG und § 45 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz, die beide die Minderheit mit höchstens 10 % bestimmen, auszulegen. Sachliche Gründe für eine Abweichung der Qualifizierung der Minderheit im Vereinsrecht seien nicht ersichtlich. Zutreffend habe das Amtsgericht auch die Bezeichnung der Vorstandsmitglieder mit „1. Stellvertreter” und „2. Stellvertreter” in § 10 (1) der Satzung beanstandet. Zwar sei in der vorgelegten Satzung nicht bestimmt, daß der 1. bzw. 2. Stellvertreter „bei Verhinderung des Vorsitzenden” Vorstand im Sinne des BGB sind. Die Formulierung „Stellvertreter” sei dennoch mißverständlich, da sie den Eindruck erwecken könne, die Tätigkeit als Vorstand sei durch den Vertretungsfall bedingt.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.

a) Die vom Notar eingelegte Erstbeschwerde ist zulässig. Dies hat das Rechtsbeschwerdegericht selbständig zu prüfen (vgl. BayObLG GmbHR 1998, 1123/1124). Das Landgericht durfte davon ausgehen, daß der Notar die Erstbeschwerde für die Beteiligten eingelegt hat. Zwar trifft die Vollmachtsvermutung des § 129 Satz 1 FGG, die auch die Einlegung von Rechtsmitteln umfaßt (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 129 Rn. 2), nicht zu, weil sie nur für den gilt, der zu einer Anmeldung öffentlich-rechtlich verpflichtet ist (BayObLGZ 1984, 29/32 m.w.N.; BayObLG ZIP 2000, 791) und keine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Anmeldung des Vereins besteht (§ 78 Abs. 1 BGB i.V.m. § 59 BGB; Soergel/Hadding BGB 13. Aufl. § 59 Rn. 2). Die Kammer durfte aber annehmen, daß der Notar nicht ohne Vollmacht handeln wird (vgl. BayObLGZ 1984, 29/32; Jansen FGG 2. Aufl. § 13 Rn. 46; Keidel/Winkler FGG 14. Aufl. § 129 Rn. 5) und daß er, auch wenn die Rechtsmi...

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