Leitsatz (amtlich)

1. Ausschluß eines Unternehmens von der Wertung wegen fehlender Preisangaben im Angebot.

2. Unstatthaftigkeit eines Antrags nach § 940 ZPO im Beschwerde verfahren nach §§ 116 ff. GWB.

 

Normenkette

GWB § 107 Abs. 2 S. 2; ZPO § 940; VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1, 3, § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Nordbayern (Aktenzeichen 320.VK-3194-15/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluß der Vergabekammer Nordbayern vom 15. Juni 2001 aufgehoben.

II. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin und der Eilantrag nach § 940 ZPO werden zurückgewiesen.

III. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 121 GWB und des Antrags nach § 940 ZPO und die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer, jeweils einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Vergabestelle und der Beigeladenen zu tragen. Es wird festgestellt, daß für die Vergabestelle und die Beigeladene die Zuziehung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war.

IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens nach § 121 GWB wird auf 77.061,86 DM, der Geschäftswert für den Antrag nach § 940 ZPO wird auf 25.687,29 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin (Vergabestelle) schrieb im Rahmen eines Bauvorhabens (geschätzter Gesamtauftragswert der Bauleistungen mehr als 26 Mio. DM netto) zwölf Lose, darunter das Gewerk Natursteinarbeiten/Betonwerksteinarbeiten öffentlich nach § 3a Nr. 1 Buchst. a VOB/A EU-weit aus. Die Absendung der Bekanntmachung an das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften erfolgte am 23.2.2001. Die Ausschreibung wurde außerdem am 2.3.2001 im Bayerischen Staatsanzeiger veröffentlicht. Als Nachprüfstelle wurde jeweils die Vergabekammer Nordbayern angegeben.

Für das Los Natursteinarbeiten/Betonwerksteinarbeiten mit einem Auftragswert von ca. 1,6 Mio. DM gaben mehrere Bieter, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene, Angebote ab. Nach rechnerischer Prüfung der Angebote durch die Vergabestelle lag das Angebot der Beigeladenen an erster, das Angebot der Antragstellerin an zweiter Stelle.

Mit Schreiben vom 4.5.2001 teilte die Vergabestelle der Antragstellerin mit, es sei beabsichtigt, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen.

Mit Schreiben vom 18.5.2001 beantragte die Antragstellerin bei der Vergabekammer, der Antragsgegnerin im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens zu untersagen, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, die Beigeladene sei rechtlich nicht existent. Eine Gesellschaft ähnlichen Namens sei durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Wirkung vom 12.3.2001 aufgelöst. Die angeblich neu gegründete Beigeladene sei nicht im Handelsregister eingetragen. Soweit für die nicht im Handelsregister eingetragene Beigeladene eine Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH bei der Ausschreibung tätig geworden sei, fehle dieser die fachliche Eignung. Der mögliche Schaden der Antragstellerin bestehe in den Vermögensnachteilen aufgrund der Teilnahme an der bisherigen Ausschreibung, vor allem aber in dem entgangenen Auftrag, falls der Zuschlag der nicht existenten Beigeladenen erteilt werde.

Die Vergabestelle hat bei der Vergabekammer beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Sie hat unter anderem ausgeführt, der Antragstellerin drohe kein Schaden, da sie keine echte Chance habe, den Auftrag zu erhalten. Dies ergebe sich daraus, daß die Antragsteller in in ihrem Angebot nur unvollständige Preisangaben gemacht habe. Die Antragstellerin habe nämlich die vorgesehenen Angaben zu den Materialpreisen und Lohnpreisen offengelassen. Die von der Antragstellerin erhobenen Rügen könnten keinen Erfolg haben, weil die Beigeladene das gesamte Fachpersonal, Betriebsmittel, Geräte und Know-how der in Insolvenz befindlichen früheren GmbH übernommen habe. Bei der Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH handle es sich um eine Vorratsgesellschaft, deren Sitzverlegung und Umfirmierung lediglich noch im Handelsregister vollzogen werden müsse. Die Beigeladene bestehe als juristische Person und sei damit tatsächlich und rechtlich existent.

Die Beigeladene hat bei der Vergabekammer ebenfalls beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen, und sich im wesentlichen dem Vorbringen der Vergabestelle angeschlossen.

Die Vergabekammer hat mit Beschluß vom 15.6.2001 entschieden, daß das Angebot der Beigeladenen von der Wertung auszuschließen sei. Die Vergabekammer hat im wesentlichen ausgeführt, der Schwellenwert von 5 Mio. Euro für die Gesamtmaßnahme sei überschritten. Die hier streitgegenständlichen Arbeiten seien ein Fachlos dieser Gesamtmaßnahme und dem 80 %-Kontingent zugeordnet (§ 2 Nr. 7 VgV). Das Vorbringen der Antragstellerin, ihr möglicher Schaden bestehe in den Vermögensnachteilen aufgrund der bisherigen Teilnahme an der Ausschreibung, vor allem aber in dem entgangenen Auftrag, sei...

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