Leitsatz (amtlich)
1. Grundlage für eine Kostenentscheidung zu Lasten der Staatskasse nach Hauptsacheerledigung in einem zivilrechtlichen Unterbringungsverfahren ist § 13a Abs. 2 S. 1 FGG.
2. Einem nach vorläufiger zivilrechtlicher Unterbringung unverzüglich bestellten vorläufigen Betreuer (BGH NJW 2002, 1801/1803) muss Gelegenheit gegeben werden, die Interessen des Betroffenen wahrzunehmen und die Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in eigener Verantwortung zu treffen. Es muss daher gewährleistet sein, dass dem Betreuer diese Aufgabe bekannt ist.
Normenkette
BGB §§ 1846, 1906; FGG §§ 13a, 70h
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Aktenzeichen 22 F T 92/02) |
AG Bad Kissingen (Aktenzeichen XVII 259/02) |
Tenor
I. Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.
II. Die Auslagen der Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
I. Die Betroffene wurde am 31.7.2002 auf Anordnung der zuständigen Behörde gegen ihren Willen in ein Bezirkskrankenhaus eingewiesen. Am 1.8.2002 lehnte das für das Bezirkskrankenhaus örtlich zuständige AG die Unterbringung der Betroffenen im öffentlich-rechtlichen Verfahren ab, da eine Fremd- bzw. Selbstgefahr bei der Betroffenen nicht ersichtlich sei. Am gleichen Tag ordnete das nach dem Wohnsitz der Betroffenen örtlich zuständige AG die vorläufige Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses mit der Möglichkeit der Fixierung der Extremitäten insb. zur Sicherstellung der Medikamenteneinnahme bis längstens 11.9.2002 im zivilrechtlichen Verfahren an. Dieses Gericht bestellte am 9.8.2002 einen vorläufigen Betreuer unter anderem mit dem Aufgabenkreis Entscheidung über die Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen. Die sofortige Beschwerde der Betroffenen gegen die Unterbringungsanordnung hat das LG am 20.8.2002 zurückgewiesen. Seit 23.8.2002 befand sich die Betroffene bis 9.9.2002 auf freiwilliger Basis auf einer offenen Station des Bezirkskrankenhauses. Mit Schriftsatz vom 29.8.2002, bei Gericht eingegangen am 30.8.2002, hat die Betroffene sofortige weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des LG einlegen lassen. Auf Hinweis des Senats hat sie am 25.9.2002 die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten und notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen.
II. 1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.
Die Erledigung der Hauptsache ist nach Einlegung des Rechtsmittels eingetreten, und die Beschwerdeführerin hat ihr Rechtsmittel auf die Kosten beschränkt (vgl. BGH v. 10.2.1983 – V ZB 18/82, BGHZ 86, 393 [395] = MDR 1983, 568 m.w.N.; BayObLG v. 13.10.1988 – BReg. 3 Z 88/88, BayObLGZ 1988, 317 [318 f.]). Die Hauptsacheerledigung ist nicht bereits durch die freiwillige Unterbringung der Betroffenen am 23.8.2002 eingetreten. Eine Einverständniserklärung des Betroffenen macht die Unterbringungsanordnung bzw. -genehmigung grundsätzlich nicht gegenstandslos (BayObLG v. 2.2.1989 – BReg. 3 Z 72/88, BayObLGZ 1989, 17 [19]; v. 30.7.1991 – BReg. 3 Z 112/91, FamRZ 1992, 105 [106]; v. 20.1.1994 – 3Z BR 316/93, 3Z BR 317/93, 3Z BR 320/93, BayObLGReport 1994, 29 = FamRZ 1994, 1190 – nur Leitsatz), weil sie jederzeit widerruflich ist und die Unterbringung im Falle des Widerrufs erneut auf die gerichtliche Anordnung bzw. Genehmigung gestützt werden kann. Die Hauptsache hat sich jedoch mit Ablauf der Anordnungsdauer am 11.9.2002 erledigt. Die sofortige weitere Beschwerde war am 30.8.2002 eingelegt worden.
2. Das Rechtsbeschwerdegericht hat nunmehr über die Kosten des gesamten Verfahrens zu befinden (vgl. BGH v. 10.2.1983 – V ZB 18/82, BGHZ 86, 393 [395] = MDR 1983, 568 m.w.N.; BayObLG v. 13.10.1988 – BREg. 3Z 88/88, BayObLGZ 1988, 317 [318 f.]). Nachdem Gerichtsgebühren in Unterbringungssachen gem. §§ 70 bis 70n FGG nicht erhoben werden (§ 128b S. 1 KostO), erfasst die Entscheidung lediglich die Auslagen der Betroffenen.
a) Wird ein Verfahren über eine zivilrechtliche Unterbringung ohne Entscheidung über die Maßnahme beendet, kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen (§ 13a Abs. 2 S. 1 FGG). Ohne Entscheidung über die Maßnahme ist das Verfahren insb. dann beendet, wenn es in der Hauptsache erledigt ist (vgl. BayObLG v. 22.8.2001 – 3Z BR 200/01, NJW-RR 2002, 514 [515]; jeweils zu § 13a FGG Keidel/Zimmermann, FGG, 14. Aufl., Rz. 51c Buchst. dd, Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 9. Aufl., Rz. 18 und 20, Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., Rz. 22, Jürgens, Betreuungsrecht, 2. Aufl., Rz. 9). Es ist dabei ohne Belang, ob die Hauptsacheerledigung eintritt, bevor überhaupt eine Entscheidung ergeht oder während des (weiteren) Beschwerdeverfahrens, nachdem das AG,ggf. auf sofortige Beschwerde auch das LG, eine Entscheidung über die Unterbringung getroffen hat, die noch nicht rechtskräftig ist. Diese noch nicht wirksamen Entscheidungen sind nämlich infolge der späteren Hauptsacheerledigung gegenstandslos gewor...