Leitsatz (amtlich)

1. Wird mit dem Arrestantrag der Antrag auf Forderungspfändung verbunden, braucht der Antragsgegner im Hinblick auf den Sicherungszweck des Verfahrens (§ 834 ZPO) nicht zu einem Verweisungsantrag gehört werden. Die Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO setzt im Hinblick darauf nicht voraus, dass die Beschlüsse der am Zuständigkeitsstreit beteiligten Gerichte dem Antragsgegner mitgeteilt worden sind.

2. Zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung am Ort, an dem die Bank des Betrogenen dessen vermögensschädigende Anweisung zum Geldtransfer erhalten hat und zulasten seines dort geführten Kontos ausgeführt hat (Fortführung BayObLG, Beschl. v. 27.3.2003 – 1Z AR 28/03, MDR 2003, 893).

 

Verfahrensgang

AG Wunsiedel (Aktenzeichen 1 C 617/03)

AG Pirna (Aktenzeichen 1 C 1347/03)

 

Tenor

Zuständig ist das AG Wunsiedel.

 

Gründe

I. Der Antragsteller will die Antragsgegner als Verantwortliche bzw. Vermittler der Kapitalanlagefirma A mit Sitz in Sacramento/USA aus dem Gesichtspunkt des Anlagebetrugs auf Schadensersatz gesamtschuldnerisch in Anspruch nehmen. Er trägt vor, die Überweisung des Anlagebetrages von 7.000 DM von seinem im Amtsgerichtsbezirk Wunsiedel gelegenen Wohnort veranlasst zu haben. Der Antragsteller hat am 10.10.2003 beim AG Wunsiedel die Anordnung des dinglichen Arrests in das Vermögen der Antragsgegner wegen seiner Forderung i.H.v. 3.579,04 Euro sowie die Pfändung der Forderung der Antragsgegner gegen den Freistaat Sachsen auf Freigabe der durch die Staatsanwaltschaft Dresden in dem gegen die Antragsgegner geführten Ermittlungsverfahren beschlagnahmten Gelder und Vermögensgegenstände beantragt.

Durch das AG Wunsiedel auf Bedenken gegen dessen Zuständigkeit hingewiesen hat der Antragsteller erklärt, die durch Täuschung der Antragsgegner veranlasste Vermögensverfügung habe an seinem Wohnort stattgefunden; nur vorsorglich stelle er hilfsweise Verweisungsantrag an das AG Pirna. Mit Beschluss vom 22.10.2003 hat sich das AG Wunsiedel für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das AG Pirna verwiesen mit der Begründung, der Antragsteller habe keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss auf die Verwirklichung eines Betrugstatbestandsmerkmals im Bezirk des AG Wunsiedel zuließen. Das AG Pirna sei immerhin für den Antragsgegner zu 1) zuständig.

Das AG Pirna hat, nachdem es zunächst die Akten formlos zurückgegeben und eine Abgabe an das AG Greiz erfolglos versucht hatte, mit Beschluss vom 5.1.2004 sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG Wunsiedel zurückverwiesen. Dieses hat die Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II. 1. Das BayObLG ist zur Entscheidung des negativen Zuständigkeitsstreits zwischen dem zuerst mit der Sache befassten AG Wunsiedel/Bayern und dem AG Pirna/Sachsen zuständig (§ 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO). Die Voraussetzungen für eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Diese Vorschrift findet auch Anwendung im Arrestverfahren gem. §§ 916 ff. ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 36 Rz. 2). Die beiden am Kompetenzstreit beteiligten AG, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig sein muss, haben sich jeweils durch unanfechtbare Verweisungsbeschlüsse vom 22.10.2003 und 5.1.2004 (§ 281 Abs. 2 S. 2 ZPO) i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO „rechtskräftig” für unzuständig erklärt. Im Hinblick auf den Sicherungszweck des Arrestverfahrens war eine vorherige Anhörung der Antragsgegner sowie die Mitteilung der Beschlüsse ausnahmsweise nicht erforderlich (§ 928, § 834 ZPO; vgl. BayObLG v. 26.11.1985 – AllgReg. 90/85, MDR 1986, 326 = BayObLGZ 1985, 397 [400]).

2. Für den Arrestantrag gegen die Antragsgegner ist nach §§ 32, 35 ZPO das AG Wunsiedel zuständig.

a) Gemäß § 919 ZPO ist für die Anordnung des Arrestes sowohl das Gericht der Hauptsache als auch das AG zuständig, in dessen Bezirk der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person sich befindet. Da der Antragsteller mit dem Arrestantrag den Antrag auf Forderungspfändung verbunden hat, ist das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht zuständig (§ 930 Abs. 1 S. 3 ZPO).

b) Das AG Wunsiedel ist als Gericht der Hauptsache (§ 919 Alt. 1 ZPO) in dem vom Antragsteller gewählten (§ 35 ZPO) Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) zuständig. Der Ort, an dem i.S.d. § 32 ZPO die unerlaubte Handlung begangen ist (Begehungsort), ist sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat (Handlungsort) als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Erfolgsort); nur der Schadensort als solcher ist ohne Belang (vgl. BGH v. 25.11.1993 – IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237 [245] = MDR 1994, 1240; BayObLG v. 31.8.1995 – 1Z AR 37/95, BayObLGZ 1995, 301 [303] = MDR 1995, 1261 = BayObLGReport 1995, 86). Wenn allerdings der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehört, ist der Ort des Schadenseintritts Verletzungs- und damit Begehungsort (vgl. BGHZ 40, 391 [395]; BayObLG v. 31.8.1995 – 1Z AR 37/95, BayObLGZ 199...

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