Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein materiell Beteiligter nicht zum Beschwerdeverfahren hinzugezogen, so liegt ein absoluter Beschwerdegrund (§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. § 547 Abs. 4 ZPO) vor, wenn die Beschwerdeentscheidung in eine Rechtsposition des Beteiligten eingreift. Das Rechtsbeschwerdegericht muss in einem solchen Fall die ergangene Entscheidung auch dann aufheben und zurückverweisen, wenn sie in der Sache richtig ist.
2. Ein wichtiger Grund i.S.v. § 166 Abs. 3 HGB liegt vor, wenn das Informationsrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 1 HGB nicht für eine sachgemäße Ausübung der Mitgliedschaftsrechte ausreicht und wegen einer Gefährdung der Interessen des Kommanditisten eine Regelung getroffen werden muss.
Normenkette
FGG § 27 Abs. 1 S. 2; ZPO § 547 Nr. 4, § 561; HGB § 166 Abs. 3
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 17 HK T 10565/02) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG München I vom 27.6.2002 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG München I zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 6.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Kommanditist der Antragsgegnerin zu 2); die Antragsgegnerin zu 1) ist deren alleinige geschäftsführungsberechtigte Komplementärin.
Die Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 2) beschlossen im Jahre 1998 mehrheitlich, dass die Gesellschaft in einzelnen ihrer Tochtergesellschaften Gewinne ausschütten und die Kommanditisten die ihnen im Zusammenhang damit erwachsenden Steuergutschriften etc. in die Gesellschaft einbringen sollten. Der Antragsteller stimmte gegen diesen Beschluss und hielt sich auch in der Folgezeit nicht für verpflichtet, diesbezügliche Zahlungen zu leisten. Die Antragsgegnerin zu 2) aktivierte in ihrer Bilanz entspr. Ansprüche.
Im Frühjahr 2000 teilte die Antragsgegnerin zu 2) u.a. dem Antragsteller mit, es lägen zwei Rechtsgutachten zur Frage der Einzahlungspflicht vor. Der Antragsteller bat um Einsicht in die Gutachten, was ihm zunächst verweigert wurde. Am 21.5.2001 erhielt der Antragsteller dann von der Antragsgegnerin zu 2) die Fax-Kopie einer gutachtlichen Stellungnahme, datierend vom 15.5.2001. Der Antragsteller monierte hierauf, dass dies unmöglich das im Frühjahr 2000 erwähnte Gutachten sein könne. Unter dem 14.8.2001 erhielt der Antragsteller daraufhin ein Schreiben, in dem ausgeführt wurde, dass das fragliche Gutachten bereits in einer Vorversion im Juni 2000 erstellt worden sei. Auch dies stellte den Antragsteller nicht zufrieden. Er beantragte beim AG, den Antragsgegnern aufzugeben, ihm zu den angeblichen Gutachten Auskünfte zu erteilen, ihm Einsicht in Unterlagen zu gewähren sowie ihm zu gestatten, sich die Einsicht auch in Begleitung eines Sachverständigen zu verschaffen bzw. einen solchen Sachverständigen mit der Einsichtnahme zu beauftragen. Das AG gab dem Antrag mit Beschluss vom 17.5.2002 statt, wobei infolge eines Büroversehens die am 15.5.2002 fristgerecht eingegangene Stellungnahme der Antragsgegner nicht mehr berücksichtigt wurde. Diese Stellungnahme leitete das AG mit Schreiben vom 24.5.2002 dem Antragsteller zu mit dem Bemerken, dass noch geprüft werde, ob das Verfahren als Beschwerde dem zuständigen LG vorzulegen sei. Mit Schreiben vom 24.5.2002 kündigten die Antragsgegner an, sie seien nunmehr gezwungen, ein Beschwerdeverfahren zu führen. Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller wiederum infolge eines Büroversehens nicht übersandt.
Am 5.6.2002 legten die Antragsgegner sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG ein. Die Beschwerdeschrift wurde dem Antragsteller nicht mitgeteilt. Mit Beschluss vom 27.6.2002 hat das LG der Beschwerde stattgegeben. Die Verfügung des AG wurde aufgehoben; der Antrag des Antragstellers wurde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Die angefochtene Entscheidung hält wegen eines Verfahrensfehlers der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.
1. Das LG hat seinen Beschluss wie folgt begründet:
Der Antrag gem. § 166 Abs. 3 HGB könne zum einen nur gegen die Gesellschaft selbst gerichtet werden, an der der auskunftbegehrende Kommanditist beteiligt sei. Die Antragsgegnerin zu 1) sei lediglich geschäftsführende Gesellschafterin und als solche nicht auskunftverpflichtet. Der gegen sie gerichtete Antrag sei schon aus diesem Grunde zurückzuweisen.
Gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) könne der Antragsteller kein außerordentliches Informationsrecht geltend machen, weil er keinen wichtigen Grund hierfür dargelegt habe. Zwar habe der Antragsteller Sachverhalte vorgetragen, die den Verdacht einer nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung in der Antragsgegnerin zu 2) nahe legen sollten. Im Wesentlichen gehe es dabei um einen Gesellschafterbeschluss aus dem Jahre 1998 und um im Jahr 2000 erstellte Steuergutachten. Der Gesellschafterbeschluss wäre jedoch vom Antragsteller anzufechten gewesen; die Beschlussf...