Leitsatz (amtlich)
Hat der Betroffene kurz vor der Feststellung seiner Geschäftsunfähigkeit durch einen Sachverständigen Schenkungen an eine später für ihn im Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellte Betreuerin vorgenommen, ist diese von der Prüfung und Geltendmachung etwaiger Rückforderungsansprüche gesetzlich ausgeschlossen.
Normenkette
BGB §§ 181, 1795, 1908i Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bamberg (Beschluss vom 06.08.2004; Aktenzeichen 3 T 119/04) |
AG Forchheim (Aktenzeichen XVII 77/04) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Bamberg vom 6.8.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Aufgabenkreis der Betreuerin nicht die Prüfung und Geltendmachung von etwaigen Ansprüchen des Betroffenen aus den Schenkungen eines Sparbuchs und eines Sparbriefes an die Betreuerin Anfang 2004 umfasst.
II. Die Akten werden zur Bestellung eines Betreuers für diesen Aufgabenkreis an das AG Forchheim zurückgegeben.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das AG bestellte für den Betroffenen im Wege der einstweiligen Anordnung seinen ältesten Sohn zum vorläufigen Betreuer für die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen sowie Renten- und Sozialleistungsträgern. Zur endgültigen Betreuerin für diese Aufgabenkreise und zusätzlich die Gesundheitssorge einschließlich hiermit verbundener Aufenthaltsbestimmung wurde seine Ehefrau bestimmt.
Die gegen die Betreuerauswahl gerichtete Beschwerde der weiteren Beteiligten hat das LG zurückgewiesen.
Hiergegen wenden sich die weiteren Beteiligten mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie nach wie vor die Bestellung eines anderen Betreuers erreichen wollen.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, § 21 Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 69g Abs. 1 S. 1 FGG, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg. Gegen die Bestellung der Ehefrau zur Betreuerin des Betroffenen bestehen zwar grundsätzlich keine Einwendungen, doch kann sie den Betroffenen bei der Prüfung und Geltendmachung von etwaigen Bereicherungsansprüchen aus Schenkungen eines Sparbuches und eines Sparbriefes an sich selbst nicht vertreten. Für diesen Aufgabenkreis ist sie deshalb zu entlassen; durch das AG ist insoweit ein weiterer Betreuer zu bestellen.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Der Vorschlag des Betroffenen selber nach einem bestimmten Betreuer begründe grundsätzlich einen Vorrang des Vorgeschlagenen vor allen anderen in Betracht kommenden Personen. Es genüge, dass dieser Vorschlag von einem natürlichen und ernsthaften Willen des Betroffenen getragen sei, Geschäftsfähigkeit sei nicht erforderlich. Die Bindungswirkung des Vorschlages entfalle nur, wenn der Vorschlag dem Wohl des Betroffenen zuwiderliefe. Im konkreten Fall bestehe diese Gefahr nicht. Der Betroffene habe bei seiner Anhörung unmissverständlich geäußert, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Ehefrau habe und ihm entscheidend an deren finanzieller Absicherung durch die Übertragung seines ganzen Vermögens bereits zu Lebzeiten gelegen sei, vor allem, nachdem er infolge seiner Erkrankung auf die Hilfe seiner Ehefrau angewiesen sei. Ein größeres Vermögen sei ohnehin weder vorhanden gewesen noch jetzt vorhanden; im Übrigen entspreche die bereits vor der Betreuerbestellung erfolgte Vermögensübertragung nach wie vor dem Willen des Betroffenen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht in allen Punkten stand.
a) Soweit die weiteren Beteiligten die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen, greift dies nicht durch, weil die Entscheidung des LG auf einen derartigen Verfahrensmangel nicht beruht.
b) Zum Betreuer bestellt das VormG eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen, § 1897 Abs. 1 BGB. Schlägt der Betroffene eine Person vor, die zum Betreuer bestellt werden kann, so ist nach § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB diesem Vorschlag zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Wunsch des Betroffenen durch seine Krankheit beeinflusst ist. Dem Vorschlag des Betroffenen ist grundsätzlich und unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit zu entsprechen (BayObLG NJWE-FER 2001, 234; v. 14.6.1996 - 3Z BR 125/96, BayObLGReport 1996, 61 = MDR 1996, 934 = FamRZ 1996, 1374, solange er ernsthaft, eigenständig gebildet und von Dauer ist; auch bei einem willensschwachen Menschen ist ein solcher natürlicher Wille vorrangig zu beachten (vgl. für Willensäußerungen geschäftsunfähiger Personen: BayObLG BtPrax 1993, 171; v. 18.11.1993 - 3Z BR 148/93, BayObLGReport 1994, 13 = FamRZ 1994, 530 [531]; OLG Hamm v. 30.5.1996 - 15 W 122/96, FamRZ 1996, 1372). Seine Schranken findet der eigene Betreuervorschlag im Wohl des Betroffenen; dieses ist an herausragender Stelle bei der Betreuerauswahl zu beachten, da Zweck der Betreuung...