Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollmacht, Nichtgenügen einer beglaubigten Abschrift
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Vollmachtsurkunde genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift allein nicht, wenn der Besitz der Vollmachtsurkunde nach materiellem Recht (z.B. § 172 BGB) zum Nachweis der Vertretungsmacht erforderlich ist. Die beglaubigte Abschrift kann in diesem Fall durch eine notarielle Bescheinigung des Inhalts, dass dem Notar die Vollmachtsurkunde im Original oder in Ausfertigung zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Bevollmächtigten vorgelegt wurde, ergänzt werden.
Normenkette
GBO § 29 Abs. 1; BeurkG § 42
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 60 T 2834/01) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des LG Landshut vom 15.11.2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Im Grundbuch sind zugunsten einer Gläubigerin drei Grundschulden ohne Brief eingetragen. Die Gläubigerin, eine Großbank, hat die Grundschulden an die Beteiligte, eine Sparkasse, abgetreten. Zum Vollzug im Grundbuch hat der Notar die Abtretungserklärung samt Eintragungsbewilligung der bisherigen Gläubigerin und die Ablichtung einer Vollmachtsurkunde vom 1.9.1998 der für die Gläubigerin handelnden natürlichen Personen vorgelegt, die er mit dem Vermerk: „Vorstehende Abschrift stimmt mit der Urschrift überein” beglaubigt hat.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 21.9.2001 einen Nachweis der fortbestehenden Vertretungsmacht der für die Gläubigerin handelnden Personen durch Vorlage der Urschrift, einer Ausfertigung oder durch eine notarielle Erklärung verlangt, in der bestätigt wird, dass dem Notar die Vollmachtsurkunde in Urschrift oder in Ausfertigung vorgelegen hat. Die Beschwerde der Beteiligten, der nicht abgeholfen wurde, hat das LG mit Beschluss vom 15.11.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II. Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das LG hat ausgeführt: Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde genüge zur Eintragung der neuen Gläubigerin im Grundbuch grundsätzlich nicht, weil zum Nachweis der Vertretungsmacht der Besitz der Vollmachtsurkunde nach materiellem Recht erforderlich sei. Eine beglaubigte Abschrift sei nur dann ausreichend, wenn der Notar im Beglaubigungsvermerk bestätige, dass ihm die Vollmachtsurkunde im Original oder in Ausfertigung zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen habe. Das Beurkundungsrecht ändere mit seinen Regelungen zur Beglaubigung einer Abschrift hieran nichts.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Nach § 29 Abs. 1 S. 1 GBO soll das Grundbuchamt Eintragungen nur vornehmen, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Die Vollmacht gehört zu den durch die Vorschrift erfassten Erklärungen (BayObLG v. 17.1.1991 – BReg.2 Z 98/90, BayObLGZ 1991, 24 [33] m.w.N.; siehe auch Demharter, GBO, 24. Aufl., § 19 Rz. 77; § 29 Rz. 10).
Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde genügt jedoch nach herrschender und auch vom Senat geteilter Meinung grundsätzlich nicht, weil zum Nachweis der Vertretungsmacht der Besitz der Vollmachtsurkunde erforderlich ist (vgl. § 172 BGB). Eine beglaubigte Abschrift reicht nur dann aus, wenn der Notar in dem Beglaubigungsvermerk bestätigt, dass ihm die Vollmachtsurkunde im Original oder in Ausfertigung (vgl. § 47 BeurkG) zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen hat (BayObLG Rpfleger 2000, 62; KG FGPrax 1998, 7 [8]; OLG Frankfurt Rpfleger 1997, 63; Rpfleger 1972, 306 mit zust. Anm. Haegele; Demharter, GBO, 24. Aufl., § 29 Rz. 59; Meikel/Brambring, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 29 Rz. 49; Knothe in Bauer/v. Oefele, GBO, § 29 Rz. 153; KEHE/Herrmann, Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 29 Rz. 120). Da § 172 BGB auf den Besitz der Vollmachtsurkunde abstellt, muss das Original oder die Ausfertigung von dem Bevollmächtigten, bei mehreren von jedem von ihnen, vorgelegt sein und auch dies in dem Beglaubigungsvermerk zum Ausdruck kommen.
b) Diesen Anforderungen wird der Beglaubigungsvermerk nicht gerecht. Die Beglaubigung, bei der nach § 42 BeurkG festgestellt werden soll, ob die Urkunde eine Urschrift, eine Ausfertigung, eine beglaubigte oder einfache Abschrift ist, beweist als solche nämlich nur die Richtigkeit der Abschrift. Demgemäß erstreckt sich auch die Prüfungspflicht des Notars nur auf die Übereinstimmung von Hauptschrift und Abschrift (Huhn/v. Schuckmann, BeurkG, 3. Aufl., § 42 Rz. 30; Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Aufl., § 42 Rz. 14). Sie erstreckt sich nicht auf die Verhältnisse der Beteiligten zur Urkunde, insbesondere nicht auf die Besitzrechte an der Urkunde. Knüpft aber das materielle Recht, wie hier § 172 BGB, Rechtsfolgen an den Besitz der Urkunde, genügt die beglaubigte Abschrift allein nicht zum Nachweis des Besitzes der Hauptschrift. Vielmehr muss dieser dem Grundbuchamt gegenüber gesondert, zweckmäßigerweise in Form einer notariell...