Leitsatz (amtlich)
1. Im Verfahren vor der Vergabekammer steht dem Beigeladenen ein Erstattungsanspruch wegen seiner Aufwendungen nur zu, wenn die Erstattung aus Gründen der Billigkeit förmlich angeordnet wird (§ 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Eine ohne solche Anordnung vorgenommene Kostenfestsetzung zugunsten eines Beigeladenen ist wirkungslos und vom Beschwerdegericht aufzuheben.
2. Die Vergabekammer kann ihre Kostenentscheidung nachträglich um einen zunächst unterbliebenen Ausspruch über den Kostenerstattungsanspruch eines Beigeladenen und über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten ergänzen.
Normenkette
GWB § 128 Abs. 4; BayVwVfG Art. 80
Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Aktenzeichen 120.3-3194.1-14-07/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Kostenfestsetzungsbeschluß der Vergabekammer Südbayern vom 16. Januar 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vergabekammer zurückverwiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.100 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Beschluß vom 21.8.2000 hat die Vergabekammer Südbayern den Nachprüfungsantrag der Beteiligten zu 1 für unzulässig erklärt und der Beteiligten zu 1 die kosten des Verfahrens auferlegt. Die gegen diesen Beschluß gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat der Senat am 19.10.2000 zurückgewiesen und den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 750.000 DM festgesetzt.
Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 8.12.2000 beantragte die Beteiligte zu 3, die ihr als Beigeladene entstandenen Kosten gemäß § 104 ZPO festzusetzen und festzustellen, daß die festgesetzten Kosten ab dem Tage der Antragstellung mit 4 % zu verzinsen sind. Sie berechnet ihre Anwaltskosten mit einer 10/10-Gebühr gemäß §§ 11, 118 Abs. 1 BRAGO aus einem Gegenstandswert von 1.000.000 DM in Höhe von 6.225 DM zuzüglich der Pauschale nach § 26 BRAGO in Höhe von 40 DM. Dem von ihr angesetzten Gegenstandswert von 1.000.000 DM liegt ein angenommener Auftragswert von 20.000.000 DM zugrunde (5 % der Auftragssumme gemäß § 12 a Abs. 2 GKG).
Die Vergabekammer setzte mit Beschluß vom 16.1.2001 den Betrag der notwendigen Auslagen auf 5.225 DM zuzüglich 40 DM Pauschale fest und lehnte die darüber hinausgehenden Ansprüche ab. Die Abweichung vom Antrag begründet die Vergabekammer damit, daß der Gegenstandswert im Beschwerdeverfahren auf 750.000 DM festgesetzt wurde, woraus sich eine 10/10-Gebühr in Höhe von 5.225 DM ergebe; ein Anspruch auf Verzinsung sei mangels öffentlich-rechtlicher Regelung abzulehnen.
Mit ihrer am 30.1.2001 eingegangenen sofortigen Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 3 ihren Kostenfestsetzungsantrag weiter, soweit dieser von der Vergabekammer abgelehnt wurde.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Vergabekammer Südbayern stellt eine selbständig anfechtbare Entscheidung dar, gegen die das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß §§ 116 ff. GWB zum Bayerischen Obersten Landesgericht gegeben ist (vgl. BayObLG Beschluß vom 4.8.2000 Verg 3/00, BauR 2001, 238; Beschluß vom 29.9.1999 Verg 4/99). Auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen der sofortigen Beschwerde liegen vor, insbesondere ist das Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt. Die Entscheidung des Senats kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (BayObLG BauR 2001, 238).
2. Die Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an die Vergabekammer. Der Kostenfestsetzungsbeschluß war insgesamt – und nicht nur im angefochtenen Umfang – aufzuheben, da es bislang an einer tragfähigen Kostengrundentscheidung zum Erstattungsanspruch der Beigeladenen fehlt. Durch die Zurückverweisung erhält die Vergabekammer Gelegenheit, zunächst ihre Kostenentscheidung in diesem Punkt zu ergänzen, um sodann erneut über den Kostenfestsetzungsantrag zu befinden.
a) Voraussetzung der Kostenfestsetzung, die nur über die Höhe des Erstattungsanspruchs befindet, ist eine sie tragende Kostenentscheidung, aus der sich der Erstattungsanspruch dem Grunde nach ergibt (Kostengrundentscheidung oder Kostenlastentscheidung). Fehlt eine solche Kostenentscheidung, ist für eine Kostenfestsetzung kein Raum; eine gleichwohl vorgenommene Festsetzung ist wirkungslos (vgl. BAG NJW 1963, 1027; OVG Saarland Rpfleger 1995, 128; Baumbach/Hartmann ZPO 59. Aufl. Einf §§ 103 bis 107 Rn. 8; Stein/Jonas/Bork ZPO 21. Aufl. § 104 Rn. 65; MünchKommZPO/Belz 2. Aufl. § 104 Rn. 127 f. m.w.N.; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 103 Rn. 7). Sie ist aus Gründen der Rechtssicherheit förmlich aufzuheben (vgl. OLG Hamm Rpfleger 1976, 408). Das grundsätzlich auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltende Verbot der Schlechterstellung (vgl. Thomas/Putzo § 104 Rn. 51) steht nicht entgegen. Zwar bedeutet die Aufhebung formell eine Schlechterstellung der Beschwerdeführerin, soweit sie die Festsetzung nicht angefochten hat. Ihre Schlechterstellung liegt aber lediglich darin,...