Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchsache: Eintragung einer Dienstbarkeit (Wohnungsbesetzungsrecht)
Leitsatz (amtlich)
Die fehlende Befristung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in der Form eines Wohnungsbesetzungsrechts für eine Gemeinde führt nicht zur Nichtigkeit der Dienstbarkeitsbestellung und der Eintragungsbewilligung wegen Sittenwidrigkeit.
Normenkette
BGB §§ 138, 1018, 1090
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 8 T 3216/00) |
AG Garmisch-Partenkirchen |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden die Beschlüsse des Landgerichts München II vom 6. November 2000 und des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Garmisch-Partenkirchen vom 3. Mai 2000 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die beantragte Dienstbarkeit einzutragen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind im Grundbuch als Miteigentümer von Grundstücken eingetragen. Auf diesen Grundstücken soll nach Maßgabe eines Durchführungsvertrags zu einem „vorhabenbezogenen Bebauungsplan” und eines „städtebaulichen Vertrages” mit umfangreichen Plänen als Anlagen dazu in der Rechtsform des Wohnungseigentums eine Wohnanlage „Servicewohnungen” errichtet werden.
Am 1.3.2000 bewilligten die Beteiligten zu 1 und 2 im Rahmen dieses Vertragswerks zugunsten der Beteiligten zu 3, einer Gemeinde, die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt:
Der zur Verfügung stehende Wohnraum in der Wohnanlage „Servicewohnungen” darf nur von Personen genutzt werden, deren Nutzung die Gemeinde als Berechtigte der Dienstbarkeit zugestimmt hat. Die Zustimmung gilt als erteilt für Personen, welche das 55. Lebensjahr vollendet und einen Betreuungsvertrag gemäß Anlage 11a dieses Vertrags mit dem Betreiber der Wohnanlage „Servicewohnungen” abgeschlossen haben. Sofern zusammenhängender Wohnraum von Ehegatten oder Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder von Geschwistern gemeinsam oder von Eltern mit ihren Kindern genutzt wird, gilt die Zustimmung auch als erteilt, wenn nur ein Partner das 55. Lebensjahr vollendet und den Betreuungsvertrag abgeschlossen hat. Die fiktive Zustimmung bleibt bestehen, wenn derjenige Partner der Ehegatten/Partner/Geschwister verstirbt, der die Unterlassungsverpflichtung allein erfüllt hat und der verbleibende Teil zu diesem Zeitpunkt die genannte Altersgrenze noch nicht erreicht hat, sofern dieser bei Erreichen der genannten Altersgrenze den Betreuungsvertrag unverzüglich abschließt und sofern bis dahin kein Dritter den Wohnraum allein oder gemeinsam mit dem verbleibenden Teil der Wohngemeinschaft nutzt.
Das Grundbuchamt hat durch Beschluß vom 3.5.2000 den Eintragungsantrag abgewiesen. Das Landgericht hat die Beschwerde am 6.11.2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und des Grundbuchamts und zur Anweisung des Grundbuchamts, die Dienstbarkeit einzutragen.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Dienstbarkeit sei inhaltlich nicht genügend bestimmt. Aus der Eintragungsbewilligung ergebe sich nicht, welche der mehreren zu errichtenden Gebäude die Wohnanlage „Servicewohnungen” bilden sollten. Die vorgelegten Pläne seien nicht geeignet, in einer dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechenden Weise die von dem Wohnungsbesetzungsrecht erfaßten Räume festzulegen.
Die Eintragungsbewilligung sei außerdem sittenwidrig und damit nichtig. Zweck der Dienstbarkeit sei es sicherzustellen, daß die zu errichtenden Gebäude ausschließlich als Seniorenheim für betreutes Wohnen genutzt werden. Es sei nicht voraussehbar, ob das Seniorenheim in Jahrzehnten noch wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden könne. Deshalb sei eine Befristung auch der Dienstbarkeitsbestellung unverzichtbar. An einer solchen fehle es. Die damit gegebene Sittenwidrigkeit der Dienstbarkeitsbestellung ergreife auch die Eintragungsbewilligung.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Bei dem zur Eintragung beantragten Recht handelt es sich um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit in der Form eines Wohnungsbesetzungsrechts (§§ 1090, 1018 BGB). Nach dem Inhalt des Rechts sollen auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen, nämlich die Überlassung der Wohnungen auf dem Grundstück an beliebige Personen. Damit liegt eine Unterlassungsdienstbarkeit vor (Fall 2 des § 1018 BGB). Die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen Dienstbarkeit in der Form des Wohnungsbesetzungsrechts, mit der öffentliche Interessen verfolgt werden, steht heute nicht mehr in Frage (BayObLGZ 2000, 140/141 m.w.N.).
b) Von einer Nichtigkeit der Dienstbarkeitsbestellung und der Eintragungsbewilligung wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) kann keine Rede sein. Der Senat hat in der erwähnten Entscheidung vom 22.5.2000 (BayObLGZ 2000, 140/142) im einzelnen ausgeführt, daß eine Befristung nicht notwendige Voraussetzung eines Wohnungsbesetzungsrechts für eine juristische Person ist. Daran hält der Senat fest....