Leitsatz (amtlich)
1. Ein aufgrund einer Öffnungsklausel gefasster Eigentümerbeschluss über eine verbrauchsunabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn keine Ausnahme nach der Heizkostenverordnung vorliegt.
2. Eine Ausnahme von der Heizkostenverordnung wegen unverhältnismäßiger Kosten ist gegeben, wenn in einem Zehnjahresvergleich die Kosten für die Installation der Messgeräte sowie deren Wartung und Ablesung höher sind als die voraussichtlich einzusparenden Kosten. Dabei können für die Kostenersparnis 15 % der Gesamtkosten angesetzt werden. Eine zu erwartende Erhöhung der Energiepreise kann berücksichtigt werden.
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 29.03.2004; Aktenzeichen 6 T 6974/01) |
AG Wolfratshausen (Aktenzeichen 3 UR II 17/00) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München II vom 29.3.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner tragen die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind weder im Beschwerde- noch im Rechtsbeschwerdeverfahren zu erstatten. Der Beschluss des LG wird entsprechend abgeändert.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 22.255,70 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die vom weiteren Beteiligten verwaltet wird. Nach der Gemeinschaftsordnung, die zum Inhalt des Sondereigentums gemacht ist, sind die Heizkosten und die Kosten der Wasserversorgung zu 50 % nach Wohnfläche und zu 50 % anhand des festgestellten Verbrauches umzulegen. Die Gemeinschaftsordnung enthält eine Öffnungsklausel (Teil B § 17), wonach die Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Beschluss der Wohnungseigentümer mit einer Mehrheit von mehr als aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer erfolgen kann, soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 8.6.2000 beschlossen die Wohnungseigentümer u.a. eine Änderung der Gemeinschaftsordnung wie folgt: "Die Heizkosten und die Kosten der Warmwasserversorgung werden zu 100 % nach Wohnflächen .. umgelegt."
Die Antragstellerin hat beim AG u.a. beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären. Mit Beschluss vom 18.10.2001 hat das AG diesem Antrag entsprochen. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner hat das LG am 29.3.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Abänderung der Gemeinschaftsordnung sei aufgrund der Öffnungsklausel zulässig. Die erforderliche Mehrheit sei erreicht worden.
Die beschlossene Änderung der Gemeinschaftsordnung verstoße jedoch gegen die bindenden Vorschriften der Heizkostenverordnung. Eine Ausnahme nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 HeizkostenV bestehe nicht. Die Kosten für die verbrauchsabhängige Abrechnung seien nicht unverhältnismäßig hoch. Die Verhältnismäßigkeit sei anhand eines Vergleichs zwischen den zu erwartenden Kosten der Verbrauchserfassung und der zu erwartenden Energieeinsparung zu ermitteln. Die voraussichtlichen Kosten für die Installation der Messgeräte sowie für den Mess- und Abrechnungsaufwand seien mit rund 2.225 Euro jährlich anzunehmen. Dem stehe für das Jahr 1999 eine zu erwartende Energieeinsparung von 1.431,90 Euro und für das Jahr 2002 eine solche von 2.181 Euro gegenüber. Angesichts der zu erwartenden überproportionalen Steigerung der Energiepreise würden sich die Kosten durch die Energieeinsparung amortisieren. Dies gelte auch, wenn man berücksichtige, dass durch die Zusatzspülung von Rohren und etwaige Ausfallkosten für Messgeräte zusätzliche Ausgaben entstehen würden.
2. Die Entscheidung des LG hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das LG hat den Beschluss zu Recht für ungültig erklärt, da er nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
a) Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, dass die Ordnungsmäßigkeit eines Beschlusses nach dem Zeitpunkt der Beschlussfassung zu beurteilen ist, ist zwar zutreffend (vgl. BayObLG, Beschl. v. 31.3.2004 - 2Z BR 11/04), verhilft dem Rechtsmittel aber nicht zum Erfolg. Das LG hat nämlich gegen diesen Grundsatz nicht verstoßen, sondern die weitere Entwicklung lediglich im Rahmen einer Prognose für das Verhältnis von Aufwand und Nutzen herangezogen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
b) Nach § 3 S. 1 HeizkostenV sind die Vorschriften dieser Verordnung auf das Wohnungseigentum anzuwenden unabhängig davon, ob durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer abweichende Bestimmungen über die Kostenverteilung getroffen worden sind. Nach § 2 HeizkostenV hat die Verordnung, abgesehen von einem hier nicht vorliegenden Ausnahmefall, Vorrang vor rechtsgeschäftlichen Bestimmungen.
aa) Rechtsgeschäftliche Regelungen, die von der Heizkostenverordnung abweichen, sind zwar nicht nichtig, sondern werden von der HeizkostenV nur überlagert. §§ 2, ...