Leitsatz (amtlich)
Wird ein Eigentümerbeschluss aus einem formellen Grund angefochten (hier: Redeverbot für den Rechtsanwalt eines Wohnungseigentümers), kann es gerechtfertigt sein, einen geringeren als den an sich angemessenen Geschäftswert festzusetzen.
Normenkette
WEG § 48 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 20.06.2003; Aktenzeichen 1 T 22343/02) |
AG München (Aktenzeichen 482 UR II 892/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner gegen die Geschäftswertfestsetzung in Nr. III des Beschlusses des LG München I vom 20.6.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin.
Am 11.7.2002 beauftragten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 11 die Verwalterin, die Wiederherstellung des Vorgartens gem. dem Angebot der Firma P. durchzusetzen; ferner bestellten sie unter TOP 14 den bisherigen Verwalter für weitere fünf Jahre. Das Angebot der Firma P. umfasst Kosten von 2.350 Euro die Verwaltervergütung für fünf Jahre beträgt 27.873 Euro.
Die Antragstellerin beantragte, die beiden Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das AG wies den Antrag am 22.11.2002 ab und setzte den Geschäftswert auf 30.213 Euro fest. Das LG wies die sofortige Beschwerde der Antragstellerin am 20.6.2003 zurück und änderte den Geschäftswert für beide Rechtszüge auf 11.000 Euro ab; dabei wurde für den Eigentümerbeschluss zu TOP 11 ein Betrag von 1.000 Euro und für den Eigentümerbeschluss zu TOP 14 ein Betrag von 10.000 Euro zugrundegelegt. Zur Begründung führte das LG aus, der vom AG angenommene Geschäftswert sei zu hoch, weil die Eigentümerbeschlüsse nur aus formellen Gründen angefochten worden seien.
Gegen die Geschäftswertfestsetzung durch das LG richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner, die einen Geschäftswert von 30.213 Euro anstreben.
II. Die im eigenen Namen von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner eingelegte Beschwerde ist als Erstbeschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung des LG zulässig (§ 9 Abs. 2 BRAGO, § 31 Abs. 3 KostO).
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Gemäß § 48 Abs. 3 S. 1 WEG ist der Geschäftswert nach dem Interesse der Beteiligten an der Entscheidung festzusetzen. Für die beiden Eigentümerbeschlüsse ergibt sich danach an sich ein Geschäftswert von 30.213 Euro. Für die Verwalterbestellung nimmt der Senat in ständiger Rspr. einen Betrag i.H.d. Verwaltervergütung für die gesamte Zeit der Bestellung des Verwalters an (BayObLG WuM 2002, 171).
Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG einen geringeren Geschäftswert annahm, weil die Eigentümerbeschlüsse nur gestützt auf einen formellen Grund angefochten wurden. Der Antrag auf Ungültigerklärung wurde damit begründet, dem Rechtsanwalt der Antragstellerin sei in der Eigentümerversammlung ein Redeverbot erteilt worden. Die Festsetzung eines niedrigeren Geschäftswerts ist gerechtfertigt. Wenn die auf einen formellen Mangel gestützte Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses Erfolg hat, muss damit gerechnet werden, dass derselbe Eigentümerbeschluss unter Vermeidung des Verfahrensmangels erneut gefasst wird, weil der Eigentümerbeschluss in seinem Inhalt nicht in Frage gestellt wurde. In aller Regel bewirkt die Beschlussanfechtung nur eine zeitliche Verzögerung.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 31 Abs. 4 KostO).
Dr. Reichold Demharter Lorbacher
Fundstellen
Haufe-Index 1103597 |
ZMR 2004, 50 |
NJOZ 2004, 95 |