Leitsatz (amtlich)
1. Tritt die Unanfechtbarkeit der Ablösungsentscheidung durch Abweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde ein, so beginnt die nach Art. 36 Abs. 3 S. 2 TZiWG einsetzende Frist für die Klage vor den ordentlichen Gerichten erst mit Zustellung der Entscheidung des BVerwG.
2. Zur Frage, ob eine Klage „demnächst” i.S.d. § 270 Abs. 3 ZPO zugestellt wurde, nachdem sie zunächst nicht dem zuständigen gesetzlichen Vertreter (Vertretungsbehörde) zugestellt worden war. Die dem Kläger in einem solchen Fall anzulastende Verzögerung berechnet sich danach, um welche Zeitspanne die Klagezustellung infolge des Verschuldens der Klagepartei hinausgeschoben wurde.
3. Die rechtsfehlerhafte Abweisung einer unzulässigen Klage als unbegründet hindert nicht die Zurückverweisung nach § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a.F. (jetzt § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
Normenkette
TZiWG Art. 36 Abs. 1, Art. Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 S. 2; BGB § 187 Abs. 1; ZPO § 270 Abs. 3, § 538 Abs. 1 Nr. 2 a.F., Abs. 2 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
OLG München (Aktenzeichen 1 U 4249/00) |
LG München I (Aktenzeichen 9 O 21368/99) |
Tenor
I. Die Revision des Beklagten gegen das Endurteil des OLG München vom 1.3.2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1. Der Kläger ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens, zu dessen Gunsten Holznutzungsrechte und -vergünstigungen an Teilwald- und Zinswaldgrundstücken des Forstamtsbezirks im Forstrechtskataster eingetragen sind; Eigentümer der Waldgrundstücke ist der Beklagte (Freistaat Bayern). Die Bezeichnung „Teilwald” stammt von der im 18. Jahrhundert durchgeführten Aufteilung der entsprechenden Waldungen in Parzellen, auf denen jeweils ein Berechtigter zur ausschließlichen Holznutzung zugelassen war; der Ausdruck „Zinswald” geht auf den Forstzins zurück, der als Gegenreichnis für bestimmte Holznutzungen zu entrichten war.
Zur Bereinigung der Rechtsverhältnisse im Bereich der Teil- und Zinswaldungen wurde das Gesetz über die Teil- und Zinswaldungen in den Forstamtsbezirken B., F., J. und W. vom 27.11.1964 (GVBl S. 205; TZiWG) erlassen; es gilt heute i.d.F. vom 24.3.1969 (GVBl S. 81). Ziel des Gesetzes ist es, die Holznutzungsrechte und -vergünstigungen vom Amts wegen abzulösen und die Berechtigten durch die Übereignung von Grundstücken aus ihrem Teilwald- oder Zinswaldbetrieb zu entschädigen. Die zu übereignende Grundstücksfläche soll dem rechnerischen Anteil der Holznutzungsrechte am Waldertrag des Wirtschaftswaldes im regelmäßigen Betrieb entsprechen; erhält der Berechtigte eine von diesem Wert abweichende Holzboden- (der Holzzucht dienende) Fläche, ist die Differenz in Geld auszugleichen (Art. 5, 11 TZiWG).
Gemäß Art. 36 TZiWG ist gegen die Ablösungsentscheidung der Forstrechtsstelle der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben (Art. 36 Abs. 1 TZiWG); der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist u.a. wegen der Höhe der zu leistenden Ausgleichszahlungen und des Werts der übertragenen Teilwalds- oder Zinswaldgrundstücke offen (Art. 36 Abs. 2 TZiWG). Die Klage vor dem ordentlichen Gericht muss innerhalb eines Monats „nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der nach Abs. 1 anfechtbaren Teile der Ablösungsentscheidung” erhoben werden (Art. 36 Abs. 3 S. 2 TZiWG).
2. Am 15.10.1965 wurde gem. Art. 26 TZiWG das Ablösungsverfahren für den Bezirk eingeleitet, in dem die mit den Rechten des Klägers belasteten Grundstücke liegen. Da es zu keiner Einigung mit dem Kläger kam, erging am 28.11.1990 eine Ablösungsentscheidung gem. Art. 34 TZiWG. Darin ist vorgesehen, dass dem Kläger gem. Art. 34 Abs. 2 TZiWG acht Grundstücke zu insgesamt 101 ha übereignet werden, während ein weiteres Grundstück mit ca. 14 ha frei von Holznutzungsrechten und -vergünstigungen im Eigentum des Beklagten verbleibt. Der Kläger sollte eine Ausgleichszahlung von 108.413 DM leisten. Der Kläger erhob gegen den Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht gem. Art. 36 Abs. 1 TZiWG. Das Verwaltungsgericht wies die Klage am 20.4.1995 ab. Die Berufung des Klägers wurde durch Urteil des BayVGH vom 26.7.1999 zurückgewiesen, seine Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BVerwG vom 29.10.1999 verworfen. Der Beschluss wurde dem Kläger am Freitag, den 12.11.1999 zugestellt; beim Beklagten ging er am 11.11.1999 ein.
3. Nunmehr hat der Kläger gem. Art. 36 Abs. 2 TZiWG Klage zum LG erhoben mit dem Ziel, die in der Ablösungsentscheidung genannten Grundstücke und das weitere Grundstück Flurstück 1045 ohne Ausgleichszahlung übereignet zu erhalten. Die Klage ging per Fax am Montag, den 13.12.1999 beim LG ein; als Vertretungsbehörde des Beklagten war das Bayerische Staatsministerium der Finanzen angegeben. Aufgrund der Verfügung des Vorsitzenden der zuständigen Zivilkammer vom 28.12.1999 wurde die Klage am 4.1.2000 dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen zugestellt. Dieses wies mit Schreiben vom 14.1.2000, beim LG eingegangen am 18.1.2000, darauf hin, dass es zur Vertretung des Beklagten nicht berufen sei, und sandte die Klage a...