1 Leitsatz

Vor der Beauftragung eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen zur Ermittlung des Reparaturbedarfs am gemeinschaftlichen Eigentum müssen regelmäßig keine Alternativangebote eingeholt werden.

2 Normenkette

§ 18 Abs. 2 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer beschließen, den Sachverständigen S damit zu beauftragen, Schäden an Betonbauteilen zu begutachten. S soll einen Nettostundenlohn von 130 EUR erhalten, sein Sekretariat einen Nettostundenlohn von 45 EUR. In dem Beschluss wird für die Ermittlung des Reparaturbedarfs, die Erstellung des Leistungsverzeichnisses mit Angebotseinholung und Preisspiegel ein Betrag von insgesamt 15.000 EUR freigegeben, welcher aus der Erhaltungsrücklage entnommen werden soll. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Das AG gibt seiner Anfechtungsklage statt, weil keine Alternativangebote eingeholt worden waren. Hiergegen wendet sich die Berufung, die sich im Wesentlichen darauf stützt, dass für vorbereitende Maßnahmen keine Alternativangebote erforderlich seien.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Der angefochtene Beschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Im Fall seien Alternativangebote entbehrlich gewesen. Zwar entspreche es herrschender Auffassung, jedenfalls bei der Beauftragung nicht geringfügiger Erhaltungsmaßnahmen Alternativangebote einzuholen. Diese Angebote seien aber kein Selbstzweck, sondern dienten dazu, die Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer auf eine ausreichend gesicherte Tatsachengrundlage zu stellen. Insoweit müsse ein Bedürfnis bestehen. Bei der Verwalterwahl habe dies der BGH angenommen, weil die Neubestellung eines Verwalters für die Eigentümer eine zentrale Bedeutung habe. Gleiches gelte im Grundsatz, wenn nicht unerhebliche Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum vorgenommen werden, sofern nicht das Auftragsvolumen gering sei oder sich aus anderen Umständen Anhaltspunkte für die Wohnungseigentümer ergeben würden, dass das vorgelegte Angebot sich im Rahmen des Üblichen bewege. Richtig sei ferner, dass die Preisgestaltung auch von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nicht vorgegeben sei und hier – ebenso wie beim erforderlichen Arbeitsaufwand – Unterschiede bestehen könnten. Allein dies zwinge aber nicht dazu, vor Beschlussfassung weitere Angebote einzuholen. Zu berücksichtigen sei, dass die Kosten des Gutachtens relativ betrachtet unerheblich seien. Zudem würden Vergleichsangebote nur eingeschränkt die Entscheidungsgrundlage verbessern. Denn der Sachverständige habe die von ihm berechneten Stundenpreise mitgeteilt.

Hinweis

Im aktuellen Recht ist i. d. R. der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG befugt, einen Sachverständigen zu beauftragen, den Reparaturbedarf vor einer Beschlussfassung zu ermitteln. Auch dann stellt sich die Frage, ob mehrere Angebote einzuholen sind. Das LG verneint die Frage, weil es um keine hohen Kosten geht. Dem kann man zustimmen. Die Kosten waren und sind aber nur ein Aspekt. Der andere ist, dass nicht jeder Sachverständige oder jeder Rechtsanwalt gleich gut ist. Es ist daher trotz der geringen Kosten ratsam – und sollte in den Verwaltungsunterlagen dokumentiert werden – transparent zu machen, warum sich der Verwalter aufgrund welcher Informationen für oder gegen einen Sachverständigen entschieden hat.

4.1 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 25.2.2021, 2-13 S 47/20

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