1 Leitsatz

Wird ein Raum in der Gemeinschaftsordnung und nicht lediglich im Aufteilungsplan als "Laden" bezeichnet, legt dies nahe, dass eine Zweckbestimmung im engeren Sinne angeordnet und nicht die nähere Lage von Räumlichkeiten beschrieben werden sollte. Die Zweckbestimmung als "Laden" steht einer Nutzung als "Kulturzentrum- und Begegnungsstätte" entgegen, wenn bei einer typisierenden Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass die von der Begegnungsstätte ausgehenden Geräuschemissionen die anderen Wohnungseigentümer in stärkerem Maße beeinträchtigen, als dies bei einer Ladennutzung der Fall wäre.

2 Normenkette

§§ 9a Abs. 2, 10 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG

3 Das Problem

Teileigentümer B vermietet seine Räume an einen deutsch-kurdischen Kulturverein. Dieser Kulturverein nutzt die Räume als Gebetshaus und Begegnungsstätte für Mitglieder des islamischen Glaubens. Gegen diese Benutzung geht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Verhältnis zu B vor. Sie verweist auf die Gemeinschaftsordnung. Dort heißt es für die Räume des B – die "Einheit Nr. 49" – wie folgt: "Miteigentumsanteil von 20,619/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr. 49 bezeichneten Laden – Teileigentum".

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Die Gemeinschaftsordnung enthalte für die Einheit Nr. 49 eine Zweckbestimmung als "Laden". Denn die Bezeichnung als Laden finde sich in der Gemeinschaftsordnung selbst und nicht lediglich im Aufteilungsplan. Bereits dies lege es nahe, dass eine Zweckbestimmung im engeren Sinne geregelt werden und mit der Bezeichnung nicht die nähere Lage der Räumlichkeiten beschrieben werden sollte. Hierfür spreche auch, dass sämtliche Räume der verschiedenen Teileigentumsrechte als Laden bezeichnet würden. Die anschließende nähere Beschreibung der Räume (z. B. Bankarbeitsraum, Tresorraum etc.) diene demgegenüber ganz offensichtlich zur näheren Beschreibung des räumlichen Umfangs. Dass es sich bei dieser Beschreibung der Räumlichkeiten um keine Zweckbestimmungen im engeren Sinne handele, ergebe sich schon allein aus dem Umstand, dass es nicht der nächstliegenden Betrachtungsweise entspreche, anzunehmen, dass für jeden einzelnen Raum eine Zweckbestimmung nicht nur des auszuführenden Gewerbes (Bankgeschäfte), sondern auch noch der konkreten Raumnutzung vorgesehen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH, Urteil v. 8.3.2019, V ZR 330/17.

Der Zweckbestimmung als "Laden" stehe eine Nutzung der Räume als "Kulturzentrum- und Begegnungsstätte" entgegen, weil bei einer typisierenden Betrachtungsweise davon auszugehen sei, dass die von der Begegnungsstätte ausgehenden Geräuschemissionen die anderen Wohnungseigentümer in stärkerem Maße beeinträchtigen, als dies bei einer Ladennutzung der Fall wäre.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, wie ein Teileigentümer die in seinem Sondereigentum stehenden Räume nutzen darf.

Teileigentum (Zweckbestimmung im weiteren Sinne)

Findet sich in einer Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung die Anordnung, die einem Miteigentumsanteil zugeordneten Räume dürften nicht bewohnt werden, sieht man hierin überwiegend eine sog. Zweckbestimmung im weiteren Sinn. Sie ordnet an, dass grundsätzlich weder der Teileigentümer noch ein Drittnutzer die Räume bewohnen dürfen. Jedes andere Tun soll aber erlaubt sein. Im Fall spreche daher aufgrund der Zweckbestimmung im weiteren Sinne nichts dagegen, die Räume als Gebetshaus und Begegnungsstätte zu gebrauchen.

Laden (Zweckbestimmung im engeren Sinne)

Findet sich in einer Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung die Anordnung, Räume seien als "Laden" zu benutzen, sieht man hierin überwiegend eine sog. Zweckbestimmung im engeren Sinn. Sie ordnet an, dass der Teileigentümer oder Nutzer die Räume nur zu dem Zweck eines "Ladens" benutzen darf.

Ob es im Fall eine solche Zweckbestimmung im engeren Sinn gab, war dabei nicht eindeutig. Denn der Begriff "Laden" fand sich nur in der Beschreibung des Teileigentums. Hier kann es bei einem bereits bestehenden Gebäude, das in Wohnungseigentum aufgeteilt wird, nach der BGH-Rechtsprechung im Einzelfall sein, dass der Begriff nur beschreiben soll, wo der Raum innerhalb des Gebäudes liegt, aber nicht die Benutzung des Raums weiter einengen soll. Auf diese Rechtsprechung hatte sich der beklagte Teileigentümer auch berufen. Das LG grenzt sich an dieser Stelle vom BGH ab.

Typisierende Betrachtungsweise

Ist es dem Teileigentümer oder einem Drittnutzer nicht erlaubt, in Räumen zu wohnen, muss man nach der BGH-Rechtsprechung immer auch Fragen, ob von dem eigentlich verbotenen Gebrauch Störungen ausgehen, die über das Maß hinausgehen, welches die Zweckbestimmung im engeren Sinne beschreiben wollte. Im Fall kommt das LG nach seiner Prüfung zu der Auffassung, dass der Gebrauch der Räume als Gebetshaus und Begegnungsstätte mehr stört als ein Laden.

Aufgaben der Verwaltung

Seit dem 1.12.2020 (WEG-Reform) muss sich jede Verwaltung der Aufgabe stellen, wie sie mit Benutzungen umgehen will, die verboten sind. Zwar sind die Verwaltungen weiterhin dazu auf...

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