Tenor
I. Dem Antragsgegner wird mit Wirkung ab 17. Februar 2000 für das Verfahren der sofortigen Beschwerde Prozeßkostenhilfe – ohne Ratenzahlungspflicht – bewilligt und Rechtsanwalt Jordan beigeordnet.
II. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen vom 5. Januar 2000 aufgehoben.
Dem Antragsgegner wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Pankow/Weißensee vom 8. Juli 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Wert: 31.554 DM.
Gründe
Zu I.:
Der Antragsgegner ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten für die Durchführung der sofortigen Beschwerde aufzubringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. zu II.).
Zu II.:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch des Senats, ist einer Partei nach der Ablehnung eines innerhalb der Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels angebrachten Prozeßkostenhilfegesuchs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen mußte, sich also für arm halten und davon ausgehen durfte, daß sie die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozeßkostenhilfe genügend dargetan habe (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Oktober 1993 - XII ZB 133/93 -, vom 15. November 1989 - IVb ZR 70/89 - und vom 11. November 1992 - XII ZB 118/92 = BGHR ZPO § 233 Prozeßkostenhilfe 8, 6 und 7, jeweils m.N.). Das hat auch das Kammergericht nicht verkannt.
Entgegen der Auffassung des Kammergerichts waren die dargelegten Voraussetzungen unter den hier gegebenen besonderen Umständen jedoch erfüllt. Der Antragsgegner hatte zwar den am letzten Tag der Berufungsfrist, am (Montag) 30. August 1999, mit dem Prozeßkostenhilfegesuch für die Berufung eingereichten Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Tat nicht „vollständig” ausgefüllt. Denn er hatte in Abschnitt E bei den „Bruttoeinnahmen” nur die Angabe „Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit” ausgefüllt, bei den Fragen nach den Einnahmen aus „selbständiger Arbeit … Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen, Kindergeld, Wohngeld, andere Einnahmen” jedoch weder das Kästchen „ja” noch das Kästchen „nein” angekreuzt. Gleichwohl durfte er nach den Umständen davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die beantragte Prozeßkostenhilfe genügend dargetan zu haben. Er hatte nämlich zum selben Verfahren bereits Erklärungen gemäß § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO vom 10. Dezember 1996, vom 15. Januar 1997 und vom 12. Februar 1998 eingereicht, in denen jeweils bei den Fragen nach den sonstigen Einnahmen alle „nein” Kästchen angekreuzt waren. Damit hatte er von Ende 1996 bis Anfang 1998 insgesamt dreimal dargetan, daß er keine Einnahmen aus selbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen, Kindergeld, Wohngeld oder aus sonstigen Quellen hatte. In Verbindung mit seiner Erklärung in dem Prozeßkostenhilfeantrag vom 30. August 1999, daß sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit der im ersten Rechtszug am 1. Juli 1994 vorgelegten Erklärung noch verschlechtert hätten, bestand unter diesen besonderen Umständen kein begründeter Anlaß zu der Annahme, der Antragsgegner könnte inzwischen über weitere Einnahmen verfügen, die bei der Beurteilung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen wären.
Soweit das Kammergericht in dem angefochtenen Beschluß zusätzlich darauf hinweist, daß auch in Abschnitt G des Vordrucks eine Frage, nämlich die nach vorhandenen Bausparkonten, nicht beantwortet sei, vermag der Senat aus diesem Umstand keinen Grund für eine Versagung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entnehmen. Der Antragsgegner hatte in Abschnitt G ersichtlich die Zeilen verwechselt und die Frage nach Bausparkonten versehentlich mit Hinweis auf das Konto bei der Berliner Sparkasse bejaht und die Frage nach einem Kraftfahrzeug verneint, obwohl in der darüber stehenden Zeile der Pkw Fiat Panda angegeben war. Auch in diesem Punkt ließen sich letzte Zweifel durch einen Vergleich mit den Erklärungen vom 10. Dezember 1996, 15. Januar 1997 und vom 12. Februar 1998 dahin beantworten, daß die Frage nach dem Bestehen eines Bausparkontos erkennbar verneint werden sollte.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 539547 |
NJW 2000, 3789 |
NJW-RR 2000, 1520 |