Leitsatz (amtlich)

a) Maßgeblich für die Feststellung eines Amtsenthebungsgrundes im gerichtlichen Vorabverfahren ist der Schluss der mündlichen Verhandlung oder der an seine Stelle tretende Zeitpunkt (im Anschluss an BGH v. 3.12.2001 - NotZ 16/01, BGHZ 149, 230 = MDR 2002, 424 = BGHReport 2002, 307).

b) Der Amtsenthebungsgrund des Vermögensverfalls erfordert über den Eintritt ungeordneter schlechter finanzieller Verhältnisse, die sich in absehbarer Zeit nicht beheben lassen (wirtschaftliche Verhältnisse i. S. d. § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO), hinaus, dass der Notar außer Stande ist, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen.

 

Normenkette

BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 6 u. Abs. 3 S. 2, § 111

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 16.05.2003)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Notarsenats des Schleswig-Holsteinischen OLG in Schleswig v. 16.5.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch die Amtsenthebungsgründe des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorliegen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der 1946 geborene Antragsteller ist seit 1976 als Rechtsanwalt bei dem Amts- und LG K. zugelassen und seit 1.12.1981 Notar mit dem Amtssitz in K. Am 25.9.2002 eröffnete ihm der Antragsgegner, dass seine Amtsenthebung als Notar wegen Vermögensverfalls beabsichtigt sei. Das OLG hat festgestellt, dass die Voraussetzungen der Amtsenthebung aus diesem Grunde vorliegen. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des OLG, maßgeblich für die Feststellung der Voraussetzungen der Amtsenthebung im Vorabverfahren nach § 50 Abs. 3 S. 3 BNotO sei der Zeitpunkt des "Vorbescheides" der Landesjustizverwaltung, nämlich deren Mitteilung, dass und aus welchem Grunde sie die Amtsenthebung in Aussicht nehme. Die statusrechtlichen Überlegungen, die das OLG für seine Auffassung anführt, treffen auf die Amtsenthebung selbst (§ 50 Abs. 3 S. 1 BNotO), nicht aber auf die Eröffnung an den Notar nach S. 3 der Vorschrift zu. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGH v. 3.12.2001 - NotZ 16/01, BGHZ 149, 230 = MDR 2002, 424 = BGHReport 2002, 307; Beschl. v. 31.3.2003 - NotZ 34/02) können sogar noch Umstände, die nach Abschluss des Verfahrens oder nach Ablauf der dafür bestimmten Frist eingetreten sind, bei der Entscheidung, ob die Amtsenthebung auszusprechen ist, Berücksichtigung finden. Erst der Zeitpunkt der Amtsenthebung selbst legt den im anschließenden Verfahren nach § 111 BNotO zu berücksichtigenden Streitstoff fest. Im Vorabverfahren nach § 50 Abs. 3 S. 2 BNotO liegen der gerichtlichen Feststellung die Verhältnisse bei Schluss der mündlichen Verhandlung oder in dem Zeitpunkt zu Grunde, der an seine Stelle tritt (§ 111 Abs. 4 BNotO, § 40 Abs. 2 BRAO). Unzutreffend sind mithin auch die Erwägungen des OLG, (jedenfalls) wenn zum Zeitpunkt des "Vorbescheides" der Vermögensverfall feststehe, sei von einer Beweislastumkehr zum Nachteil des Notars auszugehen. Der Vermögensverfall (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO) oder die sonstigen auf das Wirtschaften des Notars abstellenden Amtsenthebungsgründe (§ 50 Abs. 1 Nr. 8) müssen für den maßgebenden Zeitpunkt festgestellt werden. Liegen sie vorher vor, so begründet dies keine tatsächliche Vermutung für ihr Fortbestehen in dem Sinne, dass eine "Beweislastumkehr" zum Nachteil des Notars stattfände. Das bedeutet nicht, dass krisenhafte Entwicklungen des Notariats in der Vergangenheit oder gar das Eintreten einer Lage, in der ein Amtsenthebungsgrund zu bejahen ist, für die Zukunft ohne Bedeutung seien. Je nach den Umständen kann vom Fortbestehen dieses Zustandes, ohne dass es umfangreicher weiterer Feststellungen bedarf, ausgegangen werden. Besteht zu den Umständen ein zeitlich relevanter Zusammenhang, ist jedenfalls ein gewichtiges Indiz für das Erfordernis, den Notar wegen Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden seines Amtes zu entheben, vorhanden. Vor allem aber ist es Sache des Notars, der den Antrag nach § 111 BNotO stellt und damit ein echtes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auslöst (BGH BGHZ 44, 65), an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Er hat, da es sich bei der Amtsenthebung aus den genannten Gründen um sein Wirtschaften handelt, es vornehmlich in der Hand, die notwendige Aufklärung zu vermitteln. Dies gilt zunächst im Verfahren vor der Landesjustizverwaltung, wo § 64a Abs. 2 BNotO die Mitwirkung des Notars zur Grundlage der Ermittlungen macht und an deren Ausbleiben Rechtsnachteile knüpft, genauso aber im anschließenden Gerichtsverfahren (BGH, Beschl. v. 20.3.2000 - NotZ 22/99, MDR 2000, 854 = ZNotP 2000, 404 [405]). Behörde und Gericht haben unmittelbaren Zugang zu amtlichen und öffentlich dokumentierten Belegen des wirtschaftlichen Zerfalls (Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, dienstrechtliche Maßnahmen, Strafverfahren). Unbeschadet der Möglichkeiten zur Aufsicht über die Amtsführung (§ 93 BNotO) sind aber die Interna der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Notars nicht in gleicher Weise einsehbar und brauchen dies auch nicht zu sein. Hier setzen die Mitwirkungsmöglichkeiten und Obliegenheiten des Notars ein. Die Bereitschaft und Fähigkeit des Notars, die zur Beurteilung des Amtsenthebungsgrundes erforderlichen Tatsachen vollständig und zutreffend mitzuteilen, ist für die Beurteilung des öffentlichen Interesses an der Amtsenthebung mit entscheidend.

2. Danach hat die Feststellung des Berufungsgerichts, der Amtsenthebungsgrund des Vermögensverfalls (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO) liege vor, auch im Beschwerderechtszug Bestand. Der Vermögensverfall, der als insolvenzähnlicher Tatbestand (zur Gesetzesgeschichte vgl. Eylmann/Vassen/Custodis, Bundesnotarordnung, 2000, § 50 Rz. 31) im Gegensatz zu § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden in sich schließt, setzt über den Eintritt ungeordneter schlechter finanzieller Verhältnisse, die sich in absehbarer Zeit nicht beheben lassen (wirtschaftliche Verhältnisse i. S. d. § 50 Abs. 1 Nr. 8, 1. Alt. BNotO) voraus, dass der Notar außer Stande ist, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen (BGH, Beschl. v. 20.11.2000 - NotZ 17/00, MDR 2001, 298 = BGHReport 2001, 142 = ZNotP 2001, 117; Eylmann/Vassen/Custodis, Bundesnotarordnung, 2000, § 50 Rz. 32; zum inhaltsgleichen Begriff in § 7 Nr. 9 BRAO: BRAK-Mitt. 2000, 144; vgl. demgegenüber § 14 Nr. 7 BRAO, der die Möglichkeit des Nichteintretens der Gefährdung Dritter offen lässt). Hiervon ist auszugehen. Gegen den Antragsteller bestanden bei Mitteilung der Amtsenthebungsabsicht am 25.9.2002 titulierte Forderungen i. H. v. insgesamt 519.575,99 Euro; hinzu kam eine unstreitige Forderung seines Partners S. aus der Bürogemeinschaft i. H. v. 50.000 Euro. Die Titel waren allerdings i. H. v. 300.000 Euro für den Tatbestand des Vermögensverfalls nicht einschlägig, denn für die Schadensersatzforderung des Bankhauses L. & Co. war die Haftpflichtversicherung des Antragstellers eingetreten. Die titulierten Verbindlichkeiten gegenüber der D. Bank (121.840,26 Euro), die bei der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum des Antragstellers in L. -Sch. zum Teil Tilgung gefunden hatten, waren auf Grund nicht näher mitgeteilter Umstände nach einem Schreiben der Bank v. 23.10.2002 auf 2.841,85 Euro reduziert. Die Verbindlichkeiten gegenüber der Dr. Bank, mit 51.129,19 Euro und 45.746,44 Euro tituliert, belaufen sich dagegen nach einem vom Antragsteller vorgelegten Vergleichsangebot der Bank v. 4.6.2003 (ggf. auf Grund von Nachforderungen oder unter Einschluss weiterer Schuldgründe) inzwischen auf mindestens 120.000 Euro. Dieses Schuldkapital sucht der Antragsteller, wie eine zusätzliche Verbindlichkeit gegenüber der N. bank über 55.730 Euro, mit monatlichen Raten von 2.000 Euro bzw. 523,90 Euro zu tilgen. Die angebotene Ablösung der Verbindlichkeit gegenüber der Dr. Bank hat nicht stattgefunden, so dass der angestrebte Vergleich als gescheitert anzusehen ist. Verbindlichkeiten gegenüber der H. R. E. Bank i. H. v. 63.000 Euro und gegenüber dem Büropartner S. i. H. v. noch 29.068,60 Euro (Erklärung des Gläubigers v. 21.7.2003) versucht er aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung in Kiel v. 18.7.2003 (Kaufpreis: 95.000 Euro) abzulösen. Offene, im Schuldkapital nicht ablösbare Verbindlichkeiten bestehen mithin jedenfalls i. H. v. ca. 175.000 Euro (Dr. Bank und N. bank). Deren laufende Bedienung durch Teilzahlungsraten ist, wovon der Senat auszugehen hat, aus dem Einkommen des Antragstellers nicht möglich; ebenso stehen liquide Vermögenswerte, wozu der Senat auf die Feststellungen des OLG verweist, nicht zur Verfügung. Nach den wesentlich auf den Angaben des Antragstellers beruhenden Feststellungen des OLG erwirtschaftete dieser im Jahre 2002, errechnet aus den betrieblichen Daten der Ersten neun Monate, einen monatlichen Durchschnittsfehlbetrag von 3.264,68 Euro. Den monatlichen Erträgnissen aus der Anwalts- und Notarkanzlei ("Gewinn- und Verlustrechnung") von 5.462,25 Euro standen, ohne Berücksichtigung des privaten Lebensbedarfs, Unkosten i. H. v. 8.726,93 Euro gegenüber. Für 2003 gibt der Antragsteller, beschränkt auf die ersten sechs Monate, einen durchschnittlichen Ertrag der Kanzlei von 7.454,76 Euro an. Unter Berücksichtigung der vom OLG festgestellten Unkosten verbliebe es danach bei einem Fehlbetrag von 1.272,17 Euro. Der Antragsteller meint allerdings, die auf seine eigenen Angaben zurückgehenden Bürounkosten von monatlich 4.115,89 Euro seien zu streichen, da sie in der "Gewinn- und Verlustrechnung" bereits berücksichtigt seien. Hierzu weist er auf das Konto 49060 der Rechnung hin. Dieses bezeichnet indessen nicht die Bürokostenbeteiligung an der mit S. betriebenen Kanzlei, sondern die "Mieten f. Einrichtung" (wohl: Büroeinrichtung). Der Antragsteller hat nicht den Versuch unternommen, diesen Punkt, der bereits in erster Instanz Gegenstand der Erörterung war, zu klären. Dies geht zu seinen Lasten (oben zu 1). Im Übrigen gibt die "Gewinn- und Verlustrechnung" (behauptete) tatsächliche Zahlungsvorgänge wieder, ist aber kein aussagekräftiges Dokument für das rechtlich Geschuldete. Auch wenn der Antragsteller, wie er weiter meint, die Vermögenshaftpflichtversicherung mit einer Prämie von 326,94 Euro, die vom OLG bei den Kosten berücksichtigt wurde, in die "Gewinn- und Verlustrechnung" aufgenommen haben sollte, bliebe es bei einem monatlichen Fehlbetrag. Damit ist der Antragsteller nicht in der Lage, seine laufenden Verbindlichkeiten aus seinem Einkommen zu bezahlen. Einsetzbares Vermögen steht nicht zur Verfügung. Vermögensverfall ist festzustellen.

3. Selbst wenn der Antragsteller aber noch in der Lage sein sollte, seine laufenden Verbindlichkeiten zu bedienen, liegen die Amtsenthebungsgründe des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vor.

a) Sie in das durch die Mitteilung v. 25.9.2002 ausgelöste Vorabverfahren nach § 50 Abs. 3 S. 3 BNotO einzubeziehen, trägt der Senat keine Bedenken. Die Mitteilung weist zwar als Amtsenthebungsgrund nur auf Vermögensverfall hin. Dies geht aber darauf zurück, dass das am 12.9.2002 eingeleitete Verfahren zum Widerruf der Anwaltszulassung des Antragstellers, auf das die Mitteilung des Antragsgegners Bezug nimmt, nur den Vermögensverfall (§ 14 Abs. 3 Nr. 7 BRAO), nicht aber einen § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO entsprechenden Widerrufsgrund kennt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Mitteilung und dem in Bezug genommenen Material der Rechtsanwaltskammer ergibt sich zweifelsfrei, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers und die Art seiner Wirtschaftsführung unter jedem notarrechtlichen Gesichtspunkt Grundlage der beabsichtigten Amtsenthebung sind. Eine Wesensveränderung des Ermittlungsstoffes (BGH, Beschl. v. 8.7.2002 - NotZ 7/02, NotZ 2/02; Beschl. v. 18.9.1995 - NotZ 30/94, DNotZ 1997, 171 [172]) liegt nicht vor.

b) Die allenfalls knappe Liquidität des Antragstellers bietet keine Grundlage zu der Annahme, dieser könne in absehbarer Zeit seinen Schuldenbestand verlässlich abtragen. Eine so gekennzeichnete Vermögenslage lässt i. d. R., auch wenn Vermögenslosigkeit oder Überschuldung nicht eingetreten sind (BGH, Beschl. v. 20.11.2000 - NotZ 17/00, MDR 2001, 298 = BGHReport 2001, 142 = ZNotP 2001, 117), den Schluss auf eine Gefährdung des Publikums zu (§ 50 Abs. 1 Nr. 8, 1. Alt. BNotO; BGH, Beschl. v. 20.3.2000 - NotZ 19/99, MDR 2000, 915 = BGHR BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8, Interessengefährdung 1; v. 20.11.2000 - NotZ 19/00, MDR 2001, 297 = BGHReport 2001, 63 = NJW 2000, 2359 = DNotZ 2001, 571). Von der Regelfolge abzuweichen, bietet der Fall keinen Anlass. Das Tilgungsstreckungsbemühen des Antragstellers beruht auf unsicherer Grundlage. Das Wohnungseigentum in K., dessen Erlös er zur Befriedigung der H. R. E. Bank verwenden will, ist für die N. bank und die Dr. Bank AG mit Grundschulden über 118.000 DM und 100.000 DM belastet. Dass diese die Pfandfreigabe auf der Grundlage ungesicherter Ratenzahlungsleistungen des Antragstellers erklären werden, ist kaum vorstellbar. Der Antragsteller bleibt jedenfalls eine Erklärung hierfür schuldig. Scheitert aber der Verkauf an der Belastung des Objekts, sind die Verbindlichkeiten gegenüber der H. R. E. Bank und dem Büropartner ungedeckt. Die Dr. Bank, die in der Vergangenheit die Zwangsvollstreckung des Objekts in K. bereits betrieben hat, könnte die Vollstreckung, dies ist jedenfalls nicht ausgeräumt, wieder aufnehmen. Dass den Raten von monatlich 2.000 Euro mehr als eine, bei Unzufriedenheit der Gläubigerin widerrufbare, Stillhaltezusage zu Grunde liegt, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Ähnliches gilt für die Belastung zu Gunsten der N. bank. Der Antragsteller kann sich jederzeit den kumulierten Ansprüchen der Dr. Bank (mindestens 120.000 Euro), der N. bank (55.000 Euro), der H. R. E. Bank (63.000 Euro), der D. Bank (2.841 Euro) und S. (29.068 Euro), insgesamt einem fälligen Schuldkapital von ca. 270.000 Euro, ausgesetzt sehen, dem im Wesentlichen als Vermögenswert nur das Wohnungseigentum in K., für das sich 95.000 Euro erlösen lassen, gegenübersteht.

Zudem ist die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers mit den Interessen der Rechtsuchenden nicht vereinbar (§ 50 Abs. 1 Nr. 8, 2. Alt. BNotO). Eine mit dem Amt nicht zu vereinbarende Wirtschaftsführung liegt, auch wenn sich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse im Einzelfall nicht nachweisen lassen (BGH, Beschl. v. 20.11.2000 - NotZ 17/00, MDR 2001, 298 = BGHReport 2001, 142 = BGHR BNotO, § 50 Abs. 1 Nr. 8, Wirtschaftsführung 1 = ZNotP 2001, 117) vor, wenn Gläubiger gezwungen sind, wegen berechtigter Forderungen gegen den Notar Zwangsmaßnahmen zu ergreifen (BGH, Beschl. v. 20.11.2000 - NotZ 17/00, MDR 2001, 298 = BGHReport 2001, 142 = BGHR BNotO, § 50 Abs. 1 Nr. 8, Wirtschaftsführung 1 = ZNotP 2001, 117; v. 8.7.2002 - NotZ 1/02, BGHReport 2002, 960 = MDR 2002, 1154 = NJW 2002, 2791 = ZNotP 2002, 406). Es ist bereits als solches nicht hinzunehmen, dass der Notar in diese Lage gerät (BGH, Beschl. v. 12.10.1990 - NotZ 21/89, DNotZ 1991, 94; v. 8.7.2002 - NotZ 1/02, BGHReport 2002, 960 = MDR 2002, 1154 = NJW 2002, 2791 = ZNotP 2002, 406). Solche Maßnahmen begründen Gefahren für die Unabhängigkeit, die Zuverlässigkeit und die Integrität des Notars (BGH, Beschl. v. 20.3.2000 - NotZ 19/99, MDR 2000, 915 = NJW 2000, 2359 = ZNotP 2000, 284; v. 8.7.2002 - NotZ 1/02, BGHReport 2002, 960 = MDR 2002, 1154 = NJW 2002, 2791 = ZNotP 2002, 406). Gegen den Antragsteller wurde, zunächst auf Antrag des Finanzamts K. wegen einer Steuerschuld von 17.442,16 Euro die Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum in L. -Sch. betrieben. Dem Verfahren schlossen sich die Dr. Bank und die D. Bank an. Die am Schluss allein betreibende D. Bank fiel mit 68.016,45 Euro aus. In die Eigentumswohnung in K. hatte die Dr. Bank vollstreckt; gegenwärtig ist der dargestellte Versuch der freihändigen Verwertung im Gange. Die Vollstreckungsmaßnahmen gehen auf die Jahre 2000 bis 2002 zurück, liegen also in jüngster Vergangenheit. Ihre Fortsetzung (Objekt K.) steht ernstlich im Raum.

III.

Das Ausbleiben des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung gab keinen Anlass, die Sache zu vertagen. Der Antragsteller war, nachdem er in Abrede gestellt hatte, die am 29.9.2003 verfügte Ladung mit (vorbereitetem) Empfangsbekenntnis erhalten zu haben, am 27.10.2003 per Fax erneut geladen worden. Die Ladungsfrist (§ 111 Abs. 4 BNotO, § 42 Abs. 6 BRAO, § 217 ZPO) ist gewahrt.

Das Ausbleiben des Antragstellers ist auch nicht entschuldigt. Nachdem er am 27.10.2003 dem Vorsitzenden fernmündlich erklärt hatte, er sei am Terminstag wegen Mandantenbesprechungen in den neuen Bundesländern verhindert und er daraufhin auf Bedenken gegen die hinreichende Entschuldigung seines Ausbleibens hingewiesen worden war, änderte der Antragsteller, mit einem am 31.10.2003, 16.11 Uhr (Freitag vor dem Terminstag) aufgegebenen Fax, seinen Vortrag: Er habe "seit Wochen mit Mandanten Besprechungstermine in Hamburg für den 3.11.und anschließend in Cuxhaven vereinbart," wobei offen sei, ob er auch noch in den neuen Bundesländern Besprechungstermine wahrnehmen müsse. Dies erweckt Zweifel an der Bereitschaft des Antragstellers, wahrheitsgemäß vorzutragen. Wenn Besprechungstermine in Hamburg und Cuxhaven seit Wochen feststanden, solche in den neuen Bundesländern aber nicht, ist es nicht nachvollziehbar, wieso der Antragsteller am 27.10.sein Ausbleiben mit Besprechungen in diesen Bundesländern begründete. Vor allem aber besteht das inhaltliche Ungenügen des Vorbringens, auf das der Antragsteller hingewiesen wurde, fort. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Ein Satz der Lebenserfahrung, nach dem Besprechungstermine mit Mandanten, gleich was ihr Anlass ist, unaufschiebbar sind, besteht nicht. Jeglicher Vortrag, der eine Unaufschiebbarkeit erklärlich machen würde, fehlt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1087070

BGHR 2004, 346

NJW-RR 2004, 710

DNotZ 2004, 882

NZI 2004, 520

ZNotP 2004, 293

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