Entscheidungsstichwort (Thema)
Befangenheit des gesamten Gerichts. Pauschaler Ablehnungantrag
Leitsatz (redaktionell)
Die pauschale Ablehnung eines Spruchkörpers oder des gesamten Gerichts ist rechtsmissbräuchlich und unbeachtlich.
Normenkette
ZPO §§ 42, 45
Tenor
Der Antrag des Klägers, zur Entscheidung über sein Befangenheitsgesuch ein anderes Oberlandesgericht als das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg zu bestimmen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien, deren Rechtsvorgänger gesellschaftsrechtlich verbunden waren, streiten im wesentlichen um die Wirksamkeit von drei notariellen Auseinandersetzungsverträgen, welche ihre Erblasser im Jahr 1981 geschlossen haben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat Berufung eingelegt und durch Schriftsatz vom 29. Oktober 2001 drei namentlich genannte Richter des zuständigen 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Begründet hat er dieses Gesuch damit, daß ein Hochschullehrer, welcher im Nebenamt Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg ist, ohne dem 2. Zivilsenat anzugehören, ein Rechtsgutachten „zu den Aussichten der Klage” erstattet hat. Außerdem hat er in dem gleichen Schriftsatz „die Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Oberlandesgericht, welches der Bundesgerichtshof bestimmen möge”, beantragt; er hält es für unzumutbar, „vor diesem Gericht sein Recht zu suchen”.
Die abgelehnten Richter haben dienstliche Erklärungen abgegeben, nach denen sie sich nicht für befangen halten. Auf den Hinweis, der Antrag auf Bestimmung eines anderen Oberlandesgerichts werde dahin interpretiert, daß der Kläger sämtliche Richter des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg wegen Besorgnis der Befangenheit ablehne, ein solches Gesuch jedoch als unzulässig angesehen werde, hat der Kläger nicht reagiert. Die Sache ist deswegen dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung zugeleitet worden.
II. Der Antrag ist unzulässig. Zutreffend hat das Berufungsgericht das Begehren, der Bundesgerichtshof möge das zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vom 29. Oktober 2001 zuständige Oberlandesgericht bestimmen, als pauschale Ablehnung sämtlicher Richter des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg angesehen.
Es entspricht ständiger, vom Schrifttum geteilter Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschl. v. 7. November 1973 – VIII ARZ 14/73, NJW 1974, 55 f. m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO 22. Aufl. § 42 Rdn. 3 i.V.m. § 45 Rdn. 4 m.w.N.), daß nur einzelne Mitglieder eines Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden können, daß aber eine pauschale Ablehnung eines Spruchkörpers oder des gesamten Gerichts rechtsmißbräuchlich und unbeachtlich ist. Angesichts der Wirkungslosigkeit dieses Gesuchs hätten schon die nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen die namentlich genannten drei Richter des 2. Zivilsenats berufenen Richter die Unzulässigkeit der Pauschalablehnung aussprechen können; zur Vermeidung weiterer Verzögerungen des Rechtsstreits kann aber auch der Senat dieses Gesuch zurückweisen (vgl. BGH, Beschl. v. 7. November 1973 aaO m.w.N.).
Unterschriften
Röhricht, Hesselberger, Goette, Kurzwelly, Kraemer
Fundstellen
Haufe-Index 706793 |
NJW-RR 2002, 789 |
JurBüro 2002, 557 |