Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Zur Bewertung nicht-volldynamischer Anrechte im Versorgungsausgleich.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 3-4; Barwert-VO § 1 Abs. 1, 3; BarwertVO § 1 Abs. 1; BarwertVO § 1 Abs. 3; VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1, § 10a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 26. Zivilsenats – zugleich Familiensenat – des Oberlandesgerichts München vom 3. August 1999 aufgehoben.
Die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gegen Nr. 3 des Entscheidungssatzes des Endurteils des Amtsgerichts – Familiengericht – München vom 14. April 1999 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden in diesem Verfahren nicht erstattet.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Gründe
I.
Die am 15. April 1964 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am 18. November 1997 zugestellten Antrag der Ehefrau (Antragstellerin) durch Verbundurteil vom 19. April 1999 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 19. April 1999) und der Versorgungsausgleich geregelt.
Während der Ehezeit (1. April 1964 bis 31. Oktober 1997; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarb die Ehefrau nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (weitere Beteiligte – BfA) in Höhe von 1.372,29 DM. Daneben besteht ein Versorgungsanspruch bei der Bayern Versicherung mit einem auf die Ehezeit entfallenden Deckungskapital von (richtig:) 36.180 DM; das entspricht – bezogen auf das Ende der Ehezeit – dem Monatsbetrag einer dynamischen Anwartschaft (in der gesetzlichen Rentenversicherung, § 1587a Abs. 3 Nr. 1 BGB) von 157,14 DM.
Der Ehemann erwarb während der Ehezeit ebenfalls Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA, und zwar nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts in Höhe von 2.397,18 DM. Daneben besteht ein auf die Ehezeit entfallendes Anrecht auf eine statische Betriebsrente bei der B. GmbH in Höhe von jährlich 8.901,38 DM, entsprechend 741,78 DM monatlich.
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es Rentenanwartschaften des Ehemanns bei der BfA in Höhe von monatlich 512,45 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1997, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA übertragen hat. Außerdem hat es – im Wege des erweiterten Splittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, § 1587b Abs. 1 BGB – für die Ehefrau auf demselben Konto weitere Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 31,61 DM, bezogen auf den 31. Oktober 1997, begründet. Dabei hat es die statischen Anrechte auf eine Betriebsrente des Ehemanns – entsprechend der Tabelle 1 BarwertVO – in eine dynamische Anwartschaft in Höhe von (richtig:)monatlich 220,37 DM umgerechnet und hiervon den für den Versorgungsanspruch der Ehefrau bei der Bayern-Versicherung ermittelten Monatsbetrag einer dynamischen Anwartschaft in Höhe von 157,14 DM in Abzug gebracht.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde hat die BfA die Überschreitung des Höchstbetrags gerügt. Das Oberlandesgericht hat diese Rüge für nicht durchgreifend erachtet, die Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich jedoch – teilweise – dahin abgeändert, daß es Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 85,40 DM (statt 31,61 DM), bezogen auf den 31. Oktober 1997, auf dem Versicherungskonto der Ehefrau begründet hat. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der er die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erstrebt.
II.
Die – wirksam auf den Ausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, § 1587b Abs. 1 BGB beschränkte (st. Rspr., vgl. BGHZ 92, 5, 10 f. = FamRZ 1984, 990, 991 f.; Senatsbeschluß vom 18. September 1991 – XII ZB 92/89 – FamRZ 1992, 45) – weitere Beschwerde des Ehemanns ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung:
1. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Höchstbetrag nicht überschritten und die Beschwerde der BfA insoweit unbegründet ist. Des weiteren hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt:
a) § 1587a Abs. 3, 4 BGB sei zwar – entgegen einer im Schrifttum geäußerten Auffassung (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999, 896) – nicht verfassungswidrig: Die Barwertverordnung nehme eine Verzinsung der Barwerte in Höhe von 5,5 % an und bleibe damit hinter der Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung zurück. Diese mangelhafte Verzinsung könne aber als durch die Vorteile des Umlagesystems ausgeglichen angesehen werden; auf Grund historischer Erfahrung lasse sich nämlich die Meinung vertreten, daß Umlagesysteme krisensicherer als kapitalfundierte Systeme seien. Hinzu komme jedoch, daß die Barwerte keine Hinterbliebenenversorgung erfaßten, aus den Beiträgen der gesetzlichen Rentenversicherung aber auch diese bezahlt werden müsse; dies führe zu einer Abwertung der über den Barwert umzurechnenden Anrechte um ca. 20 %. Zusammengenommen ergebe sich damit eine Fehlbewertung, die den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletze. Dies sei jedoch kein Problem der von § 1587a Abs. 3 BGB vorgeschriebenen fiktiven Beitragsentrichtung, sondern der Barwertverordnung. In verfassungskonformer Auslegung des § 1587a Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB müsse eine zugesagte Hinterbliebenenversorgung bei der Barwertermittlung in der Weise berücksichtigt werden, daß zum Ausgleich der Abwertung um 20 % ein Zuschlag auf die Barwerte in Höhe von 25 % erfolge.
b) Jedoch sei die Barwertverordnung selbst verfassungswidrig. Die dort verwendeten statistischen Daten seien veraltet, woraus eine erhebliche Abwertung resultiere, was – ausweislich der zitierten Literaturmeinung (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO) – zur Verfassungswidrigkeit der Verordnung führe. Deshalb sei das Gericht nicht an die Barwertverordnung gebunden. Es lege vielmehr die von den genannten Autoren veröffentlichten Werte einer „Ersatztabelle 2” (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 898; dort unter der Rubrik „Heubeck 98”) zugrunde. Dabei multipliziere es den Barwertfaktor der einschlägigen Originaltabelle 1 mit dem Quotienten aus dem Barwertfaktor der „Ersatztabelle 2” und dem (niedrigeren) Barwertfaktor der Originaltabelle 2. Auf diese Weise lasse sich der Barwertfaktor für eine „Ersatztabelle 1” ermitteln; dieser Wert müsse im Hinblick auf die zu berücksichtigende Hinterbliebenenversorgung um 25 % erhöht werden. Daraus ergebe sich für den zu entscheidenden Fall ein anzuwendender Barwertfaktor von 9,74, der zu einem Barwert der statischen Anwartschaft des Ehemannes von (8.901,38 DM × 9,74 =) 86.699,44 DM und damit zu einer dynamischen Rente von 376,56 DM führe. Der Ausgleichsanspruch bestehe dann in Höhe von (376,56 DM – 157,14 DM =) 109,71 DM. Ein Ausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG sei jedoch auf den Höchstbetrag von 85,40 DM beschränkt.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nur begrenzt stand.
2. Allerdings geht das Oberlandesgericht im Ergebnis zu Recht davon aus, daß § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht verfassungswidrig ist.
a) In der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, die Vorschrift sei verfassungswidrig, weil die Anrechte einer statischen oder teildynamischen Versorgung durch die Barwertermittlung – bei Annahme fiktiver Einzahlung des Barwertes in die gesetzliche Rentenversicherung – gegenüber volldynamischen Anrechten ohne rechtfertigenden Grund erheblich unterbewertet würden; diese erhebliche Unterbewertung verletze den Halbteilungsgrundsatz und das Gleichheitsgebot der Verfassung (Bergner SozVers 2001, 9, 11; ders. FamRZ 1999, 1487, 1488; ders. FamRZ 2000, 97, 98; Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999, aaO S. 901; dies. FamRZ 2000, 270; einschränkend Klattenhoff FamRZ 2000, 1257, 1268; ders. DRV 2000, 685, 709; offengelassen von MünchKomm/Dörr § 10a VAHRG Rdn. 53 ff., 56: „bedenklich”). Zum einen seien die biometrischen Daten, auf denen die Barwertverordnung beruhe, veraltet; die Anwendung der – überholten – Barwertfaktoren führe zu einer Unterbewertung der statischen Anrechte um 20 bis 40 % (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 898; vgl. auch Klattenhoff FamRZ aaO. S. 1261; ders. DRV aaO S. 693). Zum anderen bewirke der Umwertungsmechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB eine weitere Abwertung dieser Anrechte. Während der nach der Barwertverordnung ermittelte Barwert den Wert eines Anrechts auf Invaliditäts- und Altersrente darstelle, würden mit den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung auch versicherungsfremde Leistungen sowie eine Hinterbliebenenversorgung finanziert. Durch die fiktive Einzahlung des errechneten Barwertes in die gesetzliche Rentenversicherung trete daher ein (weiterer) Wertverlust des Anrechts auf Alters- und Invaliditätsrente ein (Bergner SozVers aaO S. 10 ff.; ders. FamRZ 1999 aaO S. 1488; Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 898 ff.; kritisch hierzu Klattenhoff FamRZ aaO S. 1263 ff.; ders. DRV aaO S. 696 ff.)
b) Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zuzustimmen.
aa) Der Umstand, daß der Barwertverordnung veraltete biometrische Daten zugrunde liegen, kann zwar die Richtigkeit und Anwendbarkeit der Barwertverordnung in Zweifel ziehen (vgl. dazu unter II. 3., 4.), nicht aber die Verfassungswidrigkeit des § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB begründen. Diese Vorschrift wäre selbst ohne den Erlaß einer Verordnung auf der Ermächtigungsgrundlage des § 1587a Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB vollziehbar (Senatsbeschluß vom 27. Oktober 1982 – IVb ZB 537/80 – FamRZ 1983, 40, 44); eine von der Verordnung vorgegebene, aufgrund veränderter biometrischer Daten aber nunmehr unrichtige Barwertbildung wirkt deshalb weder auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der Ermächtigungsgrundlage in § 1587a Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB noch auf den von § 1587a Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB vorgeschriebenen Mechanismus zur Umrechnung nicht-volldynamischer Anrechte in volldynamische Anrechte zurück.
bb) Eine andere Frage ist, ob die Kritik an dem Umrechnungsmechanismus die Annahme rechtfertigt, die Regelung des § 1587a Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB sei auch als solche mit der Verfassung nicht zu vereinbaren. Für die Beantwortung dieser Frage kann dahinstehen, ob infolge der in § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB vorgesehenen Bewertung im Wege einer fiktiven Einzahlung des Barbetrags in die gesetzliche Rentenversicherung „Transferverluste” entstehen, die nicht durch Staatszuschüsse abgedeckt werden und daher aus den Beiträgen der Versicherten zu finanzieren sind (so Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 898; a.A. Klattenhoff FamRZ aaO S. 1264); ebenso kann offenbleiben, in welchem Umfange die von der gesetzlichen Rentenversicherung gewährte Hinterbliebenenversorgung zu einer Abwertung umzurechnender Anrechte führen kann (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 899). „Transferverluste” dieser Art sind nämlich kein spezifisches Problem des § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB; sie sind eine Konsequenz des Systems des Versorgungsausgleichs, der auf einen die unterschiedlichen Versorgungssysteme übergreifenden Einmal-Ausgleich zielt.
(1) Zum Zwecke dieses Ausgleichs müssen die in den Ausgleich einzubeziehenden, aber in unterschiedlichen Versorgungssystemen bestehenden Anrechte miteinander vergleichbar gemacht werden. Der Gesetzgeber hat sich hierbei auf eine pauschalierende Betrachtung beschränkt und – jedenfalls im Grundsatz – nur auf die Dynamik der Anrechte abgestellt. Vergleichsmaßstab sind die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung. Soweit die Dynamik von Anrechten, die bei anderen Versorgungssystemen bestehen, der (Voll-) Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung entspricht, werden diese – ebenfalls volldynamischen – Anrechte unabhängig von der Ausgestaltung ihres Versorgungssystems und von dessen Leistungsspektrum sowohl im Verhältnis zueinander als auch mit Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung gleichgesetzt und mit ihrem Nominalbetrag berücksichtigt (§ 1587a Abs. 3 BGB i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 2 BarwertVO). Bereits diese Gleichsetzung kann jedoch zu „Transferverlusten” führen – so etwa dann, wenn zum Ausgleich eines außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehenden volldynamischen Anrechts nach Maßgabe der § 1 Abs. 3, § 3b VAHRG Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden und deren Leistungsspektrum hinter dem des auszugleichenden Anrechts zurückbleibt.
(2) Für nicht-volldynamische Anrechte werden derartige „Transferverluste” über den Mechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB teilweise aufgefangen: Der von § 1587a Abs. 3 Nr. 1 BGB vorgeschriebene Rückgriff auf das Deckungskapital ermöglicht hier eine versicherungsmathematisch exakte, auch das Leistungsspektrum einbeziehende Wertermittlung des jeweiligen Anrechts; entsprechendes gilt – wenn auch relativiert durch die mit der Barwertverordnung einhergehende und auf die Art der jeweiligen Dynamik begrenzte Typisierung – für den in § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB vorgeschriebenen Rückgriff auf den Barwert bei nicht deckungskapitalfinanzierten Anrechten. Der – in beiden Fällen im Wege fiktiver Einzahlung angenommene – Einmalbeitrag läßt sich als ein dem Deckungskapital oder Barwert vergleichbarer, freilich hier auf die spezifischen Rechnungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung bezogener Wert der in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehenden oder zu begründenden Anrechte verstehen. Der Mechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB – Bewertung durch Ermittlung von Deckungskapital oder Barwert sowie durch deren fiktive Einzahlung als Einmal-Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung – bewirkt insoweit im Ergebnis, daß für ein nicht-volldynamisches Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden, die dem auszugleichenden Anrecht – etwa im Hinblick auf ein unterschiedliches Leistungsspektrum – nicht gleichartig, wohl aber (in Höhe ihres hälftigen Ausgleichsbetrags) gleichwertig sind (Klattenhoff FamRZ aaO S. 1264; ders. DRV aaO S. 698 f.). Diese bloße Gleichwertigkeit schließt naturgemäß die Unterschiedlichkeit von Leistungsteilen nicht aus – so etwa ein im Vergleich zum ausgeglichenen Anrecht niedrigeres Altersruhegeld in der gesetzlichen Rentenversicherung, das durch anderweitige Vorzüge der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn auch in nicht näher zu quantifizierender Weise, kompensiert wird.
Soweit man diese Unterschiedlichkeit von Teilleistungen überhaupt als „Transferverlust” bezeichnen kann, wird dieser von § 1587a Abs. 3 BGB in die Ermittlung des Nominal- (Zahl-) Betrags des nicht-volldynamischen Anrechts vorverlegt. Das ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Zwar sind Möglichkeiten vorstellbar, den dynamisierten Nominalbetrag eines an sich nicht volldynamischen Anrechts losgelöst von den Rechnungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung – etwa, wie vorgeschlagen (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 900 f.), durch Multiplikation seines statischen Nominalbetrags mit dem Quotienten aus seinem Barwert und dem Barwert eines volldynamischen Anrechts mit gleich hohem Nominalbetrag – zu ermitteln. Ob ein solcher Rechenweg zur vergleichenden Wertermittlung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden, aber qualitativ unterschiedlichen Anrechte praktikabel und gegenüber dem Bewertungsmechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB vorzugswürdig ist, bedarf keiner Entscheidung; denn auch bei einem solchen Bewertungsvorgang wäre es jedenfalls nicht sachwidrig, für die Zwecke der Durchführung des Ausgleichs eines nicht-volldynamischen Anrechts auf dessen reales Deckungskapital oder auf dessen Barwert zurückzugreifen und diesen – durch Einzahlung als Einmalbetrag – der Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung (gemäß § 3b Abs. 1 VAHRG) zugrunde zu legen. Auch in diesem Falle träten die von der Literaturmeinung kritisierten „Transferverluste” auf – dies allerdings nicht schon bei der Bewertung der Anrechte, sondern erst beim Vollzug des Versorgungsausgleichs durch erweitertes Splitting oder Beitragszahlung. So würde die deckungskapital- oder barwertbezogene Bewertung des auszugleichenden Anrechts unverändert nur Versorgungsleistungen wegen Alters oder Invalidität erfassen, eine zugesagte Hinterbliebenenversorgung also aussparen (§ 1587 Abs. 1 BGB; Senatsbeschluß vom 25. September 1991 – XII ZB 77/90 – FamRZ 1992, 165, 166). Beim Vollzug des Ausgleichs dieses Anrechts durch Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung entfiele jedoch ein Teil des Deckungskapitals oder Barwertes auf die Hinterbliebenenversorgung. Dadurch bliebe zwar der – auf die Versorgung wegen Alters bezogene – Nominalbetrag der in der gesetzlichen Rentenversicherung begründeten Anrechte hinter dem – ebenfalls auf die Versorgung wegen Alters bezogenen – Nominalbetrag des auszugleichenden Anrechts zurück. Die Gleichwertigkeit zwischen dem auszugleichenden, nach § 1587 Abs. 1 BGB wertmäßig aber nur die Risiken von Alter und Invalidität einbeziehenden Anrecht und dem begründeten, auch eine Hinterbliebenenversorgung gewährenden Anrecht bliebe jedoch gewahrt.
(3) Der Senat verkennt nicht, daß die Berücksichtigung der spezifischen Rechnungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung bereits bei der Bewertung nicht-volldynamischer Anrechte zu Verzerrungen führen kann, wenn das zu bewertende nicht-volldynamische Anrecht gar nicht durch die Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen wird. Zu einem solchen Ausgleich kommt es namentlich dann nicht, wenn das zu bewertende nicht-volldynamische Anrecht zwar dem ausgleichspflichtigen Ehegatten zusteht, aber nach § 1587b Abs. 5 BGB oder im Hinblick auf die durch § 3b Abs. 1 VAHRG gezogenen Grenzen nur teilweise einem erweiterten Splitting oder einem Ausgleich durch Beitragszahlung zugänglich ist, ferner nicht in Fällen, in denen das zu bewertende nicht-volldynamische Anrecht dem ausgleichberechtigten Ehegatten zusteht. Hier können – durch die Annahme einer fiktiven Einzahlung von Deckungskapital oder Barwert als Einmal-Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung – in der Tat bei der Bewertung des nicht-volldynamischen Anrechts „Tranferverluste” entstehen, die durch den Vollzug des Versorgungsausgleichs nicht aufgefangen werden. Das Gesetz nimmt diese – keineswegs erst durch die Nichtigkeit des § 1587b Abs. 3 BGB a.F. praktisch gewordenen (vgl. aber Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 900) – Unterbewertungen hin, um eine für alle nicht-volldynamischen Anrechte einheitliche Dynamisierung zu gewährleisten, die über die Rechengrößen problemlos handhabbar ist und einen Gleichklang von Bewertung und Ausgleich des nicht-volldynamischen Anrechts verbürgt. Ob dieses – billigenswerte – Ziel für sich genommen ausreichen würde, um in allen Fällen eine mit der Unterbewertung nicht-volldynamischer Anrechte einhergehende Überhöhung oder Schmälerung des Ausgleichsanspruchs zu rechtfertigen, kann dahinstehen. Zwar können Gesichtspunkte der Praktikabilität die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte und damit auch eine Unterbewertung von Anrechten im Versorgungsausgleich nur beschränkt rechtfertigen (Senatsbeschluß vom 27. Oktober 1982 aaO S. 43). Die Erfahrungen mit dem bereits wiederholt und grundlegend novellierten Recht des Versorgungsausgleichs haben jedoch gezeigt, daß einer mathematischen Verwirklichung des Halbteilungsgrundsatzes bei der wertenden Erfassung und Ausgleichung nach Struktur und Leistung ganz unterschiedlicher und zudem in der Entwicklung begriffener Anrechte enge Grenzen gezogen sind, die auch von den in der Literatur – zudem mit divergierender Zielrichtung (vgl. einerseits Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 900 f.; andererseits Bergner FamRZ 1999 aaO. S. 1487) geforderten Systemänderungen wohl nicht aufgehoben, sondern nur verschoben würden. Vor diesem Hintergrund könnten die hier in Frage stehenden Unterbewertungen von nicht-volldynamischen Anrechten nur dann zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes der Verfassung oder des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes führen, wenn sie zu den mit ihnen verfolgten Praktikabilitätszielen in keinem rechten Verhältnis stehen, ganze Gruppen von Betroffenen erheblich benachteiligen (Senatsbeschluß vom 27. Oktober 1982 aaO S. 43) und nicht systemkonform – insbesondere über Härteregelungen – zu korrigieren sind (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 10. Juli 1985 – IVb ZB 836/80 – FamRZ 1985, 1119, 1122). Die mit dem Mechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB für die aufgezeigten Fallkonstellationen verbundene Unterbewertung nicht-volldynamischer Anrechte kann – je nach Fallgestaltung – zu einem zu hohen oder zu niedrigen Ausgleichsanspruch führen oder sich auch wechselseitig aufheben; sie läßt sich deshalb auch nicht generell quantifizieren. Die Gerichte haben jedoch die Möglichkeit, groben Fehlbewertungen im Einzelfall zu begegnen.
Ein nicht-volldynamisches Anrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten ist, soweit es nicht im Wege des erweiterten Splittings ausgeglichen werden kann, schuldrechtlich auszugleichen. Soweit dabei – etwa nach einem vorab durchgeführten öffentlich-rechtlichen Teilausgleich – eine Entdynamisierung erforderlich wird (Senatsbeschluß vom 29. September 1999 – XII ZB 21/97 – FamRZ 2000, 89, 92; vgl. auch Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 3. Aufl., § 1587g Rdn. 14) lassen sich mit der Dynamisierung verbundene Unterbewertungen ausgleichen. Soweit nicht-volldynamische Anrechte des ausgleichsberechtigten Ehegatten über den Mechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB unterbewertet werden und diese Unterbewertung durch keine vergleichbare Wertminderung nicht-volldynamischer Anrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten aufgefangen wird, kann einem danach kraß überhöhten Ausgleichsverlangen mit § 1587c BGB begegnet werden. Es ist nicht zu übersehen, daß die Prüfung des § 1587c BGB in Fällen, in denen betragsmäßig erhebliche nicht-volldynamische Anrechte des ausgleichsberechtigten Ehegatten in die Ausgleichsbilanz einzustellen sind, die forensische Handhabbarkeit des Ausgleichssystems erschwert – mag sich auch diese Erschwernis durch pauschalierende prozentuale Zuschläge bei der Bewertung des nicht-volldynamischen Anrechts mildern lassen. Dieses – gewichtige – Bedenken kann allerdings nur dem Gesetzgeber Anlaß bieten, die Regelung des § 1587a Abs. 3 BGB einer Überprüfung zu unterziehen; verfassungsrechtliche Zweifel an der Geltungskraft des § 1587a Abs. 3 BGB begründet dieser Gesichtspunkt indes nicht.
3. Die in der Literatur geübte Kritik, der Barwertverordnung lägen veraltete biometrischen Daten zugrunde (MünchKomm/Dörr BGB 4. Aufl., § 10a VAHRG Rdn. 55; Klattenhoff FamRZ aaO S. 1261, 1266; ders. DRV aaO S. 693; Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 897), ist allerdings berechtigt.
Die Barwertverordnung beruht in der Tat auf – überholten – Annahmen über biometrische Grundwahrscheinlichkeiten (Sterbens- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten), die aus demographischem Material aus den Jahren 1920 bis 1940 gewonnen sind (zur zeitlich begrenzten Gültigkeit dieser Wahrscheinlichkeiten vgl. etwa Heubeck, BB 1983, 2173, 2174; Höfer/Pisters BB 1983, 2044). Diese Annahmen berücksichtigen naturgemäß nicht inzwischen eingetretene demographische Veränderungen, wie sie in neueren, namentlich als Rechnungsgrundlagen in der betrieblichen Altersversorgung verwandten Richttafeln zugrundegelegt werden (vgl. zuletzt: Heubeck, Richttafeln 1998). So bewirkt vor allem die gestiegene Lebenserwartung der Versicherten (dazu etwa Höfer/Pisters aaO S. 2044 f.; vgl. auch Statistisches Jahrbuch 2000 für die Bundesrepublik Deutschland S. 74), daß zur Finanzierung einer bestimmten zugesagten Versorgungshöhe ein größeres Deckungsvolumen erforderlich wird. Das bedeutet, daß bei gleichem Nominalbetrag eines Anrechts dessen Barwert steigt. Die unveränderten Umrechnungsfaktoren der Barwertverordnung führen folgerichtig umgekehrt zu einer Unterbewertung der nach der Barwertverordnung umzurechnenden Anrechte.
Die Problematik der biometrischen Datengrundlage war dem Verordnungsgeber bereits bei der aufgrund der Rechtsprechung (Senatsbeschluß vom 27. Oktober 1982 aaO) notwendigen Änderung der Barwertverordnung im Jahre 1984 bekannt. In der Begründung der Novelle heißt es:
„Die Verordnung sieht keine besondere Bewertung für Versorgungen vor, die zwar in der Anwartschafts- oder in der Leistungsphase oder in beiden Phasen dynamisch sind, deren Wertsteigerung in der dynamischen Phase aber hinter der Wertentwicklung einer volldynamischen Versorgung zurückbleibt. Sie behält außerdem die Annahmen über die Zinsentwicklung, biometrische Grunddaten usw. bei, die der geltenden BarwertVO zugrundeliegen. Diese Beschränkungen rechtfertigen sich aus dem Charakter der Verordnung als einer bloß vorläufigen Übergangsregelung, die in der Praxis lediglich die Bewertung bestimmter teildynamischer Versorgungen bis zu einer Neuordnung des Rechts des Versorgungsausgleichs erleichtern soll.” (BT-Drs. 145/84 S. 15 f.).
Veränderte biometrischen Daten beeinflussen zwar den Barwert eines Rentenanrechts. Allerdings bestehen Zweifel, inwieweit aus aktuellen Richttafeln, die nicht speziell für Zwecke des Versorgungsausgleichs entwickelt worden sind und eine Vielzahl verschiedener Parameter, Wahrscheinlichkeiten und Ausgangsgesamtheiten behandeln, unmittelbar eine neue, dem Tabellenwerk der Barwertverordnung entsprechende Zahlenskala für die Bewertung eines nicht-volldynamischen Anrechts im Versorgungsausgleich abgelesen werden kann. Deshalb ist der Verordnungsgeber aufgerufen, die ihm in § 1587a Abs. 3 Nr. 2 S. 2 BGB auferlegte Pflicht zu erfüllen, durch geeignete versorgungsausgleichsbezogene Vorgaben dem Rechtsanwender ohne versicherungsmathematische Kenntnisse eine sachgerechte – d. h. auch: an den verfügbaren aktuellen biometrischen Daten orientierte – Barwertermittlung zu ermöglichen. Dieser Pflicht ist der Verordnungsgeber bislang nicht nachgekommen.
4. Diese Säumnis des Verordnungsgebers berechtigt die Gerichte jedoch nicht, nach eigenem Gutdünken anstelle der Barwertverordnung „Ersatztabellen” anzuwenden. Aus diesem Grunde kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts keinen Bestand haben.
a) Das Oberlandesgericht hat sich zur Begründung der von ihm vorgenommenen eigenständigen Barwertermittlung ohne weitere Erläuterungen auf Äußerungen im Schrifttum bezogen (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 897 f.). Dort werden „mit den Werten nach Heubeck für die Anwartschaft auf eine Altersrente mit 65 Jahren” Vervielfältiger ermittelt, die – nach Auffassung der Autoren – „mit den Werten der BarwertVO vergleichbar” sind und den aktuellen biometrischen Gegebenheiten entsprechen. Unter Zugrundelegung dieser von ihm als „Ersatztabelle 2” bezeichneten Werte hat das Oberlandesgericht sodann im Wege einer Verhältnisrechnung die Barwertfaktoren der Tabelle 1 BarwertVO angepaßt.
Diese Vorgehensweise begegnet bereits deshalb Bedenken, weil weder die angefochtene Entscheidung noch der von ihr in Bezug genommene Aufsatz Aufschluß darüber geben, welche Werte der neuen Richttafeln die Autoren ihren als „Heubeck 98” gekennzeichneten Vervielfältigern zugrunde gelegt haben und in welcher Weise sich diese Vervielfältiger aus den in den neuen Richttafeln vorgefundenen Werten herleiten lassen. Hinzu kommt, daß die von den Autoren benutzten Richttafeln verschiedene Differenzierungen – etwa bezüglich der Ausgangsmenge und des Geschlechts – aufweisen (vgl. Heubeck, Richttafeln 1998) und die Autoren selbst einräumen, daß die in den Richttafeln für eine Invaliditäts- und Altersrente entwickelten Barwerte strukturell nicht mit den sich aus der Tabelle 1 BarwertVO ergebenden Barwerten vergleichbar sind, weil sie z.T. von anderen Voraussetzungen ausgehen, insbesondere den Barwert geschlechtsspezifisch ermitteln (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999 aaO S. 897 f.). Daher bleiben Zweifel, in welchem Maße die veralteten biometrischen Daten zu Abweichungen des nach der Barwertverordnung berechneten Barwerts von einem auf aktueller Datengrundlage ermittelten Barwert führen.
b) Das Gesetz überläßt es ausdrücklich dem Verordnungsgeber, geeignete Vorgaben für eine typisierende Barwertermittlung zu entwickeln und die hierfür erforderlichen Wertungen und Gewichtungen durch einen legislativen Akt zu legitimieren. Bliebe diese Aufgabe den Gerichten überlassen, bestünde – auch bei Zuhilfenahme versicherungsmathematischen Sachverstands – die Gefahr unterschiedlicher Bewertungen und damit einer Ungleichbehandlung. Die Berechtigung dieser Besorgnis wird anschaulich belegt, wenn man die auf dem Rechenweg des Oberlandesgerichts – unter Berufung auf den zitierten Literaturbeitrag – ermittelbaren Barwertfaktoren mit denjenigen Barwertfaktoren vergleicht, welche die Verfasser dieses Literaturbeitrags in von ihnen inzwischen veröffentlichten „Ersatztabellen zur Barwertverordnung” (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 2000 aaO S. 271) empfehlen und die das Oberlandesgericht in späteren, dem Senat vorliegenden Beschlüssen auch selbst – unter Berufung auf die hier vorliegende Entscheidung, aber ohne Erläuterung der sich ergebenden Abweichungen – anwendet (vgl. etwa OLG München Beschluß vom 14. September 2000 – 26 UF 1275/00 – FamRZ 2001, 491). Im hier zu entscheidenden Fall ergibt sich danach zwischen dem vom Oberlandesgericht angewandten Vervielfältiger (5,7 [Tabelle 1 BarwertVO] × 6,7 [„Heubeck 98”]: 4,9 [Tabelle 2 BarwertVO] = 7,79 [Barwert ohne Hinterbliebenenversorgung]) und dem nach den „Ersatztabellen” anwendbaren Barwertfaktor (7,5) eine Abweichung von 0,29. Eine solche Diversifikation von – jeweils Aktualität und versicherungsmathematische Verläßlichkeit beanspruchenden – Maßstäben der Barwertermittlung ist schwerlich zu vermitteln und erscheint mit den Grundsätzen von Rechtssicherheit und Rechtseinheit kaum zu vereinbaren.
c) Mit dem Gebot materieller Gerechtigkeit unvereinbar ist freilich auch eine Barwertermittlung, die den – für den Barwert maßgebenden – aktuellen biometrischen Gegebenheiten nicht mehr entspricht, deshalb zu nicht unerheblichen Fehlbewertungen von Anrechten führt und damit den Grundsatz der Halbteilung des in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögens nicht mehr verwirklicht. Der Normgeber ist deshalb dringend aufgefordert, die Barwertverordnung an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse anzupassen. Der Senat verkennt nicht, daß der Normgeber diese Aktualisierung möglicherweise nicht von vornherein auf eine bloße Fortschreibung der Barwertverordnung beschränken, sondern auch strukturelle Probleme in den Blick nehmen wird – so etwa die eine bloße Teildynamik aussparende Rasterung der Barwertverordnung (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 4. Oktober 1990 – XII ZB 115/88 – FamRZ 1991, 310, 313; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 3. Aufl., § 1587a Rdn. 240), aber auch die mit dem Umrechnungsmechanismus des § 1587a Abs. 3 BGB verbundene Schwierigkeit einer sachgerechten Bewertung von nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichenden Anrechten (vgl. dazu oben unter II. 2. b) bb)). Das Bundesministerium der Justiz hat hierzu in einem Schreiben vom 30. November 2000 erklärt:
„Das Recht des Versorgungsausgleichs in Bezug auf nicht-volldynamische Anrechte bedarf vor dem Hintergrund der in der Rechtsprechung und Literatur erhobenen gewichtigen Einwände aus der Sicht der Bundesregierung der Überarbeitung. Die Bundesregierung hat bereits entsprechende Arbeiten aufgenommen. Hierbei prüft sie auch unter Heranziehung externer Sachverständiger verschiedene Möglichkeiten, um Mängeln des geltenden Rechts abzuhelfen. Bei diesen Überlegungen kann es nicht allein um eine Bereinigung von Problemen im bisherigen System des Ausgleichs nicht-volldynamischer Versorgungsanrechte, etwa durch eine Aktualisierung und Verfeinerung der BarwertVO, gehen. Angesichts der zum Teil auch gegen die Grundstrukturen des geltenden Rechts erhobenen Einwände erstrecken sich diese Überlegungen auch auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne einer grundsätzlichen Weiterentwicklung des Versorgungsausgleichsrechts.”
Der Senat geht davon aus, daß – angesichts der Schwierigkeit einer umfassenden Lösung und der erst in letzter Zeit intensivierten Auseinandersetzung in Rechtsprechung und Literatur einerseits, im Hinblick auf die seit der Erklärung des Bundesministeriums bereits verstrichene Zeit und die Dringlichkeit der Aufgabe andererseits – bis zum 31. Dezember 2002 eine legislative Abhilfe zumindest in Form einer vorläufigen Regelung erwartet werden darf.
d) Für die Zeit bis zum Inkrafttreten der zu erwartenden Neuregelung erachtet der Senat es nicht für gerechtfertigt, Verfahren über den Versorgungsausgleich generell auszusetzen, soweit sie eine Barwertermittlung erfordern (vgl. dazu schon Senatsbeschluß vom 27. Oktober 1982 aaO S. 44). Ebenso hält der Senat es nicht für vertretbar, in solchen Fällen den Barwert – in Abkehr von § 1 Abs. 3 BarwertVO (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 4. Oktober 1990 aaO S. 313) – grundsätzlich individuell zu ermitteln. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 27. Oktober 1982 (aaO S. 44), mit der er die Barwertverordnung a.F. für teilweise verfassungswidrig erachtet hat, eine individuelle Barwertermittlung für erforderlich angesehen. Die damalige Situation ist jedoch mit der gegenwärtigen Lage nicht ohne weiteres vergleichbar. Zum einen hatte der Senat die Anwendung der Barwertverordnung a.F. nicht für alle nicht-volldynamischen Anrechte beanstandet, sondern nur in solchen Fällen eine individuelle Barwertermittlung verlangt, in denen das zu bewertende Anrecht in der Anwartschafts- oder in der Leistungsphase volldynamisch war. Zum andern sah sich die geforderte individuelle Barwertermittlung in diesen Fällen nicht vor die Aufgabe gestellt, Barwerte auf der Grundlage neuer biometrischer Ausgangsdaten zu ermitteln. In der vorliegenden Situation würde die Forderung nach einer grundsätzlich individuellen, die aktuellen biometrischen Gegebenheiten berücksichtigenden Ermittlung von Barwerten alle Verfahren erfassen, in denen Anrechte nach § 1587a Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB zu bewerten sind.
Zur Wahrung der Rechtseinheit und im Interesse der Rechtssicherheit hält der Senat deshalb – in Übereinstimmung mit dem Großteil der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa OLG München – Zivilsenate in Augsburg, Beschluß vom 16. Juli 1999 – 4 UF 45/99 –; OLG München Beschluß vom 19. Dezember 2000 – 2 UF 1267/00 –; OLG Nürnberg FamRZ 2000, 538; OLG Stuttgart FamRZ 2000, 1019 und Beschluß vom 23. Oktober 2000 – 16 UF 78/00 –; OLG Frankfurt FamRZ 2000, 1020 und Beschluß vom 25. Juli 2000 – 1 UF 289/97 –; OLG Karlsruhe Beschluß vom 10. August 2000 – 2 UF 181/99 –; OLG Oldenburg FamRZ 2001, 491; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 495; OLG Düsseldorf Beschluß vom 21. Dezember 2000 – 9 UF 21/00 –; OLG Koblenz FamRZ 2001, 496) dafür, in der Übergangszeit bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung der Barwertermittlung – jedenfalls im Regelfall – weiterhin die Barwertverordnung zugrunde zu legen. Den Familiengerichten wird damit auch in der Übergangszeit ermöglicht, Versorgungsausgleichsverfahren prozeßökonomisch fortzusetzen; zugleich wird vermieden, in allen Fällen einer barwertbezogenen Umwertung von nicht-volldynamischen Anrechten deren Wert begutachten zu lassen und Parteien und Fiskus mit erheblichen Kosten zu belasten. Dauerhafte Nachteile größeren Ausmaßes sind von diesem Vorgehen nicht zu besorgen: Eine sich aus der Anwendung der Barwertverordnung ergebende Unterbewertung von Anrechten kann später – nach Inkrafttreten der zu erwartenden Neuregelung – über Abänderungsverfahren nach § 10a VAHRG aufgefangen werden. Eine unverhältnismäßige zusätzliche Belastung ist von solchen Abänderungsverfahren schon deshalb nicht zu erwarten, weil – wie das Oberlandesgericht Stuttgart (aaO S. 1020) zu Recht ausführt – die Rentenreform ohnehin eine weitreichende Neubewertung der dem Versorgungsausgleich unterliegenden Anrechte erfordern wird. Aus diesem Grunde dürfte in der Vielzahl der Fälle auch die Bagatellgrenze (§ 10a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 2 VAHRG) eine nachträgliche Korrektur von durch die Anwendung der Barwertverordnung bewirkten Fehlbewertungen nicht hindern. Soweit sie im Einzelfall gleichwohl greift, ist das Ergebnis hinzunehmen; denn es verdeutlicht, daß die noch geltende Barwertverordnung jedenfalls im konkreten Fall zu keinem unannehmbaren, weil außerhalb jeder dem Verordnungsgeber zuzugestehenden Fehlertoleranz liegenden Ergebnis geführt hat (so mit Recht OLG Oldenburg aaO S. 493). Als unanwendbar kann sich die Barwertverordnung freilich in Fällen erweisen, in denen zumindest ein Ehegatte bereits Versorgung bezieht oder in denen der Versorgungsfall zumindest für einen Ehegatten alsbald bevorsteht. Hier ist der Barwert der in den Ausgleich einzubeziehenden Anrechte notgedrungen individuell zu ermitteln, wenn anderenfalls eine Fehlbewertung zu befürchten ist, die bewirken würde, daß eine vom ausgleichspflichtigen Ehegatten bereits jetzt oder in naher Zukunft bezogene Versorgung zu stark gekürzt wird oder der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits jetzt oder in naher Zukunft erheblich zu niedrig bemessene Versorgungsbezüge erhalten wird.
Der Weg, im Zusammenhang mit der Barwertermittlung eventuell auftretende Verstöße gegen den Halbteilungsgrundsatz in der Erwartung einer den Ehegatten später eröffneten Korrektur zunächst in Kauf zu nehmen und solche eventuellen Verstöße nur in Sonderfällen durch eine aufwendige individuelle Barwertermittlung zu vermeiden, erscheint dem Senat allerdings nur für einen eng begrenzten Zeitraum gangbar. Der Senat hält, wie ausgeführt, eine Abhilfe durch den Normgeber bis zum Ende des Jahres 2002 für geboten und eine weitere Anwendung der Barwertverordnung deshalb nur bis zu diesem Zeitpunkt für zulässig. Danach kann die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechende Barwertermittlung auch nicht mehr zur Wahrung der Rechtseinheit hingenommen werden.
Unterschriften
Blumenröhr, Hahne, Wagenitz, Fuchs, Ahlt
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 351 |
NJW 2002, 296 |
BGHR 2001, 914 |
FamRZ 2001, 1695 |
FuR 2001, 532 |
Nachschlagewerk BGH |
FPR 2002, 8 |
MDR 2001, 1411 |
FF 2001, 201 |
FamRB 2003, 169 |
ZFE 2002, 26 |
BRAK-Mitt. 2001, 288 |
FK 2002, 1 |
NJP 2003, 63 |