Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht. Nachteil und überwiegendes Gläubigerinteresse. Erforderlichkeit eines Vollstreckungsschutzantrags im Berufungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht setzt zwingend die Stellung eines Vollstreckungsschutzantrags im Berufungsverfahren voraus, soweit ein solcher Antrag dort möglich und zumutbar war.
Normenkette
ZPO § 719 Abs. 2, § 712
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 29.07.2010; Aktenzeichen 11 UF 243/09) |
AG Böblingen (Urteil vom 30.10.2009; Aktenzeichen 16 F 1390/06) |
Tenor
Der Antrag des Antragstellers, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des OLG Stuttgart vom 29.7.2010 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien streiten um Zugewinnausgleich aus ihrer durch Verbundurteil des FamG vom 30.10.2009 - insoweit rechtskräftig - geschiedenen Ehe. Auf Antrag der Antragsgegnerin wurde der Antragsteller vom FamG u.a. zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs i.H.v. 16.337,04 EUR nebst Zinsen verurteilt. Gegen das Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat das OLG das angefochtene Urteil abgeändert und den Antragsteller vorläufig vollstreckbar zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs i.H.v. 71.890,43 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Revision insoweit zugelassen.
Rz. 2
Nach Einlegung der Revision und Beantragung von Prozesskostenhilfe beantragt der Antragsteller, die Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil einstweilen einzustellen. Zur Begründung trägt er vor, durch die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Vollstreckung in einen 1/2 Miteigentumsanteil an einem im Grundbuch von O. eingetragenen Grundbesitz würde ihm ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen, weil die Antragsgegnerin mittellos und es daher zu befürchten sei, dass ein etwaiger Erlös aus der Zwangsversteigerung des Grundbesitzes von ihr nicht mehr zurückgefordert werden könne.
II.
Rz. 3
Der Einstellungsantrag des Antragstellers ist nicht begründet.
Rz. 4
Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und wenn nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 719 Abs. 2 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt eine solche Einstellung nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (vgl. BGH v. 6.6.2006 - XII ZR 80/06, NJW-RR 2006, 1088; v. 4.9.2002 - XII ZR 173/02, NJW-RR 2002, 1650). Zumutbar ist ein solcher Antrag unabhängig davon, ob die Partei damit rechnet, dass das Berufungsgericht die Revision zulassen werde. Dass im Falle seiner Verurteilung zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs eine Zwangsvollstreckung, auch in das Miteigentum, in Betracht käme, war für den Antragsteller im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ebenso bereits erkennbar wie die sich daraus ergebenden Nachteile. Gleichwohl hat der Antragsteller einen solchen Antrag im Berufungsverfahren nicht gestellt.
Fundstellen
FF 2011, 332 |
FamFR 2011, 251 |