Leitsatz (amtlich)
Der Betreuer, der in Unkenntnis des Todes des Betroffenen zunächst weiter tätig wurde, ist insoweit allenfalls in analoger Anwendung von § 6 Satz 1 VBVG und nicht pauschal nach den §§ 4, 5 VBVG zu entschädigen.
Normenkette
BGB § 1908i Abs. 1 S. 1, §§ 1893, 1836 Abs. 1 Sätze 2-3, § 1698a; VBVG § 1 Abs. 2 S. 2, § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 5 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, § 6 S. 1
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 22.01.2014; Aktenzeichen 4 T 71/13) |
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 20.03.2013; Aktenzeichen 132 XVII 133/12) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Freiburg vom 22.1.2014 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
Wert: 79 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Auf Antrag des Beteiligten (im Folgenden: Betreuer) hat das AG die Betreuervergütung für den Zeitraum vom 8.11.2012 bis 17.12.2012 auf 321,20 EUR gegen die Staatskasse festgesetzt. Den weitergehenden Antrag bezüglich des Zeitraums vom 18. bis 27.12.2012 hat es mit der Begründung abgelehnt, der Betroffene sei zwischen dem 10. und dem 17.12.2012 verstorben; die Vergütung sei bei Beendigung der Betreuung durch den Tod des Betroffenen nur bis zum Todestag, der zugunsten des Betreuers mit dem letztmöglichen Sterbetag angenommen werde, zu berechnen.
Rz. 2
Das LG hat die zugelassene Beschwerde des Betreuers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.
II.
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Rz. 4
Das LG hat dem Betreuer zu Recht und mit zutreffender Begründung eine weitergehende Vergütung versagt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es für den nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) festzusetzenden Vergütungsanspruch nicht darauf an, dass der Betreuer von dem Tod des Betroffenen erst am 27.12.2012 Kenntnis erlangt hat.
Rz. 5
Nach den §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Satz 2, 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VBVG kann der Betreuer nur eine Vergütung in der zuerkannten Höhe verlangen, weil ein entsprechender Anspruch allein für die Dauer der Betreuung besteht. Nach § 1908d BGB endet die Betreuung grundsätzlich durch ausdrückliche gerichtliche Entscheidung. Eine solche ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn das Ende der Betreuung durch den Tod des Betreuten oder den Ablauf der vom Gesetz oder vom Gericht festgesetzten Frist (§ 302 FamFG) bereits feststeht (BGH, Beschl. v. 14.12.2011 - XII ZB 489/10, FamRZ 2012, 295 Rz. 11).
Rz. 6
Dass der Todeszeitpunkt des Betroffenen zugleich den Endzeitpunkt für die nach den §§ 4, 5 VBVG pauschal zu bemessende Vergütung darstellen soll, lässt sich auch den Gesetzesmaterialien zum Betreuungsrechtsänderungsgesetz entnehmen. Danach ist die Vergütung für den letzten Monat der Betreuung taggenau bis zum Tod des Betroffenen festzusetzen (BT-Drucks. 15/2494, 34). Demgegenüber wird zwar vertreten, auch für den Zeitraum vom Tod des Betroffenen bis zur Kenntnis des Betreuers hiervon sei eine Vergütung nach den Pauschalsätzen des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes festzusetzen. Denn der Betreuer dürfe die Betreuung nach den §§ 1908i, 1893, 1698a BGB bis zur Kenntnis von der Beendigung fortführen. Insofern sei - im Gegensatz zu der Notgeschäftsführung nach § 1698b BGB - davon auszugehen, dass nicht nur einzelne Angelegenheiten erledigt worden seien, sondern die normale Betreuertätigkeit fortgeführt worden sei (LG Traunstein FamRZ 2010, 329; juris PK-BGB/Pammler-Klein § 1893 Rz. 16).
Rz. 7
Dieser Auffassung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Sie steht nicht damit in Einklang, dass die Pauschalvergütung nur für die Dauer der Betreuung anzusetzen ist und dies nach den Gesetzesmaterialien auch für den Fall der Beendigung der Betreuung durch den Tod des Betroffenen gilt. Davon ist auch der offensichtliche Gesichtspunkt erfasst, dass der Betreuer häufig nicht sogleich vom Tod des Betroffenen erfahren hat und deshalb in Unkenntnis hiervon weiter tätig geworden ist. Insofern dürfte die - zutreffende - Erwägung zum Tragen gekommen sein, dass der Aufwand für eine in Unkenntnis des Todes des Betroffenen ausgeübte Betreuungstätigkeit regelmäßig hinter dem durchschnittlichen Betreuungsaufwand zurückbleibt. Denn anders als zu Lebzeiten des Betroffenen können sich keine Veränderungen in dessen Lebensverhältnissen mehr ergeben, die ein Tätigwerden des Betreuers erfordern. Der Betreuer, der in Unkenntnis des Todes des Betroffenen zunächst weiter tätig wurde, ist deshalb insoweit allenfalls in analoger Anwendung von § 6 Satz 1 VBVG und nicht pauschal nach den §§ 4, 5 VBVG zu entschädigen (vgl. Fröschle in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 5 VBVG Rz. 38).
Rz. 8
Über bloße Abwicklungstätigkeiten, die mit der Pauschalvergütung abgegolten werden (OLG München FamRZ 2006, 1787; OLG Köln FGPrax 2006, 163; OLG Dresden FamRZ 2006, 1483; Fröschle in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 5 VBVG Rz. 37), hinausgehende Tätigkeiten des Betreuers sind aber nicht vorgetragen worden.
Rz. 9
Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, es sei im Hinblick auf Art. 12 GG nicht zu rechtfertigen, dass zwischen dem Tod des Betroffenen und der Kenntniserlangung des Betreuers hiervon erbrachte Betreuerleistungen unvergütet blieben, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Bloße Abwicklungstätigkeiten sind regelmäßig bereits durch die bis zum Tod des Betroffenen geschuldete Pauschalvergütung abgegolten. In besonderen Einzelfällen kann der Betreuer, der in der Annahme der Fortdauer der Betreuung nach dem Tod des Betroffenen noch weitergehend tätig wird, in analoger Anwendung von § 6 Satz 1 VBVG eine Entschädigung erhalten. Da es in der Regel nicht lange dauern wird, bis der Betreuer vom Tod des Betroffenen erfährt, ist es ihm möglich und zumutbar, hinsichtlich danach ausgeführter Tätigkeiten und der hierzu benötigten Zeit einen Nachweis zu erbringen. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass er zunächst keinen Anlass hatte, Aufzeichnungen über die aufgewendete Zeit anzufertigen.
Fundstellen
Haufe-Index 9299105 |
FamRZ 2016, 1152 |
FuR 2016, 476 |
NJW-RR 2016, 643 |
FGPrax 2016, 170 |
JurBüro 2016, 377 |
BtPrax 2016, 200 |
JZ 2016, 406 |
MDR 2016, 733 |
Rpfleger 2016, 562 |
FF 2016, 263 |