Leitsatz (amtlich)
Anrechte bei der Bayerischen Versorgungskammer - Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden - sind nach der ab 1.1.2002 geltenden Änderung der für sie geltenden Regelung im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu beurteilen (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, FamRZ 2004, 1474).
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3-4
Verfahrensgang
OLG Nürnberg (Beschluss vom 22.04.2004; Aktenzeichen 10 UF 834/04) |
AG Regensburg (Beschluss vom 10.02.2004) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin werden der Beschluss des 10. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des OLG Nürnberg v. 22.4.2004 aufgehoben und die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG - FamG - Regensburg v. 10.2.2004 zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die weitere Beteiligte zu 1); die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 500 EUR
Gründe
I.
Die Parteien haben am 28.5.1976 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 19.11.1955) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 18.7.1945) am 21.8.2003 zugestellt worden. Das AG - FamG - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es im Wege des Rentensplittings nach § 1587b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellt (BfA; weitere Beteiligte zu 2)) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 148,05 EUR, bezogen auf den 31.7.2003, übertragen hat. Ferner hat es zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 1)) im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 101,73 EUR, bezogen auf den 31.7.2003, begründet.
Dabei ist das AG nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) von ehezeitlichen (1.5.1976 bis 31.7.2003; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit, i.H.v. 670,52 EUR für die Antragstellerin und 966,62 EUR für den Antragsgegner ausgegangen. Die für die Antragstellerin bei der Bayerischen Versorgungskammer (ZVK; weitere Beteiligte zu 3)) und für den Antragsgegner bei der VBL bestehenden Anwartschaften hat das AG jeweils als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch bewertet und nach entsprechender Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für die Antragstellerin monatlich 114,30 EUR und für den Antragsgegner monatlich 317,76 EUR dem Versorgungsausgleich zu Grunde gelegt.
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der VBL hat das OLG die Entscheidung dahin abgeändert, dass im Wege des Quasisplittings Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 61,66 EUR, bezogen auf den 31.7.2003, begründet werden.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Antragstellerin den Beschluss des FamG Regensburg wiederhergestellt wissen. Der Antragsgegner und die weiteren Beteiligten haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die nach §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 2 S. 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
Das OLG hat die für die Antragstellerin bei der ZVK und für den Antragsgegner bei der VBL bestehenden Anwartschaften als insgesamt statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1.1.2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, FamRZ 2004, 1474).
2. Ebenso sind die Versorgungsanrechte der Antragstellerin bei der ZVK nach der Neufassung der Satzung der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden i.d.F. v. 25.6.2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten.
Die ZVK hat - wie die VBL - mit Wirkung ab 1.1.2002 ihre Versorgungsregelungen grundlegend geändert und an Stelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sog. "Punktemodell" eingeführt. Nach dem Punktemodell bestimmen sich die Anrechte bei der ZVK im Anwartschaftsstadium nach § 34 Abs. 1 S. 1a), S. 2, Abs. 2 der Satzung der ZVK (Neufassung v. 25.6.2002) grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem 1.1.2002 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 EUR, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich nach § 33 Abs. 1 der Satzung der ZVK dann dadurch, dass die Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Messbetrag von 4 EUR multipliziert wird. Dies gilt auch für die als sog. Startgutschrift aus den bis zum 31.12.2001 erworbenen unverfallbaren Anwartschaften sich ergebenden Versorgungspunkte. Wie bei der VBL ist in § 34 Abs. 3 der Satzung der ZVK während der Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % angesetzt. Darüber hinaus können Versorgungspunkte nach §§ 34 Abs. 1 S. 1c), d), 35, 66, 68 der Satzung der ZVK noch für soziale Komponenten (Kindererziehung u.Ä.) und durch Bonuspunkte erworben werden. Dass die ZVK bisher solche Überschüsse erzielt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Leistungsstadium wird die Betriebsrente der ZVK nach § 37 der Satzung jeweils zum 1.7. jährlich um 1 % erhöht.
Danach entspricht die Zusatzversorgung bei der ZVK strukturell derjenigen bei der VBL, so dass Versorgungsanrechte bei der ZVK aus denselben Gründen wie bei der VBL (BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, FamRZ 2004, 1474) ebenfalls als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind.
3. Damit verbleibt es im Ergebnis bei der zutreffenden Bewertung des FamG.
Fundstellen
NJW 2004, 3426 |
BGHR 2005, 26 |
EBE/BGH 2004, 1 |
FamRZ 2004, 1706 |
FuR 2004, 575 |
FPR 2004, 607 |
MDR 2005, 147 |
FamRB 2005, 40 |
NJW-Spezial 2004, 298 |
ZFE 2004, 346 |