Leitsatz (amtlich)
a) Die Bestimmung, dass ein Vertrag, der vor Ablauf einer Frist von 14 Kalendertagen seit der schriftlichen Abgabe der Information über die vorgesehene Nichtberücksichtigung abgeschlossen worden ist, nichtig ist, ist durch die Ermächtigung in § 97 Abs. 6 GWB gedeckt.
b) Die Frist von 14 Kalendertagen beginnt mit der Absendung der schriftlichen Information an die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen.
Normenkette
VgV § 13 S. 2, 3 u. 4 i.d.F. v. 9.1.2001; GWB § 97 Abs. 6; GG Art. 80 Abs. 1
Verfahrensgang
Vergabekammer des Landes Brandenburg (Beschluss vom 30.06.2003) |
Brandenburgisches OLG |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für Wirtschaft v. 30.6.2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten, die der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstanden sind.
Gründe
I. Im Rahmen der Ausschreibung für einen Neubau der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus schrieb der Antragsgegner durch das Landesbauamt Cottbus im September 2002 das "Erstellen einer Hochdruck-Wassernebellöschanlage" nach den Vorschriften der VOB/A europaweit im offenen Verfahren aus. Der Auftrag sollte eine Hochdruckpumpeneinheit, Förderdruck 120 bar, Fördermenge ca. 1.080 l/min, eine Schaltschrankanlage, ein Löschmittelsteuermodul, ca. 4.300m Edelstahlrohrleitungen, ca. 2.700 Löschdüsen und ca. 22 Hochdruck-Wandhydrantenschränke umfassen. Da die Baugenehmigung auf der Grundlage eines Systems "F. " erteilt war, sollten laut den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen die Geräte von dem Hersteller dieses Systems stammen. Im Oktober 2002 unterrichtete der Antragsgegner die interessierten Unternehmen jedoch, durch einen Übertragungsfehler fehle in den Positionen des Leistungsverzeichnisses der Vermerk "oder gleichwertig".
Bei Angebotseröffnung am 5.11.2002 gab es insgesamt vier Angebote. Nach rechnerischer Prüfung lag der Angebotspreis der Beigeladenen vor dem des Angebots der Antragstellerin, für das laut Anschreiben bezüglich bestimmter Leistungen eine Stoffpreisgleitklausel gelten sollte. Das Angebot der Beigeladenen, die damals selbst nur vier Mitarbeiter hatte, aber Mitglied einer M. G. mit - wie sie behauptet hat - 314 Mitarbeitern im Jahre 2002 ist, beinhaltete nicht die Lieferung eines Systems "F. ", sondern die Lieferung von in der eigenen Gruppe entwickelten Geräten.
Der Antragsgegner führte mit der Beigeladenen ein Bietergespräch, in dem bzw. auf Grund dessen die Beigeladene u. a. Produktinformationen über die Beschaffenheit des von ihr angebotenen Systems vorlegte. Der Antragsgegner teilte sodann der Antragstellerin mit, ihr Angebot sei nicht das wirtschaftlichste, den Zuschlag solle die Beigeladene erhalten.
Das nahm die Antragstellerin zum Anlass für einen ersten Nachprüfungsantrag, mit dem sie geltend machte, weder sei die Beigeladene geeignet noch sei ihr Angebot gleichwertig. Mit Beschl. v. 17.2.2003 untersagte die Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für Wirtschaft dem Antragsgegner, den Zuschlag auf der Grundlage seiner bisherigen Wertung an die Beigeladene zu erteilen. Dem Antragsgegner wurde ferner aufgegeben, die Wertung der Angebote gem. §§ 23, 25 VOB/A unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. Die Vergabekammer war der Meinung, die Beigeladene habe nicht deshalb ausgeschlossen werden müssen, weil ihr eine geforderte Zertifizierung fehle; auch sonst sei die Beigeladene geeignet. Die Antragstellerin sei jedoch in ihren Rechten verletzt, weil der Antragsgegner seine Dokumentationspflicht missachtet habe, die Leistungsbeschreibung nicht so eindeutig gewesen sei, dass alle Bieter sie im gleichen Sinne hätten verstehen müssen, die Beigeladene mit dem Auftraggeber im Aufklärungsgespräch unzulässig über den Austausch von Produkten verhandelt habe und die Wertung, soweit sie überhaupt durchgeführt worden sei, insbesondere hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Angebote fehlerhaft gewesen sei. Die Vergabekammer wies ferner darauf hin, dass zu prüfen sei, ob ein Ausschluss der Antragstellerin in Betracht komme, weil die von dieser verwendete Stoffpreisgleitklausel in den besonderen Vertragsbedingungen nicht vorgesehen war.
Die Antragstellerin teilte daraufhin dem Antragsgegner mit, die Stoffpreisgleitklausel sei nur versehentlich in ihr Angebotsschreiben aufgenommen worden; alle angebotenen Einheitspreise seien als Festpreise anzusehen. Der Antragsgegner schaltete den TÜV Rheinland-Berlin-Brandenburg ein, der unter dem 10.4.2003 eine Stellungnahme abgab, wonach das Löschsystem "F. " und das Löschsystem der M. G. gleichwertig seien. In seinem Vergabevermerk v. 12.5.2003 kam der Antragsgegner wiederum zu dem Ergebnis, die Beigeladene habe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Er benachrichtigte deshalb die anderen Bieter, er beabsichtige, den Zuschlag am 28.5.2003 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, auf das eigene Angebot könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil ein niedrigeres Hauptangebot vorliege. Der Antragstellerin ging dieses Schreiben am 14.5.2003 zu.
Die Antragstellerin hat erneut einen Nachprüfungsantrag gestellt. Die Beigeladene habe nicht ausschreibungskonform angeboten. Das Angebot der Beigeladenen sei nicht gleichwertig. Die Beigeladene sei zur Erbringung der Leistung nicht geeignet, vor allem weil sie nicht selbst die Leistungen erbringen wolle, sondern sich auf die Kompetenz ihrer finnischen Muttergesellschaft berufe.
Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und hat ferner geltend gemacht, der Beigeladenen innerhalb der einverständlich verlängerten Zuschlagsfrist bereits am 28.5.2003 den Auftrag erteilt zu haben.
Den erneuten Nachprüfungsantrag hat die Vergabekammer zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt,
den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und ihr den Zuschlag zu erteilen,
hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Angebot nach Rechtsauffassung des Gerichts neu zu werten.
Diesem Begehren sind der Antragsgegner und die Beigeladene entgegengetreten, wobei Letztere u. a. beantragt hat,
der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen sowie festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
II. Das angerufene OLG hält die sofortige Beschwerde für zulässig, in der Sache aber wegen Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags für unbegründet.
1. Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil er am 28.5.2003 erst um 12.57 Uhr dem Antragsgegner zugestellt worden sei, der Antragsgegner aber bereits um 10.18 Uhr der Beigeladenen den Auftrag erteilt gehabt habe. Diese Auftragserteilung sei auch wirksam. Im Streitfall wäre zwar noch § 13 VgV i. d. F. v. 9.1.2001 (im Folgenden: a. F.) anzuwenden. Da es in der durch die Rechtsprechung des KG geprägten Auslegung auf den Zugang der Information des öffentlichen Auftraggebers beim nicht berücksichtigten Bieter ankomme, hätte deshalb der Beigeladenen der Auftrag nicht schon am 28.5.2003 erteilt werden dürfen. Der die Nichtigkeit des Vertragsschlusses an diesem Tag anordnende § 13 S. 4 VgV a. F. habe nach der allein in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage in § 97 Abs. 6 GWB jedoch nicht zur Disposition des Verordnungsgebers gestanden. Aus § 114 Abs. 2 GWB ergebe sich, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass abgeschlossene Verträge, die vergaberechtlich als Zuschlag zu qualifizieren seien, erfüllt werden müssten. Die Ausnahmen hiervon habe er selbst in § 115 Abs. 2 GWB und § 118 Abs. 3 GWB festgelegt. Der Verordnungsgeber habe deshalb eine weitere Ausnahme von dem das Vergaberecht beherrschenden Grundsatz der Wirksamkeit erteilter Aufträge nicht treffen dürfen.
2. Das OLG ist der Auffassung, dass die seiner Meinung nach deshalb auszusprechende Zurückweisung der sofortigen Beschwerde in Widerspruch zu Entscheidungen des OLG Dresden (OLG Dresden VergabeR 2002, 142), des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf VergabeR 2003, 435) und des KG (KG VergabeR 2002, 235) stehe, weil dabei die Auffassung zu Grunde gelegt worden sei, § 13 S. 4 VgV a. F. bzw. § 13 S. 6 VgV sei geltendes Recht und könne die Nichtigkeit eines bereits abgeschlossenen Vertrags begründen. Das angerufene OLG hat die Sache deshalb dem BGH vorgelegt.
III. Die Vorlage ist zulässig.
Wie es § 124 Abs. 2 S. 1 GWB voraussetzt (BGH v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, BGHZ 154, 32 = BGHReport 2003, 560 = MDR 2003, 1069) will das vorlegende OLG zur tragenden Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz anwenden, der mit einem tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt, den ein anderes OLG in einer bereits ergangenen Entscheidung zu Grunde gelegt hat.
Das vorlegende OLG hat die für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nach §§ 107, 108 GWB bestehenden Voraussetzungen geprüft und ihr Vorliegen im Streitfall festgestellt. Es hält die Zulässigkeit gleichwohl für nicht gegeben, weil es bereits zu einem wirksamen Vertragsschluss mit der Beigeladenen gekommen sei. Von dieser Wirksamkeit glaubt das vorlegende OLG ausgehen zu können, obwohl es die in § 13 VgV a. F. verordnete Informationsfrist nicht als gewahrt ansieht. Denn das vorlegende OLG will seiner Entscheidung den Rechtssatz zu Grunde legen, dass die in § 13 S. 4 VgV a. F. verordnete Nichtigkeit eines Vertrags, der vor Ablauf der in § 13 S. 2 VgV a. F. bestimmten Frist geschlossen worden ist, von der Ermächtigung nach § 96 Abs. 6 GWB nicht gedeckt sei. Das steht aber in Widerspruch zu den vom vorlegenden OLG erwähnten Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, weil diese hierbei § 13 S. 4 VgV a. F. als wirksam angesehen und angewendet haben.
IV. Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Den in mündlicher Verhandlung vor dem OLG gestellten Anträgen der Antragstellerin kann nicht entsprochen werden.
1. Geht man mit dem vorlegenden OLG davon aus, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 107, 108 GWB gegeben sind, kann allerdings nicht festgestellt werden, dass der neuerliche Nachprüfungsantrag der Antragstellerin von Anfang an unzulässig war. Zwar kann eine Vergabekammer in zulässiger Weise nicht mehr angerufen werden, sobald der zu vergebende Auftrag wirksam erteilt ist, weil damit ein zuvor eingeleitetes und durchgeführtes Vergabeverfahren beendet ist und Gegenstand des durch §§ 107 ff. GWB eröffneten Nachprüfungsverfahrens nur ein noch nicht abgeschlossenes Vergabeverfahren sein kann (BT-Drucks. 13/9340, 17; BGH; Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202 = BGHReport 2001, 560 = MDR 2001, 767). Das im Streitfall durchgeführte Vergabeverfahren war zum Zeitpunkt des Zugangs des neuerlichen Nachprüfungsantrags der Antragstellerin bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg jedoch noch nicht durch Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen Bieter beendet.
Im Vergabeverfahren erfolgt der Zuschlag nach entsprechender interner Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers üblicherweise, indem dessen Annahmeerklärung dem Bieter, dessen Haupt- oder Nebenangebot ausgewählt worden ist, innerhalb der Zuschlags- und Bindefrist zugeht. Dies war im Streitfall am 28.5.2003 um 10.18 Uhr der Fall, weil ausweislich des zu den Akten gereichten Sendeprotokolls, gegen dessen Richtigkeit Einwände nicht erhoben sind, zu diesem Zeitpunkt die Beigeladene das die Auftragsvergabe beinhaltende Telefax des Antragsgegners erhalten hat. Der neuerliche Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war bei der Vergabekammer jedoch bereits vor diesem Zeitpunkt eingegangen. Entsprechende auf der Antragsschrift v. 28.5.2003 angebrachte Sendevermerke, gegen deren Richtigkeit ebenfalls Einwände nicht erhoben sind, weisen nämlich aus, dass die Vergabekammer dieses Schriftstück als Telefax vor 9.00 Uhr am 28.5.2003 erhalten hat.
Auf diesen Eingang des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin bei der Vergabekammer ist abzustellen. Denn bereits damit war das Nachprüfungsverfahren rechtshängig, um das - nicht anders als es für andere zur Fristwahrung schriftlich einzureichende Schriftsätze anerkannt ist (BGH v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160, m. w. N.) - auch per Telefax nachgesucht werden kann. Ein zum Zugang der Antragsschrift hinzutretender, die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens dokumentierender Schritt der Vergabekammer oder gar die von dieser im Regelfall zu bewirkende Zustellung der Antragsschrift (§ 110 Abs. 2 S. 1 GWB) ist hierfür nicht erforderlich. Denn bereits der Eingang des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer löst nach § 113 Abs. 1 S. 1 GWB die Frist aus, die der Gesetzgeber zur Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens für notwendig erachtet hat. Das dokumentiert, dass Beginn und Dauer des Nachprüfungsverfahrens sich nicht etwa danach richten sollen, wann die Vergabekammer erstmals tätig geworden ist, etwa indem sie veranlasst hat, dass dem Antragsgegner die Antragsschrift zugestellt wird. Gemäß § 110 Abs. 2 S. 1 GWB ist eine solche Zustellung überdies nicht einmal für jeden Nachprüfungsantrag zwingend vorgeschrieben. Angesichts des nach § 110 Abs. 1 GWB geltenden Untersuchungsgrundsatzes ist das Verfahren vor der Vergabekammer zudem weit eher dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren als einem Zivilprozess vergleichbar. Die Zustellung, durch die dort gem. § 253 Abs. 1 ZPO die Erhebung der Klage erfolgt, kann deshalb im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren für die Rechtshängigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht erforderlich sein. Die Rechtshängigkeit wird vielmehr vergleichbar derjenigen der Klage im Verwaltungsprozess (§§ 81, 90 VwGO) bereits durch Eingang der Antragsschrift bei der Vergabekammer begründet.
2. Der neuerliche Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war jedoch alsbald nach seiner Einlegung zurückweisungsreif, weil der Antragsgegner bereits um 10.18 Uhr am 28.5.2003 mittels Telefax das Angebot der Beigeladenen angenommen hat und es hiermit zum Abschluss des durchgeführten Vergabeverfahrens gekommen ist. Wie entsprechende Sendevermerke der Vergabekammer belegen, lag die Auftragserteilung damit vor der erst um 12.57 Uhr am 28.5.2003 ebenfalls per Telefax erfolgten Mitteilung des Nachprüfungsantrags an den Antragsgegner, nach dessen Zustellung der Zuschlag gem. § 115 Abs. 1 GWB nicht mehr hätte erteilt werden dürfen. Da die Auftragserteilung an die Beigeladene um 10.18 Uhr am 28.5.2003, wie noch auszuführen sein wird, wirksam war, bedeutete das gem. § 114 Abs. 2 S. 1 GWB, dass der mit der Auftragsvergabe erteilte Zuschlag an die Beigeladene nicht mehr aufgehoben werden konnte. Das wiederum hatte zur Folge, dass seitdem sowohl der mit dem Hauptantrag von der Antragstellerin begehrte Zuschlag an sie selbst als auch die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung einer Verpflichtung zur Neubewertung der abgegebenen Angebote nicht mehr möglich war, weil das durchgeführte Vergabeverfahren abgeschlossen war. Lediglich ein Antrag der Antragstellerin nach § 114 Abs. 2 S. 2 GWB hätte noch Erfolg haben können. Auf bloße Feststellung, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat, hat die Antragstellerin jedoch nicht angetragen.
V. Die Wirksamkeit des Vertragsschlusses mit der Beigeladenen um 10.18 Uhr am 28.5.2003 und die dadurch eingetretene Beendigung des durchgeführten Vergabeverfahrens ergeben sich allerdings nicht aus dem Rechtssatz, den das vorlegende OLG im Gegensatz zu anderen Oberlandesgerichten zu Grunde legen möchte.
1. Dem vorlegenden OLG ist freilich insoweit beizutreten, als es im Streitfall noch § 13 VgV a. F. für anwendbar gehalten hat. Das folgt aus § 23 VgV i. d. F. der Bekanntmachung v. 11.2.2003 (BGBl. I, 169), der im Mai 2003 bereits in Kraft getreten war (§ 24 VgV). Denn danach werden beim In-Kraft-Treten der neuen Fassung der Vergabeverordnung bereits begonnene Vergabeverfahren nach dem Recht beendet, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt.
2. Entgegen der Meinung des vorlegenden OLG durfte die Bundesregierung aber auf Grund von § 97 Abs. 6 GWB mit Zustimmung des Bundesrats verordnen, dass ein Vertrag nichtig ist, der nach einer Information derjenigen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, vor Ablauf der in § 13 S. 2 VgV a. F. bestimmten Frist zur Beendigung eines Vergabeverfahrens abgeschlossen worden ist, das - wie im Streitfall - nach Maßgabe auf Grund von § 97 Abs. 6 GWB verordneter Regeln durchgeführt worden ist.
a) § 97 Abs. 6 GWB erlaubt, nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren zu treffen. Dadurch sind der Inhalt und der Zweck der durch diese Vorschrift erteilten Ermächtigung bestimmt, wie es Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG verlangt. Aber auch die Gestaltung des - wie es in § 97 Abs. 6 GWB formuliert ist - "Näheren" ist nicht etwa in vollem Umfang dem Verordnungsgeber überlassen, was die Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsnorm zur Folge hätte (BVerfG BVerfGE 20, 257). Auch das Ausmaß der Ermächtigung ist vielmehr festgelegt. Die dem Verordnungsgeber gesetzten Grenzen müssen nicht in der Ermächtigungsnorm selbst vollständig niedergelegt sein. Es reicht aus, wenn der Sinnzusammenhang der Ermächtigungsnorm mit anderen Vorschriften des Gesetzes und das insgesamt vom Gesetzgeber mit diesem verfolgte Ziel den notwendigen Rahmen ergeben (BGH, Urt. v. 30.9.1976 - III ZR 134/74, MDR 1977, 474, m. w. N.). Das ist hier der Fall. Zum einen knüpft § 97 Abs. 6 GWB ersichtlich an die allgemeinen Grundsätze eines Vergabeverfahrens an, die der Gesetzgeber in § 97 Abs. 1 bis 5 GWB festgelegt hat. Die Bundesregierung soll hiernach die Regeln verordnen dürfen, bei deren Beachtung sich ein Vergabeverfahren ergibt, das diesen gesetzgeberischen Anforderungen genügt und gerecht wird (geregeltes Vergabeverfahren). Da ausweislich § 97 Abs. 7 GWB nach Maßgabe dieser Anforderungen subjektive Rechte der betroffenen Unternehmen bestehen sollen und die §§ 107 ff. GWB als gesetzgeberischen Willen insoweit ferner zum Ausdruck bringen, dass deren Wahrnehmung effektiv im Wege primären Rechtsschutzes in einem besonderen Verfahren gewährleistet sein soll, liegt zum anderen im Rahmen der Ermächtigung aber auch die Vorsorge, die insoweit bereits durch Bestimmungen zur Dauer des geregelten Vergabeverfahrens möglich ist. Das kommt auch in § 97 Abs. 6 GWB selbst zum Ausdruck. Die Dauer ist jedenfalls eine "sonstige Frage" des geregelten Vergabeverfahrens. Aber auch der Abschluss des Vertrags ist ausdrücklich als Gegenstand der Bestimmungen genannt, zu denen § 97 Abs. 6 GWB ermächtigt. Diese Ermächtigung schließt damit ein, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen durch Abschluss des Vertrags mit einem Bieter das geregelte Vergabeverfahren endet.
b) Das kann entgegen Stimmen in der Literatur (Antweiler, DB 2001, 1975 [1979]; Hailbronner, NZBau 2002, 474 [475]; Delius, ZfBR 2002, 341 [342]; Kau, NZBau 2003, 310 [311]; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509) nicht damit geleugnet werden, es sei durch § 114 Abs. 2 S. 1 GWB von Gesetzes wegen vorgegeben, dass der Vertrag unabhängig von der Beachtung der Regeln zu Stande komme, die während eines Vergabeverfahrens einzuhalten sind. Was den Abschluss des geregelten Vergabeverfahrens betrifft, wird bei dieser Argumentation der Regelungsgehalt von § 114 Abs. 2 S. 1 GWB verkannt. Die Vorschrift dient der Abgrenzung der Kompetenz der zur Gewährung des Primärrechtsschutzes berufenen Vergabekammern und der ihnen im Instanzenzug nachgeordneten Gerichte einerseits und der für die Entscheidungen über Schadensersatzklagen zuständigen Zivilgerichte andererseits (BGH; Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202 [206 ff.] = BGHReport 2001, 560 = MDR 2001, 767). Das weist dem in der Vorschrift genannten Zuschlag besondere Bedeutung zu. Der Senat hat sich deshalb auch nicht an der Auslegung gehindert gesehen, dass § 114 Abs. 2 S. 1 GWB erst eingreift, wenn neben der im Zuschlag liegenden Willenserklärung des öffentlichen Auftraggebers und der für einen Vertragsschluss nach §§ 145 ff. BGB ferner erforderlichen Willenserklärung des ausgewählten Bieters weitere Umstände gegeben sind. Hiernach endet das geregelte Vergabeverfahren erst dann, wenn der Zuschlag zu einem wirksamen Auftrag an einen Bieter führt. Auch nach § 114 Abs. 2 S. 1 GWB wird daher vorausgesetzt, dass es bei der Vergabe einzuhaltende Regeln darüber gibt, ob und ggf. wann eine zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem ausgewählten Bieter getroffene Übereinkunft diese Wirkung hat.
c) Für Fälle wie den vorliegenden setzt § 13 S. 4 VgV a. F. die insoweit gegebene Ermächtigung des § 97 Abs. 6 GWB um. Hat der öffentliche Auftraggeber - wie im Streitfall - die Bieter, deren Angebote er nicht berücksichtigen will, informiert, darf es nach § 13 S. 3 VgV a. F. zu einem Vertragsschluss mit dem ausgewählten Bieter erst nach Ablauf einer 14-kalendertägigen Frist kommen. Diese - wie von niemand in Zweifel gezogen wird - das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren betreffende und näher bestimmende Regel wird durch § 13 S. 4 VgV a. F. lediglich ergänzt. Die Nichtigkeit eines dennoch abgeschlossenen Vertrags gewährleistet das nach § 13 S. 3 VgV a. F. zu beachtende Verbot. Bezogen auf das geregelte Vergabeverfahren bedeutet dies, dass die Annahme eines Angebots eines Bieters durch den öffentlichen Auftraggeber oder eine auf andere Weise bewirkte Übereinkunft nicht zu dessen Abschluss führen kann, wenn der Bieter vor Ablauf der verordneten Frist nach Erteilung der Information beauftragt wird.
d) Das liegt auch innerhalb des durch das Gesetz selbst vorgegebenen Rahmens. Damit ein sich in seinen Rechten verletzt fühlendes Unternehmen den ihm zustehenden Anspruch darauf, dass der öffentliche Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält, auch wahrnehmen kann, muss dafür Sorge getroffen sein, dass ein Bieter auch die Zuschlagsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers mit Aussicht auf Erfolg zur Nachprüfung der Vergabekammer stellen kann. Wie der Senat in seiner bereits erwähnten Entscheidung (BGH, Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202 ff. = BGHReport 2001, 560 = MDR 2001, 767) ausgeführt hat, kann dies im Rahmen des geregelten Vergabeverfahrens durch eine vom öffentlichen Auftraggeber zu gebende Information geschehen, deren Einhaltung dadurch gesichert ist, dass der Auftrag ansonsten nicht wirksam erteilt werden kann. Die im Streitfall interessierende Anknüpfung der Wirksamkeit an die Einhaltung einer bestimmten, mit der Erteilung einer Information beginnenden Frist ist nicht anders zu beurteilen.
e) Dies bedeutet zugleich, dass auch aus einer über die verfahrensmäßige Bedeutung hinausgehenden materiell-rechtlichen Wirkung von § 13 S. 4 VgV a. F. nichts gegen den Erlass dieser Vorschrift im Verordnungswege hergeleitet werden kann. Eine solche Wirkung ändert nämlich nichts daran, dass § 13 S. 4 VgV a. F. ein Mittel im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe ist, um im Hinblick auf die Nachprüfbarkeit des Verhaltens des öffentlichen Auftraggebers einen bestimmten Verfahrensablauf beim Abschluss des geregelten Vergabeverfahrens zu sichern, und dass deshalb auch diese Vorschrift das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren bestimmt, wie es in § 97 Abs. 6 GWB vorausgesetzt ist. Der gegenteiligen Ansicht (Antweiler, DB 2001, 1975 [1979]; Delius, ZfBR 2002, 341; Kau, NZBau 2003, 310 [311]; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509 [511], m. w. N.; Byok/Jansen, BB 2003, 2301 [2303, 2305]), § 97 Abs. 6 GWB erlaube lediglich Bestimmungen, die sich ausschließlich auf das geregelte Vergabeverfahren auswirkten, kann aus den bereits erörterten Gründen nicht beigetreten werden.
f) Entgegen der Meinung des vorlegenden OLG (ähnlich Antweiler, DB 2001, 1975 [1979]; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509 [511]) verbietet sich die Feststellung, dass die Unwirksamkeit eines Vertrags, der nach einer Information der zu benachrichtigenden Bieter, aber vor Ablauf der verordneten Frist abgeschlossen worden ist, durch die Ermächtigung in § 97 Abs. 6 GWB gedeckt ist, auch nicht deshalb, weil der Gesetzgeber selbst in § 115 Abs. 1 und in § 118 Abs. 3 GWB Fälle geregelt hat, in denen eine Auftragserteilung zu unterbleiben hat. Denn diese Verbote greifen, wenn es zu einem Nachprüfungsverfahren kommt. Nur unter dieser Voraussetzung betreffen sie auch das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren. Mangels anderer Anhaltspunkte kann ihnen deshalb nicht entnommen werden, andere den Vertragsabschluss untersagende Bestimmungen müssten wie diese durch Gesetz angeordnet werden oder seien im Rahmen des geltenden Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gar nicht möglich. Dies gilt umso mehr, als es nur konsequent ist, dass der Gesetzgeber selbst gerade die in §§ 115 Abs. 1, 118 Abs. 3 GWB enthaltenen Bestimmungen getroffen hat. Durch sie soll eine Durchführung eines bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens gesichert werden, die eine Entscheidung in der Sache gestattet. Da die §§ 107 ff. GWB zum Ausdruck bringen, dass der Gesetzgeber neben der Eröffnung des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens auch nähere Einzelheiten des hiermit geschaffenen Rechtsschutzverfahrens selbst bestimmen wollte, gehören auch §§ 115 Abs. 1, 118 Abs. 3 GWB zu dem Regelwerk, das sich der Gesetzgeber vorbehalten hat. Für die unabhängig von der Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens geltende Regelung in § 13 S. 4 VgV a. F. trifft dies hingegen nicht zu.
g) Ebensowenig wie aus §§ 115 Abs. 1, 118 Abs. 3 GWB kann aus § 134 BGB etwas gegen die Gültigkeit der durch § 13 S. 4 VgV a. F. verordneten Nichtigkeit des Vertrags im Falle des Abschlusses vor Ablauf der mit der erteilten Information beginnenden Frist hergeleitet werden (entgegen Byok/Jansen, BB 2003, 2301 [2303]). Beinhaltet die Regelung eines Verbots die Folge seiner Verletzung selbst, kommt § 134 BGB nicht zum Zug. Sein Regelungsgehalt geht auch nicht etwa dahin, nur ein durch formelles Gesetz angeordnetes Verbot könne im Falle des Verstoßes zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen. Im Übrigen erläutert § 2 EGBGB den Begriff des Gesetzes i. S. d. Bürgerlichen Gesetzbuchs dahin, dass ihm jede Rechtsnorm unterfällt.
h) Die im Streitfall interessierende Regelung in § 13 S. 4 VgV a. F. ist schließlich auch nicht wegen des sich aus Art. 20 Abs. 3 GG (BVerfG BVerfGE 40, 237 [248]) ergebenden Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes verfassungswidrig (entgegen Byok/Jansen, BB 2003, 2301 [2303 f.]). Nach diesem Grundsatz bedarf staatliches Handeln einer Rechtsgrundlage unmittelbar im förmlichen Gesetz, wenn die Regelung nach den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes weit reichende Auswirkungen auf die Bürger haben, insbesondere die vom Grundgesetz anerkannten und verbürgten Grundrechte in einschneidender Weise betreffen kann (BVerfG BVerfGE 49, 89 [126 f.]). Solche Auswirkungen sind jedoch durch die verordnete Nichtigkeit eines Vertrags im Falle seines Abschlusses vor der mit der erteilten Information beginnenden Frist nicht zu befürchten. Hierdurch werden bestehende Rechte des ausgewählten Bieters nicht beeinträchtigt, weil die Regelung in § 13 S. 4 VgV a. F. nicht den Fortbestand einmal abgeschlossener zivilrechtlicher Verträge hindert. Auch das Entstehen von vertraglichen Rechten (und Leistungspflichten) wird nicht verhindert; es wird lediglich von der Beachtung einer bestimmten Vorgehensweise im Rahmen des geregelten Vergabeverfahrens abhängig gemacht. Nach Ablauf der verordneten Frist kann der Auftrag wirksam erteilt werden, wenn dem nicht andere Hinderungsgründe entgegenstehen, wie sie sich etwa aus §§ 134, 138 BGB ergeben können. Sofern im Einzelfall zusätzlich eine bestehende Binde- und Zuschlagsfrist zu beachten ist, beruht dies auf der Vertragsfreiheit der Beteiligten und kann nicht als nicht mehr hinnehmbare Folge der Regelung in § 13 S. 4 VgV a. F. angesehen werden (entgegen Kau, NZBau 2003, 310 [312]).
3. Der zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen um 10.18 Uhr am 28.5.2003 geschlossene Vertrag ist jedoch wirksam zu Stande gekommen, weil die nach § 13 S. 3 VgV a. F. hierbei zu beachtende Frist gewahrt war.
a) Entgegen der Meinung des KG (KG Berlin ZfBR 2002, 511 [513]) und des Thüringischen OLG (OLG Jena VergabeR 2002, 631 [633]), die auch das vorlegende OLG seiner Entscheidung zu Grunde legen möchte, beginnt die Frist, vor deren Ablauf nach § 13 S. 4 VgV a. F. der Vertrag nicht wirksam geschlossen werden kann, nicht erst, sobald allen Bietern, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, die schriftliche Information zugegangen ist, sondern bereits, sobald die Absendung an diese Bieter abgeschlossen ist. Dies folgt aus dem Wortlaut von § 13 S. 2 VgV a. F.. Er erwähnt den Zugang der schriftlichen Information bei den betroffenen Bietern nicht. § 13 S. 2 VgV a. F. stellt nicht einmal auf die Bieter ab. Nach dieser Vorschrift ist vielmehr entscheidend, dass "der öffentliche Auftraggeber" die Information "abgibt". Das kann zwanglos dahin verstanden werden, dass es für den Beginn der zu beachtenden Frist nur darauf ankommt, wann der öffentliche Auftraggeber sich der schriftlichen Mitteilungen an die betroffenen Bieter entäußert, wann er diese Schriftstücke also aus seinem Herrschaftsbereich so herausgegeben hat, dass sie bei bestimmungsgemäßem weiteren Verlauf der Dinge die Bieter erreichen, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen. Dieses nach dem Wortlaut der Bestimmung nahe gelegte Verständnis, nach dem mithin die ordnungsgemäße Absendung an alle zu benachrichtigenden Bieter für den Beginn der zu beachtenden Frist maßgeblich ist, ist der Auslegung zu Grunde zu legen, weil allein dies auch der Intention des Verordnungsgebers entspricht. In der Begründung v. 2.8.2000 anlässlich der Vorlage des Entwurfs der Vergabeverordnung durch die Bundesregierung heißt es ausdrücklich, dass es für den Beginn der Frist nicht auf den Zugang der Information beim Bieter, sondern auf den Tag der Absendung der Information durch den öffentlichen Auftraggeber ankommt (BR-Drucks. 455/00, 18 f.).
b) Der durch den Wortlaut der Vorschrift vorgegebenen, im Rahmen der Intention des Verordnungsgebers liegenden Auslegung steht der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Bieter nicht entgegen (anders Erdl, VergabeR 2002, 241 [242]; wohl auch Berrisch/Nehl, DB 2001, 184 [186]), der nach der durch § 97 Abs. 2 GWB getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers das Vergabeverfahren bestimmen soll und deshalb auch bei der Auslegung der Verordnung heranzuziehen ist, mit der die näheren Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren getroffen sind. Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter eines geregelten Vergabeverfahrens kann nicht hergeleitet werden, dass jedem Bieter nach Erhalt der Information gleichermaßen 14 Werktage verbleiben müssen, bis es zum Abschluss des Vergabeverfahrens kommt und deshalb ein Nachprüfungsverfahren in zulässiger Weise nicht mehr eingeleitet werden kann. Ein solcher Zwang ist dem deutschen Vergaberecht fremd, wie sich aus § 107 Abs. 3 GWB ergibt. Danach ist jedes sich durch Verhalten des öffentlichen Auftraggebers verletzt fühlende Unternehmen gehalten, unverzüglich vorzugehen, sobald es den behaupteten Verstoß gegen das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren erkennt. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren richtet sich also nach individuellen Gegebenheiten. Da § 13 VgV a. F. diesen Zugang sichern soll, heißt das für die Festlegung einer allgemein zu beachtenden Frist, dass sie lediglich so beschaffen sein muss, dass jedes betroffene Unternehmen so rechtzeitig von einem etwaigen Vergabeverstoß erfahren kann, wie es nötig ist, damit es bei unverzüglicher Vorgehensweise vor Ablauf der Frist die Vergabekammer in zulässiger Weise anrufen und Primärrechtsschutz in der Sache erlangen kann.
Dieser Anforderung genügt § 13 VgV a. F. in der vorstehend erörterten Auslegung. Das Postwesen in der Europäischen Gemeinschaft ist so organisiert, dass in Deutschland ordnungsgemäß abgesendete schriftliche Benachrichtigungen auch ausländische Empfänger jedenfalls nach wenigen Tagen erreichen (offenbar zweifelnd Berrisch/Nehl, DB 2001, 184 [186]). Die 14 Kalendertage ab Absendung betragende Frist lässt deshalb in aller Regel einem auf unverzügliche Wahrung etwaiger Rechte bedachten Unternehmen ausreichend Zeit, sich mit der laut Information vorgesehenen Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers zu befassen, einen hierin etwa liegenden Vergabeverstoß zu erkennen sowie rechtzeitig vor Ablauf der Frist die Vergabekammer anzurufen und - angesichts der diese treffenden Pflicht zu beschleunigter Bearbeitung (§ 113 Abs. 1 GWB) - eine Zustellung des - nicht offensichtlich unzulässigen oder unbegründeten - Nachprüfungsantrags zu erreichen, so dass die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens gewährleistet ist.
c) Die mit der Absendung der schriftlichen Information beginnende Frist dauerte im Streitfall bis einschließlich 27.5.2003. Denn ausweislich des entsprechenden Abvermerks in der Dokumentation des Antragsgegners, gegen dessen Richtigkeit keine Einwände erhoben sind, erfolgte die Absendung der Informationsschreiben an die drei Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollten, bereits am 13.5.2003. Der in der Information auch ausdrücklich für den 28.5.2003 angekündigte Vertragsschluss mit der Beigeladenen durfte deshalb an diesem Tag erfolgen.
VI. An der daher gebotenen Zurückweisung der Beschwerde ändert nichts, dass die Antragstellerin unter der Voraussetzung, dass der von ihr erhobene Vorwurf, sie sei in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt, zumindest in einem Punkt berechtigt ist, eine entsprechende Feststellung hätte erlangen können, wenn sie statt der tatsächlich gestellten Anträge gem. § 114 Abs. 2 S. 2 GWB angetragen hätte. Nachdem sie vom OLG darauf hingewiesen worden war, dass der Vertrag mit der Beigeladenen entgegen der Meinung der Vergabekammer wirksam sein könnte, hat die Antragstellerin selbst im Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten v. 21.10.2003 (Bl. 330) die Möglichkeit angesprochen, ihr Begehren auf einen Feststellungsantrag umzustellen. Da sie die hierzu erforderliche Maßnahme, etwa in Form eines entsprechenden Hilfsantrags, tatsächlich nicht ergriffen hat, geht der Senat davon aus, dass das Interesse, das die Antragstellerin in dem vorliegenden Nachprüfungsverfahren verfolgt, nicht auch die bloße Feststellung einschließt, es sei bei der Vergabe zu einer Rechtsverletzung gekommen.
VII. Da die Antragstellerin mit ihrem Rechtsmittel keinen Erfolg hat, hat sie in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Die der Beigeladenen zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten sind hiervon nicht ausgenommen. Das vergaberechtliche Beschwerdeverfahren ist anders als das erstinstanzlich vor der Vergabekammer durchzuführende Nachprüfungsverfahren ein streitiges Verfahren vor einem ordentlichen Gericht (BGH, Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202 [216] = BGHReport 2001, 560 = MDR 2001, 767). Das hat zur Folge, dass auch das Unternehmen, das gem. § 109 GWB von der Vergabekammer beigeladen worden ist und das die damit durch § 119 GWB begründete Stellung als Beteiligte am Beschwerdeverfahren auch nutzt, indem es beim Beschwerdegericht Schriftsätze einreicht, an einer mündlichen Verhandlung vor diesem Zivilgericht teilnimmt oder sich sonst wie in außergerichtliche Kosten verursachender Weise am Beschwerdeverfahren beteiligt, die Grundsätze in Anspruch nehmen kann, die für dieses Prozessverfahren hinsichtlich der Kostentragung gelten. Auf eine Billigkeitsentscheidung, wie sie § 162 Abs. 3 VwGO bei außergerichtlichen Kosten eines im Verwaltungsprozess Beigeladenen vorsieht, kommt es deshalb im Streitfall nicht an. Da sich gem. § 120 Abs. 1 GWB Beteiligte, die nicht juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, vor dem Beschwerdegericht durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, gehören zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren notwendigen Kosten die insoweit aufzuwendenden Gebühren des von der Beigeladenen hinzugezogenen Rechtsanwalts, ohne dass dies eines besonderen Ausspruchs bedürfte.
VIII. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für notwendig erachtet (BGH, Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202 [217] = BGHReport 2001, 560 = MDR 2001, 767).
Fundstellen
Haufe-Index 1117359 |
BGHZ 2004, 43 |
DB 2004, 754 |
NJW 2004, 2092 |
BGHR 2004, 744 |
BauR 2004, 888 |
EBE/BGH 2004, 1 |
EWiR 2004, 569 |
IBR 2004, 214 |
WM 2004, 2405 |
MDR 2004, 872 |
WRP 2004, 498 |
ZfBR 2004, 399 |
NJW-Spezial 2004, 26 |
NZBau 2004, 229 |
BauRB 2004, 138 |
Vergabe-News 2004, 37 |
VergabeR 2004, 201 |
WuW 2004, 707 |
www.judicialis.de 2004 |