Leitsatz (amtlich)
a) Eine einstweilige Verfügung, mit der dem Schuldner eines Besichtigungsanspruchs im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens aufgegeben wird, die Inaugenscheinnahme durch einen Sachverständigen und Eingriffe in die Substanz der untersuchten Sache zu dulden und zudem dem Sachverständigen sowie anderen Personen Zutritt zu seinen Geschäftsräumen zu gewähren, stellt ihrem Schwerpunkt nach eine Duldungsverfügung dar, die nach § 890 ZPO zu vollstrecken ist.
b) Die Kosten der Hinzuziehung eines Gerichtsvollziehers zum Begutachtungstermin sind regelmäßig notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO) einer solchen Duldungsverfügung.
c) Kosten, die durch die Teilnahme von anwaltlichen Vertretern des Gläubigers am Begutachtungstermin entstehen, sind keine Kosten der Zwangsvollstreckung einer solchen Duldungsverfügung. Sie sind als Kosten des Beweisverfahrens im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs oder im Rahmen der Kostenerstattung des nachfolgenden Hauptsacheprozesses geltend zu machen.
Normenkette
ZPO §§ 104, 788 Abs. 1 S. 1, § 890 Abs. 2, §§ 892, 928, 936
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 18.07.2019; Aktenzeichen 7 T 126/17) |
AG Ahrensburg (Beschluss vom 25.01.2017; Aktenzeichen 62 M 1407/16) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Lübeck vom 18.7.2019 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin hinsichtlich der Kosten des Gerichtsvollziehers und der Zustellung i.H.v. 99 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 25.8.2016 zum Nachteil der Gläubigerin entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die sofortige Beschwerde der Schuldnerinnen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Ahrensburg vom 25.1.2017 zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Gläubigerin.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.580,14 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
I. Die Gläubigerin erwirkte am 28.4.2016 gegen die Schuldnerinnen eine einstweilige Verfügung des LG Flensburg, mit der den Schuldnerinnen zur Ermöglichung der Beweisanordnung in einem ebenfalls beim LG Flensburg anhängigen selbständigen Beweisverfahren unter Androhung von Ordnungsmitteln die Duldung der Untersuchung ihres IT-Systems durch einen Sachverständigen und die Duldung der Anwesenheit von vier namentlich genannten anwaltlichen Vertretern der Gläubigerin aufgegeben wurde.
Rz. 2
Die einstweilige Verfügung wurde den Schuldnerinnen im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher zugestellt. Ein Termin zur Begutachtung fand am 12.5.2016 in Anwesenheit des Gerichtsvollziehers und zweier Rechtsanwälte der Gläubigerin in den Räumen der Schuldnerinnen statt. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat das LG Flensburg mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2016 festgesetzt.
Rz. 3
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Gläubigerin die Festsetzung von Zwangsvollstreckungskosten. Das AG hat Kosten i.H.v. insgesamt 2.580,14 EUR festgesetzt. Darin enthalten sind Kosten für die Anwesenheit der beiden Rechtsanwälte der Gläubigerin beim Begutachtungstermin i.H.v. 2.481,14 EUR (eine 0,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 RVG-VV nach einem Gegenstandswert von 50.000 EUR nebst Auslagenpauschale sowie Reisekosten und Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7003 bis 7006 RVG-VV), Kosten des Gerichtsvollziehers für den Begutachtungstermin i.H.v. 92 EUR (Beseitigung von Widerstand und Zeitzuschlag gem. Nr. 250 und 500 KV GvKostG) sowie der Kostenvorschuss für die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses i.H.v. 7 EUR (§ 17 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Nr. 9002 VV GKG). Auf die gegen diese Kostenfestsetzung gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerinnen hat das Beschwerdegericht den Beschluss des AG aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag der Gläubigerin zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Kostenfestsetzungsantrag weiter.
Rz. 4
II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, bei den geltend gemachten Kosten handele es sich nicht um solche der Zwangsvollstreckung oder der Vollziehung der einstweiligen Verfügung. Die Gläubigerin habe keine Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung betrieben. Die Zwangsvollstreckung eines Duldungstitels erfolge gem. § 890 Abs. 1 ZPO durch die Verurteilung zu Ordnungsmitteln durch das Prozessgericht. Die in der einstweiligen Verfügung erfolgte Androhung von Ordnungsmitteln sei noch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung. Mit der Duldung der Anwesenheit des Sachverständigen und der anwaltlichen Vertreter der Gläubigerin hätten die Schuldnerinnen nur den titulierten Duldungsanspruch erfüllt.
Rz. 5
III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie nur hinsichtlich der geltend gemachten Gerichtsvollzieher- und Zustellungskosten Erfolg.
Rz. 6
1. Bei den mit dem Festsetzungsantrag der Gläubigerin begehrten Kosten des Gerichtsvollziehers und der Zustellung handelt es sich - entgegen der Entscheidung des Beschwerdegerichts - um Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. §§ 936, 928, 788 und § 104 Abs. 1 ZPO. Zu Recht hat das Beschwerdegericht hingegen die Festsetzung der Kosten für die Anwesenheit der Rechtsanwälte der Gläubigerin beim Begutachtungstermin abgelehnt.
Rz. 7
a) Mit der einstweiligen Verfügung vom 28.4.2016 ist den Schuldnerinnen aufgegeben worden, zur Ermöglichung der Beweisanordnung im parallel geführten selbständigen Beweisverfahren eine Reihe von Maßnahmen zu dulden. Hierzu zählte die Duldung der Untersuchung des IT-Systems der Schuldnerinnen (Ziff. 1a), der Inaugenscheinnahme und Untersuchung des Programm- und Quellcodes des Programms iTrade (Ziff. 1b) sowie des Extrahierens, Sicherns und Vervielfältigens und der Mitnahme des Programm- und Quellcodes (Ziff. 1c). Weiter wurde den Schuldnerinnen untersagt, für die Dauer der Begutachtung Veränderungen am Programm vorzunehmen oder dieses zu löschen (Ziff. 2). Die Schuldnerinnen wurden weiter verpflichtet, die Anwesenheit des Sachverständigen, seiner Hilfspersonen und vier namentlich genannter anwaltlicher Vertreter der Gläubigerin in ihren Geschäftsräumen während der Begutachtung zu dulden (Ziff. 3). Die Rechtsanwälte der Gläubigerin wurden zur Geheimhaltung verpflichtet (Ziff. 4) und den Schuldnerinnen wurde die Möglichkeit eingeräumt, während der Zurückstellung der Besichtigung binnen einer Stunde anwaltliche Hilfe hinzuzuziehen (Ziff. 5). Der Gerichtsvollzieher wurde im Falle der Weigerung der Schuldnerinnen zur Sequestration ermächtigt (Ziff. 6). Den Schuldnerinnen wurden für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsmittel angedroht (Ziff. 7).
Rz. 8
b) Für die Kosten der Zwangsvollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung gelten die Vorschriften der §§ 788 und 104 ZPO entsprechend. Dies folgt aus § 928 ZPO, der auf die einstweilige Verfügung gem. § 936 ZPO entsprechende Anwendung findet, und der vorsieht, dass auf die Vollziehung des Arrests die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden sind. Das Gesetz versteht unter Vollziehung die Zwangsvollstreckung des Arrests und der einstweiligen Verfügung, wobei die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung deshalb nur entsprechend angewendet werden sollen, weil Arrest- und Verfügungsgläubiger im Regelfall lediglich Sicherung, aber nicht Befriedigung verlangen können (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 77 [juris Rz. 18]; Urt. v. 15.7.1999 - IX ZR 239/98, BGHZ 142, 208, 209 [juris Rz. 6]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Aufl., § 928 Rz. 1; Ahrens/Büttner, Der Wettbewerbsprozess, 8. Aufl., Kap. 57 Rz. 2; Teplitzky/Feddersen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 55 Rz. 37).
Rz. 9
Der Vorwurf der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe zu Unrecht die Begriffe der Vollziehung und der Zwangsvollstreckung gleichgesetzt, geht danach fehl. Vielmehr entspricht die Sichtweise des Beschwerdegerichts der ständigen Rechtsprechung des BGH.
Rz. 10
c) Die von der Gläubigerin geltend gemachten Gerichtsvollzieherkosten sowie der Auslagenvorschuss für die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses stellen notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO dar. Die danach festzusetzenden Kosten belaufen sich auf 99 EUR.
Rz. 11
aa) Gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO fallen die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren, dem Schuldner zur Last. Für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten verweist die Vorschrift auf § 91 ZPO. Notwendig sind danach Kosten, wenn sie für eine Maßnahme angefallen sind, die der Gläubiger zum Zeitpunkt ihrer Vornahme bei verständiger Würdigung der Sachlage zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte. Nicht notwendig sind insb. die Kosten voreiliger Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. BGH, Beschl. v. 5.3.2020 - I ZB 50/19, juris Rz. 16 m.w.N.).
Rz. 12
bb) Die Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers zum Begutachtungstermin stellt sich mit Blick darauf als für die Anspruchsdurchsetzung erforderlich dar, dass der Erfolg der Begutachtung gefährdet gewesen wäre, wenn die Gläubigerin bei einem ohne Gerichtsvollzieher unternommenen Begutachtungsversuch auf Widerstand der Schuldnerinnen gestoßen wäre. Ein solcher Widerstand hätte nur unter Zuhilfenahme des Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO überwunden werden können. Nur der Gerichtsvollzieher war zudem durch die einstweilige Verfügung für den Fall der Weigerung der Schuldnerinnen zur Wegnahme der zu sequestrierenden Sache (vgl. BGH, Urt. v. 9.11.2000 - III ZR 314/99, BGHZ 146, 20, 22 [juris Rz. 9]), ermächtigt. Die Gläubigerin musste nicht das Risiko eingehen, dass in der bis zu einem zweiten, nunmehr in Anwesenheit des Gerichtsvollziehers durchzuführenden Begutachtungstermin verstreichenden Zeit den Untersuchungszweck gefährdende Veränderungen am zu begutachtenden Computerprogramm vorgenommen würden, sondern durfte zur Sicherstellung der Begutachtung den Gerichtsvollzieher sogleich beim ersten Begutachtungstermin hinzuziehen.
Rz. 13
cc) Die von der Gläubigerin geltend gemachten Gerichtsvollzieherkosten sind i.H.v. 92 EUR angefallen.
Rz. 14
Nach Nr. 250 KV GvKostG fällt für die Zuziehung des Gerichtsvollziehers zur Beseitigung des Widerstandes nach § 892 ZPO eine Gebühr i.H.v. 52 EUR an; neben dieser Gebühr kommt zudem die Erhebung eines Zeitzuschlags nach Nr. 500 KV GvKostG in Betracht. Die Gebühr fällt bereits mit der Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers an. Für das Vorliegen des Gebührentatbestands ist nicht erforderlich, dass der Schuldner tatsächlich Widerstand leistet (vgl. Eggers in Schröder-Kay, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, 14. Aufl., Nr. 250 KV Rz. 8; Kessel in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., KV GvKostG Nr. 250 Rz. 2). Dass die Schuldnerinnen im Streitfall der einstweiligen Verfügung freiwillig Folge geleistet haben, steht dem Anfallen dieser Gebühr daher nicht entgegen.
Rz. 15
Nach Nr. 500 KV GvKostG beträgt der Zeitzuschlag für die Erledigung einer Amtshandlung, die mehr als drei Stunden in Anspruch nimmt, 20 EUR für jede weitere angefangene Stunde. Im Streitfall beläuft sich der Zeitzuschlag nach der von den Parteien nicht beanstandeten Rechnung des Gerichtsvollziehers auf 40 EUR.
Rz. 16
dd) Nicht zu beanstanden ist weiter, dass das AG einen Betrag von 7 EUR (2x 3,50 EUR) als Auslagenvorschuss für die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses gem. § 17 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Nr. 9002 VV GKG hinzugesetzt hat.
Rz. 17
d) Hingegen handelt es sich - wie das Beschwerdegericht zutreffend entschieden hat - bei den von der Gläubigerin geltend gemachten Kosten für die Anwesenheit ihrer Rechtsanwälte im Begutachtungstermin nicht um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO.
Rz. 18
aa) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, erst durch die Teilnahme ihrer anwaltlichen Vertreter habe die Gläubigerin ihren Willen nach außen dokumentiert, von der einstweiligen Verfügung auch hinsichtlich der Pflicht der Schuldnerinnen Gebrauch zu machen, den Rechtsanwälten der Gläubigerin Zutritt zu verschaffen und ihre Anwesenheit während der Begutachtung zu dulden.
Rz. 19
Im Falle eines im Wege der einstweiligen Verfügung erlassenen Verbots folgt bereits aus der im Parteibetrieb vorgenommenen Zustellung einer mit Ordnungsmittelandrohung gem. § 890 Abs. 2 ZPO versehenen Beschlussverfügung der hinreichende Wille des Gläubigers, von diesem Titel Gebrauch zu machen (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.2014 - I ZR 249/12, GRUR 2015, 196 Rz. 17 und 30 = WRP 2015, 209 - Nero; Teplitzky/Feddersen, a.a.O., Kap. 57 Rz. 41).
Rz. 20
Im Streitfall handelt es sich um eine Duldungs- und Unterlassungsverfügung. Die Titulierung einer Duldungs- oder Unterlassungsverpflichtung kann eine gleichfalls nach § 890 ZPO vollstreckbare Verpflichtung zur Handlung beinhalten, wenn der Schuldner der Pflicht zur Duldung oder Unterlassung nur genügen kann, indem er die hierfür erforderliche positive Handlung vornimmt (vgl. BGH, Urt. v. 28.1.1977 - I ZR 109/75, GRUR 1977, 614, 616 [juris Rz. 22] - Gebäudefassade; Beschl. v. 11.10.2017 - I ZB 96/16 GRUR 2018, 292 Rz. 20 = WRP 2018, 473, m.w.N.; Seibel in Zöller, a.a.O., § 890 Rz. 4). Ob ein Titel Handlungspflichten auferlegt oder Unterlassung fordert, ist im Wege der Auslegung mit Blick auf den Schwerpunkt der jeweils in Rede stehenden Verpflichtung zu beurteilen (vgl. Gruber in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl., § 890 Rz. 6). Der Schwerpunkt der Verpflichtung des Schuldners eines Besichtigungsanspruchs, der die Inaugenscheinnahme durch einen Sachverständigen, Eingriffe in die Substanz der untersuchten Sache oder ihre Stilllegung dulden muss und zudem dem Sachverständigen sowie etwaigen anderen Personen Zutritt zu seinen Geschäftsräumen zu gewähren hat, liegt in der Duldung des gesamten Besichtigungs- und Untersuchungsvorgangs (vgl. Grabinski in FS Mes, 2009, S. 129, 135 f.).
Rz. 21
Die im Streitfall ergangene einstweilige Verfügung enthält ihrem Schwerpunkt nach die Anordnung von Duldungspflichten. Soweit die Schuldnerinnen aktive Handlungen - etwa die Gewährung des Zugangs oder die Bereitstellung von Passwörtern - vorzunehmen hatten, waren diese lediglich zur Erfüllung der durch die einstweilige Verfügung auferlegten Duldungspflichten erforderliche Hilfshandlungen.
Rz. 22
bb) Selbst wenn es - wie im Streitfall nicht - infolge einer Weigerung der Schuldnerinnen der zwangsweisen Durchsetzung des Anwesenheitsrechts der Rechtsanwälte der Gläubigerin beim Begutachtungstermin bedurft hätte, wäre nicht - wie von der Rechtsbeschwerde postuliert - die Anwesenheit der Rechtsanwälte selbst ein Akt der Zwangsvollstreckung, sondern lediglich deren Sicherstellung durch Zwangsmaßnahmen etwa des Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO. Die Rechtsbeschwerde verwechselt hier eine Maßnahme der zwangsweisen Durchsetzung der Duldungspflicht mit dem Gegenstand dieser Duldungspflicht.
Rz. 23
cc) Die Rechtsbeschwerde dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, die Anwesenheit der anwaltlichen Vertreter der Gläubigerin sei zur Koordinierung der Besichtigung und zur Vermeidung von Problemen hinsichtlich der in der einstweiligen Verfügung angeordneten Maßnahmen erforderlich gewesen.
Rz. 24
Selbst wenn - wie die Rechtsbeschwerde in der Sache geltend macht - die Anwesenheit der anwaltlichen Vertreter im Besichtigungstermin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sein sollte, ändert dies nichts an dem Umstand, dass nach dem Vorstehenden die Teilnahme der anwaltlichen Vertreter keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung darstellt.
Rz. 25
Die Gläubigerin ist daher darauf zu verweisen, die Kosten der Besichtigung, die Kosten des Beweisverfahrens darstellen, entweder im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2017 - VI ZR 520/16 NJW 2018, 402 Rz. 19) oder im Rahmen der Kostenerstattung des nachfolgenden Hauptsacheprozesses geltend zu machen (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 12. Aufl., Kap. B Rz. 169 und 175; Kühnen/Grunwald, GRURPrax 2018, 513 f.).
Rz. 26
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 14099956 |
NJW 2020, 9 |
BauR 2021, 114 |
GRUR 2020, 1346 |
JurBüro 2020, 585 |
WM 2020, 1826 |
DGVZ 2021, 21 |
JZ 2020, 667 |
MDR 2020, 1276 |
Rpfleger 2021, 119 |
WRP 2020, 1580 |
ErbR 2020, 893 |
FoVo 2021, 151 |
GRUR-Prax 2020, 526 |
MMR 2021, 46 |
RVGreport 2020, 464 |
IP kompakt 2020, 18 |
IP kompakt 2021, 15 |
Mitt. 2020, 574 |