Leitsatz (amtlich)
Die Kostenhaftung nach § 30 Abs. 3 GNotKG ist beschränkt auf die Kosten des Beurkundungsverfahrens, in dem die Übernahme erklärt wird, einschließlich der Kosten des Vollzugs dieser Urkunde und auf das Verfahren bezogener Betreuungstätigkeiten; mittelbare Vollzugskosten, die durch weitere notarielle Tätigkeiten entstehen, wie etwa Gebühren für die Beglaubigung der Unterschrift unter der Verwalterzustimmung nach § 12 WEG oder unter einer Löschungsbewilligung, werden hiervon nicht erfasst.
Normenkette
GNotKG § 30 Abs. 3
Verfahrensgang
OLG Hamm (Beschluss vom 25.07.2018; Aktenzeichen 15 W 427 + 428/17) |
LG Bielefeld (Beschluss vom 28.08.2017; Aktenzeichen 23 T 294 + 295/17) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des 15. Zivilsenats des OLG Hamm vom 25.7.2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin die Kostenberechnung Nr. 2017000102 vom 4.5.2017 hinsichtlich der Treuhandgebühr gem. Nr. 22201 KV GNotKG zzgl. Umsatzsteuer aufgehoben worden ist. Insoweit wird die Kostenberechnung bestätigt.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Etwaige im Beschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 4) sowie 36 % der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) und 3) werden der Landeskasse Nordrhein-Westfalen auferlegt.
Von den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1) 48 %. Im Übrigen werden Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht erhoben. Ferner trägt der Beteiligte zu 1) die etwaigen, im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 4) sowie 36 % der den Beteiligten zu 2) und 3) im Rechtsbeschwerdeverfahren etwaig entstandenen außergerichtlichen Kosten.
Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für die anwaltliche Vertretung des Beteiligten zu 1) 376 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Beteiligte zu 1) (nachfolgend Notar) beurkundete am 13.5.2015 einen Vertrag, mit dem die Beteiligten zu 2) und 3) eine Eigentumswohnung an die Beteiligte zu 4) verkauften. Die Wirksamkeit der Veräußerung setzte die Zustimmung des Verwalters der Wohnungseigentumsgemeinschaft, des Beteiligten zu 5), voraus. Im Grundbuch war für die Beteiligte zu 6) eine Grundschuld eingetragen, die nach den vertraglichen Regelungen zu löschen war. Der Vertrag enthält u.a. folgende Regelung:
"IX. Kosten, Grunderwerbssteuer Die Kosten dieser Urkunde, der öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Zeugnisse, der rechtsgeschäftlichen Genehmigungen sowie des grundbuchamtlichen Vollzugs trägt der Käufer. ... Die Kosten der Lastenfreistellung trägt der Verkäufer. Die anfallenden Notarkosten und etwaige Bearbeitungsgebühren für die Erteilung der Verwalterzustimmung gemäß § 12 WEG sowie für den Nachweis der Verwaltereigenschaft trägt im Verhältnis zum Verkäufer der Käufer. Etwaige Ansprüche des Käufers gegen die WEG-Gemeinschaft auf Erstattung dieser Kosten bleiben unberührt. Zur Vollzugsgebühr wird, unbeschadet der gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber dem Notar vereinbart, dass der Verkäufer die durch die Lastenfreistellung entstehenden Mehrkosten trägt."
Rz. 2
Der Beteiligte zu 5) erteilte die Zustimmung zu dem Kaufvertrag und bat den Notar um Beglaubigung seiner Unterschrift. Für die Beglaubigung stellte der Notar der Beteiligten zu 4) eine 0,2-Gebühr nach Nr. 25100 KV GNotKG und Auslagen, insgesamt 73,85 EUR, in Rechnung (Kostenberechnung vom 23.6.2015). Ferner holte der Notar bei der Beteiligten zu 6) die Unterlagen für die Löschung der Grundschuld ein. Diese beauftragte den Notar mit der Beglaubigung der Unterschriften ihrer beiden vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder auf der Löschungsbewilligung und machte ihm zur Auflage, von den Löschungsunterlagen erst nach Eingang des Kaufpreises auf ihrem Konto Gebrauch zu machen. Für diese Tätigkeiten stellte der Notar den Beteiligten zu 2) und 3) einen Betrag i.H.v. 302,14 EUR in Rechnung (Kostenberechnung vom 4.5.2017). Dieser setzt sich zusammen aus einer 0,2-Beglaubigungsgebühr nach Nr. 25100 KV GNotKG, einer 0,5-Treuhandgebühr nach Nr. 22201 KV GNotKG und einer anteiligen Zusatzgebühr für die auswärtige Tätigkeit nach Nr. 26002 KV GNotKG zzgl. Umsatzsteuer. Die Rechnungen wurden bezahlt.
Rz. 3
Auf Anweisung des Präsidenten des LG hat der Notar die gerichtliche Entscheidung über diese Kostenberechnungen beantragt. Das LG hat die den Beteiligten zu 2) und 3) erteilte Kostenberechnung hinsichtlich der anteiligen Auswärtsgebühr aufgehoben und die Kostenberechnungen im Übrigen bestätigt. Gegen diesen Beschluss hat der Notar Beschwerde eingelegt, soweit zu seinem Nachteil entschieden wurde. Auf Anweisung des Landgerichtspräsidenten hat er die Beschwerde auf die Frage erweitert, ob die Beteiligten zu 2), 3) und 4) Kostenschuldner sind. Das OLG hat beide Kostenberechnungen insgesamt aufgehoben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Notar gegen die Beschwerdeentscheidung mit dem Ziel der Bestätigung seiner Kostenberechnungen.
II.
Rz. 4
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts, dessen Entscheidung u.a. in ZWE 2018, 399 veröffentlicht ist, hat der Notar die Beteiligten zu 2) bis 4) zu Unrecht als Kostenschuldner in Anspruch genommen. Diese hafteten nicht aus § 29 Nr. 1 GNotKG, weil sie den Notar nicht beauftragt hätten. Die jeweiligen Aufträge seien diesem durch den Verwalter und durch die Grundschuldgläubigerin erteilt worden. Die Haftung folge auch nicht aus § 29 Nr. 2 GNotKG, weil der beurkundete Vertrag keine Erklärung der Kostenübernahme gegenüber dem Notar enthalte; die Regelungen über die Kostentragung beträfen ersichtlich ausschließlich das Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien.
Rz. 5
Die Beteiligten zu 2) bis 4) hafteten auch nicht aus § 30 Abs. 3 GNotKG. Diese Regelung sei ihrem klaren Wortlaut nach auf die Kosten der Urkunde beschränkt, die die Übernahmeerklärung enthalte, und erfasse weder die Kosten der weiteren notariellen Tätigkeit eines anderen Notars noch die weitere notarielle Tätigkeit des Urkundsnotars selbst, soweit sie nicht der Errichtung der Urkunde mit der Übernahmeerklärung und des Vollzugs dieses Beurkundungsverfahrens diene. Allein bei diesem Verständnis werde die Vorschrift dem Bestimmtheitsgebot gerecht, da nur dann mit der Kostenübernahmeerklärung klar erkennbar sei, für welche Kosten und gegenüber wem gehaftet werde. Der Gesetzeszweck stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Mit der Neuregelung des § 30 Abs. 3 GNotKG habe der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass es widersprüchlich sei, wenn eine Vertragspartei eine Zahlungsverpflichtung gegenüber ihrem Vertragspartner begründe, gegenüber dem Notar die Kostenübernahme aber ablehne. Die Vorschrift stelle daher klar, dass eine in der Urkunde enthaltene Kostenübernahmeerklärung ohne Weiteres auch gegenüber dem Urkundsnotar wirke, und vermeide damit Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall. Dass ein Auseinanderfallen von Innen- und Außenhaftung generell habe verhindert werden sollen, sei nicht erkennbar.
Rz. 6
Die von den Beteiligten zu 2) bis 4) erklärte Kostenübernahme erfasse daher nur die Kosten, die durch die Beurkundung des Übertragungsvertrags und durch dessen Vollzug entstanden seien. Hierzu gehörten die durch die Beglaubigungen der Verwalterzustimmung und der Löschungsbewilligung der Grundschuldgläubigerin entstandenen Gebühren nicht.
III.
Rz. 7
Die infolge der Zulassung statthafte (§§ 129 Abs. 2, 130 Abs. 3 GNotKG i.V.m. § 70 Abs. 1, Abs. 2 FamFG) und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde hat nur Erfolg, soweit die Kostenberechnung vom 4.5.2017 auch in Bezug auf die Treuhandgebühr aufgehoben worden ist; im Übrigen ist sie unbegründet.
Rz. 8
1. Das Beschwerdegericht nimmt zu Recht an, dass die Beteiligten zu 2), 3) und 4) nicht Schuldner der von dem Notar berechneten Kosten für die Beglaubigung von Unterschriften unter der Verwalterzustimmung bzw. der Löschungsbewilligung sind.
Rz. 9
a) Rechtsfehlerfrei und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Beteiligten zu 2), 3) und 4) dem Notar für die Kosten weder aus § 29 Nr. 1 GNotKG noch aus § 29 Nr. 2 GNotKG haften, weil sie ihn nicht mit der Beglaubigung der Unterschriften beauftragt haben und die Regelung unter Ziff. IX des beurkundeten Vertrages keine Kostenübernahmeerklärungen gegenüber dem Notar enthält.
Rz. 10
b) Richtig ist auch, dass die Beteiligten zu 2), 3) und 4) dem Notar nicht nach § 30 Abs. 3 GNotKG für die Kosten der Unterschriftsbeglaubigungen haften.
Rz. 11
aa) Kostenschuldner nach der genannten Vorschrift ist, wer in einer notariellen Urkunde die Kosten dieses Beurkundungsverfahrens, die im Zusammenhang mit dem Beurkundungsverfahren anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten oder sämtliche genannten Kosten übernommen hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten, wie weit die Kostenhaftung der Beteiligten des Beurkundungsverfahrens nach dieser Regelung reicht.
Rz. 12
(1) Nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung wird der Umfang der Haftung durch den die Kostenübernahme Erklärenden bestimmt und ist nicht auf die Kosten des Beurkundungsverfahrens beschränkt, in dem die Übernahmeerklärung abgegeben wird, sondern kann auch die Kosten anderer Urkunden desselben oder eines anderen Notars erfassen; entscheidend ist nach dieser Ansicht allein, wer im Vertrag welche Kosten für die Vertragsdurchführung übernommen hat (vgl. OLG Celle, NJOZ 2015, 1383, 1385 Rz. 22, allerdings ohne § 30 Abs. 3 GNotKG ausdrücklich zu erwähnen; zustimmend Strauß, MittBayNot 2015, 516, 519 sowie Tiedtke, ZNotP 2015, 118, 120).
Rz. 13
(2) Nach der Gegenansicht, der auch das Beschwerdegericht folgt, haftet der Übernahmeschuldner lediglich für die Kosten des Beurkundungsverfahrens, in dem die Übernahmeerklärung abgegeben wird, einschließlich der für den Vollzug dieser Urkunde und auf die Beurkundung bezogene Betreuungstätigkeiten entstehenden Gebühren, nicht aber für Kosten, die durch weitere notarielle Tätigkeiten, namentlich durch weitere Beurkundungen oder Beglaubigungen entstehen (vgl. LG Rostock, Beschl. v. 22.2.2018 - 2 OH 15/17, juris Rz. 44; LK-GNotKG/Heit/Genske, 2. Aufl., § 30 Rz. 10; Hartmann/Toussaint/Forbriger, Kostenrecht, 50. Aufl., GNotKG § 30 Rz. 4; BeckOK KostenR/Toussaint GNotKG [1.6.2020], § 30 Rz. 18; Korintenberg/Gläser GNotKG, 21. Aufl., § 30 Rz. 16; Rohs/Wedewer/Wudy, GNotKG [März 2020], § 30 Rz. 103; Hügel, ZWE 2018, 401, 403; Schmidt, JurBüro 2018, 643; Sikora/Strauß, DNotZ 2019, 596, 617; Volpert, RNotZ 2015, 146, 155 f.; Wudy, notar 2018, 271, 276; Rundschreiben Nr. 9/2018 der Bundesnotarkammer vom 9.11.2018).
Rz. 14
(3) Die letztgenannte Auffassung ist richtig. Die Kostenhaftung nach § 30 Abs. 3 GNotKG ist beschränkt auf die Kosten des Beurkundungsverfahrens, in dem die Übernahme erklärt wird, einschließlich der Kosten des Vollzugs dieser Urkunde und auf dieses Verfahren bezogener Betreuungstätigkeiten; mittelbare Vollzugskosten, die durch weitere notarielle Tätigkeiten entstehen, wie etwa Gebühren für die Beglaubigung der Unterschrift unter der Verwalterzustimmung nach § 12 WEG oder unter einer Löschungsbewilligung, werden hiervon nicht erfasst.
Rz. 15
(a) Bereits der Wortlaut von § 30 Abs. 3 GNotKG spricht dagegen, die Kostenhaftung auf notarielle Tätigkeiten zu erstrecken, die nicht dem Vollzug der die Übernahmeerklärung enthaltenden Urkunde dienen oder zu den Betreuungstätigkeiten zählen, die im Zusammenhang mit der Urkunde stehen. Nach dieser Vorschrift haftet, wer "in einer notariellen Urkunde die Kosten dieses Beurkundungsverfahrens [...] übernommen hat". Durch die Verwendung des Wortes "dieses" wird deutlich, dass es sich ausschließlich um Kosten des zuvor genannten Beurkundungsverfahrens handelt. Die Formulierung "oder sämtliche genannten Kosten" in Abs. 3 ist ersichtlich nicht als Auffangklausel für alle in der Übernahmeerklärung genannten Kosten zu verstehen, sondern fasst die zuvor abschließend aufgezählten Kosten (Kosten des Beurkundungsverfahrens selbst, des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten) zusammen. Sie stellt klar, dass nicht nur einzelne, sondern auch sämtliche der vorgenannten Kosten übernommen werden können (zutreffend LK-GNotKG/Heit/Genske, 2. Aufl., § 30 Rz. 10). Der Übernahmeschuldner haftet daher nach dem Wortlaut von § 30 Abs. 3 GNotKG lediglich für die Kosten der Urkunde, die die Übernahmeerklärung enthält, also namentlich für die Beurkundungsgebühr nach Nr. 21100 ff. KV GNotKG, sowie für die bei Vollzug dieser Urkunde entstehenden Vollzugs- und Betreuungsgebühren (Nr. 22110 ff. und Nr. 22200 f. KV GNotKG).
Rz. 16
(b) Auch die Entstehungsgeschichte der Norm belegt, dass sich die Kostenhaftung nur auf das konkrete Beurkundungsverfahren beziehen soll. Der Referentenentwurf zu dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts sah in § 30 Abs. 3 GNotKG-E zunächst nur eine Haftung für die in einer notariellen Urkunde übernommenen Kosten des Beurkundungsverfahrens selbst vor, nicht aber - wie in § 30 Abs. 1 GNotKG-E - für die im Zusammenhang mit dem Beurkundungsverfahren anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten (vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 11.11.2011 - Zweites Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts, S. 22). Dies hätte, da Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten nach § 85 GNotKG nicht zu dem Beurkundungsverfahren gehören, zur Folge gehabt, dass solche Tätigkeiten nicht von der Kostenhaftung erfasst worden wären. Bereits in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung wurde daher, wie in § 30 Abs. 1 GNotKG-E, die Haftung der Urkundsbeteiligten nach Abs. 3 ausdrücklich über die Kosten des Beurkundungsverfahrens hinaus auf die im Zusammenhang hiermit anfallenden Kosten des Vollzugs und der Betreuungstätigkeiten erstreckt (vgl. BT-Drucks. 17/11471, 16). Für die Annahme, dass der Gesetzgeber mit dieser Änderung die Haftung auch auf notarielle Tätigkeiten erstrecken wollte, die nicht zu diesen Vollzugs- oder Betreuungstätigkeiten gehören, namentlich auf weitere Beurkundungsverfahren oder Beglaubigungen, bietet diese Entstehungsgeschichte keine Anhaltspunkte.
Rz. 17
(c) Auch Sinn und Zweck des Gesetzes legen kein anderes Auslegungsergebnis nahe. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf verweist, dass der Gesetzgeber den vor der Einführung von § 30 Abs. 3 GNotKG nach der Kostenordnung möglichen Widerspruch, dass eine Vertragspartei sich einerseits vertraglich zur Kostenübernahme verpflichtete, die Haftung gegenüber dem Notar jedoch ablehnen konnte, habe auflösen wollen, erfordert dies keine erweiternde Auslegung der Norm. Auch bei wortlautgetreuer Auslegung wird der gesetzgeberische Wille eines haftungsrechtlichen Gleichlaufs gewahrt, soweit es um Kosten des konkret in Rede stehenden Beurkundungsverfahrens geht. Ein Beteiligter, der gegenüber einem anderen Beteiligten zur Niederschrift des Notars Kosten dieses Verfahrens übernimmt, kann sich nicht darauf berufen, dass diese Übernahme nur zwischen den Urkundsbeteiligten gilt (vgl. BT-Drucks. 17/11471, 249; LK-GNotKG/Heit/Genske, 2. Aufl., § 30 Rz. 9; Korintenberg/Gläser, GNotKG, 21. Aufl., § 30 Rz. 14; Leiß in Fackelmann/Heinemann, GNotKG, 2. Aufl., § 30 Rz. 27). Die Vorschrift gewährleistet somit eine unkomplizierte Ermittlung des Zahlungspflichtigen für die notarielle Beurkundung und die damit zusammenhängenden Durchführungsgeschäfte; Abgrenzungsfragen im Einzelfall werden weitgehend vermieden (vgl. Rohs/Wedewer/Wudy, GNotKG [März 2020], § 30 Rz. 15; Korintenberg/Gläser, GNotKG, a.a.O.). Lediglich die Kosten, die anlässlich des Vollzugs für weitere notarielle Tätigkeiten anfallen, sind gesondert abzurechnen.
Rz. 18
(d) Für die Beschränkung der Haftung nach § 30 Abs. 3 GNotKG auf das konkrete Beurkundungsverfahren spricht auch, dass nur auf diese Weise für den Urkundsbeteiligten im Moment der Übernahmeerklärung klar erkennbar ist, für welche Kosten er haftet. Die Kosten der Beurkundung selbst stehen von vornherein fest, und welche der in Teil 2 Hauptabschnitt 2 Abschnitt 1 und 2 KV GNotKG aufgeführten Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten voraussichtlich erforderlich sein werden, lässt sich regelmäßig anhand der vertraglichen Vollzugsregelungen ermitteln. Die für diese Tätigkeiten entstehenden Gebühren orientieren sich, soweit es sich nicht ohnehin um Festgebühren handelt, an dem im Zeitpunkt der Haftungsübernahme bekannten Geschäftswert der die Übernahmeerklärung enthaltenden Urkunde. Ob weitere Kosten für notarielle Tätigkeiten anfallen, die nur mittelbar mit dem konkreten Beurkundungsverfahren im Zusammenhang stehen, und, wenn ja in welcher Höhe, ließe sich für den Urkundsbeteiligten hingegen nicht immer im Voraus erkennen. So können für weitere Beurkundungen und Beglaubigungen neben den Entwurfs-, Beurkundungs- und Beglaubigungsgebühren auch nicht absehbare, unter Umständen erhebliche Nebenkosten anfallen, deren Entstehen noch dazu allein auf ein besonderes Verlangen der jeweiligen Auftraggeber dieser weiteren Geschäfte zurückgehen kann, wie z.B. Fahrtkosten (KV 32006), Tage- und Abwesenheitsgelder (KV 32008), Unzeitgebühren (KV 26000) oder - wie hier - Auswärtsgebühren (KV 26002).
Rz. 19
(e) Für die Regelung in § 30 Abs. 3 GNotKG verbleibt auch bei diesem am Wortlaut orientierten Verständnis noch ein Anwendungsbereich neben Abs. 1 der Norm, etwa bei unterschiedlichen Inhalten der Erklärungen der Urkundsbeteiligten, namentlich in dem Fall, dass der Beteiligte in der Urkunde nur rechtsgeschäftliche Kostenerklärungen abgibt und damit nach § 30 Abs. 1 und 2 GNotKG nur die Kosten zu tragen hat, die für die isolierte Beurkundung dieser Erklärungen angefallen wären. So wird etwa der Angebotsempfänger, in dessen Namen in der Angebotsurkunde lediglich die Kostenübernahme erklärt wird, für dieses Beurkundungsverfahren, d.h. für das Hauptgeschäft, regelmäßig - anders als für seine Annahmeerklärung - nicht als Erklärungsschuldner nach § 30 Abs. 1, wohl aber als Übernahmeschuldner nach § 30 Abs. 3 GNotKG haften (vgl. Rohs/Wedewer/Wudy, GNotKG [März 2020], § 30 Rz. 108; Korintenberg/Gläser, GNotKG, 21. Aufl., § 30 Rz. 16).
Rz. 20
bb) Das Beschwerdegericht geht nach diesen Maßstäben zutreffend davon aus, dass die Beteiligten zu 2), 3) und 4) nicht Schuldner der von dem Notar berechneten Kosten für die Unterschriftsbeglaubigungen sind.
Rz. 21
(1) Welche Tätigkeiten zu dem Vollzug eines Geschäfts gehören oder als Betreuungstätigkeit im Zusammenhang mit dem Geschäft anzusehen sind und somit die Vollzugs- bzw. Betreuungsgebühr auslösen, ist in Teil 2, Hauptabschnitt 2 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG abschließend geregelt. So zählt zwar die Einholung der Zustimmung des Verwalters bzw. der Löschungsbewilligungen von Grundpfandrechtsgläubigern einschließlich der Fertigung des Entwurfs gemäß Vorbemerkung 2.2.1.1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und Nr. 9 KV GNotKG noch zu den Kosten des Vollzugs, nicht aber die dort nicht genannte Beglaubigung der Unterschriften des Verwalters bzw. des Grundpfandrechtsgläubigers, die ein unter Hauptabschnitt 5, Abschnitt 1 Nr. 25100 KV GNotKG fallendes sonstiges Geschäft ist (zutreffend Rohs/Wedewer/Wudy, GNotKG [März 2020], § 30 Rz. 104; a.A. Schneider/Volpert/Fölsch/Leiß, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., GNotKG § 29 Rz. 22). Dass ein Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung regelmäßig nur dann vollständig durchgeführt werden kann, wenn die Verwalterzustimmung und ggf. auch die Löschungsbewilligungen für Grundpfandrechte in der Form des § 29 GBO vorliegen, stellt die Beglaubigung der Unterschriften unter diesen Erklärungen zwar in einen mittelbaren Zusammenhang mit dem Vollzug des Kaufvertrages, führt aber nicht dazu, dass die Beglaubigung selbst als Vollzug "dieses Beurkundungsverfahrens" i.S.v. § 30 Abs. 3 GNotKG anzusehen wäre.
Rz. 22
(2) Die Beglaubigung der Unterschrift unter der Zustimmungserklärung des Beteiligten zu 5) gehört daher ebenso wie die Beglaubigung der Unterschriften der Vertretungsberechtigten der Beteiligten zu 6) unter den Löschungsbewilligungen nicht zu dem Vollzug des Verfahrens der Beurkundung des zwischen den Beteiligten zu 2) und 3) und der Beteiligten zu 4) geschlossenen Wohnungskaufvertrages. Entsprechendes gilt für die anteilige Zusatzgebühr für die auswärtige Tätigkeit, die ihren Ursprung in der Beglaubigung hat. Das Beschwerdegericht hat zu Recht die Kostenberechnungen insoweit aufgehoben bzw. die Aufhebung durch das LG bestätigt.
Rz. 23
2. Rechtsfehlerhaft ist aber die nicht näher begründete Ansicht des Beschwerdegerichts, dass die Beteiligten zu 2) und 3) auch nicht für die - der Höhe nach nicht beanstandete und richtig berechnete - Treuhandgebühr nach Nr. 22201 KV GNotKG haften, die für die Beachtung der von der Beteiligten zu 6) erteilten Auflage angefallen ist, von der Löschungsbewilligung erst nach Zahlung des Ablösebetrages Gebrauch zu machen. Die Beachtung einer solchen Auflage ist eine mit dem konkreten Beurkundungsverfahren im Zusammenhang stehende Betreuungstätigkeit, für die die Beteiligten zu 2) und 3) schon nach § 30 Abs. 1 GNotKG haften (vgl. OLG Köln, BWNotZ 2018, 30, 31; OLG Düsseldorf, BeckRS 2018, 31615 Rz. 3; Rohs/Wedewer/Wudy, GNotKG [März 2020], KV 22201 Rz. 38; Schneider/Volpert/Fölsch/Leiß, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., GNotKG § 30 Rz. 19; Sikora/Strauß, DNotZ 2019, 596, 617). Zudem haften sie dem Notar, da sie die Kosten der Lastenfreistellung im Innenverhältnis zu der Käuferin übernommen haben, für die Treuhandgebühr auch als Übernahmeschuldner nach § 30 Abs. 3 GNotKG (vgl. LG Düsseldorf, RNotZ 2016, 197, 198 f.; Rohs/Wedewer/Wudy, GNotKG [März 2020], § 30 Rz. 103 und KV 22201 Rz. 38). Insoweit war die Kostenberechnung des Notars daher zu bestätigen.
IV.
Rz. 24
1. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 130 Abs. 2 Sätze 3 und 4 GNotKG. Im Rahmen seines Unterliegens ist der Notar gem. § 130 Abs. 2 Satz 4 GNotKG davon befreit, die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) bis 4) zu tragen. Diese sind der Landeskasse Nordrhein-Westfalen aufzuerlegen.
Rz. 25
2. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 84 FamFG. Anders als im Beschwerdeverfahren ist der Notar im Rahmen seines Unterliegens im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nach § 130 Abs. 2 GNotKG von der Kostentragungspflicht freigestellt, weil die Aufsichtsbehörde ihn nicht zur Einlegung der Rechtsbeschwerde angewiesen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 16.11.2017 - V ZB 124/17, RNotZ 2018, 277, 280 Rz. 20; a.A. LK-GNotKG/Wudy, 2. Aufl., § 130 Rz. 54). Dies gilt auch für etwaige den anderen Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandene Kosten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG).
Fundstellen
Haufe-Index 14191772 |
NJW 2020, 10 |
NJW-RR 2020, 1452 |
FGPrax 2020, 290 |
JurBüro 2020, 642 |
WM 2021, 1770 |
JZ 2020, 762 |
MDR 2020, 1469 |
ZWE 2021, 119 |
NotBZ 2021, 39 |
RENOpraxis 2021, 191 |
RENOpraxis 2021, 216 |
RNotZ 2021, 47 |