Leitsatz (amtlich)
1. Führt eine der nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB anwendbaren Rechtsordnungen zur gesetzlichen Vaterschaft eines Mannes, so wird dadurch die Anwendung einer anderen Rechtsordnung auf eine erst später erklärte Anerkennung der Vaterschaft eines anderen Mannes regelmäßig ausgeschlossen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 72/16, BGHZ 215, 271 = FamRZ 2017, 1687). Das gilt auch, wenn das die gesetzliche Vaterschaft ergebende Aufenthaltsstatut gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aufgrund eines erstmals nach der Geburt begründeten gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes anwendbar ist (Fortführung von Senatsbeschluss vom 20. März 2019 - XII ZB 530/17, BGHZ 221, 300 = FamRZ 2019, 892).
2. Verweist eine nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufene Rechtsordnung auf ein anderes ausländisches Recht weiter oder auf das deutsche Recht zurück, so bleibt diese Verweisung unbeachtlich, wenn sie zum Wegfall einer sich aus dem von Art. 19 Abs. 1 EGBGB zunächst berufenen Recht ergebenden Vaterschaft führt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 72/16, BGHZ 215, 271 = FamRZ 2017, 1687).
3. Dass dadurch sogenannte hinkende Rechtsverhältnisse entstehen können, ist als Konsequenz der vom Gesetz bewusst vorgesehenen Mehrfachanknüpfung hinzunehmen. Eine nicht der leiblichen Abstammung entsprechende Vater-Kind-Zuordnung kann nur im Wege der Anfechtung nach dem gemäß Art. 20 EGBGB anwendbaren Statut beseitigt werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 13. September 2017 - XII ZB 403/16, FamRZ 2017, 1848).
4. Steht die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes fest, ist die Auslandsgeburt nach § 36 PStG auch dann zu beurkunden, wenn der Eintrag gemäß § 21 PStG vom Antrag auf Nachbeurkundung abweicht. Anderes gilt im gerichtlichen Verfahren für den Anweisungsantrag nach § 49 PStG, der für das Gericht bindend ist.
Normenkette
BGB § 1592; EGBGB Art. 4 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 S. 1, Art. 20; PStG §§ 21, 36, 49
Verfahrensgang
KG Berlin (Beschluss vom 17.11.2020; Aktenzeichen 1 W 1037/20 + 1 W 1277/20) |
AG Berlin-Schöneberg (Entscheidung vom 10.12.2019; Aktenzeichen 71c III 27/19 + 71c III 28/19) |
Fundstellen
Haufe-Index 15080460 |
FuR 2022, 383 |
NJW-RR 2022, 508 |
JZ 2022, 196 |
JZ 2022, 198 |
MDR 2022, 706 |
ErbR 2022, 537 |
FF 2022, 175 |
FamRB 2022, 187 |
FamRB 2022, 8 |
NZFam 2022, 253 |