Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten des Beweissicherungsverfahrens. Kostenentscheidung bei Klagrücknahme nach Durchführung eines Beweissicherunsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten des abgeschlossenen selbständigen Beweisverfahrens werden nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren von der Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3 S. 2, §§ 493, 494a
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 1.8.2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 879,28 EUR.
Gründe
I.
[1] Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm in der Kostenentscheidung nach Klagerücknahme im Hauptsacheverfahren auch die den Beklagten im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt worden sind.
[2] Der Kläger und sein inzwischen verstorbener von ihm allein beerbter Vater hatten mit den Rechtsvorgängern der Beklagten einen Pachtvertrag über ein Hotelrestaurant abgeschlossen. Nach dessen Beendigung leitete der Kläger gegen die Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein, um eine angebliche Wertsteigerung des Pachtobjekts durch von ihm und seinem Vater vorgenommene Umbauten feststellen zu lassen. Mit der nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens erhobenen Klage hat der Kläger, gestützt auf das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Sachverständigengutachten, von den Beklagten Zahlung in Höhe der angeblichen Wertsteigerung verlangt. Nach einem in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis des Gerichts auf die Aussichtslosigkeit der Klage hat er diese mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.
[3] In einem Rechtsstreit mit umgekehrtem Rubrum hat der Kläger mit dem im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
[4] Auf Antrag der Beklagten hat das LG dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der den Beklagten im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Kostenentscheidung aufzuheben, soweit die Kosten des Beweisverfahrens dem vorliegenden Verfahren zugeordnet wurden. Das OLG hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
II.
[5] Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat aber im Ergebnis keinen Erfolg.
[6] 1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in NJW-RR 2004, 70 veröffentlicht ist, meint, der Kostenausspruch nach einer Klagerücknahme erfasse auch ohne vorangegangene Fristsetzung zur Klageerhebung gem. § 494a ZPO analog die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, wenn - wie hier - die Parteien beider Verfahren und der Streitgegenstand identisch seien. Sinn und Zweck des § 494a ZPO und die Interessenlage der Parteien geböten dessen entsprechende Anwendung. Der Regelung liege zugrunde, dass es zu einer unbilligen Härte für den Antragsgegner führen könne, wenn der Antragsteller nach der Durchführung des Beweisverfahrens von der Einleitung des Hauptverfahrens absehe und es deshalb zu keiner Kostengrundentscheidung über die Hauptsache und damit über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens komme. Für diesen Fall solle der Antragsgegner, der im selbständigen Beweisverfahren Kosten aufgewandt habe, so gestellt werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt.
[7] Die Interessenlage sei im vorliegenden Fall, in dem der Kläger von sich aus Klage erhoben, diese aber wieder zurückgenommen habe, vergleichbar. Der Antragsgegner habe, nachdem die Klage erhoben worden sei, jedenfalls zunächst keine Möglichkeit mehr, nach § 494a ZPO vorzugehen, weil die Anordnung zur Klageerhebung voraussetze, dass eine Klage noch nicht anhängig sei. Durch die Rücknahme der Klage entfalle aber auch die Möglichkeit, dass im Rahmen des Hauptverfahrens über den sachlichen Streit und damit über die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen entschieden werde.
[8] Zwar könne der Kläger nach der Klagerücknahme die Klage jederzeit erneut erheben und eine ihm inhaltlich günstige Entscheidung erwirken. Die Möglichkeit, dass der Antragsteller die dem Antragsgegner in einem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auch dann zu tragen habe, wenn er letztlich in einem Hauptverfahren sachlich obsiege, habe der Gesetzgeber aber mit der Regelung des § 494a ZPO bewusst in Kauf genommen. Auch nach dieser Bestimmung wirke sich die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr auf die Kostenentscheidung aus, wenn der Antragsteller die ihm gesetzte Frist zur Klageerhebung versäumt habe.
[9] Da es nach § 494a ZPO nur darauf ankomme, ob der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist eine Hauptsacheklage erhoben habe, sei es unbeachtlich, dass der Kläger mit dem Anspruch, der Gegenstand der zurückgenommenen Klage gewesen sei, in einem anderen Verfahren mit umgekehrtem Rubrum hilfsweise die Aufrechnung erklärt habe. Die Beklagten seien deshalb auch nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses gehindert gewesen, eine Anordnung nach § 494a Abs. 1 ZPO zu erwirken. Denn bei der nur hilfsweise erklärten Aufrechnung stehe nicht einmal fest, ob es überhaupt zu einer Überprüfung des zur Aufrechnung gestellten Anspruchs komme. Dem Antragsgegner könne in einem solchen Fall nicht zugemutet werden mit der Festsetzung seiner Kosten abzuwarten.
[10] 2. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
[11] Ob die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren von der Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst werden, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
[12] a) Nach der bisher wohl überwiegenden Auffassung erstreckt sich die Kostengrundentscheidung nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren (§ 269 Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO) nicht auf die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.2.2006 - 23 W 62/05, NJW-RR 2006, 1028; OLG Köln v. 23.10.2002 - 17 W 263/02, BauR 2003, 290 und OLG Köln v. 22.4.2002 - 17 W 103/02, MDR 2002, 1391; OLG Koblenz, Beschl. v. 5.3.2003 - 14 W 148/03, MDR 2003, 1080 = NJW 2003, 3281, 3282; OLG München v. 6.4.1999 - 11 W 1200/99, MDR 1999, 893 und OLG München v. 10.12.1997 - 11 W 2427/97, MDR 1998, 307 = OLGReport München 1998, 179 = NJW-RR 1998, 1078; OLG Schleswig JurBüro 1995, 36; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 64. Aufl., § 91 Rz. 198; Musielak/Wolst ZPO 4. Aufl., § 91 Rz. 65; Zöller/Greger ZPO 26. Aufl., § 269 Rz. 18b). Zur Begründung wird ausgeführt: Eine Berücksichtigung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bei den Kosten des Hauptsacheverfahrens sei grundsätzlich nur möglich, wenn im Hauptsacheverfahren eine abschließende Entscheidung über den Streitgegenstand erfolge. Das sei bei der Klagerücknahme nicht der Fall. Denn der Rechtsstreit sei gem. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO als nicht anhängig geworden anzusehen. Der Kläger könne somit die zurückgenommene Klage erneut erheben und damit den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens erneut einführen. Erst in diesem Prozess werde dann über diejenigen Tatsachen und Beweisfragen sachlich mitentschieden, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens gewesen seien. Je nach Ausgang dieses Verfahrens und der dort getroffenen Kostengrundentscheidung fielen die Kosten des Beweisverfahrens dem Kläger oder dem Beklagten zur Last. Im Hinblick auf diese Möglichkeit könnten die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht von der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst werden.
[13] Dem Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens sei es freilich unbenommen, zur Realisierung der ihm im dortigen Verfahren entstandenen Kosten eine Kostengrundentscheidung gem. § 494a ZPO im selbständigen Beweisverfahren zu erwirken. Einige Vertreter dieser Auffassung halten § 494a ZPO für unmittelbar (OLG Köln v. 23.10.2002 - 17 W 263/02, BauR 2003, 290), einige für analog (Zöller/Herget a.a.O. § 494a Rz. 4a; Musielak/Huber a.a.O. § 494a Rz. 4a, 7 und Foerste § 269 Rz. 23) anwendbar.
[14] b) Eine andere - auch vom Beschwerdegericht vertretene Auffassung - geht davon aus, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens seien analog § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO dem Kläger mit der Kostengrundentscheidung nach Klagerücknahme aufzuerlegen, wenn keine Frist gem. § 494a Abs. 1 ZPO gesetzt worden sei und die Parteien und der Streitgegenstand identisch seien (OLG Düsseldorf a.a.O. 351; OLG Hamburg v. 20.2.2002 - 11 W 2/02, MDR 2002, 1093 lässt offen, ob § 494a Abs. 2 ZPO analog oder § 269 Abs. 3 ZPO direkt anwendbar ist). Für diesen Fall liege eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die nach Sinn und Zweck des § 494a ZPO und der Interessenlage der Beteiligten eine entsprechende Anwendung des § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO rechtfertige. Mit der Einfügung des § 494a ZPO durch das am 1.4.1991 in Kraft getretene Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17.12.1990 (BGBl. I 2847) habe eine Kostenlastentscheidung zugunsten des Antragsgegners ermöglicht werden sollen, wenn der Antragsteller kein Hauptsacheverfahren eingeleitet habe. Bei der Klagerücknahme werde zwar mangels einer Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache nicht über den sachlichen Streit der Parteien entschieden. Das stehe jedoch einer entsprechenden Anwendung des § 494a Abs. 2 ZPO nicht entgegen, da der Gesetzgeber das Fehlen einer Sachentscheidung in den Fällen des § 494a Abs. 2 ZPO bewusst hingenommen habe. Gleiches gelte für die in der fehlenden Entscheidung über den sachlichen Streit liegende Gefahr, dass in einem späteren Rechtsstreit zur Hauptsache eine inhaltlich abweichende Entscheidung ergehe, die eine von § 494a Abs. 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung veranlasst hätte.
[15] c) Nach einer weiteren Ansicht werden die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bei Klagerücknahme direkt von der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst, wenn die Parteien und der Streitgegenstand identisch sind (OLG Karlsruhe Beschl. v. 17.1.2005 - 15 W 22/04 - Juris in der Rechtsbeschwerde vom BGH, Beschl. v. 21.7.2005 - VII ZB 44/05, ZfBR 2005, 360 insoweit offen gelassen; OLG Stuttgart Rechtspfleger 1988, 117; OLG Celle JurBüro 1984, 1581; MünchKomm/Schreiber ZPO 2. Aufl., § 494a Rz. 1; MünchKomm/Lüke a.a.O. § 269 Rz. 51; Schreiber NJW 1991, 2600, 2602; Hansens NJW 1991, 953, 958). Zur Begründung wird ausgeführt, nach Klageerhebung sei für eine Anwendung von § 494a ZPO kein Raum mehr. Von diesem Zeitpunkt an seien vielmehr die allgemeinen Regeln über die Kostentragungspflicht, wie § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO bei Klagerücknahme und § 91 ZPO bei Klageabweisung, anwendbar. Zu den danach festzusetzenden Kosten des Rechtsstreits gehörten die Kosten des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens ebenso wie die Kosten einer im Hauptsacheverfahren durchgeführten Beweisaufnahme. Der Einwand der Gegenansicht, eine Zuordnung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zum Hauptsacheprozess sei nur möglich, wenn in dem Rechtsstreit eine abschließende Entscheidung getroffen werde, greife nicht. Er finde weder im Gesetz eine Stütze, noch werde er durch die Erwägung gerechtfertigt, das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens könne in einem erneuten Verfahren verwertet und dort je nach Umfang des Obsiegens oder Unterliegens berücksichtigt werden. Denn auch bei einer Beweiserhebung im Hauptprozess, der durch Klagrücknahme beendet worden sei, sei es stets möglich, dass die Ergebnisse der Beweiserhebung in einem erneuten Hauptprozess benutzt und verwertet würden, ohne dass sich dies dort kostenrechtlich auswirke.
[16] Der Fall einer Klagerücknahme werde darüber hinaus vom Wortlaut des § 494a Abs. 2 ZPO nicht erfasst. Die Vorschrift könne auch nicht dahin ausgelegt werden, dass sie diesen Fall regele. Denn sie sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und deshalb auf die Fälle zu beschränken, in denen der Antragsteller keine Klage erhoben habe.
[17] Für eine analoge Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO bestehe kein Bedürfnis, weil die Kosten der Beweissicherung bei Klagerücknahme im Hauptverfahren bereits von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst würden.
[18] 3. Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
[19] a) Die Kostenentscheidung nach Rücknahme der Klage folgt aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Danach trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits. Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören grundsätzlich die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses identisch sind (st.Rspr. BGH, Urt. v. 27.2.1996 - X ZR 3/94, BGHZ 132, 96, 104 = MDR 1996, 893; BGH, Beschl. v. 9.2.2006 - VII ZB 59/05, MDR 2006, 1075 = BGHReport 2006, 687 = NJW-RR 2006, 810; v. 21.7.2005 - VII ZB 44/05, a.a.O.; v. 22.7.2004 - VII ZB 9/03, MDR 2005, 87 = BGHReport 2004, 1521 = BauR 2004, 1809; v. 24.6.2004 - VII ZB 11/03, MDR 2004, 1373 = BGHReport 2004, 1528 = NJW 2004, 3121; v. 24.6.2004 - VII ZB 34/03, MDR 2004, 1372 = BGHReport 2004, 1529, BauR 2004, 1487).
[20] Die Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens beruht darauf, dass gem. § 493 Abs. 1 ZPO die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleichsteht, wenn sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, berufen hat.
[21] b) Die Rücknahme der Hauptsacheklage ändert an der einmal begründeten Zugehörigkeit der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens nichts.
[22] aa) Insbesondere bedarf es zur Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens keiner abschließenden Entscheidung über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren.
[23] Der von der Gegenansicht angeführte Grundsatz, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens dürften nur dann der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren folgen, wenn in diesem Verfahren über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens entschieden werde, besteht nicht. Vielmehr gilt der Grundsatz, dass über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stets im Hauptsacheverfahren zu entscheiden ist und nur ausnahmsweise, wenn trotz Fristsetzung keine Hauptsacheklage erhoben worden ist, eine Kostenentscheidung gem. § 494a ZPO ergehen darf (BGH Beschluss vom 24.6.2004 - VII ZB 11/03 - a.a.O.). § 494a ZPO ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck weder direkt noch analog anwendbar, wenn die Klage im Hauptsacheverfahren zurückgenommen wird und die Parteien und der Streitgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens identisch sind. Sinn und Zweck des § 494a ZPO ist es, die Lücke zu schließen, die entsteht, wenn der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens nach der Beweisaufnahme auf eine Hauptsacheklage verzichtet. Der Antragsteller soll dadurch nicht der Kostenpflicht entgehen, die sich bei Abweisung einer solchen Klage ergeben würde. Als Ausnahmevorschrift ist § 494a ZPO eng auszulegen. Er ist deshalb grundsätzlich auf die Fälle zu beschränken, in denen der Antragsteller keine Klage erhoben hat (BGH, Beschl. v. 24.6.2004 - VII ZB 11/03, MDR 2004, 1373 = BGHReport 2004, 1528, a.a.O. m.w.N.). Soweit es heißt (s. BT-Drucks. 11/8283, 48), die Formulierung solle auch die Fälle erfassen, in denen die Klage zurückgenommen worden sei, findet diese Auffassung nach einhelliger Ansicht im Wortlaut des § 494a ZPO keinen hinreichenden Ausdruck (BGH, Beschl. v. 22.5.2003 - VII ZB 30/02, MDR 2003, 1130 = BGHReport 2003, 1034 = NJW-RR 2003, 1240, 1241; Hansens a.a.O.; Schreiber a.a.O. 2602; Zöller/Herget a.a.O. § 494a Rz. 4a). Sie steht auch nicht in Einklang mit dem Ziel des § 494a ZPO, eine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nur ausnahmsweise für den Fall zu ermöglichen, dass keine Hauptsacheklage erhoben worden ist.
[24] Eine sachbezogene abschließende Entscheidung in der Hauptsache ist schließlich auch nicht deshalb Voraussetzung für eine Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, weil der Kläger nach einer Klagerücknahme erneut Klage erheben kann und die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens dort entsprechend der Entscheidung in der Hauptsache aufgeteilt werden können. Gleiches gilt für die Kosten einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht. Auch diese Kosten bleiben nach Klagerücknahme Kosten des Rechtsstreits, obwohl das Beweisergebnis in einem späteren über denselben Streitgegenstand geführten Prozess von den Parteien erneut verwertet werden kann.
[25] Auch die Fiktion des § 269 Abs. 3 ZPO, wonach der Rechtsstreit bei Klagerücknahme als nicht anhängig geworden anzusehen ist, kann an der Zugehörigkeit der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten der Hauptsache nichts ändern. Denn der Rechtsstreit bleibt wegen der Kosten anhängig (§ 269 Abs. 3 Satz 2 Abs. 4, 5 ZPO). Die bis dahin entstandenen Kosten werden von der Kostenentscheidung deshalb stets umfasst (vgl. BGH, Beschl. v. 13.5.2004 - V ZB 59/03, BGHReport 2004, 1126 m. Anm. Bonifacio = MDR 2004, 1082 = NJW 2004, 2309, 2310; OLG Celle a.a.O.).
[26] bb) Gegen eine getrennte Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren nach § 269 Abs. 3 ZPO und im selbständigen Beweisverfahren gem. § 494a ZPO in Fällen der vorliegenden Art spricht darüber hinaus der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung. Diesem Grundsatz wird auch in den Fällen Rechnung getragen, in denen die Hauptsacheklage hinter dem Verfahrensgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens zurückbleibt und deshalb über einen Teil des selbständigen Beweisverfahrens keine Entscheidung getroffen wird. Auch in diesen Fällen sind die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens Kosten des Hauptsacheverfahrens, obwohl nur über einen Teil sachlich entschieden wird und über den nicht rechtshängig gemachten weiteren Teil in einem anderen Prozess entschieden werden kann (BGH Beschlüsse vom 22.7.2004a.a.O., vom 24.6.2004 - VII ZB 11/03 - a.a.O., vom 9.2.2006a.a.O.). Gleiches gilt für den Fall, dass das Beweisergebnis des selbständigen Beweisverfahrens bei der Entscheidung insgesamt oder teilweise nicht verwertet worden ist (BGH Beschlüsse vom 22.5.2003a.a.O., vom 24.6.2004 - VII ZB 34/03 - a.a.O.).
[27] 4. Ausgehend von diesen Grundsätzen werden im vorliegenden Fall die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO erfasst. Die Parteien und der Streitgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens sind identisch. Der Kläger hat sich zur Begründung der Klage auf das selbständige Beweisverfahren berufen, dessen Akten von dem LG beigezogen worden sind.
[28] 5. Die von dem Kläger im Rechtstreit mit umgekehrtem Rubrum erklärte Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen, die auch Gegenstand der vorliegenden Klage sind, lässt die Zuordnung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des vorliegenden Hauptverfahrens unberührt. Wie oben dargelegt entfällt die Zugehörigkeit der Kosten nicht dadurch, dass in einem anderen Rechtsstreit möglicherweise eine Sachentscheidung über den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens ergeht.
Fundstellen
Haufe-Index 1678557 |
NJW 2007, 1279 |
BGHR 2007, 278 |
BauR 2007, 587 |
FamRZ 2007, 374 |
IBR 2007, 166 |
JurBüro 2007, 190 |
JurBüro 2007, 191 |
JurBüro 2007, 205 |
ZAP 2007, 230 |
MDR 2007, 554 |
Rpfleger 2007, 226 |
WuM 2007, 374 |
AGS 2007, 209 |
MietRB 2007, 91 |
NJW-Spezial 2007, 167 |
NZBau 2007, 246 |
RVGreport 2007, 154 |