Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzung des Berufungsverfahrens durch Streitgenosse der Hauptpartei nach Berufungsrücknahme
Leitsatz (amtlich)
Nimmt der Kläger seine Berufung gegen ein die Klage abweisendes Urteil zurück, kommt eine Fortsetzung des Berufungsverfahrens durch einen Streithelfer, der selbst kein Rechtsmittel eingelegt hat, auch dann nicht in Betracht, wenn dieser Streithelfer gem. § 69 ZPO als Streitgenosse der Hauptpartei gilt (Bestätigung von BGH, Beschl. v. 28.9.1998 - II ZB 16/98, NJW-RR 1999, 285, 286).
Normenkette
PatG § 110 ff.; ZPO §§ 69, 263, 516 Abs. 3
Verfahrensgang
BPatG (Entscheidung vom 10.06.2008; Aktenzeichen 4 Ni 70/05 (EU)) |
Tenor
Die Klägerinnen werden des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.
Der Antrag der Streithelferin, das Berufungsverfahren mit ihr als neuer Klägerin fortzuführen, wird zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7 Mio. EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
I. Das BPatG hat die von den Klägerinnen erhobene Nichtigkeitsklage gegen das europäische Patent 674 769 abgewiesen, das einen Magnetowiderstandssensor betrifft. Die Klägerinnen haben Berufung eingelegt und das Rechtsmittel begründet. Mit Schriftsatz vom 23.9.2010 ist die Streithelferin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommen wird, dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerinnen beigetreten. Mit Schriftsatz vom 18.10.2010 haben die Klägerinnen aufgrund einer außergerichtlichen Einigung die Berufung zurückgenommen.
Rz. 2
Die Streithelferin beantragt, in die prozessuale Stellung der Nichtigkeitsklägerin einzutreten und das Berufungsverfahren fortzuführen. Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen und beantragt, die Klägerinnen des Rechtsmittels für verlustig zu erklären. Die Klägerinnen haben keine Stellungnahme abgegeben.
Rz. 3
I. Entsprechend § 516 Abs. 3 ZPO ist der Verlust des Rechtsmittels auszusprechen. Der Antrag der Streithelferin auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens ist zurückzuweisen. Der Rechtsstreit ist durch die Rücknahme der Berufung seitens der Klägerinnen beendet worden.
Rz. 4
Die Streithelferin ist zwar entsprechend § 69 ZPO als Streitgenossin der Hauptpartei anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 Rz. 44 - Sammelhefter II) und wäre deshalb grundsätzlich berechtigt, auch gegen den Willen der Klägerinnen ein Berufungsverfahren durchzuführen. Voraussetzung dafür wäre aber gewesen, dass sie dieses Rechtsmittel selbst fristgerecht eingelegt hätte; dies war indessen nicht der Fall. Ein als Streitgenosse anzusehender Streithelfer, der nicht selbst Berufung eingelegt hat, erlangt nur eine vom Rechtsmittelkläger abhängige Stellung. Die Rücknahme des Rechtsmittels durch den Rechtsmittelkläger hat dann zur Folge, dass der Rechtsstreit beendet ist (BGH, Beschl. v. 28.9.1998 - II ZB 16/98, NJW-RR 1999, 285, 286; ebenso für den Fall der Klagerücknahme BGH, Beschl. v. 22.12.1964 - Ia ZR 237/63, GRUR 1965, 297, 298 - Nebenintervention).
Rz. 5
Die Rücknahme der Berufung durch die Klägerinnen hat deshalb zur Beendigung des Rechtsstreits und zum Verlust des Rechtsmittels geführt. Damit fehlt es zugleich an einer Grundlage für den von der Streithelferin angestrebten Klägerwechsel.
Rz. 6
I. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und 51 Abs. 1 GKG.
Fundstellen