Leitsatz (amtlich)
Der Ehrensold nach dem rheinland-pfälzischen Ehrensoldgesetz hat keinen Versorgungscharakter und ist daher nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
Normenkette
BGB § 1587 Abs. 1 a.F., § 1587a
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des OLG Koblenz vom 20.7.2009 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.000 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Auf den am 15.9.2006 zugestellten Scheidungsantrag hat das FamG die am 30.1.1970 geschlossene Ehe der Parteien durch Verbundurteil geschieden.
Rz. 2
Beide Ehegatten erwarben während der Ehezeit Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, der Ehemann (geboren am 13.12.1944) erwarb zusätzlich eine betriebliche Altersversorgung. Außerdem war er vom 18.8.1989 bis zum 6.9.2004 ehrenamtlicher Ortsbürgermeister der rheinland-pfälzischen Gemeinde O. Aus dieser Tätigkeit bezieht er seit dem 1.10.2004 einen Ehrensold i.H.v. monatlich 222,99 EUR nach den Vorschriften des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über die Zahlung eines Ehrensoldes an frühere ehrenamtliche Bürgermeister, Beigeordnete und Ortsvorsteher (EhrensoldG - GVBl. RP 1972, 367, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.10.2010 - GVBl. RP S. 319). Danach erhält ein früherer ehrenamtlicher Bürgermeister einen Ehrensold, wenn er das Amt in derselben Gemeinde insgesamt mindestens zehn Jahre hindurch wahrgenommen hat.
Rz. 3
Das FamG hat den Versorgungsausgleich bezüglich der Anrechte aus der gesetzlichen und betrieblichen Altersversorgung durch Splitting und durch erweitertes Splitting geregelt. Darüber hinaus hat es zu Lasten der Versorgung des Ehemanns bei der Verbandsgemeinde R. (Ehrensold) auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften von monatlich 111,50 EUR begründet, bezogen auf den 31.8.2006.
Rz. 4
Auf die Beschwerde des Ehemanns hat das OLG den im Wege des Splittings auszugleichenden Betrag reduziert und den Ehrensold unberücksichtigt gelassen. Mit der insoweit zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Ehefrau die Einbeziehung des Ehrensoldes in den Versorgungsausgleich weiter.
II.
Rz. 5
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 6
Auf das Verfahren ist gem. Art. 111 Abs. 1, 4 FGG-RG, § 48 Abs. 1, 2 VersAusglG noch das bis August 2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist und weil es weder am 1.9.2009 noch danach abgetrennt oder ausgesetzt und das Ruhen nicht angeordnet war (vgl. BGH v. 3.11.2010 - XII ZB 197/10, FamRZ 2011, 100).
Rz. 7
1. Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 629a Abs. 2 Satz 1, 621e Abs. 2 ZPO statthaft. An die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das OLG ist der Senat gebunden (§§ 621e Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Rz. 8
Das OLG hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde wirksam auf die Frage beschränkt, ob der Ehrensold in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sei. Es handelt sich dabei um ein Anrecht, welches mit den anderen auszugleichenden Versorgungen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang steht und sich auch nicht auf diese auswirkt.
Rz. 9
2. Das OLG hat zur Begründung seiner in FamRZ 2010, 212 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der Ehrensold sei nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, weil es sich dabei nicht um eine Altersversorgung bzw. eine Versorgung wegen Dienstunfähigkeit handle, sondern um eine Anerkennung für ehrenamtlich geleistete Dienste sowie um einen Ausgleich für nicht bezifferbare Einbußen im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit. Auch könne ein Ausgleich über das Versicherungskonto der Ehefrau bei der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfolgen, weil dies bedeuten würde, dass die Verbandsgemeinde eine Ausgleichszahlung an die gesetzliche Rentenversicherung leisten und den Ehrensold kürzen müsse, was in der Systematik des Ehrensoldgesetzes nicht vorgesehen sei.
Rz. 10
3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Zutreffend ist das OLG davon ausgegangen, dass Leistungen der Verbandsgemeindeverwaltung R. an den Ehemann nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind.
Rz. 11
a) Unmittelbar aus seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister einer Gemeinde in Rheinland-Pfalz von August 1989 bis September 2004 hat der Ehemann keine Versorgungsanwartschaften erworben. Nach § 54 Abs. 1 GemO RP (GVBl. RP 1994, 153) i.V.m. § 188 LBG RP hat ein ehrenamtlicher Bürgermeister (§ 51 GemO RP) den Status eines Ehrenbeamten. Der Ehrenbeamte steht wie jeder andere Beamte in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zu seinem Dienstherren, ist also ein "echter Beamter" (allgemeine Meinung: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder § 68 Rz. 1; a.A. ohne nähere Begründung FAKomm-FamR/Rehme 3. Aufl., § 1587a Rz. 23; Staudinger/Rehme [2004] § 1587a BGB Rz. 125).
Rz. 12
Allerdings erhalten Ehrenbeamte mit Ausnahme der in § 68 BeamtVG geregelten Unfallfürsorgeleistungen keine Dienstbezüge und keine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen (§ 188 Abs. 2 LBG RP i.V.m. § 5 BeamtStG; früher ausdrücklich: § 115 Abs. 2 BRRG; vgl. Erman/Wellenhofer BGB, 12. Aufl., § 1587a Rz. 13; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587a Rz. 20; Klattenhoff in: Rahm/Künkel Handbuch des Familiengerichtsverfahrens 4. Aufl. V Rz. 172; MünchKomm/BGB/Gräper 5. Aufl., § 1587a Rz. 37; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder § 68 Rz. 1; Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rz. 121).
Rz. 13
b) Auch der Ehrensold, den der Ehemann nach Beendigung seiner Tätigkeit als Bürgermeister seit dem 1.10.2004 von der Verbandsgemeindeverwaltung R. erhält, ist nicht Gegenstand des Versorgungsausgleichs.
Rz. 14
aa) Ein Versorgungsausgleich findet nach § 1587 Abs. 1 BGB a.F. statt, soweit Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit der in § 1587a Abs. 2 BGB genannten Art begründet oder aufrechterhalten worden sind. Grundsätzlich sind auch laufende Versorgungen auszugleichen (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587 Rz. 9).
Rz. 15
Ausgleichspflichtig sind nur Anrechte auf Versorgung wegen Alters, Invalidität bzw. Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, wobei anhand der jeweiligen Ausgestaltung der Versorgungsordnung oder des Einzelvertrags danach zu unterscheiden ist, ob die Anrechte Versorgungs- oder Entgeltcharakter haben (BGH v. 1.6.1988 - IVb ZB 132/85, FamRZ 1988, 936, 937; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587 Rz. 13; Palandt/Brudermüller BGB, 68. Aufl., § 1587 Rz. 5; Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rz. 38). Für die Annahme einer Versorgung wegen Alters ist erforderlich, dass das betreffende Anrecht wegen Erreichens eines bestimmten Lebensalters zur Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens und nicht etwa als reine Kompensationszahlung für den Verlust der Beschäftigung, als Überbrückungs- oder Übergangsgeld oder als Vermögensanlage gewährt wird (Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rz. 38). Maßgebend sind dabei nicht die in den öffentlich-rechtlichen Leistungssystemen vorgesehenen Altersgrenzen; es kommt vielmehr darauf an, dass das Anrecht der Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dient, die Versorgung also speziell für das Alter bestimmt ist (BGH v. 14.3.2007 - XII ZB 36/05, FamRZ 2007, 889 Rz. 13; v. 1.6.1988 - IVb ZB 132/85, FamRZ 1988, 936, 938; Palandt/Brudermüller BGB, 68. Aufl., § 1587 Rz. 6). Fehlt die Zweckbestimmung wegen Alters, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, so besteht keine Ausgleichspflicht (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587 Rz. 14).
Rz. 16
Gemäß § 1 EhrensoldG erhält ein früherer ehrenamtlicher Bürgermeister einen Ehrensold, wenn er das Amt in derselben Gemeinde (grundsätzlich) insgesamt mindestens zehn Jahre hindurch wahrgenommen hat oder wenn er - ohne Rücksicht auf die Dauer der Amtszeit - infolge eines Dienstunfalls dienstunfähig geworden ist. Weder wird das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze vorausgesetzt, noch wird als Zweck des Ehrensoldes die Altersversorgung bestimmt. Lediglich § 3 Abs. 2 EhrensoldG nennt ein Alter. Danach ruht der Anspruch auf Ehrensold, solange der Berechtigte das 55. Lebensjahr nicht vollendet hat. Der Anspruch als solcher kann aber bereits vor Erreichen dieser Altersgrenze entstehen und hat ihr Erreichen nicht zur Voraussetzung.
Rz. 17
Das EhrensoldG trifft somit ausdrücklich keine Zweckbestimmung dahingehend, dass der Ehrensold der Altersversorgung dienen soll. Er hat auch keinen Versorgungscharakter (Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rz. 142; MünchKomm/BGB/Gräper 5. Aufl., § 1587a Rz. 37; zum VersAusglG: Borth, Versorgungsausgleich 5. Aufl. Rz. 199; FAKomm-FamR/Wick 4. Aufl., § 2 VersAusglG Rz. 13; Johannsen/Henrich/Hahne Familienrecht 5. Aufl., § 2 VersAusglG Rz. 5). Der Ehrensold ist nicht als (zusätzliche) Versorgungsleistung zur Sicherung der Lebensführung des Ehrenbeamten gedacht, sondern vielmehr als eine Art Treueprämie, um Bürgermeistern mit besonders langer Amtszeit Dank und Anerkennung seitens der Gemeinde zuteil werden zu lassen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz RiA 1999, 149, 150; jeweils zum ähnlich ausgestalteten Ehrensold in Bayern nach dem KWBG: BSGE 50, 231, 234 f.; VG München Urt. v. 27.7.2004 - M - 5 K 03.5309 - juris Rz. 20 f.; Klattenhoff in: Rahm/Künkel Handbuch des Familiengerichtsverfahrens 4. Aufl. V Rz. 172). Dieser Zweck lässt sich zudem der Bezeichnung als "Ehren-"sold entnehmen (so auch VG München Urt. v. 27.7.2004 - M - 5 K 03.5309 - juris Rz. 20).
Rz. 18
Daneben kann ihm durchaus auch der Zweck zukommen, gewisse wirtschaftliche Einbußen oder Nachteile auszugleichen, die der Bürgermeister infolge seiner Amtstätigkeit hinnehmen musste. Dies liegt aber einer Entschädigungsleistung näher als einer zusätzlichen Altersversorgung (OVG Rheinland-Pfalz RiA 1999, 149, 150; VG München Urt. v. 27.7.2004 - M - 5 K 03.5309 - juris Rz. 20).
Rz. 19
Auch die Zweifel des BVerwG (Buchholz 230 § 115 BRRG Nr. 2) an der Vereinbarkeit des Ehrensoldes mit höherrangigem Recht, insb. mit § 115 BRRG, führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Landesgesetzgeber insoweit bundesrechtskonform verhalten und mit dem Ehrensold weder eine Art von Besoldung noch eine Altersversorgung schaffen wollte.
Rz. 20
bb) Der Ehrensold nach dem EhrensoldG stellt somit weder ein Versorgungsanrecht nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen i.S.d. § 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB dar (BSGE 50, 231, 234 f.; OVG Rheinland-Pfalz RiA 1999, 149, 150; VG München Urt. v. 27.7.2004 - M - 5 K 03.5309 - juris Rz. 20 f.; Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rz. 142; Erman/Wellenhofer BGB, 12. Aufl., § 1587a Rz. 13; Hoppenz/Triebs Familiensachen 8. Aufl. A I § 1587a Rz. 30; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587a Rz. 20; Klattenhoff in: Rahm/Künkel Handbuch des Familiengerichtsverfahrens 4. Aufl. V Rz. 172; Maier/Michaelis Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung 8. Aufl. Anm. 2.4; Palandt/Brudermüller BGB, 68. Aufl., § 1587a Rz. 17; Schwab/Hahne Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil VI Rz. 63a), noch wird er von den Auffangtatbeständen der §§ 1587a Abs. 2 Nr. 4b BGB und 1587a Abs. 5 BGB erfasst.
Rz. 21
Weil der Ehrensold seinem Sinn und Zweck nach nicht den Anforderungen an eine Versorgung i.S.d. § 1587 BGB a.F. entspricht, kann entgegen der Rechtsbeschwerde auch kein Ausgleich nach § 1587a Abs. 2 Nr. 4b oder Abs. 5 BGB erfolgen. Den mangelnden Versorgungscharakter kann weder der Umstand ändern, dass in ihm eine durch Arbeit der Ehegatten i.S.d. § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ausgelöste Leistung gesehen werden kann, noch, dass die Mindestvoraussetzungen für die Zahlungen des Ehrensoldes erfüllt sind (mit diesen Argumenten: Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rz. 142; 5. Aufl. Rz. 199; Erman/Wellenhofer BGB, 12. Aufl., § 1587a Rz. 13; Klattenhoff in: Rahm/Künkel Handbuch des Familiengerichtsverfahrens 4. Aufl. V Rz. 172).
Rz. 22
cc) Schließlich kommt im Hinblick auf eine Leistung des Ehrensoldes bei Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalls (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EhrensoldG) ein Versorgungsausgleich aufgrund des reinen Entschädigungscharakters nicht in Betracht (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587 Rz. 14 zur Dienstunfallfürsorge).
Fundstellen
Haufe-Index 2721943 |
EBE/BGH 2011 |
FamRZ 2011, 1287 |
NJW-RR 2011, 1369 |
MDR 2011, 982 |
FamRB 2011, 272 |
FK 2011, 199 |
GK/Bay 2011, 493 |