Verfahrensgang
LG Deggendorf (Beschluss vom 11.12.2013; Aktenzeichen 12 T 166/13) |
AG Deggendorf (Entscheidung vom 17.10.2013; Aktenzeichen 1 L 14/07) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Landgerichts Deggendorf – 1. Zivilkammer – vom 11. Dezember 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 6.774,38 EUR.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Das Amtsgericht hat die Vergütung des Zwangsverwalters für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 31. August 2013 einschließlich der Auslagen und der Mehrwertsteuer auf 28.741,36 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 – der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin – Beschwerde mit der Begründung eingelegt, dass die Einspeisevergütungen aus der Aufdachphotovoltaikanlage, deren erzeugter Strom ausschließlich in das öffentliche Netz eingespeist werde, nicht in die Bemessungsgrundlage für die Vergütung eingestellt werden dürften.
Rz. 2
Das Landgericht hat die Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass es sich bei der Photovoltaikanlage um Zubehör des zu versteigernden Grundstücks handele und die Einspeisevergütung daher in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen sei. Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 2 mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Das gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Rz. 4
1. Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Juli 2014 – V ZB 157/13, juris Rn. 3; Beschluss vom 7. April 2011 – V ZB 301/10, WuM 2011, 377 Rn. 3; BGH, Beschluss vom 14. Juni 2010 – II ZB 20/09, NJW-RR 2010, 1582 Rn. 5; Beschluss vom 20. Juni 2001 – IX ZB 56/01, NJW 2002, 2648, 2649 jeweils mwN). Nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne. Sie begründen einen Verfahrensmangel, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (Senat, Beschluss vom 17. Juli 2014 – V ZB 157/13, juris Rn. 3; Beschluss vom 18. April 2013 – V ZB 81/12, juris Rn. 3; Beschluss vom 11. Mai 2006 – V ZB 70/05, FamRZ 2006, 1030).
Rz. 5
So liegt es hier. Das Beschwerdegericht gibt lediglich den amtsgerichtlichen Beschluss über die Festsetzung der Vergütung sowie den dagegen erhobenen Einwand wieder, bei der Photovoltaikanlage handele es sich um eine bewegliche Sache, die nicht Zubehör des Grundstücks sei. Die Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück werden ebenso wenig dargestellt wie der Inhalt des die Zwangsverwaltung anordnenden Beschlusses; damit ist auch der Gegenstand der Zwangsverwaltung nicht ersichtlich. Ferner fehlt es an der Darlegung des Hintergrundes der Errichtung und des Betriebs der Photovoltaikanlage. Ohne diese tatsächlichen Feststellungen kann die Frage, ob die Einspeisevergütungen bei der Berechnung der Verwaltervergütung zu berücksichtigen sind, nicht beantwortet werden. Die maßgeblichen Tatsachen ergeben sich auch nicht aus dem weiteren Inhalt des Beschlusses oder den in ihm enthaltenen Bezugnahmen. Die erfolgte pauschale Verweisung auf den Akteninhalt ist unzulässig, da es nicht Aufgabe des Rechtsbeschwerdegerichts ist, sich anhand der Akten selbst ein Bild des Sach- und Streitstandes zu verschaffen (vgl. Senat, Urteil vom 22. März 2002 – V ZR 107/01, NJW-RR 2002, 1076; BGH, Urteil vom 30. Januar 1979 – VI ZR 154/78, BGHZ 73, 248, 250). Die Bezugnahme auf die Beschwerdeschrift führt ebenfalls nicht weiter, da in dieser lediglich rechtliche Ausführungen zu der Frage der Zubehöreigenschaft enthalten sind. In den Gründen des angegriffenen Beschlusses führt das Beschwerdegericht an, dass es sich bei der Photovoltaikanlage um Zubehör des zu versteigernden Grundstücks handele. Aus dem Verweis auf die amtsgerichtliche Entscheidung ergibt sich demgegenüber, dass Verwaltungsobjekt ein näher bezeichneter Miteigentumsanteil verbunden mit Sondereigentum an einem Grundstück ist. Insoweit bleibt unklar, von welchem Sachverhalt das Beschwerdegericht bei seiner Prüfung ausgeht.
Rz. 6
2. Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht Gelegenheit, sich mit der Sache auch unter Berücksichtigung der Angaben in der Rechtsbeschwerdebegründung zu befassen. Darin führt der Beteiligte zu 2 unter Verweis auf einen Grundbuchauszug aus, dass dem Verwaltungsobjekt ein Sondernutzungsrecht für das im Gemeinschaftseigentum stehende gesamte „Dach über den Trakten 1, 2 und 3 für Photovoltaikanlage” zugeordnet ist. Besteht das Sondernutzungsrecht, so ist dieses nach § 146 Abs. 1 ZVG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 ZVG auch von der Beschlagnahme des Wohnungseigentums umfasst (Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 20 Anm. 3.1; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 13 Rn. 75; Schneider in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., C. Rn. 424; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 15 Rn. 391 mwN). In diesem Fall war es Aufgabe des Zwangsverwalters, die Erträge aus dem Sondernutzungsrecht einzuziehen. Sofern die Schuldnerin einen Mietvertrag mit einem Anlagenbetreiber geschlossen hat, wäre nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ZwVwV die Miete in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen. Stehen der Schuldnerin selbst Vergütungen für Einspeisungen erzeugten Stroms in das öffentliche Netz zu, so gilt im Ergebnis nichts anderes, da es sich insoweit um wiederkehrende, wenn auch möglicherweise in der Höhe schwankende Erträgnisse aus dem Sondernutzungsrecht handelt. Dies rechtfertigt es, § 18 Abs. 1 ZwVwV entsprechend anzuwenden.
III.
Rz. 7
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Kostenentscheidung nicht veranlasst ist, da das Verfahren über die Festsetzung der Höhe der Zwangsverwaltervergütung nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2014 – V ZB 7/14, NJW-RR 2014, 1040 Rn. 11; Senat, Beschluss vom 23. September 2009 – V ZB 90/09, NZM 2010, 50 Rn. 33). Der Gegenstandswert bestimmt sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der durch den Beteiligten zu 2 angegriffenen Vergütungsfestsetzung, mithin nach dem auf die Einspeisevergütung entfallenden Teil der Zwangsverwaltervergütung.
Unterschriften
Stresemann, Schmidt-Räntsch, Czub, Ri'inBGH Weinland ist aufgrund einer Dienstreise an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe den 28. November 2014 Die Vorsitzende Stresemann, Kazele
Fundstellen