Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 11.02.2005; Aktenzeichen 2 T 647/05) |
AG Koblenz (Aktenzeichen 21 IN 6/03) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 11. November 2005 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Der Schuldner stellte am 19. Dezember 2000 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung. Am 5. Januar 2003 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über sein Vermögen und bestellte den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter. Dieser zeigte alsbald Masseunzulänglichkeit an; im Schlusstermin am 26. Februar 2004 wurde festgestellt, dass eine zu verteilende Masse nicht vorhanden sei. Mit Beschluss vom gleichen Tag kündigte das Insolvenzgericht dem Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung an und bestellte den weiteren Beteiligten zum Treuhänder für das Restschuldbefreiungsverfahren. Am 6. Juli 2004 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt.
Rz. 2
Am 18. Mai 2005 hat der Treuhänder die Anordnung der Nachtragsverteilung mit der Begründung beantragt, er habe erst jetzt Kenntnis von einem Anspruch des Schuldners auf Versicherungsleistung aus einer Unfallversicherung erlangt. Diesem Antrag hat das Insolvenzgericht entsprochen. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 7, 6 Abs. 1 § 204 Abs. 2 Satz 2, § 211 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtsmittels in § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Rz. 4
1. Die Rechtssache hat entgegen der Auffassung des Schuldners keine grundsätzliche Bedeutung.
Rz. 5
a) Für die Anordnung der Nachtragsverteilung ist es unerheblich, dass das Beschwerdegericht seine Entscheidung auf § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO gestützt hat. Denn die Voraussetzungen dieser Bestimmung entsprechen dem Tatbestand der hier anzuwendenden Vorschrift des § 211 Abs. 3 InsO.
Rz. 6
b) Danach ordnet das Gericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach der Einstellung des Verfahrens Gegenstände der Insolvenzmasse ermittelt werden. Welche Vermögensgegenstände zur Masse gehören, ergibt sich aus den §§ 35 bis 37 InsO. Die Ansprüche des Schuldners aus dem Unfallversicherungsvertrag auf Zahlung eines Kapitalbetrags fallen in die Insolvenzmasse (vgl. Henckel/Gerhardt, InsO § 36 Rn. 22; HKInsO/Eickmann, 4. Aufl. § 36 Rn. 7). Dem steht die vom Schuldner behauptete Zession nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob das Rechtsbeschwerdegericht die zur Begründung des Rechtsmittels vorgelegten Unterlagen und den darauf bezogenen Vortrag gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, 559 ZPO überhaupt berücksichtigen darf.
Rz. 7
Ausweislich der vom Schuldner vorgelegten Abtretungsurkunden vom 29. März 1998 und vom 29. März 2000 handelt es sich um Sicherungsabtretungen. Gegenstände einer Sicherungstreuhand gehören in der Insolvenz des Treugebers zur Masse, der Sicherungsnehmer ist lediglich absonderungsberechtigt gemäß § 51 Nr. 1 InsO (HKInsO/Eickmann, aaO § 35 Rn. 5; Uhlenbruck, 12. Aufl. § 35 Rn. 74). Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass dies ernsthaft umstritten und deshalb eine Entscheidung des Senats erforderlich ist.
Rz. 8
Ob die Sicherungszessionarin gemäß § 50 Abs. 1, § 51 Nr. 1 InsO an den Versicherungsforderungen zur abgesonderten Befriedigung berechtigt ist, wird – wie das Beschwerdegericht nicht verkannt hat – gegebenenfalls im Prozesswege zu klären sein.
Rz. 9
c) Die Voraussetzungen für die Anordnung der Nachtragsverteilung sind auch im Übrigen erfüllt. Die Bestimmung des § 211 Abs. 3 InsO betrifft den Fall, dass nach Einstellung des Verfahrens Gegenstände der Masse ermittelt werden. Hierbei geht es nicht nur um Gegenstände, deren Existenz oder Aufenthaltsort dem Verwalter (Treuhänder) unbekannt geblieben sind, etwa weil sie ihm verheimlicht wurden. Die Vorschrift erfasst vielmehr auch Gegenstände, die der Verwalter zunächst nicht für verwertbar hielt und deswegen nicht zur Masse gezogen hat (BGH, Besch. v. 1. Dezember 2005 – IX ZB 17/04, ZInsO 2006, 33 f). Das Beschwerdegericht hat auf Seite 3 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass der Insolvenzverwalter (und jetzige Treuhänder) bis zum Schlusstermin keine Kenntnis von der nun ermittelten Forderung hatte. Für diese Feststellung hat sich das Landgericht insbesondere darauf gestützt, dass der Schuldner weder die Forderung noch den ihr zugrunde liegenden Versicherungsvertrag in seinem Vermögensverzeichnis angegeben hatte. Dem stehen die Angaben des Schuldners in seinem Antrag auf Insolvenzeröffnung nicht entgegen. Dort wies er lediglich darauf hin, dass er „alle Forderungen, welche irgendwann aus meinen Unfallversicherungen gegen die Versicherungsgesellschaften entstehen sollten, an Frau B. abgetreten” habe. Damit sind die Forderungen aus den vom Schuldner vorgetragenen Versicherungsfällen vom 3. April 2000 und 19. Mai 2000 nicht erfasst, da der Schuldner erst am 19. Dezember 2000 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt hatte.
Rz. 10
2. Durch die Nichtberücksichtigung der nicht zu den Akten gelangten Abtretungsurkunden hat das Landgericht den Anspruch des Schuldners auf rechtliches Gehör schon deshalb nicht verletzt, weil – wie ausgeführt – die damit vorgetragene Sicherungsabtretung der Anordnung der Nachtragsverteilung nicht entgegensteht.
Rz. 11
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fundstellen
NZI 2007, 33 |
ZInsO 2006, 1105 |