Tenor
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluß des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Juli 1999 wird als unzulässig verworfen.
Die Betroffene trägt die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde.
Der Verfahrenswert beträgt DM 100.000,–.
Gründe
I. Die Betroffene betreibt ein Breitbandkommunikationsnetz und stellt Kabelanschlüsse zur Versorgung von Wohnungen mit Radio- und Fernsehprogrammen bereit. Die Beteiligte zu 2 betreibt in H. ein kommerzielles lokales Kabelfernsehen. Dieses Programm wurde seit Dezember 1997 in das Netz der Betroffenen eingespeist. Ab dem 15. Juli 1998 stellte die Betroffene jedoch der Beteiligten zu 2 ihr Netz nicht mehr zur Verfügung; die Gründe für dieses Vorgehen sind zwischen ihr und der Beteiligten zu 2 im Streit.
Die Landeskartellbehörde erließ am 1. Oktober 1998 eine auf § 26 Abs. 2, § 37 a Abs. 2, § 56 Nr. 3 GWB a.F. gestützte einstweilige Anordnung, mit der sie der Betroffenen aufgab, das Fernsehsignal der Beteiligten zu 2 bis 8. Oktober 1998 gegen ein näher bestimmtes Entgelt in ihr Kabelnetz einzuspeisen und an ihre Kunden weiterzuleiten. Die Beschwerde der Betroffenen, mit der diese die Feststellung begehrte, daß die einstweilige Anordnung der Landeskartellbehörde unbegründet sei, hat das Oberlandesgericht mit Beschluß vom 9. Juli 1999 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Betroffene die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Bundesgerichtshof.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht statthaft. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 25.1.1983 – KVZ 1/82, WuW/E 1982 – HARIBO) und überwiegender Auffassung im Schrifttum (Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 74 Rdn. 3; Kollmorgen in Langen/Bunte, Kartellrecht, 8. Aufl., § 74 GWB Rdn. 2; von Gamm, Kartellrecht, 2. Aufl., § 74 GWB Rdn. 2; Hinz in Gemeinschaftskommentar zum GWB, 4. Aufl., § 74 Rdn. 1; a.A. Kleier in Frankfurter Kommentar zum GWB, 3. Aufl., § 74 Rdn. 13 f.) ist die Nichtzulassungsbeschwerde – ebenso wie die Rechtsbeschwerde (§ 74 Abs. 1 GWB, § 73 Abs. 1 GWB a.F.) – nur dann statthaft, wenn die Entscheidung des Oberlandesgerichts „in der Hauptsache” ergangen ist. Das ist hier nicht der Fall.
Die Beschwerde der Betroffenen, über die das Oberlandesgericht entschieden hat, richtete sich gegen eine einstweilige Anordnung der Landeskartellbehörde. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sind Entscheidungen des Oberlandesgerichts, die eine einstweilige Anordnung nach § 60 GWB (§ 56 GWB a.F.) zum Gegenstand haben, keine in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse i.S. des § 74 Abs. 1 GWB, der dem bisherigen § 73 Abs. 1 GWB a.F. entspricht (BGH, Beschluß vom 15.12.1960 – KVR 2/60, WuW/E 415, 417 – IG Bergbau; Beschluß vom 15.10.1991 – KVR 1/91, WuW/E 2739, 2740 – Rechtsbeschwerde; KG WuW/E OLG 5151, 5164; Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker aaO § 73 Rdn. 12; Kollmorgen in Langen/Bunte aaO § 73 GWB Rdn. 6; Bechtold, GWB, 2. Aufl., § 74 Rdn. 3; Kleier in Frankfurter Kommentar zum GWB, 3. Aufl., § 73 Rdn. 31; Hinz in Gemeinschaftskommentar zum GWB, 4. Aufl., § 73 Rdn. 3; Westrick/Loewenheim, GWB, § 73 Rdn. 4; Quack in FS für Pfeiffer, 741, 742; Werner in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 54 Rdn. 113; vgl. auch zu der entsprechenden Regelung in § 24 LwVG Barnstedt/Steffen, LwVG, 5. Aufl., § 21 Rdn. 19). Aus diesem Grund ist auch die Feststellungsbeschwerdeentscheidung, mit der nach Erledigung der einstweiligen Anordnung über deren Rechtmäßigkeit befunden wird, keine Entscheidung in der Hauptsache (vgl. BGH WuW/E 1982, 1983 – HARIBO).
Ob – wie die Betroffene meint – eine andere Beurteilung ausnahmsweise dann geboten sein könnte, wenn die Kartellbehörde eine Regelung, die durch eine endgültige Verfügung zu erfolgen hätte, rechtsmißbräuchlich durch eine ständige Wiederholung einstweiliger Anordnungen bewirkte, bedarf keiner Entscheidung, da sich den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts ein solcher Sachverhalt nicht entnehmen läßt. Die Landeskartellbehörde hatte ihre Verfügung vom 1. Oktober 1998 ausdrücklich als einstweilige Anordnung bezeichnet und bis zum 8. Oktober 1998 befristet. In einem Schreiben vom 13. Oktober 1998 wies sie die Betroffene lediglich darauf hin, daß im Falle einer erneuten Einspeisesperre mit einer weiteren einstweiligen Anordnung gerechnet werden müsse. Dazu kam es jedoch nicht, nachdem die Betroffene in einem von der Beteiligten zu 2 gegen sie eingeleiteten Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Magdeburg in der mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 1998 erklärt hatte, sie werde zunächst bis 30. November 1998 die Einspeisung nicht sperren, und das Landgericht Magdeburg durch Urteil vom 20. November 1998 der Betroffenen im Wege der einstweiligen Verfügung untersagte, die Stadtfernsehsendungen der Beteiligten zu 2 von dem von ihr betriebenen Kabelnetz auszuschließen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 GWB.
Unterschriften
Hirsch, Melullis, Goette, Ball, Bornkamm
Fundstellen
Haufe-Index 505667 |
GRUR 2001, 367 |