Leitsatz (amtlich)

Zur Bestimmung von Streitwert und Rechtsmittelbeschwer bei der Anrechnung von gezogenen Nutzungen im Rahmen des Vorteilsausgleichs nach § 249 BGB.

 

Normenkette

BGB § 249 (Ca); ZPO § 4 Abs. 1, § 544 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Entscheidung vom 14.08.2020; Aktenzeichen 18 U 18/20)

LG Flensburg (Entscheidung vom 13.03.2020; Aktenzeichen 8 O 53/19)

 

Tenor

Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 16.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Klägerin erwarb am 5.7.2017 einen gebrauchten VW Golf mit einem Dieselmotor EA288 zum Preis von 20.885 EUR. Mit der Behauptung, der Motor sei mit einer unzulässigen Abgasrückführungssoftware versehen, begehrt sie von dem beklagten Fahrzeughersteller Zahlung von 21.428,24 EUR (Kaufpreis zzgl. Deliktszinsen hieraus bis zur Rechtshängigkeit i.H.v. 534,24 EUR) zzgl. Rechtshängigkeitszinsen abzgl. einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 7.321,93 EUR (gefahrene Kilometer zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LG) abzgl. einer weiteren, noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung (weitere gefahrene Kilometer seit Schluss der erstinstanzlichen Verhandlung) Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs, im Übrigen die Feststellung des Annahmeverzugs und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

Rz. 2

Das LG hat die Klage ab-, das OLG die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht auf 21.428,24 EUR festgesetzt.

Rz. 3

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

II.

Rz. 4

Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Rz. 5

1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses Interesse ist nach den sich aus den Vorschriften der §§ 3 ff. ZPO ergebenden allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden. Maßgeblich für die Bewertung der Beschwer ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. Senatsbeschlüsse v. 26.1.2021 - VI ZR 281/20, zVb; v. 9.11.2018 - VI ZR 5/18, juris Rz. 3; jeweils m.w.N.).

Rz. 6

2. Nach diesen Grundsätzen ist für die Berechnung der Beschwer der Klägerin die von dieser selbst auf 7.321,93 EUR bezifferte Nutzungsentschädigung von der Zahlungsforderung in Höhe des Kaufpreises, wie von ihr auch beantragt, in Abzug zu bringen. Die Nutzungsentschädigung ist als Vorteil vom Ersatzanspruch nach § 249 BGB abzuziehen, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schuldners bedürfte. Es handelt sich - anders als im Fall des Rückgewährschuldverhältnisses nach §§ 346 ff. BGB (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 25.4.2017 - XI ZR 108/16 NJW 2017, 2102 Rz. 19 f.) - um einen Fall der Anrechnung, nicht der Aufrechnung (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2012 - XI ZR 334/11 NJW 2013, 450 Rz. 20 f.; v. 23.6.2015 - XI ZR 536/14 NJW 2015, 3160 Rz. 22 f.; BAG NZA 2016, 1271 Rz. 49; Grüneberg in Palandt, BGB, 80. Aufl., Vorb. § 249 Rz. 71; Oetker in MünchKomm/BGB, 8. Aufl., § 249 Rz. 279; Schiemann in Staudinger, BGB, Neub. 2017, § 249 Rz. 142), die auch im Rahmen der Streitwertberechnung vorzunehmen ist (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 3.7.2019 - 4 W 46/19, juris Rz. 11; OLG Koblenz, Urt. v. 30.6.2020 - 3 U 1869/19, juris Rz. 63).

Rz. 7

3. Die Beschwer der Klägerin hinsichtlich der Hauptforderung beträgt folglich (20.885 EUR - 7.321,93 EUR =) 13.563,07 EUR zzgl. Deliktszinsen (4 % aus 7.321,93 EUR vom 6.7.2017 bis 26.12.2018, nämlich soweit keine entsprechende Hauptforderung mehr im Streit steht, sie also keine Nebenforderung sind) i.H.v. 432,49 EUR = 13.995,56 EUR. Den weiteren Anträgen der Klägerin kommt keine streitwerterhöhende Wirkung zu.

 

Fundstellen

Haufe-Index 14402029

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