Leitsatz (amtlich)
Der Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte umfasst auch Einkünfte aus einer Untervermietung (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - IX ZB 88/13, NJW-RR 2014, 1197 = Rpfleger 2014, 687).
Normenkette
ZPO § 850i Abs. 1 S. 1 Fall 2
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 09.08.2012; Aktenzeichen 7 T 467/12) |
AG Ahrensburg (Entscheidung vom 15.05.2012; Aktenzeichen 62 M 557/12) |
Tenor
Dem Schuldner wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf seine Rechtsbeschwerde wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Lübeck vom 9.8.2012 insoweit aufgehoben, als seine sofortige Beschwerde bezüglich seines Antrags zurückgewiesen worden ist, ihm nach § 850i ZPO seine Einkünfte aus der Untervermietung i.H.v. monatlich 150 EUR zu belassen.
Das Verfahren wird insoweit zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Schuldner begehrt Vollstreckungsschutz gegen einen von der Gläubigerin erwirkten Beschluss, mit dem seine Ansprüche gegen den Drittschuldner auf Zahlung von Untermiete gepfändet und zur Einziehung überwiesen worden sind.
Rz. 2
Der Schuldner ist nicht erwerbstätig und erhält zur Sicherung seines Lebensunterhalts Leistungen nach dem SGB II i.H.v. monatlich 374 EUR zzgl. 360 EUR für die Kosten von Unterkunft und Heizung. Er bewohnt seit 1994 eine von ihm angemietete 4-Zimmer-Wohnung, in der zunächst auch seine Schwester mit ihrem Ehemann wohnte. Nach deren Auszug überließ der Schuldner ein Zimmer zur Nutzung an den Drittschuldner, der ihm hierfür monatlich 150 EUR Miete zahlt.
Rz. 3
Das AG - Vollstreckungsgericht - hat die Ansprüche des Schuldners auf Zahlung des Untermietzinses gegen den Drittschuldner gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen. Einen Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners hat es zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zur Beantwortung der Frage zugelassen, ob § 850i Abs. 1 ZPO auch auf die Einkünfte eines Schuldners angewendet werden könne, die er aus Untermietzahlungen erzielt. Der Senat hat hierin eine wirksame Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde gesehen und dem Schuldner insoweit für die Durchführung der Rechtsbeschwerde Prozesskostenhilfe bewilligt, die dieser unter Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingelegt hat. Er begehrt weiterhin in diesem Umfang Vollstreckungsschutz.
II.
Rz. 4
Dem Schuldner war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, § 233 ZPO.
Rz. 5
Die zulässige Rechtsbeschwerde führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Beschlusses.
Rz. 6
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die gepfändete Forderung des Schuldners unterliege nicht dem Pfändungsschutz des § 850i Abs. 1 ZPO. Bei den Untermietzahlungen handele es sich nicht um sonstige Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift. Das ergebe eine Auslegung der Norm auf Grundlage der Gesetzesbegründung und der systematischen Einordnung in die Pfändungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung. Hiernach sei davon auszugehen, dass § 850i ZPO trotz der Formulierung "sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind" nur das Einkommen Erwerbstätiger erfasse.
Rz. 7
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rz. 8
Der Antrag des Schuldners, ihm seine Einkünfte aus der Untervermietung i.H.v. monatlich 150 EUR zu belassen, kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, sie unterfielen nicht § 850i Abs. 1 ZPO.
Rz. 9
Wie der BGH nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, erfasst der Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte nach § 850i Abs. 1 ZPO alle eigenständig erwirtschafteten Einkünfte (BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - IX ZB 88/13, NJW-RR 2014, 1197 = Rpfleger 2014, 687). Hierfür sprechen der Wortlaut der Regelung sowie eine systematische Auslegung in Verbindung mit dem Willen des Gesetzgebers (im Einzelnen BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - IX ZB 88/13, a.a.O., Rz. 9-14). Dies gilt auch, wenn es sich um Mieteinkünfte handelt (BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - IX ZB 88/13, a.a.O., Rz. 16). Dem schließt sich der Senat an.
Rz. 10
Es besteht keine Veranlassung, danach zu unterscheiden, wofür der Schuldner die Untermieteinkünfte konkret benötigt oder verwendet oder ob im Einzelfall durch einen Pfändungsschutz eine Entlastung der Sozialhilfeträger eintritt oder nicht. Der Schuldner soll allgemein motiviert werden, Einkünfte selber zu erzielen und dadurch die eigene Leistungsfähigkeit zu erhöhen (BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - IX ZB 88/13, a.a.O., Rz. 12). Eine solche Differenzierung würde außerdem der Klarheit der Regelung entgegenstehen.
Rz. 11
3. Von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 850i Abs. 1 ZPO getroffen. Der Beschluss ist daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 8021878 |
DB 2015, 7 |
NJW 2015, 8 |
EBE/BGH 2015 |
NJW-RR 2015, 895 |
NZM 2015, 680 |
WM 2015, 1291 |
JZ 2015, 433 |
MDR 2015, 796 |
NJ 2015, 3 |
NZI 2015, 661 |
NZI 2015, 7 |
Rpfleger 2015, 565 |
VuR 2015, 478 |
WuM 2015, 446 |
ZInsO 2015, 1356 |
FoVo 2015, 155 |
InsbürO 2015, 497 |
VE 2015, 134 |
ZVI 2015, 388 |
MK 2015, 141 |
VIA 2015, 68 |