Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bestimmheit von kartellrechtlichen Verfügungen. Zugangsberechtigung und Mitbenutzung eines Fährhafens. Verbot der Zugangsverweigerung. Notwendige Vorkehrungen. Beseitigung der verbotenen Wettbewerbsbeschränkung. Bestimmtheitsgebot
Leitsatz (amtlich)
a) Will die Kartellbehörde die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch Verweigerung des Zugangs zu einer für den Marktzutritt notwendigen Infrastruktureinrichtung untersagen, ist sie nicht genötigt, die Bedingungen festzulegen, zu denen der Zugang zu gewähren ist. Wird der Zugang von dem marktbeherrschenden Unternehmen anderen Unternehmen schlechthin verweigert, kann sich die Kartellbehörde im ersten Zugriff darauf beschränken, dies zu verbieten.
b) Eine im Sinne eines solchen ersten Zugriffs auszulegende kartellbehördliche Verfügung, durch die einem marktbeherrschenden Unternehmen untersagt wird, sämtlichen daran interessierten anderen Unternehmen das Recht zu verweigern, die Infrastruktureinrichtungen eines Fährhafens zu angemessenen Bedingungen mitzubenutzen, genügt dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit einer Untersagungsverfügung.
Normenkette
GWB § 19 Abs. 1, 4 Nr. 4, § 32; EG Art. 82
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 02.08.2000) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts wird der Beschluß des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. August 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 20.451.675,– EUR (= 40.000.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
A. Die Betroffene zu 1 (im folgenden: Scandlines GmbH) und ihre Schwestergesellschaft, die Scandlines A/S, betreiben die Fährverbindung auf der Vogelfluglinie zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf der dänischen Insel Lolland. Der Fährhafen in Puttgarden gehört der Scandlines GmbH. Ein Teil des Hafengeländes besteht aus Gleis- und Rangieranlagen, die überwiegend im Eigentum der Betroffenen zu 2, der Deutsche Bahn AG, stehen. Die Beigeladenen wollen unabhängig voneinander einen eigenen Fährdienst zwischen Puttgarden und Rødby aufnehmen und begehren hierfür das Recht zur Mitbenutzung der land- und hafenseitigen Infrastruktur des Fährhafens Puttgarden. Nachdem ihnen die Scandlines GmbH die Mitbenutzung verweigerte, wandten sie sich an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die sie an das Bundeskartellamt verwies.
Das Bundeskartellamt hat am 21. Dezember 1999 beschlossen:
„1. Der (Scandlines GmbH) wird untersagt, sowohl der Beigeladenen zu 1 als auch der Beigeladenen zu 2 das Recht zu verweigern, die in ihrem Eigentum stehenden see- und landseitigen Infra- und Suprastrukturen des Fährhafens Puttgarden gegen ein angemessenes Entgelt mitzubenutzen, um mit Azimuth-Schiffen einen stündlich zwischen Rødby und Puttgarden verkehrenden Fährdienst für Passagiere und Kraftfahrzeuge zu betreiben. Der (Scandlines GmbH) steht es frei, das Recht auf Mitbenutzung nur der Beigeladenen zu 1 oder nur der Beigeladenen zu 2 einzuräumen.
2. Der (Scandlines GmbH) wird untersagt, sich zu weigern, die für eine Mitbenutzung des Fährhafens Puttgarden erforderlichen Vorkehrungen (insbesondere in Bezug auf Umbaumaßnahmen und öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren) im Einvernehmen mit der ausgewählten Nutzungsberechtigten zu treffen bzw. diese zu ermöglichen.
3. Die sich aus den Ziffern 1 und 2 dieser Verfügung ergebenden Verpflichtungen der (Scandlines GmbH) treten am 1. März 2000 in Kraft.”
Das Bundeskartellamt hat ferner die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet, bezüglich der Nummer 2 in Verbindung mit Nummer 3 unter der aufschiebenden Bedingung, daß die ausgewählte Nutzungsberechtigte der Scandlines GmbH rechtsverbindlich zusagt, ihr im Fall der rechtskräftigen Aufhebung des Beschlusses alle nachweisbar aus der Mitbenutzung resultierenden Aufwendungen und Gewinneinbußen zu erstatten, und hierfür angemessene Sicherheiten leistet.
Zur Begründung seiner Verfügung hat das Bundeskartellamt ausgeführt, die grundsätzliche Weigerung der Scandlines GmbH, einer der beiden Beigeladenen Zugang zum Fährhafen Puttgarden zu gewähren, sei als mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB und Art. 82 EG anzusehen. Die Verfügung sei hinreichend bestimmt. Mit Rücksicht darauf, daß verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung der verbotenen Wettbewerbsbeschränkung in Betracht kämen, sei eine weitere Konkretisierung im Interesse des Schutzes der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit der Scandlines GmbH nicht geboten. Welche Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen erforderlich würden, stehe nicht fest, sondern hänge davon ab, zu welchem Ergebnis die Verhandlungen der Scandlines GmbH mit der von ihr ausgewählten Nutzungsberechtigten führten. Hinsichtlich der Frage, welches Entgelt als angemessen anzusehen sei, gebe es eine Vielzahl verschiedener Anknüpfungspunkte und Bemessungsgrundsätze, zudem werde die Höhe des Entgelts davon beeinflußt, auf welche Baumaßnahmen man sich einige und wer deren Kosten trage.
Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht durch Beschluß vom 2. August 2000 die Verfügung des Bundeskartellamts aufgehoben (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 569).
Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluß vom 8. Mai 2001 (KVZ 23/00, WuW/E DE-R 703) zugelassene Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts.
Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist über das Vermögen der Beigeladenen zu 1 in Dänemark das Konkursverfahren eröffnet worden.
Entscheidungsgründe
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
I. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Beigeladenen zu 1 steht einer Entscheidung des Senats nicht entgegen.
Eine Unterbrechung entsprechend § 240 ZPO kommt allerdings in Betracht, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines notwendig Beigeladenen eröffnet wird und das Rechtsbeschwerdeverfahren die Insolvenzmasse betrifft (vgl. BFHE 151, 15 = BStBl. II 1988, 23 für das finanzgerichtliche Verfahren). Ob diese Voraussetzungen hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 vorliegen, kann dahinstehen, da das Verfahren nach dem Rechtsgedanken des § 85 Abs. 2 InsO jedenfalls im Hinblick auf die von den Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 zu den Akten gereichte Erklärung des Konkursverwalters fortzusetzen ist, eine Aufnahme oder Fortsetzung der bisherigen Beteiligung der Beigeladenen zu 1 am Verfahren sei aus finanziellen Gründen unmöglich und auch für die Zukunft nicht beabsichtigt. Damit hat der Verwalter die Aufnahme des Verfahrens abgelehnt. In einem solchen Fall können nach § 85 Abs. 2 InsO sowohl der Schuldner als auch der Gegner einen anhängigen Rechtsstreit über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen aufnehmen. Einer solchen Aufnahme des Verfahrens gegenüber der Beigeladenen bedarf es in einem Verfahren wie dem vorliegenden jedoch nicht, da das Verfahren zwischen den übrigen Beteiligten fortgesetzt werden kann. Den Rechten der Beigeladenen zu 1 ist damit genüge getan, daß sie durch die Beiladung die Stellung einer Verfahrensbeteiligten erlangt und Gelegenheit gehabt hat, die sich daraus ergebenden Verfahrensrechte weiterhin wahrzunehmen.
II. In der Sache ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, daß kartellrechtliche Verfügungen – wie andere Verwaltungsakte – inhaltlich bestimmt sein müssen (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Dies bedeutet zunächst, daß der Adressat in die Lage versetzt werden muß, zu erkennen, was von ihm gefordert wird, wobei nicht notwendig ist, daß der Inhalt der Regelung im Entscheidungssatz so zusammengefaßt ist, daß er alle Punkte aus sich heraus verständlich darstellt; es genügt vielmehr, daß sich der Regelungsgehalt aus der Verfügung insgesamt einschließlich ihrer Begründung ergibt (vgl. BGHZ 110, 371, 377 – Sportübertragungen; 129, 37, 40 – Weiterverteiler; 130, 390, 395 – Stadtgaspreise; 137, 297, 302 – Europapokalheimspiele). Das Erfordernis der Bestimmtheit des Verwaltungsakts bedeutet weiterhin, daß der Verwaltungsakt geeignet sein muß, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Welche Anforderungen danach an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts zu stellen sind, richtet sich im einzelnen nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BGHZ 128, 17, 24 – Gasdurchleitung; BVerwGE 84, 335, 338).
III. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts entspricht die angefochtene Verfügung den zu stellenden Anforderungen nicht. Entgegen der vom Bundeskartellamt im Beschwerdeverfahren vertretenen Auffassung erschöpfe sich die Verfügung ihrem Regelungsgehalt nach nicht in der Entscheidung, daß der Tatbestand des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB erfüllt und die Scandlines GmbH grundsätzlich verpflichtet sei, einem der Beigeladenen die Mitbenutzung ihres Fährhafens zu gestatten. Aus dem Beschlußtenor ergebe sich, daß das Bundeskartellamt nicht lediglich eine feststellende Teilentscheidung, sondern eine im Vollstreckungswege durchsetzbare Verfügung habe treffen und der Scandlines GmbH habe aufgeben wollen, gegen Zahlung des angemessenen Entgelts die Mitbenutzung des Hafens zu gestatten sowie die dazu notwendigen Vorkehrungen (Umbaumaßnahmen) entweder selbst vorzunehmen oder zu dulden. Die hierbei verwendeten unbestimmten Begriffe, die weder in den Gründen der Verfügung konkretisiert würden noch hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Bedeutung zwischen den Parteien außer Streit stünden, führten zur Unbestimmtheit der Untersagungsverfügung. Das gelte einmal für den Hinweis auf ein „angemessenes Entgelt”. Die Scandlines GmbH könne nicht erkennen, welches Entgelt sie als zu niedrig zurückweisen dürfe und bei welchem Betrag sie zur Gestattung der Mitbenutzung gehalten sei. Auch unter Berücksichtigung des Verhandlungsspielraums zwischen der Scandlines GmbH und einer der Beigeladenen hätte das Bundeskartellamt zumindest einen Höchstbetrag bestimmen müssen. Soweit sie sich dazu nicht in der Lage sehe, hätte sich die Behörde darauf beschränken müssen, im Wege einer Teilentscheidung zunächst nur über die Zugangsberechtigung der Beigeladenen dem Grunde nach zu befinden, ohne sogleich ein vollstreckbares Gebot oder Verbot auszusprechen. Unbestimmt sei die Verfügung zum anderen durch die Verwendung des Begriffs der für eine Mitbenutzung „erforderlichen Vorkehrungen”. Da die angefochtene Verfügung keine Entscheidung darüber enthalte, welche Umbaumaßnahmen oder sonstigen Vorkehrungen der Scandlines GmbH konkret auferlegt würden, bleibe die Konkretisierung dieses Begriffs letztlich dem Vollstreckungsverfahren überlassen. Eine Untersagungsverfügung müsse aber das geforderte Verhalten klar, umfassend und unmißverständlich bezeichnen. Mit Rücksicht auf den Verhandlungs- und Gestaltungsspielraum der Scandlines GmbH habe sich das Bundeskartellamt dabei auf die Festlegung zu beschränken, welche Umgestaltungsmaßnahmen bei Abwägung der widerstreitenden Interessen notwendig, aber auch ausreichend seien, um eine Mitbenutzung des Fährhafens zu ermöglichen. Es habe dementsprechend das Mindestmaß dessen festzulegen, was die Scandlines GmbH beim Umbau ihres Fährhafens hinzunehmen habe, und umgekehrt das Höchstmaß dessen zu bestimmen, was von ihr verlangt werden könne. Diesen Erfordernissen genüge die angefochtene Verfügung nicht.
IV. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts rügt zu Recht, daß das Beschwerdegericht seiner Beurteilung eine unzutreffende Auslegung des Entscheidungssatzes der angefochtenen Verfügung der Beschlußabteilung zugrundelegt.
Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt des Verwaltungsakts, wie er sich aus der Sicht des verständigen Empfängers ergibt. Dieser Erklärungsinhalt ist vom Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht ohne Bindung an die tatrichterliche Auslegung festzustellen (BGHZ 86, 104, 110; 122, 1, 5; BGH, Urt. v. 14.10.1994 – V ZR 76/93, NJW 1995, 132, 134). Danach ergibt sich, daß das Bundeskartellamt der Scandlines GmbH entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht aufgegeben hat, einer der Beigeladenen gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts die Mitbenutzung des Fährhafens zu gestatten und die dazu erforderlichen Vorkehrungen vorzunehmen oder zu dulden.
a) Die Auslegung hat vom Wortlaut des Entscheidungssatzes auszugehen, wobei die Nummern 1 und 2 in ihrem durch die Nummer 3 unterstrichenen Zusammenhang zu sehen sind. Sowohl die Nummer 1 als auch die Nummer 2 enthalten kein Gebot, sondern ein Verbot. Der Scandlines GmbH wird in Nummer 1 zunächst untersagt, sowohl der Beigeladenen zu 1 als auch der Beigeladenen zu 2 das Recht zu verweigern, die Infra- und Suprastrukturen des Fährhafens Puttgarden gegen ein angemessenes Entgelt mitzubenutzen. Satz 2 der Nummer 1 stellt dabei klar, daß damit nicht die Verweigerung auch nur einem der Beigeladenen gegenüber, sondern nur die gleichzeitige (kumulative) Verweigerung der Mitbenutzung gegenüber beiden Beigeladenen gemeint sein soll. Dies ist positiv dahin formuliert, daß es der Scandlines GmbH freistehe, das Mitbenutzungsrecht nur der Beigeladenen zu 1 oder nur der Beigeladenen zu 2 einzuräumen. Dies verlangt insofern ein positives Tun von der Scandlines GmbH, als es ihr auferlegt, zumindest gegenüber einem der Beigeladenen von ihrer bisherigen grundsätzlichen Weigerung abzurücken, diesem eine Mitbenutzung des Fährhafens zu ermöglichen. Daran knüpft wiederum Nummer 2 des Entscheidungssatzes an, wenn der Scandlines GmbH weiterhin untersagt wird, sich zu weigern, im Einvernehmen mit dem „ausgewählten Nutzungsberechtigten” die für eine Mitbenutzung erforderlichen Vorkehrungen zu treffen bzw. zu ermöglichen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß eine Mitbenutzung nicht nur die Zustimmung der Scandlines GmbH voraussetzt, sondern auch tatsächliche Vorkehrungen wie die im Beschlußtenor genannten Umbaumaßnahmen.
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts werden der Scandlines GmbH damit aber weder die Gestattung der Mitbenutzung noch die Durchführung hierfür erforderlicher tatsächlicher Vorkehrungen aufgegeben; vielmehr wird ihr lediglich untersagt, weiterhin gegenüber beiden Beigeladenen beides zu verweigern. Dies bestätigt im Entscheidungssatz selbst die Nummer 3, nach der die sich aus den Nummern 1 und 2 ergebenden Verpflichtungen der Scandlines GmbH am 1. März 2000 in Kraft treten. Zu Unrecht meint die Scandlines GmbH, nach dem Entscheidungssatz unterliege sie mit Wirkung vom 1. März 2000 der vollstreckbaren Verpflichtung, die Mitbenutzung der see- und landseitigen Infra- und Suprastrukturen des Fährhafens Puttgarden zu gestatten. Die „Verpflichtung” ist vielmehr das Verbot, die Mitbenutzung des Fährhafens durch mindestens einen der Beigeladenen weiterhin grundsätzlich zu verweigern. Damit sollte der Scandlines GmbH insbesondere bis zum 1. März 2000 Zeit gegeben werden, sich zumindest für einen der beiden Beigeladenen zu entscheiden. Bis zu diesem Zeitpunkt und bis zu dieser Entscheidung sollte sie berechtigt sein, gegenüber beiden Beigeladenen an der Ablehnung einer Mitbenutzung festzuhalten.
Durch die Begründung der Verfügung wird dieses sich bereits aus dem Wortlaut des Entscheidungssatzes ergebende Verständnis bestätigt. Denn die Frist der Nummer 3 des Entscheidungssatzes wird dort (S. 60) ausdrücklich als zweimonatige Frist für die Auswahlentscheidung bezeichnet.
c) Die Verfügung gebietet daher weder die vertragliche Einräumung einer Benutzungsbefugnis noch tatsächliche Vorkehrungen. Sie enthält entgegen der im Rechtsbeschwerdeverfahren vertretenen Auffassung des Bundeskartellamts auch kein Verhandlungsgebot. Sie gebietet vielmehr lediglich, daß die Scandlines GmbH von ihrer grundsätzlichen Weigerung abrückt, auch nur einem der Beigeladenen die Mitbenutzung des Fährhafens zu gestatten und hierzu die erforderlichen tatsächlichen Vorkehrungen in die Wege zu leiten. Es liegt nahe, dem Verbot, an ihrer bisherigen „Verweigerungshaltung” festzuhalten, zunächst durch die Aufnahme von Verhandlungen mit mindestens einem der Beigeladenen zu genügen. Dem Verbot entspräche die Scandlines GmbH jedoch auch, wenn sie sogleich einem der Beigeladenen anbieten würde, ihm gegen ein bestimmtes Entgelt in bestimmter Weise die Mitbenutzung der Einrichtungen des Fährhafens zu gestatten und die hierzu notwendigen Vorkehrungen treffen oder ermöglichen zu wollen. Das Bundeskartellamt hat sich damit darauf beschränkt, es der Scandlines GmbH „im ersten Zugriff” zu untersagen, sich – weil sie einen Zugangsanspruch der Beigeladenen überhaupt verneint – zu weigern, die aus ihrer Sicht angemessenen Bedingungen eines solchen Zugangs zu formulieren und gegebenenfalls auszuhandeln. Es bleibt damit erforderlichenfalls einem weiteren kartellbehördlichen Verfahren oder auch einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung vorbehalten, zu klären, ob von der Scandlines GmbH letztlich angebotene Bedingungen tatsächlich angemessen sind oder nicht.
d) Zwar ließe sich mit dem Wortlaut des Entscheidungssatzes auch noch ein Verständnis vereinbaren, wonach die Scandlines GmbH dem ihr auferlegten Verbot der Zugangsverweigerung noch nicht mit der Aufnahme von Verhandlungen oder der Unterbreitung eines Angebots, sondern erst mit der Einräumung einer Mitbenutzung des Fährhafens durch jedenfalls einen der Beigeladenen gegen ein angemessenes Entgelt nachkäme. Einem solchen Verständnis steht jedoch die zur Auslegung des Entscheidungssatzes heranzuziehende Begründung der Verfügung entgegen.
Denn dort ist ausgeführt, daß es der Beschlußabteilung durch die negative Fassung des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB als „Weigerungsverbot” verwehrt werde, die Unterlassungspflichten der Scandlines GmbH über das erfolgte Maß hinaus zu konkretisieren. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB sei als „Verweigerungsverbot” gefaßt, um die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des Normadressaten vor unverhältnismäßigen Eingriffen der Kartellbehörde zu schützen; ein Handlungsgebot könne auf § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB deshalb nur gestützt werden, wenn nur ein bestimmtes Verhalten zur Beseitigung der verbotenen Wettbewerbsbeschränkung in Betracht komme. Im vorliegenden Fall stehe (zwar) fest, daß der Verstoß gegen § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB nur beseitigt werden könne, wenn die Scandlines GmbH entweder der Beigeladenen zu 1 oder der Beigeladenen zu 2 zu einem angemessenen Entgelt Zugang zum Fährhafen Puttgarden gewähre. Ferner stehe fest, daß eine Mitbenutzung erst nach (genehmigungspflichtigen) Baumaßnahmen möglich sein werde. Der Verstoß gegen § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB könne daher nur beseitigt werden, wenn die Scandlines GmbH diese Baumaßnahmen nicht verhindere, indem sie ihre Mitwirkung an den Genehmigungsverfahren verweigere oder sich ihrer Durchführung widersetze. Hingegen stehe nicht fest, welche Genehmigungsverfahren und Baumaßnahmen erforderlich würden. Beides hänge nach Art und Umfang davon ab, welche Flächen die ausgewählte Nutzungsberechtigte in welcher Weise nutzen könne. Zwar sei exemplarisch dargelegt worden, wie die Scandlines GmbH eine Mitbenutzung des Fährhafens Puttgarden ermöglichen könnte. Die eingereichten Pläne der Beigeladenen belegten jedoch, daß eine Reihe anderer Möglichkeiten denkbar seien. Daher müsse die Auswahl dem Ergebnis der Verhandlungen der Scandlines GmbH mit der von ihr ausgewählten Nutzungsberechtigten überlassen bleiben. Auch eine Festsetzung des angemessenen Entgelts für die Nutzung sei der Beschlußabteilung verwehrt. Aus § 19 Abs. 4 Nr. 2, § 20 Abs. 1 GWB folgt zwar, daß ein Hafenentgelt nur dann im Sinne von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB angemessen sei, wenn es dem Ausbeutungs- und Diskriminierungsverbot Rechnung trage. In diesem Rahmen könne der Normadressat jedoch – wie die unterschiedlichen Abgabentarife und Entgeltordnungen der deutschen Fährhäfen zeigten – eine Vielzahl verschiedener Anknüpfungspunkte und Bemessungsgrundsätze berücksichtigen. Zudem hänge die Höhe des angemessenen Entgelts auch davon ab, auf welche Baumaßnahmen sich die Scandlines GmbH und die ausgewählte Nutzungsberechtigte einigten und in welcher Weise deren Kosten auf die Nutzungsberechtigten abgewälzt würden. Folglich müsse der Scandlines GmbH überlassen werden, die für sie sinnvollste Gestaltung des angemessenen Hafenentgelts zu wählen.
Dem stehe § 37 Abs. 1 VwVfG nicht entgegen. Das Bestimmtheitsgebot erlaube die Verwendung eines normativen Begriffs im Tenor, wenn er lediglich zur Beschreibung eines nicht im Streit stehenden Verhaltensmerkmals herangezogen werde. Im vorliegenden Verfahren drehe sich der Streit ausschließlich um das „Ob” der Mitbenutzung, die von der Scandlines GmbH grundsätzlich verweigert werde. Zwar sei denkbar, daß es nach Abschluß des Verfahrens zu Differenzen über die Angemessenheit der Konditionen komme, welche die Scandlines GmbH für den einmal gewährten Zugang fordere. Diese könnten dann jedoch im Rahmen eines separaten kartellbehördlichen oder zivilgerichtlichen Verfahrens behandelt werden.
e) Damit erweist sich auch das Argument des Beschwerdegerichts als nicht stichhaltig, die Feststellung des Bundeskartellamts, der unbestimmte Rechtsbegriff „angemessenes Entgelt” genüge ausnahmsweise deshalb dem Bestimmtheitsgebot, weil über seine Bedeutung im Entscheidungsfall kein Streit bestehe, sei nur dann verständlich, wenn dieser Rechtsbegriff Bestandteil der getroffenen Anordnung (des Rechtsfolgenausspruchs) sein solle. Die Aussage darüber, wann das Bestimmtheitsgebot die Verwendung eines normativen Begriffs im Tenor erlaube, ist – anders als vom Beschwerdegericht wiedergegeben – unter Bezugnahme auf den Beschluß des Senats vom 29. September 1998 (KVR 17/97, WuW/E DE-R 195 – Beanstandung durch Apothekerkammer) abstrakt getroffen. Seine Anwendbarkeit im entschiedenen Fall ist hingegen damit begründet worden, daß etwaige Differenzen über die Angemessenheit im Rahmen eines separaten kartellbehördlichen oder zivilgerichtlichen Verfahrens behandelt werden könnten. Das mag nicht schlüssig sein, ändert aber nichts an der Eindeutigkeit der streitfallbezogenen Aussage.
2. Die Erwähnung des angemessenen Entgelts im Entscheidungssatz hat hiernach zum einen, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt, die Funktion, in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB klarzustellen, daß es der Scandlines GmbH nicht untersagt ist, die unentgeltliche Mitbenutzung zu verweigern. Zum anderen erlaubte sie es, unter „Weigerung” im Sinne des Entscheidungssatzes auch die Forderung eines Entgelts zu fassen, das so offensichtlich unangemessen wäre, daß sich die Forderung bei objektiver Wertung als nicht ernst gemeint und damit als Fortsetzung der grundsätzlichen Weigerung darstellte, überhaupt einem der Beigeladenen die Mitbenutzung zu gestatten. Dasjenige Maß an Unbestimmtheit, das mit einer solchen Wertung notwendigerweise verbunden ist, kann und muß hingenommen werden.
Denn die Anforderungen, die an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts zu stellen sind, sind im einzelnen aus dem Regelungsgehalt der jeweiligen gesetzlich vorgesehenen Maßnahme und dem mit ihr verfolgten Sinn und Zweck herzuleiten (BVerwG Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 7). Zum einen dürfen sie die Umsetzung des gesetzlichen Regelungsauftrags nicht praktisch unmöglich machen und müssen insofern die Zielsetzung des Gesetzes und den Regelungsauftrag der Verwaltungsbehörde berücksichtigen (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 32 GWB Rdn. 31). Zum anderen kann es insbesondere dann, wenn das Bestimmtheitsgebot einerseits und verfassungsrechtlich geschützte Freiheitsrechte des Adressaten, die es ihm überlassen, in welcher Weise er einer gesetzlichen, durch den Verwaltungsakt konkretisierten Verpflichtung nachkommen will, andererseits in Widerstreit miteinander treten, geboten sein, die Anforderungen an die Bestimmtheit der behördlichen Anordnung gering zu halten (BVerwGE 84, 335, 338 f. für ein Baugebot). Dieses freiheitsrechtliche Postulat ist, wie nachfolgend noch zu erörtern, auch im Streitfall zu beachten.
Daß sich aus dem verbleibenden Wertungsspielraum Unzuträglichkeiten ergeben könnten, ist nicht zu befürchten. Auch wenn Differenzen über die Angemessenheit des Entgelts möglich oder wahrscheinlich sein mögen, so kann doch erwartet werden, daß die Scandlines GmbH das vollziehbare Verbot beachten und keine bei objektiver Betrachtung ersichtlich unangemessenen Entgeltforderungen erheben wird.
Als zutreffend erweist sich damit schließlich auch die – allerdings etwas mißverständlich formulierte – Auffassung der Rechtsbeschwerde, die Verfügung ordne – vollstreckbar – an, daß die Scandlines GmbH nach einvernehmlicher Festlegung und Umsetzung der Baumaßnahmen dem von ihr ausgewählten Beigeladenen den Zugang auch dann zu gewähren habe, wenn die Angemessenheit des Entgelts noch nicht feststehe. Denn wenn dieser Beigeladene bereit sein sollte, den Vorstellungen der Scandlines GmbH zu den Baumaßnahmen zuzustimmen und das von der Scandlines GmbH verlangte Entgelt zu entrichten, so wäre es als Fortsetzung der ihr untersagten grundsätzlichen Weigerung anzusehen, wenn die Scandlines GmbH ihm gleichwohl den Zugang versagen würde.
3. Gegen die Beschränkung des kartellbehördlichen Verbots auf die Untersagung der grundsätzlichen Weigerung, auch nur einem der Beigeladenen die Mitbenutzung der für einen Fährdienst benötigten Einrichtungen des Fährhafens einzuräumen, bestehen auch keine materiell-rechtlichen Bedenken.
a) Unter Bezugnahme auf die Entscheidung „Gasdurchleitung” des Senats (BGHZ 128, 17) meint das Beschwerdegericht, die Höhe des Entgelts müsse sich aus der Untersagungsverfügung selbst ergeben, wenn die kartellrechtliche Pflicht zu einem bestimmten Verhalten wie im Streitfall von der Entrichtung eines angemessenen Entgelts abhänge. Der Verhandlungsfreiheit der Parteien sei nur insoweit Rechnung zu tragen, als die Kartellbehörde das von ihr zu bestimmende (angemessene) Entgelt als Höchstbetrag auszuweisen habe. Hieran anknüpfend ist die Betroffene zu 2 der Auffassung, ein bestimmtes Verhalten sei nur dann mißbräuchlich im Sinne des Art. 82 EG bzw. des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, wenn alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes einschließlich des angemessenen Entgelts ermittelt und festgestellt würden. Entgelt und Zugangsmöglichkeit seien untrennbar miteinander verknüpft. Sie bildeten einen einheitlichen Tatbestand und ließen sich wegen der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nicht trennen oder als Verwaltungsakt teilen. Wolle die Kartellbehörde den Zugang zu einer Infrastruktureinrichtung erzwingen, müsse sie daher gleichzeitig das angemessene Entgelt bestimmen, das für Zugang und Nutzung der Einrichtung zu zahlen sei. Das Bundeskartellamt habe rechtlich nicht die Möglichkeit, den Inhaber einer Infrastruktureinrichtung unter Ausklammerung bestimmter Tatbestandsmerkmale des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB zu verpflichten, mit einem Zugang begehrenden Petenten zu verhandeln.
b) Dem kann nicht beigetreten werden.
Zutreffend ist allerdings, daß die Kartellbehörde nach § 32 GWB nur ein Verhalten untersagen kann, das sämtliche Tatbestandsmerkmale eines gesetzlichen Verbots erfüllt. Das steht jedoch bei einem Verbot, wie es die Beschlußabteilung ausgesprochen hat, nicht in Frage.
Nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB ist es als mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden, sofern nicht das marktbeherrschende Unternehmen nachweist, daß die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Eine Weigerung im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht nur dann vor, wenn das marktbeherrschende Unternehmen ein unangemessen hohes Entgelt für den Zugang zu der Infrastruktureinrichtung verlangt, sondern gleichermaßen auch dann, wenn es die Gewährung eines solchen Zugangs schlechterdings ablehnt. Nichts anderes gilt für Art. 82 EG, wenn der Zugang zu einer wesentlichen Einrichtung in Rede steht. Es ist daher jedenfalls möglich, daß die Kartellbehörde ein von ihr ausgesprochenes Verbot gegen die konkrete Form der Weigerung richtet, die entweder in der Ablehnung des Zugangs schlechthin oder aber in den (unangemessenen) Bedingungen liegen kann, von denen das marktbeherrschende Unternehmen den Zugang abhängig macht. Mit einem Verbot, bei dem bestimmte Tatbestandsmerkmale der Verbotsnorm ausgeklammert würden, hat das nichts zu tun.
Die verbotswidrige Weigerung, einem anderen Unternehmen Zugang zu gewähren, rechtfertigt nur dann ein Gebot an das marktbeherrschende Unternehmen, diesen Zugang einzuräumen, wenn die konkreten Bedingungen feststehen, unter denen der Zugang gewährt werden muß. Kann der beanstandete Mißbrauch durch unterschiedliche vertragliche Gestaltungen und/oder sonstige Maßnahmen abgestellt werden, dürfen dem marktbeherrschenden Unternehmen die Zugangsbedingungen regelmäßig nicht vorgeschrieben werden. Die Kartellbehörde hat sich dann darauf zu beschränken, die unternehmerische Grundsatzentscheidung über die (Nicht-)Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu korrigieren und die Einzelheiten der Beziehung den Verhandlungen und der Einigung der Parteien zu überlassen (BVerfG WuW/E DE-R 557, 559 ff. – Importarzneimittelboykott). Sie darf den Rahmen für die Vertragsgestaltung durch das betroffene Unternehmen und seinen Vertragspartner nicht stärker einschränken, als dies durch den Zweck, den Mißbrauch zu beseitigen, vorgegeben ist (vgl. BGHZ 127, 388, 390 – Weigerungsverbot; 129, 37, 40 – Weiterverteiler; BGH, Beschl. v. 3.4.1975 – KVR 1/74, WuW/E 1345 – Polyester-Grundstoffe; Beschl. v. 21.2.1995 – KVR 10/94, WuW/E 2990, 2992 – Importarzneimittel, insoweit in BGHZ 129, 53 nicht abgedruckt).
Eine konkrete Festlegung vertraglicher wie sonstiger Bedingungen durch die Kartellbehörde kann hiernach insbesondere dann in Betracht kommen, wenn dazu auf übliche Bedingungen zurückgegriffen werden kann, von denen zugunsten des verpflichteten Unternehmens nicht abgewichen werden kann, ohne wiederum den kartellrechtlichen Verbotstatbestand zu erfüllen. Wo dies, wie im Streitfall, nicht möglich ist, da es solche üblichen Bedingungen nicht gibt, besteht entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts auch keine Notwendigkeit, Maximalbedingungen festzusetzen, zu denen das marktbeherrschende Unternehmen den Zugang zu der Infrastruktureinrichtung jedenfalls gewähren muß.
Zwar mag eine solche Festsetzung im Einzelfall geeignet sein, ein weiteres kartellbehördliches Verfahren oder eine zivilrechtliche Auseinandersetzung zwischen den beteiligten Unternehmen über die angemessene Höhe des von dem Zugang suchenden Unternehmen zu zahlenden Entgelts auszuschließen. Dieser Vorteil müßte jedoch vielfach durch eine erhebliche zusätzliche Belastung des Ausgangsverfahrens erkauft werden. So geht das Beschwerdegericht zu Recht davon aus, daß es im Streitfall der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Bundeskartellamt bedürfte, um die Angemessenheit eines für den Zugang zu zahlenden Entgelts zu ermitteln. Ein derartiger Aufwand und die damit verbundene zeitliche Verzögerung wären unabhängig davon aufzubringen, ob sich die Beteiligten nicht viel besser im Verhandlungswege über die angemessenen Bedingungen verständigen könnten, sofern erst verbindlich feststeht, daß das marktbeherrschende Unternehmen den Zugang zu seinen Infrastruktureinrichtungen nicht schlechthin verweigern darf. Dem Zugang suchenden Unternehmen würde damit zugleich die Möglichkeit abgeschnitten, auch eine überhöhte Entgeltforderung – gegebenenfalls unter dem Vorbehalt der Rückforderung – zu akzeptieren, um (zunächst) den erstrebten Zugang zu erhalten.
Hinzu kommt, daß selbst die Festsetzung von Höchstentgelten auf ganz erhebliche Schwierigkeiten stoßen kann, wofür der Streitfall ein anschauliches Beispiel bildet. Die Kartellbehörde ist davon ausgegangen, daß es nicht damit getan ist, daß die Scandlines GmbH einem der Beigeladenen Zugang zu den Einrichtungen des Fährhafens gewährt, so wie sie gegenwärtig vorhanden sind, sondern daß hierfür Umbaumaßnahmen und andere Vorkehrungen erforderlich sind. Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, daß die Vorbereitung der Infrastruktureinrichtung auf vielfältige Weise umgesetzt werden könne, wobei Kostengesichtspunkte, Aspekte der optimalen Nutzung und auch rein äußerliche Gestaltungswünsche zu berücksichtigen seien, ohne daß sich eine bestimmte Gestaltung auch nur aufdrängen würde, und daß hinzukomme, daß zwei Zugangsbegehrende vorhanden seien, die unterschiedliche Nutzungskonzepte verfolgten, und der Mißbrauch bereits mit der Auswahl eines der beiden Unternehmen beseitigt wäre. Art und Weise sowie Umfang der vorbereitenden Maßnahmen sowie die insoweit denkbaren Kostentragungsregelungen beeinflussen wiederum die Höhe des angemessenen Entgelts, so daß bei einem derart komplexen Sachverhalt eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen denkbar erscheint, die sich gleichermaßen noch im Rahmen des Angemessenen halten. Sofern in einer solchen Situation die Fixierung von Höchstentgelten überhaupt sinnvoll und möglich sein sollte, liefe sie, wie die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts zu Recht bemerkt, Gefahr, in einer dem Zweck der kartellbehördlichen Verfügung zuwiderlaufenden Weise den Verhandlungsspielraum der beteiligten Unternehmen unsachgemäß einzuschränken, indem möglicherweise Lösungen als unangemessen ausgeklammert würden, über die ein Einvernehmen der Parteien herstellbar sein könnte. Bemühungen der Beteiligten um eine einvernehmliche Lösung können demgegenüber, auch wenn sie letztlich scheitern, wesentlich konkretere Anhaltspunkte dafür bieten, welche Interessen im einzelnen zu berücksichtigen und wie sie zu gewichten sind. Sie können damit die Grundlage einer gegebenenfalls notwendig werdenden (zweiten) kartellbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung darüber bilden, inwieweit die zu den einzelnen Streitpunkten vertretenen widerstreitenden Auffassungen mit dem Gebot eines Zugangs gegen angemessenes Entgelt vereinbar sind.
V. Die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen für das ausgesprochene kartellbehördliche Verbot, beiden Beigeladenen den Zugang zu den Infrastruktureinrichtungen des Fährhafens Puttgarden zu verweigern, hat das Beschwerdegericht nicht geprüft. Hierzu ist die Sache daher an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht zugleich Gelegenheit, sich gegebenenfalls mit den verfassungsrechtlichen Einwänden der Betroffenen zu 2 gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung sowie dem Einwand auseinanderzusetzen, diese sei durch den bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluß für den Fährhafen Puttgarden „präkludiert”.
Unterschriften
Hirsch, Goette, Bornkamm, Raum, Meier-Beck
Fundstellen
Haufe-Index 884329 |
BGHZ 2003, 84 |
BGHZ |
DB 2003, 501 |
NJW 2003, 748 |
BGHR 2003, 131 |
NVwZ-RR 2003, 842 |
EWiR 2003, 1145 |
GRUR 2003, 169 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 1191 |
RdE 2003, 183 |
WRP 2003, 77 |
WuW 2003, 49 |