Leitsatz (amtlich)
Ein Erwerbsinteressent, der ein an einen Nichtlandwirt veräußertes landwirtschaftliches Grundstück zum Zwecke der Verpachtung erwerben will, ist in dem Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz jedenfalls dann wie ein Landwirt zu behandeln, wenn er seinen landwirtschaftlichen Betrieb an eine Person, die mit ihm familiär verbunden ist, verpachtet hat und die Hof- bzw. Betriebsnachfolge durch den Pächter sowie die Zuordnung der Fläche zu dem verpachteten Betrieb ernsthaft beabsichtigt ist.
Normenkette
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 14.12.2022; Aktenzeichen 10 W 21/22) |
AG Vechta (Entscheidung vom 13.06.2022; Aktenzeichen 2 Lw 119/21) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg - Senat für Landwirtschafts-sachen - vom 14. Dezember 2022 wird zurückgewiesen.
Die im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten trägt die Beteiligte zu 1. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 670.950 €.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Beteiligte zu 1 ist eine Gemeinde in Niedersachsen. Sie kaufte mit notariellem Vertrag vom 12. März 2021 von dem Beteiligten zu 2 zwei nebeneinander liegende Grundstücke, und zwar eine Waldfläche mit einer Größe von 2.172 qm und eine Landwirtschaftsfläche mit einer Größe von 51.504 qm. Sie beabsichtigt, diese Flächen einem Dritten zum Austausch für dessen Flächen anzubieten, auf denen sie Wohnbauland ausweisen will. Die Notarin beantragte am 31. März 2021 bei der Beteiligten zu 3 (Genehmigungsbehörde), für den Vertrag die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu erteilen. Die Beteiligte zu 3 verlängerte die Frist zur Entscheidung über den Antrag mit einem der Notarin am 15. April 2021 zugestellten Zwischenbescheid auf zwei Monate. Im Laufe des Verfahrens teilte die Beteiligte zu 4 (Landwirtschaftskammer) der Beteiligten zu 3 mit, dass B. M. (im Folgenden: Erwerbsinteressent) bereit und in der Lage sei, die Grundstücksflächen zu den vereinbarten Bedingungen zu übernehmen. Bei dem Erwerbsinteressenten handelt es sich um einen Landwirtschaftsmeister, der zwar keine Flächen selbst bewirtschaftet, aber an verschiedenen Gesellschaften beteiligt ist, die teilweise landwirtschaftlich, teilweise gewerblich tätig sind. Er beabsichtigt, die Flächen an seinen Sohn zu verpachten. Mit Bescheid vom 18. Mai 2021 versagte die Beteiligte zu 3 die Genehmigung des Kaufvertrags mit der Begründung, dass die Beteiligte zu 1 keine Landwirtin sei und die Beteiligte zu 4 mit dem Erwerbsinteressenten einen konkret dringend aufstockungsbedürftigen und kaufwilligen Landwirt ermittelt habe.
Rz. 2
Auf den Antrag der Beteiligten zu 1 auf gerichtliche Entscheidung hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - die Genehmigung des Kaufvertrags versagt. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Beteiligte zu 1 die Genehmigung des Kaufvertrags erreichen.
II.
Rz. 3
Das Beschwerdegericht meint, das Landwirtschaftsgericht habe die Genehmigung zu Recht versagt. Der Kaufvertrag sei insgesamt nach dem Grundstückverkehrsgesetz genehmigungspflichtig, weil eine der verkauften Flächen die Genehmigungsfreigrenze überschreite. Die Genehmigungsfiktion des § 6 Abs. 2 GrdstVG sei nicht eingetreten, weil die Notarin zum Empfang des Zwischenbescheids bevollmächtigt gewesen sei. § 9 Abs. 5 GrdstVG stehe einer Versagung der Genehmigung nicht entgegen; an dem nach dieser Vorschrift erforderlichen Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz fehle es. Ein solches scheide nach § 4 Abs. 2 Satz 1 RSiedlG aus, weil die Beteiligte zu 1 eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei. Auch ein Ausnahmefall nach § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 1 Abs. 1b RSiedlG sei nicht gegeben; derjenige, dem das Ersatzland gewährt werden solle, sei kein Landwirt. Aus diesem Grunde greife auch die Vorschrift des § 8 Nr. 7c GrdstVG, wonach die Genehmigung zwingend zu erteilen wäre, nicht ein.
Rz. 4
Die Genehmigung sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG zu versagen, weil der Verkauf zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führe. Denn die Beteiligte zu 1 sei keine Landwirtin, während nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass mit dem Erwerbsinteressenten ein erwerbswilliger und dringend aufstockungsbedürftiger Landwirt vorhanden sei. Zwar bewirtschafte der Erwerbsinteressent als Einzelunternehmer keine Flächen selbst; auch finde ein Erwerbsinteressent grundsätzlich keine Berücksichtigung, wenn er die Flächen nicht selbst nutzen, sondern als Eigentümer eines Pachthofes durch Zukauf und Einbeziehung dieser Grundstücke in den Pachtvertrag den Pachthof aufstocken wolle. Eine Ausnahme müsse aber gelten, wenn der Pächter des Hofes ein Abkömmling des Hofeigentümers und zugleich vorgesehener Hofübernehmer sowie die Überlassung des Grundstücks an den Hofübernehmer sichergestellt sei. Der Erwerb diene dann der Erhaltung des wirtschaftlichen Betriebs in den Händen der Familie. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Der Sohn sei als Hoferbe vorgesehen und bereits Pächter eines Betriebs des Erwerbsinteressenten, in dem Ackerbau und Schweinemast betrieben werde. Auch ohne rechtlich verbindliche Regelung sei angesichts der bestehenden familiären Verbundenheit und der Lage der Flächen sichergestellt, dass der Erwerbsinteressent die Flächen dem derzeit verpachteten Betrieb zuordnen und seinem Sohn verpachten werde. Der Erwerbsinteressent sei auch dringend aufstockungsbedürftig und wirtschaftlich in der Lage, die Mittel zum Erwerb aufzubringen.
Rz. 5
Die Veräußerung der Flächen an die Beteiligte zu 1 würde auch dann eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten, wenn man den Erwerbsinteressenten wegen der bestehenden Absicht, die zu erwerbenden Flächen zu verpachten, nicht im Hinblick auf den an seinen Sohn verpachteten Betrieb als erwerbsbereiten Landwirt ansehen würde. Neben der auf den verpachteten Betrieb bezogenen Sichtweise sei auch die Gesamtunternehmung des Erwerbsinteressenten in den Blick zu nehmen. Bei der Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG seien die tatsächlichen Änderungen der Agrarstruktur zu berücksichtigen. Die Landwirtschaft werde im Bezirk des Beschwerdegerichts in zunehmender Weise durch Gesamtbetriebe geprägt. Daher werde nur eine Gesamtbetrachtung der Unternehmen dem Gesetzeszweck, überlebensfähige landwirtschaftliche Betriebe zu schaffen und zu erhalten, gerecht. Nach dieser Gesamtbetrachtung sei der Erwerbsinteressent ein leistungsfähiger Landwirt. Er sei Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen, die er neben hinzugepachteten Flächen zumindest über seine Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) selbst bewirtschafte. Der Gesamtbetrieb werde durch die Beteiligung des Erwerbsinteressenten an den verschiedenen Unternehmenssparten geprägt. Auch der an seinen Sohn verpachtete Betrieb, dem die Flächen zugeordnet werden sollten, gehöre zu dem Gesamtbetrieb des Erwerbsinteressenten.
Rz. 6
Dass der Vertrag im Ergebnis der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum und damit einem nach § 9 Abs. 6 GrdstVG zu berücksichtigenden Gemeinwohlbelang dienen und zudem einem im Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung von 2019 genannten Ziel entsprechen solle, hindere die Versagung der Genehmigung nicht. Der zur Auslegung des § 9 Abs. 2 GrdstVG heranzuziehende Agrarpolitische Bericht 2019 mache den Vorrang der Landwirtschaft beim Flächenerwerb deutlich; die Zielsetzung, lebendige Ortsgemeinschaften zu erhalten und attraktive Ortskerne zu gestalten, könne sich gegen diesen Vorrang nur bei Vorliegen besonderer Gründe durchsetzen. Es sei nicht ersichtlich, dass das Vorhaben für eine derartige Zielsetzung unabdingbar sei. Eine Genehmigung unter einer Verpachtungs- oder Veräußerungsauflage komme hier wegen des Ziels der Beteiligten zu 1, die Flächen mit einem Nichtlandwirt zu tauschen, nicht in Betracht.
III.
Rz. 7
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 8
1. Sie ist aufgrund der Zulassung statthaft (§ 1 Nr. 2 LwVG i.V.m. § 9 LwVG i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen nach § 9 LwVG i.V.m. § 71 Abs. 1 FamFG zulässig. Gemäß § 1 Nr. 2 LwVG gelten die Bestimmungen des Landwirtschaftsverfahrensgesetzes unter anderem für die rechtsgeschäftliche Veräußerung im Grundstücksverkehrsgesetz. Das Grundstückverkehrsgesetz gilt in Niedersachen - jedenfalls im Grundsatz - weiterhin. Zwar fällt seit dem 1. September 2006 der landwirtschaftliche Grundstücksverkehr in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 70 GG; vgl. Senat, Beschluss vom 8. Mai 2020 - BLw 2/18, AUR 2020, 294, 295). Die Regelungen des Grundstücksverkehrsgesetzes gelten aber gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Von der nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG vorgesehenen Möglichkeit, die Regelung durch Landesrecht zu ersetzen, hat der niedersächsische Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. Das am 1. September 2022 in Kraft getretene Gesetz über Grundstücksgeschäfte im Bereich der Landwirtschaft (NGrdstLwG) hat das Grundstücksverkehrsgesetz nicht ersetzt, sondern nur ergänzt (vgl. LT-Drucks 18/10699 S. 4).
Rz. 9
2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hält das Beschwerdegericht den Kaufvertrag für nicht genehmigungsfähig.
Rz. 10
a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht zunächst davon aus, dass der Kaufvertrag nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG insgesamt genehmigungspflichtig ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 GrdstVG bedarf der schuldrechtliche Vertrag über die Veräußerung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken der Genehmigung. Die Länder können nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG bestimmen, dass die Veräußerung bis zu einer bestimmten Größe keiner Genehmigung bedarf. Ein Vertrag über die Veräußerung von Grundstücken ist dann genehmigungspflichtig, wenn jedenfalls ein Grundstück die Genehmigungsfreigrenze überschreitet (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2017 - BLw 1/15, NJW-RR 2017, 1485 Rn. 8; Beschluss vom 28. April 2017 - BLw 2/16, NJW-RR 2017, 1228 Rn. 10 jeweils mwN). Dies ist hier - unabhängig davon, ob noch § 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Grundstücksverkehrsgesetz oder § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a NGrdstLwG Anwendung findet - der Fall, weil die dort jeweils geregelte Grenze von einem Hektar überschritten wird.
Rz. 11
b) Richtig ist auch, dass die Genehmigung der Veräußerung nicht nach § 6 Abs. 2 GrdstVG als erteilt gilt, weil die Genehmigungsfrist wirksam verlängert wurde. Dafür genügte die Mitteilung des Zwischenbescheides an die beurkundende Notarin, da sich deren Vollmacht nach § 3 Abs. 2 Satz 2 GrdstVG auch auf die Empfangnahme eines Zwischenbescheides erstreckt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, NJW 1993, 3061, 3062 mwN). Nach den zutreffenden Ausführungen des Beschwerdegerichts zu dem in Bezug genommenen Kaufvertrag haben die Kaufvertragsparteien die Empfangsvollmacht auch nicht ausgeschlossen.
Rz. 12
c) Zutreffend ist zudem, dass einer Versagung der Genehmigung nicht § 9 Abs. 5 GrdstVG entgegen steht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Voraussetzungen vorlägen, unter denen ein Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz ausgeübt werden kann, das Vorkaufsrecht aber nicht ausgeübt wird. Ein derartiges Vorkaufsrecht besteht hier nach § 4 Abs. 2 Satz 1 RSiedlG aber nicht, weil die Beteiligte zu 1 eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Ein Vorkaufsrecht ergibt sich auch nicht ausnahmsweise aus § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 1 Abs. 1b Satz 1 RSiedlG, weil nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts die Beteiligte zu 1 die Flächen nicht einem Land- oder Forstwirt als Ersatzland zu Verfügung stellen will. Da das Ersatzland nicht für einen Landwirt benötigt wird, ist die Genehmigung auch nicht nach § 8 Nr. 7c GrdstVG zwingend zu erteilen.
Rz. 13
d) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, geht das Beschwerdegericht auch rechtsfehlerfrei davon aus, dass die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG zu versagen ist, weil die Grundstücksveräußerung an die Beteiligte zu 1, die keine Landwirtin ist, eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens zur Folge hätte.
Rz. 14
aa) Dieser Versagungsgrund liegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats in der Regel dann vor, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (vgl. nur Senat, Beschluss vom 26. April 2002 - BLw 2/02, MDR 2002, 874; Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 10, jeweils mwN).
Rz. 15
bb) Diese Voraussetzungen liegen vor. Ein Erwerbsinteressent, der ein an einen Nichtlandwirt veräußertes landwirtschaftliches Grundstück zum Zwecke der Verpachtung erwerben will, ist in dem Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz jedenfalls dann wie ein Landwirt zu behandeln, wenn er seinen landwirtschaftlichen Betrieb an eine Person, die mit ihm familiär verbunden ist, verpachtet hat und die Hof- bzw. Betriebsnachfolge durch den Pächter sowie die Zuordnung der Fläche zu dem verpachteten Betrieb ernsthaft beabsichtigt ist.
Rz. 16
(1) Konkurriert allerdings der Erwerber eines landwirtschaftlichen Grundstücks, der das Grundstück lediglich an einen Landwirt verpachten will, mit einem aufstockungsbedürftigen Landwirt, ist der Erwerber nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich als Nichtlandwirt anzusehen. Der Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks zum Zwecke der Verpachtung ist dem Erwerb durch einen Landwirt nämlich selbst dann nicht gleichzustellen, wenn der Erwerber zu einer langfristigen Verpachtung an einen Landwirt bereit ist; die erforderliche Genehmigung ist dann zu versagen, wenn ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben. Dies ergibt sich aus dem Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, wonach der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vorbehalten bleiben soll, die ihn selbst bewirtschaften, und deren Existenz sich auf die Landwirtschaft gründet. Eine Pachtlanderweiterung gibt dem Landwirt keine dem Eigentumserwerb an den bewirtschafteten Flächen vergleichbar sichere Grundlage für langfristige Betriebsdispositionen. Eine Akkumulation landwirtschaftlicher Grundstücke im Eigentum von Personen, die nicht selbst Landwirtschaft betreiben, sondern aus der Verpachtung der Flächen an andere Landwirte Gewinn erwirtschaften, liefe den Zielen des Grundstücksverkehrsgesetzes zuwider (st.Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 22; Beschluss vom 25. November 2016 - BLw 4/15, NJW-RR 2017, 655 Rn. 25, jeweils mwN). Insoweit ist es auch nicht relevant, ob der Erwerber selbst als Landwirt tätig ist.
Rz. 17
(2) Ob, wie das Beschwerdegericht meint, dann, wenn der Erwerber Nichtlandwirt ist und der Erwerbsinteressent die landwirtschaftliche Fläche langfristig an einen Landwirt verpachten will, die Veräußerung grundsätzlich keine ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeutet und damit eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG in der Regel ausscheidet (für eine „reziproke“ Anwendung von für den Erwerber geltenden Grundsätze auf den Erwerbsinteressenten Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 9. Aufl., Rn. 2452), hat der Senat noch nicht entschieden. Gegen eine derartige Annahme könnte sprechen, dass die Verpachtung an einen Landwirt dazu führt, dass die Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung jedenfalls erhalten bleibt, während eine Veräußerung an einen Nichtlandwirt ohne Verpachtungsabsicht zur Folge hat, dass die Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung - bei einer Bebauung auch dauerhaft - entzogen wird. Dies bedarf hier aber keiner Entscheidung.
Rz. 18
(3) Denn jedenfalls kann, wie es das Beschwerdegericht richtig sieht, unter bestimmten Voraussetzungen der vom Erwerbsinteressenten beabsichtigte Erwerb zum Zwecke der Verpachtung dem beabsichtigten Erwerb durch einen Landwirt zur eigenen Nutzung der Fläche gleichgestellt werden. Ob eine derartige Gleichstellung erfolgen kann, wenn der Pächter des Betriebs, dem die zu erwerbende Fläche zugeordnet werden soll, mit dem Verpächter familiär verbunden und zugleich vorgesehener Hof- oder Betriebsnachfolger des Verpächters ist (so etwa OLG Stuttgart, AgrarR 1981, 320; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 9. Aufl., Rn. 2493 unter [14]; Kleinecke, AuR 2017, 442, 444), hat der Senat noch nicht entschieden. Das ist jedenfalls für einen - wie hier - mit einem erwerbenden Nichtlandwirt konkurrierenden Erwerbsinteressenten zu bejahen. In diesem Fall steht nicht die Gewinnerzielung des Verpächters im Vordergrund, sondern die Leistungsfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs, der zukünftig auf die nächste Generation übergehen soll; der designierte Hof- bzw. Betriebsnachfolger wiederum kann im Hinblick auf den beabsichtigten Vermögensübergang langfristige Betriebsdispositionen vornehmen. Ein Flächenerwerb durch den zukünftigen Nachfolger wird in solchen Fällen häufig ausscheiden, da dieser mangels Grundeigentum keine Kreditsicherheiten anbieten kann. Hingegen ist dem Verpächter des Betriebs als Grundstückseigentümer ein Flächenerwerb eher möglich. Der Flächenerwerb durch den Verpächter sichert in diesem Fall die Grundlage des Familienbetriebs auch in der Zukunft; er stellt dann keine ungesunde Bodenverteilung dar, sondern dient gerade dem Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG (siehe oben Rn. 16), und ist daher gegenüber einer Veräußerung an einen Nichtlandwirt vorzugswürdig.
Rz. 19
(4) Eine solche Ausnahme, bei der entgegen den allgemeinen Grundsätzen der vom Erwerbsinteressenten beabsichtigte Erwerb trotz der geplanten Verpachtung einem beabsichtigten Erwerb durch einen Landwirt gleichgestellt werden kann, kann allerdings nur bei Vorliegen von Voraussetzungen bejaht werden, die sicherstellen, dass der Gesetzeszweck des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG nicht umgangen wird. Dabei dürfen jedoch zugleich keine unerfüllbaren, der Lebenswirklichkeit widersprechenden Anforderungen aufgestellt werden, die dazu führten, dass die Ausnahme leerliefe. Denn auch dann wäre dem Gesetzeszweck, die Grundlage landwirtschaftlicher Familienbetriebe auch in der Zukunft zu sichern, nicht gedient. Unter Berücksichtigung beider Aspekte steht ein Erwerbsinteressent, der ein landwirtschaftliches Grundstück zum Zwecke der Verpachtung erwerben will, einem Landwirt jedenfalls dann gleich, wenn er seinen landwirtschaftlichen Betrieb an eine Person, die mit ihm familiär verbunden ist, verpachtet hat und die Hof- bzw. Betriebsnachfolge durch den Pächter sowie die Zuordnung der Fläche zu dem verpachteten Betrieb ernsthaft beabsichtigt ist.
Rz. 20
(a) Bei den Anforderungen, die an die Zuordnung der Fläche zu dem verpachteten Betrieb und die Hof- bzw. Betriebsnachfolge zu stellen sind, hat der Senat berücksichtigt, dass sich in dem für die Genehmigung entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht sicher feststellen lässt, ob die Zuordnung der Fläche zu dem Betrieb und die Hof- bzw. Betriebsnachfolge tatsächlich erfolgen wird. Denn es handelt sich insoweit um Vorgänge, die in der Zukunft liegen. Es kann daher grundsätzlich nur von den Absichten des Erwerbsinteressenten ausgegangen werden. Zur Wahrung des Gesetzeszweckes des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sowohl die Hof- bzw. Betriebsnachfolge als auch die Zuordnung der Fläche zu dem verpachteten Betrieb ernsthaft beabsichtigt ist.
Rz. 21
(b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, bedarf es hingegen keiner rechtlichen Sicherstellung der Hofnachfolge und der Verpachtung der Flächen.
Rz. 22
(aa) Zutreffend ist allerdings, dass der Senat den Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch den Gesellschafter zu dem Zweck, dieses als Sonderbetriebsvermögen (§ 13 Abs. 7 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) in eine Personengesellschaft einzubringen, bei wertender Betrachtung dem Erwerb durch die Gesellschaft nur dann gleichgestellt hat, wenn die Einbringung des Grundstücks in die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Gesellschafter rechtlich sichergestellt ist, wozu es regelmäßig der Begründung einer entsprechenden Beitragsverpflichtung im Gesellschaftsvertrag bedarf (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 2/14, NJW-RR 2015, 553 Rn. 21 u. 23).
Rz. 23
(bb) Diese Grundsätze können auf eine beabsichtigte innerfamiliäre Hofnachfolge aber nicht übertragen werden. Während die Einbringungsverpflichtungen eines Gesellschafters üblicherweise im Rahmen eines Gesellschaftsvertrags festgelegt sind und damit eine rechtliche Sicherstellung der Einbringung in der Regel unproblematisch nachgewiesen werden kann, werden innerfamiliäre Absprachen - insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich - häufig nicht schriftlich niedergelegt. Es ist Aufgabe des Tatrichters, sich im Rahmen der Beweisaufnahme bezogen auf die Ernsthaftigkeit der bestehenden Absichten eine Überzeugung zu bilden.
Rz. 24
cc) Ob die oben (Rn. 15) genannten Voraussetzungen vorliegen, nach denen die geplante Verpachtung an einen Landwirt dem beabsichtigten Erwerb durch einen Landwirt gleichgestellt werden kann, ist folglich eine Frage der tatrichterlichen Würdigung (§ 9 LwVG i.V.m. § 37 Abs. 1 FamFG). Diese ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und alle maßgeblichen Umstände gewürdigt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2017 - BLw 1/15, NJW-RR 2017, 1485 Rn. 15). In diesem Rahmen ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Voraussetzungen des Ausnahmefalls bejaht und den beabsichtigten Erwerb durch den Erwerbsinteressenten dem beabsichtigten Erwerb durch einen Landwirt gleichgestellt hat.
Rz. 25
(1) Das Beschwerdegericht hat nach Vernehmung des Erwerbsinteressenten als Zeugen im Rahmen einer ausführlichen Beweiswürdigung festgestellt, dass dieser seit dem Jahr 2017 seinen Betrieb, in dem ca. 22 ha des Eigenlandes des Erwerbsinteressenten zum Ackerbau genutzt werden und der über 900 Schweinemastplätze verfügt, an seinen Sohn verpachtet hat. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, bleibt nach den Ausführungen des Beschwerdegerichts nicht ungeklärt, wer dem Sohn den Betrieb verpachtet hat. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts war zwar ursprünglich die KG Betriebsgesellschaft des verpachteten Betriebs, die Verpachtung an den Sohn erfolgte sodann aber im Jahr 2017 durch den Erwerbsinteressenten. Auch ist festgestellt, dass ca. 22 ha Eigenland des Erwerbsinteressenten zu diesem Betrieb gehören. Die insofern erhobenen Verfahrensrügen greifen mithin nicht durch. Auch vermag die Rechtsbeschwerde nicht mit der Rüge durchzudringen, dass der Tatrichter gehalten gewesen sei, sich für eine derartige Überzeugungsbildung den Pachtvertrag vorlegen zu lassen. Es obliegt dem Tatrichter, zu entscheiden, welche Beweismittel er im Rahmen der Amtsermittlung (§ 9 LwVG i.V.m. § 26 FamFG) heranzieht und für seine Überzeugungsbildung (§ 9 LwVG i.V.m. § 37 Abs. 1 FamFG) für erforderlich hält (vgl. BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel [1.11.2023], § 37 Rn. 13).
Rz. 26
(2) Auch die Feststellungen des Beschwerdegerichts, dass der Sohn des Erwerbsinteressenten den Hof erben solle und aufgrund der familiären Verbundenheit und der Lage der Flächen in unmittelbarer Nähe des verpachteten Betriebs sichergestellt sei, dass die Flächen tatsächlich dem verpachteten Betrieb zugeordnet würden, sind rechtsfehlerfrei. Hieraus ergibt sich zugleich die ernsthafte Absicht des Erwerbsinteressenten bezüglich dieser Punkte.
Rz. 27
dd) Rechtlicher Nachprüfung hält es zudem stand, dass das Beschwerdegericht im Rahmen seiner wiederum nur beschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung die weiteren Voraussetzungen (oben Rn. 14) des Versagungsgrundes bejaht.
Rz. 28
(1) Rechtsfehlerfrei nimmt es zum einen den dringenden Aufstockungsbedarf des an den Sohn verpachteten Betriebs an.
Rz. 29
(a) Ob ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt, muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Ein dringender Aufstockungsbedarf kann sich insbesondere schon daraus ergeben, dass die zu erwerbenden Flächen in unmittelbarer Nähe der Hofstelle oder der bereits bewirtschafteten Flächen des kaufinteressierten Landwirts liegen und daher besonders geeignet sind, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung zu verbessern (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2017 - BLw 1/15, NJW-RR 2017, 1485 Rn. 15).
Rz. 30
(b) Das Beschwerdegericht sieht den Aufstockungsbedarf deswegen als gegeben an, weil durch den Zuerwerb der Eigenlandanteil des verpachteten Betriebs erhöht würde, die Flächen nur durch einen Wildschutzstreifen von den Flächen des an den Sohn verpachteten Betriebs getrennt sind und durch den Zuerwerb die Versorgung der in dem Betrieb vorhandenen Schweinemastplätze mit Futtermitteln besser gewährleistet würde. Gegen diese Feststellungen, die im Rahmen der Rechtsbeschwerde ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar sind (siehe oben Rn. 24), ist nichts zu erinnern. Nicht zu beanstanden ist insbesondere auch, dass das Beschwerdegericht davon ausgeht, durch den Zuerwerb und die Verpachtung würde zugleich die Leistungsfähigkeit des Betriebs, den der Sohn des Erwerbsinteressenten gepachtet hat, gesteigert und gesichert. Dass der Sohn kein eigenes Land bewirtschaftet, sondern Pächter ist, ist aus den oben (Rn. 15 ff.) genannten Gründen unerheblich.
Rz. 31
(2) Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass der Erwerbsinteressent wirtschaftlich in der Lage sei, die Flächen zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
ee) Jedenfalls im Ergebnis zutreffend geht das Beschwerdegericht auch davon aus, dass eine ungesunde Bodenverteilung insbesondere nicht deswegen verneint werden kann, weil der von der Beteiligten zu 1 verfolgte Zweck einem gemäß § 9 Abs. 6 GrdstVG zu berücksichtigenden Gemeinwohlbelang und einem im Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung von 2019 genannten Ziel entsprechen soll, der - wie der Senat bereits ausgeführt hat - im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2 GrdstVG weiterhin als Auslegungshilfe heranzuziehen ist (vgl. Beschluss vom 8. Mai 2020 - BLw 2/18, AUR 2020, 294, 295). Dahinstehen kann dabei, ob sich dem Bericht ein von den Genehmigungsbehörden zu berücksichtigendes Stufenverhältnis zwischen dem Ziel, lebendige Ortsgemeinschaften zu erhalten, attraktive Ortskerne zu gestalten und das ehrenamtliche Engagement zu fördern (Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2019, Seite 37), und dem Ziel, den Landwirtinnen und Landwirten beim Flächenerwerb Vorrang einzuräumen (vgl. Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2019, Seite 25), entnehmen lässt (vgl. hierzu - ablehnend - Senat, Beschluss vom 9. Mai 1985 - BLw 8/84, BGHZ 94, 292, 297). Denn nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist die durch die Beteiligte 1 beabsichtigte Verwendung der zu erwerbenden Flächen weder für den Erhalt lebendiger Ortsgemeinschaften noch für die Gestaltung attraktiver Ortskerne unabdingbar. Der Erwerb dient somit weder unmittelbar noch mittelbar einer Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur.
Rz. 32
ff) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des Beschwerdegerichts, dass eine Genehmigung unter einer Verpachtungsauflage als milderes Mittel schon deswegen nicht in Betracht kommt, weil die Beteiligte zu 1 den Tausch der Flächen mit einem Nichtlandwirt beabsichtigt.
Rz. 33
gg) Ob sich der beabsichtigte Erwerb auch deshalb dem beabsichtigten Erwerb durch einen Landwirt gleichstellen lässt, weil eine Gesamtbetrachtung der familiären Unternehmen, an denen der Erwerbsinteressent beteiligt ist (hier: ein Einzelunternehmen, das den Handel und die Herstellung von Futtermitteln zum Gegenstand hat, ein Einzelunternehmen, das eine Solaranlage betreibt, eine GbR, die Ackerbau betreibt und über Schweinemastplätze verfügt, ein gewerblicher Mastbetrieb als Einzelunternehmen, eine GmbH & Co. KG, die eine Biogasanlage betreibt, und eine GbR, die eine Solaranlage betreibt), vorzunehmen ist, kann offen bleiben.
IV.
Rz. 34
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Die Beteiligte zu 1 ist durch § 2 Abs. 1 Satz 1 GNotKG nicht von der Kostenpflicht befreit (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 1977 - VII ZR 181/76, NJW 1977, 2317, 2318; Beschluss vom 20. April 2010 - VI ZB 70/09, juris Rn. 5 - zu § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Rz. 35
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 61 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 1, § 47 GNotKG.
Fundstellen