Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich. Rentenbezug. Ehezeitanteil. Begrenzung des Versorgungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
a) Bezieht ein Ehegatte im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits eine Rente, ist der auf das Ende der Ehezeit bezogene Teil dieser laufenden Rente und nicht der Ehezeitanteil einer zuvor gegebenen Anwartschaft in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (Fortführung von BGH, Beschl. v. 14.3.2007 - XII ZB 142/06 - zur Veröffentlichung bestimmt).
?4A≫b) Beruht der Ehezeitanteil einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (hier ZVK-KVBW) nach neuem Satzungsrecht auf einer aus Gründen des Bestandsschutzes gewährten Startgutschrift und auf weiteren ab Januar 2002 erworbenen Versorgungspunkten, ist dieser im Wege einer gemischten Methode teils zeitratierlich, teils konkret nach erworbenen Versorgungspunkten zu ermitteln.
c) Der Ehezeitanteil einer im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich laufenden und im Leistungsstadium volldynamischen Rente ist grundsätzlich nur dann mit seinem Nominalbetrag und ohne Umrechnung nach der Barwert-Verordnung auszugleichen, wenn die Versorgung schon im Anwartschaftsstadium volldynamisch war oder die Rente schon zum Ende der Ehezeit bezogen wurde.
d) Zur Begrenzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2, § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerden des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des OLG Karlsruhe vom 12.10.2006 aufgehoben.
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 2) wird das Urteil des AG - FamG - Mosbach vom 9.6.2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Antragsgegners zu Ziff. 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Vom Rentenkonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. 64 101040 G 001) werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. 14 210251 F 506) monatliche Rentenanwartschaften i.H.v. 331,28 EUR, bezogen auf den 31.1.2003, übertragen.
b) Zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (Vers.-Nr. EVA/Z-L 220903 03009019 00) werden auf dem vorgenannten Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund monatliche Rentenanwartschaften i.H.v. 254,16 EUR, bezogen auf den 31.1.2003, begründet.
c) Der Monatsbetrag der zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und der Rechtsbeschwerde werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 2.000 EUR
Gründe
I.
[1] Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) haben am 10.8.1977 die Ehe geschlossen. Auf den Scheidungsantrag der Ehefrau, der dem Ehemann am 19.2.2003 zugestellt worden ist, hat das AG durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
[2] Während der Ehezeit (1.8.1977 bis 31.1.2003, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Eheleute Versorgungsanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) und der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (ZVK-KVBW) erworben. Die am 21.2.1951 geborene Ehefrau hat während der Ehezeit Versorgungsanwartschaften bei der DRV Bund i.H.v. monatlich 369,25 EUR und unverfallbare Anwartschaften auf eine Zusatzversorgung bei der ZVK-KVBW i.H.v. monatlich 121,95 EUR erworben. Der Antragsgegner hat am 10.10.2005 das allgemeine Rentenalter erreicht. Der Ehezeitanteil seiner Vollrente wegen Alters bei der DRV Bund beläuft sich - bezogen auf das Ende der Ehezeit - auf 1.031,80 EUR. Sein auf die Ehezeit entfallendes unverfallbares Anrecht auf die Zusatzversorgung bei der ZVK-KVBW beläuft sich auf monatlich 712,31 EUR.
[3] Das AG - FamG - hat zu Lasten des Ehemannes Versorgungsanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 331,27 EUR auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen. Außerdem hat es im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgungsanrechte des Ehemannes bei der ZVK-KVBW Rentenanwartschaften i.H.v. 325,28 EUR auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Bund begründet. Dem Antrag des Ehemannes, seine Anwartschaften auf Zusatzversorgung nicht öffentlich-rechtlich auszugleichen, sondern dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten, ist das AG nicht nachgekommen. Das OLG hat die dagegen gerichteten Beschwerden des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Mit den zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen sie ihr Begehren weiter.
II.
[4] Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2) hat in der Sache vollen Erfolg, während die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners teilweise erfolgreich ist.
[5] 1. Das OLG hat die Beschwerden des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 2) zurückgewiesen, soweit sie sich dagegen richten, dass das AG die ehezeitlichen Rentenanrechte des Ehemannes bei der ZVK-KVBW ungekürzt in den Versorgungsausgleich einbezogen hat. Entgegen den Rechtsauffassungen des OLG Celle und des KG und mit der Auffassung des OLG Saarbrücken sei der Ehezeitanteil der laufenden Zusatzversorgung des Ehemannes ungekürzt in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH seien aus Gründen der Verfahrensökonomie seit der Einführung des Abänderungsverfahrens nach § 10a VAHRG nachehezeitliche, auf individuellen Verhältnissen beruhende Änderungen, die einen anderen Ehezeitanteil der Versorgung ergäben, schon in der Erstentscheidung zu berücksichtigen, um ein späteres Abänderungsverfahren zu vermeiden. Die Berentung des Ehemannes nach Ehezeitende sei eine solche tatsächliche Veränderung. Sie führe nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls im Verfahren nach § 10a VAHRG zur Berücksichtigung des ungekürzten Ehezeitanteils der Rente und sei deswegen schon im Erstverfahren zu berücksichtigen. Auf die Wesentlichkeitsgrenze des § 10a Abs. 2 Satz 2 VAHRG komme es insoweit nicht an.
[6] Die vom Ehemann begehrte Kürzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB hat das OLG abgelehnt, weil - trotz des erheblichen Altersunterschieds - keine typische phasenverschobene Ehe vorliege. Vielmehr seien beide Parteien während der Ehezeit erwerbstätig gewesen. Ihre Ehe sei dadurch gekennzeichnet gewesen, dass der Antragsgegner zunächst studiert habe und dann bis zu seiner Berentung vollschichtig erwerbstätig gewesen sei. Dem gegenüber habe die Antragstellerin die Kinder der Parteien betreut und erzogen und daneben - wie auch noch jetzt - teilschichtig gearbeitet. Auch aus diesem Grunde habe sie während der Ehe wesentlich geringere Versorgungsanwartschaften erworben als der Ehemann. Eine Kürzung sei auch nicht deswegen geboten, weil die Ehefrau fortlaufend weitere Anwartschaften erwerben könne. Unter Berücksichtigung der gegenwärtig ausgeübten Tätigkeit und der Dauer bis zum Rentenalter sei nicht zu erwarten, dass die spätere Gesamtrente der Ehefrau den dem Ehemann verbleibenden Betrag wesentlich übersteigen werde. Anderes ergebe sich auch nicht aus den hohen Kosten des Ehemannes für seine private Kranken- und Pflegeversicherung. Zwar könne grob unbilligen Härten durch die Anwendung der Härteklausel des § 1587h Satz 1 Nr. 1 BGB (richtig: § 1587c Nr. 1 BGB) Rechnung getragen werden. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Der Ehemann habe sich aus eigenem Entschluss privat krankenversichert. Die Höhe der zu zahlenden Beiträge sei zwar unabhängig von der Höhe seiner Bezüge und bleibe im Falle des Versorgungsausgleichs deswegen unverändert; damit habe der Ehemann allerdings einen besseren Versicherungsschutz als in der gesetzlichen Krankenversicherung erworben. Aus der Höhe der zu zahlenden Beiträge könne deshalb keine grobe Unbilligkeit abgeleitet werden. Infolge des Rentnerprivilegs beziehe der Ehemann seine volle Versorgung ohnehin bis zur Berentung der Ehefrau ungekürzt weiter und könne auch die Krankenversicherungsbeiträge ohne Unterhaltsgefährdung erbringen. Wie die berufliche Entwicklung und der damit verbundene Erwerb von Versorgungsanwartschaften der Ehefrau verlaufen würden, sei ohnehin noch nicht absehbar. Ebenso wenig sei absehbar, in welchem Umfang die Ehefrau im Zeitpunkt ihrer Berentung mit Krankenversicherungsbeiträgen belastet sein werde. Schließlich könne die Zusatzversorgung auch nicht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleiben, weil dieser ggü. dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich subsidiär sei.
[7] 2. Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg, soweit sie sich gegen die ungekürzte Einbeziehung des Ehezeitanteils der Zusatzversorgung des Ehemannes richten.
[8] a) Zu Recht hat das OLG die Ehezeitanteile der Rente des Ehemannes und der Rentenanwartschaften der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587 Abs. 1 i.V.m. § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB in voller Höhe in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen. Der Ehezeitanteil der gesetzlichen Rente des Ehemannes beläuft sich auf 39,8993 Entgeltpunkte und - multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 25,86 EUR - auf 1.031,80 EUR. Die ehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaften der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung betragen 14,2787 Entgeltpunkte und belaufen sich nach Multiplikation mit dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit auf 369,25 EUR. Diese Ehezeitanteile sind schon deswegen ungekürzt in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen, weil die gesetzliche Rentenversicherung in § 1587a Abs. 3 Satz 1 BGB neben der Beamtenversorgung als Maßstabversorgung für eine Volldynamik definiert ist.
[9] b) Im Ansatz zu Recht hat das OLG auch die beiden Anrechte der Parteien bei der ZVK-KVBW in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen (§ 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB).
[10] aa) Bei der Ermittlung der Ehezeitanteile der von den Parteien jeweils erworbenen Anrechte aus der Zusatzversorgung ist es für die Ehefrau von der unverfallbaren Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung bei der ZVK-KVBW ausgegangen. Für den Ehemann hat es im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats hingegen dessen - auf das Ende der Ehezeit bezogenen - ehezeitlichen Anteil seiner bereits laufenden Zusatzversorgung zugrunde gelegt. Zwar dauerte die Betriebszugehörigkeit des Ehemannes bei Ende der Ehezeit noch an, denn die Zusatzversorgung wird erst seit Vollendung des 65. Lebensjahres ab November 2005 gezahlt. Gleichwohl sind der inzwischen eingetretene Rentenbeginn schon im Rahmen der Erstentscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zu berücksichtigen und der auszugleichende Ehezeitanteil aus der tatsächlich gezahlten Rente zu ermitteln. Denn dieser Umstand müsste zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes ohnehin im Rahmen einer späteren Abänderung nach § 10a VAHRG Berücksichtigung finden (vgl. Senatsbeschluss v. 14.3.2007 - XII ZB 142/06 - zur Veröffentlichung bestimmt). Dabei kommt es im Ausgangsverfahren nicht darauf an, ob die Wesentlichkeitsgrenze des § 10a Abs. - VAHRG erfüllt ist (Senatsbeschluss v. 9.11.1988 - IVb ZB 53/87, FamRZ 1989, 492, 493 f.).
[11] bb) Den Ehezeitanteil der Zusatzversorgungen beider Ehegatten bei der ZVK-KVBW hat das OLG - im Einklang mit den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 2) - zutreffend im Wege einer zweistufigen Berechnung ermittelt. Das ist schon deswegen erforderlich, weil die Anrechte bei der ZVK-KVBW seit der Änderung der für sie geltenden Satzung zum 1.1.2002 für Übergangsfälle - wie hier - ebenfalls zweistufig berechnet werden.
[12] Zu diesem Zeitpunkt wurde die Satzung grundlegend geändert und anstelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechung gesetzlicher Renten sowie der Regelung des § 18 BetrAVG ein sog. "Punktemodell" eingeführt. Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 der Satzung bestimmen sich die Versorgungsanrechte jetzt grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem 1.1.2002 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 EUR, multipliziert mit einem Altersfaktor nach § 34 Abs. 3 der Satzung, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich dann gem. § 33 Abs. 1 der Satzung durch eine Multiplikation der Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Messbetrag von 4 EUR. Anwartschaften, die - wie hier von beiden Parteien - bis zum 31.12.2001 erworben wurden, werden den Versicherten nach §§ 72 ff. der Satzung als "Startgutschrift" gutgeschrieben und ohne Berücksichtigung der Altersfaktoren in Versorgungspunkte umgerechnet, indem der Anwartschaftsbetrag durch den Messbetrag von 4 EUR geteilt wird. Eine Verzinsung findet auch insoweit nur im Rahmen der Überschussverteilung nach § 66 der Satzung statt (vgl. Senatsbeschlüsse v. 23.3.2005 - XII ZB 255/03, BGHReport 2005, 1057 = MDR 2005, 1113 = FamRZ 2005, 878, 879 und BGHZ 160, 41, 43 ff. = BGH v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 m. Anm. Gutdeutsch = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1474 f. [zur wortgleichen Regelung bei der VBL]).
[13] Soweit die Rente oder die Rentenanwartschaften bei der Zusatzversorgungskasse somit als Startgutschrift aus einem Anwartschaftsbetrag am 31.12.2001 ermittelt sind, ist deren Ehezeitanteil nach § 1587a Abs. 2 Nr. 3a BGB zeitratierlich aus dem Verhältnis der zusatzversorgungspflichtigen Zeit in der Ehe bis Ende 2001 zur gesamten zusatzversorgungspflichtigen Zeit bis Ende 2001 zu ermitteln. Soweit die Anwartschaften oder Renten der Zusatzversorgungskasse hingegen auf den ab Anfang 2002 erworbenen Versorgungspunkten beruhen, ist der Ehezeitanteil - wie in der gesetzlichen Rentenversicherung - nach dem Betrag zu bemessen, der sich am Ende der Ehezeit aus den auf die Ehezeit entfallenden Versorgungspunkten unter Berücksichtigung des Messbetrages von 4 EUR ergibt (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587a BGB Rz. 214 f.). Insoweit ist das OLG der zutreffenden Berechnung durch die weitere Beteiligte zu 2) gefolgt.
[14] c) Die so rechtsbedenkenfrei ermittelten Ehezeitanteile sind allerdings sowohl hinsichtlich der Anwartschaften der Ehefrau auf eine Zusatzversorgung als auch bezüglich des Anteils der schon laufenden Zusatzversorgung des Ehemannes in eine volldynamische Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen.
[15] aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind die Versorgungsanrechte bei der ZVK-KVBW nach Änderung der für sie geltenden Satzung im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu beurteilen (Senatsbeschlüsse v. 23.3.2005 - XII ZB 255/03, BGHReport 2005, 1057 = MDR 2005, 1113 = FamRZ 2005, 878, 879; v. 13.4.2005 - XII ZB 59/02, FamRZ 2005, 1460, 1461). Das gilt auch für die als Besitzstand zum 31.12.2001 festgestellte und in Versorgungspunkte umgerechnete Startgutschrift, die nach § 72 Abs. 1 Satz 3 der Satzung lediglich im Rahmen der Überschussverteilung nach § 66 der Satzung verzinst wird. Zwar ist auch insoweit in § 34 Abs. 3 der Satzung für die Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % berücksichtigt. Dass die ZVK-KVBW bisher daraus Überschüsse erzielt hätte, ist jedoch nicht ersichtlich.
[16] bb) Zu Recht hat das OLG deswegen den Ehezeitanteil dieser Anwartschaften der Ehefrau auf die Zusatzversorgung i.H.v. 121,95 EUR nach den Werten der Barwertverordnung (vgl. insoweit Senatsbeschluss v. 20.9.2006 - XII ZB 248/03, MDR 2007, 471 = BGHReport 2007, 114 = FamRZ 2007, 23, 26 f.) in eine volldynamische Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 61,75 EUR umgerechnet.
[17] Gleiches ist allerdings auch hinsichtlich des Ehezeitanteils der Zusatzversorgung des Ehemannes geboten, weil auch diese nicht schon bei Ende der Ehezeit bezogen wurde und sonst die fehlende Dynamik der Anwartschaftsphase bis zum Renteneintritt unberücksichtigt bliebe (OLG Celle v. 12.12.2005 - 10 UF 125/05, OLGReport Celle 2006, 203 = FamRZ 2006, 1041, 1042; KG v. 22.11.2005 - 19 UF 35/05, KGReport Berlin 2006, 805 = FamRZ 2006, 710). Würde die Statik der Anwartschaftsphase in der Zusatzversorgung des Ehemanns zwischen dem Ende der Ehezeit und dem späteren Rentenbeginn unberücksichtigt gelassen, liefe dies auf eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes hinaus. Sowohl die in Versorgungspunkte umgerechnete Startgutschrift als auch die noch innerhalb der Ehezeit bis einschließlich Januar 2003 erworbenen Versorgungspunkte unterlagen bis zum Rentenbeginn am 1.11.2005 keiner Anpassung. Würde der sich erst mit Rentenbeginn als volldynamisch darstellende Ehezeitanteil ungeschmälert berücksichtigt und dessen Nennbetrag der - auf das Ende der Ehezeit am 31.1.2003 bezogenen - Entscheidung zugrunde gelegt, erhielte die Ehefrau höhere Anwartschaften, als dem Ehemann verblieben. Denn der im Wege des analogen Quasisplittings auf die Ehefrau übertragene Ausgleichsbetrag würde dann durch Division mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 25,86 EUR in Entgeltpunkte umgerechnet. Die auf dem Rentenversicherungskonto der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung begründeten Entgeltpunkte würden dann vom Ende der Ehezeit bis zum Rentenbeginn des Ehemannes am 1.11.2005 nach der Entwicklung des allgemeinen Rentenwerts von 25,86 EUR auf 26,13 EUR dynamisiert. Die Ehefrau erhielte dann aus der Zusatzversorgung des Ehemannes einen vom Ende der Ehezeit bis zum Rentenbeginn dynamisierten Betrag, obwohl die Dynamisierung der Rente des Ehemannes erst ab diesem Zeitpunkt einsetzt.
[18] Dieser Auffassung steht die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen. Denn auch danach darf der ehezeitlich erworbene Anteil einer im Zeitpunkt der Entscheidung laufenden und im Leistungsstadium volldynamischen Rente nur dann mit seinem Nominalbetrag und ohne Umrechnung nach der Barwert-Verordnung ausgeglichen werden, wenn die Versorgung schon im Anwartschaftsstadium volldynamisch war (vgl. dazu Senatsbeschluss v. 20.9.2006 - XII ZB 248/03, MDR 2007, 471 = BGHReport 2007, 114 = FamRZ 2007, 23, 27) oder wenn die Rente schon zum Ende der Ehezeit bezogen wurde (Senatsbeschlüsse v. 13.4.2005 - XII ZB 238/04, BGHReport 2005, 1328 = MDR 2005, 1416 = FamRZ 2005, 1461, 1462; v. 25.9.1991 - XII ZB 68/90, MDR 1992, 265 = FamRZ 1992, 47, 48).
[19] cc) Der Ehezeitanteil einer nachehelich bewilligten, aber im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits laufenden Rente, die im Anwartschaftsstadium statisch war und erst im Leistungsstadium volldynamisch ist, kann hingegen nur ausnahmsweise und im Einzelfall mit seinem Nominalbetrag in den Versorgungsausgleich einbezogen werden, wenn dies zur Wahrung der Halbteilung geboten ist. Solches kann der Fall sein, wenn auch die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung als Maßstabversorgungen in der relevanten Zeit vom Ende der Ehezeit (hier: 31.1.2003) bis zum Beginn der Leistungsdynamik mit Rentenbeginn (hier: 1.11.2005) nicht angestiegen sind und die Statik der Anwartschaftsphase deswegen einer ebenfalls statischen Phase der Maßstabversorgungen entsprach. Weil diese Frage immer nur die vergangene Entwicklung bis zum Rentenbeginn betrifft, lässt sich die Dynamik der Maßstabversorgungen insoweit sicher beurteilen. Hier erreicht die statische Anwartschaftsphase der Zusatzversorgung allerdings auch nicht annähernd die Entwicklung der Maßstabversorgungen, die im Jahre 2003 um 1,04 % (gesetzliche Rentenversicherung) bzw. 1,74 % (Beamtenversorgung) angestiegen sind.
[20] dd) Der vom OLG ermittelte Ehezeitanteil der Zusatzversorgung des Ehemannes ist deswegen ebenfalls nach der Barwertverordnung in eine volldynamische Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Dabei ist der sich nach dem Lebensalter des Ehemannes zum Ende der Ehezeit von 62 Jahren aus der Tabelle 1 ergebende Barwert von 9,8 wegen der Leistungsdynamik um 50 % auf 14,7 zu erhöhen. Dann ergibt sich folgende Berechnung:
Ehezeitanteil der laufenden Rente |
712,31 EUR |
Jahresbetrag (712,31 EUR x 12) |
8.547,72 EUR |
Barwert (8.547,72 EUR x 14,7) |
125.651,48 EUR |
Entgeltpunkte (125.651,48x 0,0001754432) |
22,0447 EP |
Dynamische Rentenanwartschaft bei |
|
Ehezeitende (22,0447x 25,86 EUR ARW) |
570,08 EUR |
[21] d) Damit ergibt sich folgender Versorgungsausgleich:
[22] aa) Volldynamische Ehezeitanteile der Versorgungen des Ehemannes:
DRV Bund |
1.031,80 EUR |
ZVK-KVBW |
570,08 EUR |
Ehezeitliche Anwartschaften des Ehemannes insgesamt |
1.601,88 EUR |
[23] bb) Ehezeitanteile der Versorgungsanwartschaften der Ehefrau:
DRV Bund |
369,25 EUR |
ZVK-KVBW |
61,75 EUR |
Ehezeitliche Anwartschaften der Ehefrau insgesamt |
431 EUR |
[24] cc) Höhe des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs
Ehezeitliche Versorgung des Ehemannes |
1.601,88 EUR |
Ehezeitliche Versorgungsanwartschaften der Ehefrau |
431 EUR |
Differenz |
1.170,88 EUR |
Auszugleichende Anwartschaften (1/2) |
585,44 EUR |
[25] dd) Ausgleichsform
[26] In Höhe der hälftigen Differenz der Anwartschaften beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist der Versorgungsausgleich im Wege des Splittings nach § 1587b Abs. 1 BGB durchzuführen. Das ergibt folgenden Wert: (1.031,80 EUR - 369,25 EUR =) 662,55 EUR: 2 = 331,28 EUR.
[27] Wegen der weiteren auszugleichenden Anwartschaften (585,44 EUR - 331,28 EUR = 254,16 EUR) erfolgt der Versorgungsausgleich gem. § 1 Abs. 3 VAHRG im Wege des erweiterten Quasisplittings, da die ZVK-KVBW öffentlich-rechtlich organisiert ist.
[28] 3. Zu Recht hat das OLG schließlich eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB abgelehnt. Soweit sich die Rechtsbeschwerde des Ehemannes auch dagegen richtet, bleibt ihr der Erfolg versagt.
[29] a) Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig i.S.v. § 1587c Nr. 1 BGB erscheint, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die im Verfahren der Rechtsbeschwerde nur daraufhin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. Senatsbeschluss v. 29.3.2006 - XII ZB 2/02, BGHReport 2006, 855 = MDR 2006, 1115 = FamRZ 2006, 769, 770). Dem hält die angefochtene Entscheidung stand.
[30] b) Gemäß § 1587c Nr. 1 BGB findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insb. des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Ein Ausschluss oder eine Herabsetzung kommt in Betracht, wenn der Versorgungsausgleich sein Ziel, zu einer ausgewogenen sozialen Sicherheit der Ehegatten für den Fall des Alters oder der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beizutragen, nicht erreicht, sondern im Gegenteil zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen würde.
[31] Allerdings verfehlt der Versorgungsausgleich seinen Zweck im Regelfall nicht schon dann, wenn der Ausgleichsberechtigte ggü. dem Ausgleichspflichtigen nach Durchführung des Versorgungsausgleichs über eine höhere Versorgung verfügt. Von grober Unbilligkeit des Ausgleichsergebnisses kann erst dann ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass der Ausgleichsberechtigte über eine im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Altersversorgung verfügen wird oder bereits anderweitig abgesichert ist, während der Ausgleichspflichtige auf die von ihm ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (Senat, Urt. v. 23.2.2005 - XII ZB 198/01, BGHReport 2005, 833 = MDR 2005, 870 = FamRZ 2005, 696, 699). Solche Umstände liegen hier nicht vor.
[32] aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Billigkeit zwar grundsätzlich auch zu berücksichtigen, wenn die Ehegatten in einer sog. "phasenverschobenen Ehe" gelebt haben und deswegen nur ein Ehegatte während der Ehezeit Rentenanwartschaften in erheblichem Umfang erworben hat. Denn bei einem größeren Altersunterschied der Ehegatten kann die Zeit der Erwerbstätigkeit eines Ehegatten in vollem Umfang in die Ehezeit fallen, während der andere Ehegatte in der Ehezeit noch eine Berufsausbildung absolviert, aber im weiteren Berufsleben Rentenanwartschaften in gleicher Höhe erdienen kann. Der vollständige Ausgleich der ehezeitlich erworbenen Anwartschaften des älteren Ehegatten könnte dann zu einer Unbilligkeit i.S.v. § 1587c Nr. 1 BGB führen, insb. wenn er selbst dringend auf die eigenen Anwartschaften angewiesen ist (Senatsbeschluss v. 19.5.2004 - XII ZB 14/03, BGHReport 2004, 1281 = MDR 2004, 1185 = FamRZ 2004, 1181, 1183).
[33] Zu Recht hat das OLG allerdings ausgeführt, dass solche Umstände hier nicht vorliegen. Trotz des erheblichen Altersunterschieds von mehr als zehn Jahren ist die unterschiedliche Höhe der ehezeitlich erworbenen Anwartschaften nicht auf eine Phasenverschiebung im Sinne der Rechtsprechung des Senats zurückzuführen. Denn zu Beginn der Ehezeit hat auch der ausgleichspflichtige Ehemann noch studiert und keine Versorgungsanwartschaften erworben. Die geringere Höhe der ehezeitlich erworbenen Anwartschaften der Ehefrau ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sie neben der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung nur eine Teilzeittätigkeit ausüben konnte. Aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit kann die Ehefrau ihre eigenen Anwartschaften bis zum Beginn ihres Rentenalters nur noch in relativ geringem Umfang erhöhen, so dass ihre gesamte Versorgung vermutlich diejenige des Ehemannes nicht übersteigen wird. Eine unbillige Entwicklung hat das OLG im gegenwärtigen Zeitpunkt deswegen zu Recht nicht mit der gebotenen Sicherheit voraussehen können.
[34] bb) Auch die höhere Belastung des Ehemannes durch seine private Kranken- und Pflegeversicherung führt nicht zwingend zu einer Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs i.S.v. § 1587c Nr. 1 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Prüfung einer Unbilligkeit im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nach § 1587c BGB wie beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 1587h BGB von dem Bruttobetrag der Versorgungsrenten ohne Vorwegabzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auszugehen. Dass die Verpflichtung zur Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen eines Ehegatten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht berührt, so dass er weiterhin Versicherungsbeiträge nach der gesamten Altersversorgung zahlen muss, ändert daran regelmäßig nichts (Senatsbeschluss v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323, 325). Nicht anders zu beurteilen ist die hier vorliegende Konstellation mit nicht einkommensabhängigen Beiträgen für die private Kranken- und Pflegeversicherung, die sich auch nach Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht mindern und weiterhin in voller Höhe geschuldet sind (vgl. auch Senatsbeschluss v. 10.8.2005 - XII ZB 191/01, BGHReport 2006, 34 = MDR 2006, 268 = FamRZ 2005, 1982, 1983).
[35] cc) Schließlich hat das OLG zu Recht darauf abgestellt, dass sich ein Versorgungsausgleich wegen des Rentnerprivilegs nach § 101 Abs. 3 SGB VI (vgl. insoweit Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. vor §§ 1587-1587p BGB Rz. 12; Wick Der Versorgungsausgleich Rz. 14) zunächst nicht nachteilig für den Ehemann auswirkt und er die Rente bis zur Berentung der Ehefrau in ungekürzter Höhe erhalten wird. Das ermöglicht ihm die Bildung von Rücklagen für die Zeit ab Rentenbeginn der Ehefrau, wenn er auch über diese Zeit hinaus Mitglied in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung bleiben möchte. Gegenwärtig ist ohnehin nicht sicher absehbar, wie sich die Versicherungsbeiträge in der privaten und der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bis zur Berentung der Ehefrau entwickeln werden, zumal sie das allgemeine Rentenalter von 65 Jahren erst im Jahre 2016 erreichen wird.
Fundstellen
Haufe-Index 1753857 |
BGHR 2007, 755 |
EBE/BGH 2007 |
FamRZ 2007, 1084 |
NJW-RR 2007, 1153 |
FK 2008, 27 |