Leitsatz (amtlich)
a) Für die Beitreibung von rückständigen Rundfunkgebühren in Bayern ist die vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses gem. Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG maßgeblich. Eine rechtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit oder Wirksamkeit des Festsetzungsbescheids durch den Gerichtsvollzieher und das Vollstreckungsgericht findet im Vollstreckungsverfahren nicht statt. Die Rüge der Rechtswidrigkeit des Festsetzungsbescheids ist deshalb für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung auch dann ohne Bedeutung, wenn gegen den Festsetzungsbescheid Verfassungsbeschwerde erhoben worden ist.
b) Aus der in Art. 26 Abs. 7 Satz 1, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG angeordneten entsprechenden Anwendung von § 754 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergibt sich, dass der Gerichtsvollzieher zur Vornahme der Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge in Bayern durch den Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses ermächtigt ist. Führt der Gerichtsvollzieher bei Vornahme der Zwangsvollstreckung die vollstreckbare Ausfertigung nicht bei sich, liegt ein mit der Erinnerung gem. § 766 ZPO angreifbarer Verfahrensverstoß vor.
c) Nach dem im Verfahren der Erinnerung gem. § 766 ZPO maßgeblichen Beibringungsgrundsatz ist der Tatsachenstoff nach den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast von den Parteien beizubringen und ggf. zu beweisen. Es ist deshalb grundsätzlich Sache des Schuldners, solche Einwendungen substantiiert vorzubringen, die eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme unzulässig machen. Das Vollstreckungsgericht muss zwar von Amts wegen Umstände berücksichtigen, die ihm bekannt sind. Zu weiteren Nachforschungen ist es dagegen nicht verpflichtet.
Normenkette
ZPO § 750 Abs. 2, § 754 Abs. 2 S. 1, § 801; RBStV § 10; BayVwZVG Art. 24 Abs. 1, 3, Art. 26 Abs. 7 S. 1, Art. 27 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Memmingen (Beschluss vom 09.08.2017; Aktenzeichen 44 T 835/17) |
AG Neu-Ulm (Beschluss vom 09.06.2017; Aktenzeichen 14 M 1618/17) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des LG Memmingen - 4. Zivilkammer - vom 9.8.2017 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 323,64 EUR
Gründe
Rz. 1
A. Der Gläubiger, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist die unter der Bezeichnung "Bayerischer Rundfunk" tätige Landesrundfunkanstalt im Bundesland Bayern. Er betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Januar 2013 bis März 2015i.H.v. 323,64 EUR zzgl. eines Säumniszuschlags.
Rz. 2
Der Gläubiger richtete an das AG Neu-Ulm - Gerichtsvollzieherverteilerstelle - unter dem 3.3.2017 ein Vollstreckungsersuchen, in dem er die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und insb. die Bestimmung eines Termins zur Abnahme der Vermögensauskunft gem. § 802 f Abs. 1 ZPO gegen den Schuldner beantragte. Auf der dritten Seite des Vollstreckungsersuchens befand sich der Hinweis "Vollstreckungsanordnung des Bayerischen Rundfunks betreffend ... [Name und Anschrift des Schuldners]". Unter der Überschrift "Ausstandsverzeichnis über die beizutreibenden Forderungen" und dem darunter befindlichen Hinweis "Gegen den/die o.g. Beitragsschuldner(in) sind folgende Festsetzungsbescheide und Mahnungen unter der Beitragsnummer ... für die nachgenannten Zeiträume ergangen:" befand sich dort außerdem eine Aufstellung der rückständigen Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag. Außerdem enthielt die Anlage den Vermerk "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar" sowie den darunter befindlichen Hinweis:
Der Bayerische Rundfunk ist befugt, für die Vollstreckung der festgesetzten Forderungen eine Vollstreckungsanordnung zu erteilen und zu diesem Zweck die o.g. Vollstreckungsklausel "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar" auf dieses Ausstandsverzeichnis zu setzen; da diese Vollstreckungsanordnung mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wurde, ist sie ohne Unterschrift und Dienstsiegel gültig (BayVwZVG, Art. 7 des Gesetzes zur Ausführung des Rundfunkstaatsvertrags, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags).
Rz. 3
Mit Schreiben vom 15.3.2017 forderte der Gerichtsvollzieher den Schuldner zur Zahlung binnen drei Wochen auf und lud ihn für den Fall der Nichtzahlung zur Abgabe der Vermögensauskunft. Zum angesetzten Termin erschien der Schuldner zwar, gab aber keine Vermögensauskunft ab, sondern übergab dem Gerichtsvollzieher ein Schreiben, in dem er u.a. ausführte, die ihm vom Gerichtsvollzieher "zugesandten Schriftstücke" seien mit der deutschen Rechtsprechung nicht vereinbar. Der Schuldner erklärte, das Schreiben sei als Erinnerung gem. § 766 ZPO auszulegen. Außerdem legte der Schuldner ein Schreiben der Geschäftsstelle des Ersten Senats des BVerfG vom 2.3.2017 vor und erklärte hierzu, dass er in der vorliegenden Sache Verfassungsbeschwerde eingelegt habe. Es möge daher zunächst über die Erinnerung und die Verfassungsbeschwerde entschieden werden.
Rz. 4
Mit Beschluss vom 9.6.2017 hat das Vollstreckungsgericht die Erinnerung des Schuldners sowie dessen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Antrag weiter, die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Januar 2013 bis März 2015 einzustellen.
Rz. 5
B. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Schuldners für zulässig, aber unbegründet gehalten. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Rz. 6
Die für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen anwendbaren, im Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (nachfolgend BayVwZVG) geregelten Vollstreckungsvoraussetzungen lägen im Streitfall vor. Soweit der Schuldner materiell-rechtliche Einwendungen vortrage, seien diese im Vollstreckungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Der Schuldner berufe sich zu Unrecht darauf, dass angesichts einer anhängigen Verfassungsbeschwerde keine Entscheidung im vorliegenden Verfahren ergehen könne. Es stehe ihm frei, im Verfahren vor dem BVerfG um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen. Außerdem bestünden Zweifel, ob das beim BVerfG anhängige Verfahren überhaupt die vorliegende Angelegenheit betreffe.
Rz. 7
C. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist zurückzuweisen.
Rz. 8
I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen der Vollstreckung im Streitfall vorliegen.
Rz. 9
1. Der Kläger war als zuständige Vollstreckungsbehörde berechtigt, die Zwangsvollstreckung durch ein für vollstreckbar erklärtes Ausstandsverzeichnis anzuordnen.
Rz. 10
a) Rückständige Rundfunkbeiträge werden gem. § 10 Abs. 5 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 17.12.2010 (RBStV) durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 6 RBStV). Gemäß § 801 ZPO i.V.m. Art. 7 Satz 1 des bayerischen Ausführungsgesetzes Rundfunk (AGRf) werden in Bayern rückständige Rundfunkbeiträge nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sowie Zinsen, Kosten und Säumniszuschläge, die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV in Verbindung mit den entsprechenden Satzungsregelungen zu entrichten sind, im Vollstreckungsverfahren nach den Vorschriften des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes beigetrieben.
Rz. 11
Für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen sowie Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen ist der Kläger als Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 1 Abs. 1 Bayerisches Rundfunkgesetz) gem. Art. 27 Abs. 1 Satz 1 und Art. 26 Abs. 1 BayVwZVG i.V.m. Art. 7 Satz 2 AGRf die zuständige Anordnungsbehörde.
Rz. 12
Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG ordnet die Anordnungsbehörde die Vollstreckung dadurch an, dass sie auf eine Ausfertigung des Leistungsbescheids oder eines Ausstandsverzeichnisses die Klausel setzt: "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar". Art. 7 Satz 2 AGRf bestimmt, dass der Kläger befugt ist, für die Vollstreckung dieser Forderungen eine Vollstreckungsanordnung zu erteilen und zu diesem Zweck die Vollstreckungsklausel auf die Ausfertigung des Leistungsbescheids oder eines Ausstandsverzeichnisses zu setzen. Bei einer Vollstreckungsanordnung, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können Unterschrift und Dienstsiegel fehlen (Art. 7 Satz 3 AGRf, Art. 24 Abs. 3 BayVwZVG).
Rz. 13
b) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass diese Vollstreckungsvoraussetzungen im Streitfall vorliegen. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandet.
Rz. 14
2. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde die Vollstreckung sei rechtswidrig, weil nicht ersichtlich sei, dass dem Gerichtsvollzieher das Original des Ausstandsverzeichnisses vorgelegen habe, so dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gem. § 754 ZPO nicht erfüllt gewesen seien.
Rz. 15
a) Gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 1, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG sind auf die Vollstreckung von Ausstandsverzeichnissen die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung mit Ausnahme der §§ 883 bis 898 ZPO und damit auch § 754 ZPO entsprechend anzuwenden. Aus der entsprechenden Anwendung von § 754 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergibt sich, dass der Gerichtsvollzieher zur Vornahme der Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge in Bayern durch den Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses ermächtigt ist. Führt der Gerichtsvollzieher bei Vornahme der Zwangsvollstreckung die vollstreckbare Ausfertigung nicht bei sich, liegt ein mit der Erinnerung gem. § 766 ZPO angreifbarer Verfahrensverstoß vor (Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 754 Rz. 12; Heßler in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl., § 754 Rz. 74 f.; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 754 Rz. 12; Saenger/Kindl, ZPO, 7. Aufl., § 754 Rz. 8; Ulrici in BeckOK.ZPO, Stand 1.3.2018, § 754 Rz. 13).
Rz. 16
b) Ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 754 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegt im Streitfall nicht vor.
Rz. 17
aa) Der Gerichtsvollzieher war bei Vornahme der hier maßgeblichen Vollstreckungsmaßnahme im Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses vom 3.3.2017. Das Vollstreckungsgericht hat festgestellt, dass das Ausstandsverzeichnis im Original vorliegt und an dessen Echtheit kein Zweifel besteht. Dies wird bestätigt durch den Inhalt der vom Senat beigezogenen Akte des Gerichtsvollziehers. Die Rechtsbeschwerde hat nach Einsichtnahme in die Akte des Gerichtsvollziehers nicht mehr in Abrede gestellt, dass dem Gerichtsvollzieher das Original des Ausstandsverzeichnisses vorgelegen hat.
Rz. 18
bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, der Gerichtsvollzieher habe nicht seiner Verpflichtung entsprochen, dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses im Original als Ausweis der Zwangsvollstreckung vorzulegen.
Rz. 19
(1) Der Gerichtsvollzieher ist allerdings gem. § 31 Abs. 5 Satz 4 der Gerichtsvollzieher-Geschäftsanweisung (GVGA) gehalten, die vollstreckbare Ausfertigung bei Vollstreckungshandlungen stets bei sich zu tragen und sie auf Verlangen vorzuzeigen (vgl. Zöller/Seibel, a.a.O., § 754 Rz. 6; Sievers in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 754 Rz. 7; Heßler in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 754 Rz. 67).
Rz. 20
(2) Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, dass der Schuldner im Wege der Erinnerung gem. § 766 ZPO gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorgehen kann, wenn der Gerichtsvollzieher unter Außerachtlassung der Verpflichtung gem. § 31 Abs. 5 Satz 4 GVGA ohne Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung vollstreckt, obwohl der Schuldner die Vorlage verlangt hat (Zöller/Seibel, a.a.O., § 754 Rz. 6; Heßler in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 754 Rz. 75; Saenger/Kindl, a.a.O., § 754 Rz. 8). Diese Auffassung begegnet Bedenken, weil sich der Bestimmung des § 754 ZPO keine Vorlagepflicht auf Verlangen entnehmen lässt, sich aus der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher lediglich Auslegungshilfen sowie Amtspflichten des Gerichtsvollziehers ergeben (§ 1 Satz 2 und Satz 2 GVGA) und ein Verstoß gegen diese Pflichten daher für sich genommen nicht mit der Erinnerung gem. § 766 ZPO angegriffen werden kann (Zöller/Herget, a.a.O., § 766 Rz. 11; Preuß in BeckOK.ZPO, a.a.O., § 766 Rz. 11; Lackmann in Musielak/Voit, a.a.O., § 766 Rz. 22; K. Schmidt in MünchKomm/ZPO/Brinkmann, a.a.O., § 766 Rz. 34).
Rz. 21
(3) Ob eine Vorlagepflicht des Gerichtsvollziehers auf Verlangen des Schuldners im Wege der Auslegung auch aus § 754 Abs. 2 ZPO entnommen werden kann, muss im Streitfall nicht entschieden werden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Schuldner vom Gerichtsvollzieher die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses verlangt und dieser daraufhin die Vorlage verweigert hat. Abweichendes macht auch die Rechtsbeschwerde nicht geltend.
Rz. 22
3. Soweit die Rechtsbeschwerde dahin zu verstehen ist, dass gerügt werden soll, dem Schuldner sei keine vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses zugestellt worden, hat sie ebenfalls keinen Erfolg.
Rz. 23
a) Gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 1, Art. 27 Abs. 1 Satz 1 BayVwZVG sind auf die Vollstreckung von Ausstandsverzeichnissen die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung mit Ausnahme der §§ 883 bis 898 ZPO und damit auch § 750 ZPO entsprechend anzuwenden. Die in Abs. 2 dieser Bestimmung angeordnete Pflicht zur Aushändigung der Vollstreckungsunterlagen an den Vollstreckungsschuldner dient dazu, die Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung nachzuprüfen (Zöller/Seibel, a.a.O., § 750 Rz. 1). Es soll gewährleistet werden, dass sich der Schuldner anhand der ihm zugestellten Urkunden zuverlässig über die Umstände der bevorstehenden Zwangsvollstreckung informieren kann. Die Zustellung dient mithin der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs in der Zwangsvollstreckung (vgl. BGH, Beschl. v. 13.10.2016 - V ZB 174/15, NJW 2017, 411 Rz. 14; Heßler in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 750 Rz. 9; Lackmann in Musielak/Voit, a.a.O., § 750 Rz. 1). Für die gem. Art. 26 Abs. 7 Satz 1 BayVwZVG angeordnete entsprechende Anwendung des § 750 Abs. 2 ZPO bedeutet dies, dass dem Schuldner vor Beginn der Zwangsvollstreckung oder gleichzeitig mit ihrem Beginn eine vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses zugestellt werden muss. Eventuelle Zustellungsmängel könnten gem. § 189 ZPO geheilt werden (BGH NJW 2017, 411 Rz. 21; Zöller/Seibel, a.a.O., § 750 Rz. 16; Saenger/Kindl, a.a.O., § 750 Rz. 7).
Rz. 24
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass dem Schuldner die Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft ausweislich der bei der Akte des Gerichtsvollziehers befindlichen Postzustellurkunde am 16.3.2017 zugestellt worden ist. Aus der Stellungnahme des Gerichtsvollziehers gegenüber dem Vollstreckungsgericht vom 12.5.2017 ergibt sich, dass der Ladung ein Abdruck des "Vollstreckungsersuchens/Titels" beigefügt war. Entsprechendes ergibt sich aus dem als Erinnerung auszulegenden Schreiben des Schuldners vom 5.4.2017 und der Beschwerdeschrift des Schuldners vom 25.6.2017. In diesen Schreiben nimmt der Schuldner inhaltlich auf das ihm mit der Ladung vom 15.3.2017 zugestellte Vollstreckungsersuchen mit dem Ausstandsverzeichnis des Gläubigers vom 3.3.2017 Bezug. Die Rechtsbeschwerde stellt diese Umstände nicht in Frage und macht auch sonst keine konkreten Umstände geltend, die an einer ordnungsgemäßen Zustellung des vollstreckbaren Ausstellungsverzeichnisses zusammen mit der Ladung vom 15.3.2017 zweifeln lassen.
Rz. 25
4. Das Beschwerdegericht ist außerdem im Ergebnis mit Recht davon ausgegangen, dass der Durchführung der Zwangsvollstreckung nicht der Umstand entgegensteht, dass sich der Schuldner auf eine von ihm eingelegte Verfassungsbeschwerde berufen hat.
Rz. 26
a) Das Beschwerdegericht ist davon ausgegangen, es sei ausgeschlossen, dass sich der Schuldner mit seiner Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die im Streitfall maßgeblichen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gewendet habe. Gegenstand des Zwangsvollstreckungsverfahrens sei ein Vollstreckungsersuchen vom 3.3.2017, während die Verfassungsbeschwerde ausweislich des vom Schuldner zur Grundlage seiner Einwendung gemachten Schreibens des BVerfG bereits am 25.2.2017 eingegangen sei. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Rz. 27
b) Allerdings wäre es im Streitfall nach dem zeitlichen Ablauf möglich, dass sich die Verfassungsbeschwerde des Schuldners gegen den dem Vollstreckungsverfahren zugrunde liegenden Festsetzungsbescheid richtet. Der Durchführung der Zwangsvollstreckung stünde dies aber nicht entgegen.
Rz. 28
aa) Gegenstand des Ausstandsverzeichnisses ist der dort bezeichnete Festsetzungsbescheid vom 1.2.2016. Nach den Ausführungen der Beschwerdeerwiderung hat der Schuldner gegen diesen Bescheid am 18.2.2016 beim VG Augsburg Anfechtungsklage erhoben, die am 22.7.2016 abgewiesen wurde. Der dagegen vom Schuldner eingereichte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17.1.2017 abgelehnt. Es ist nicht fernliegend, dass sich die am 25.2.2017 eingegangene Verfassungsbeschwerde des Schuldners gegen diese rechtswegerschöpfende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs richtet.
Rz. 29
bb) Einen solchen Sachverhalt hat die Rechtsbeschwerde aber schon nicht geltend gemacht. Sie hat sich lediglich auf Schriftstücke des Gläubigers bezogen, in denen der Schuldner zur Zahlung aufgefordert und die Zwangsvollstreckung angedroht worden sei.
Rz. 30
cc) Es ist auch im Übrigen weder von der Rechtsbeschwerde gerügt noch ersichtlich, dass das Beschwerdegericht einen vom Schuldner gehaltenen konkreten Vortrag zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde nicht berücksichtigt hat.
Rz. 31
(1) Für das Verfahren der Erinnerung gelten die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze (Zöller/Herget, a.a.O., § 766 Rz. 27). So ist das Erinnerungsverfahren vom Beibringungsgrundsatz beherrscht (K. Schmidt in MünchKomm/ZPO/Brinkmann, a.a.O., § 766 Rz. 45; Saenger/Kindl, a.a.O., § 766 Rz. 16). Der Tatsachenstoff ist nach den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast von den Parteien beizubringen und ggf. zu beweisen (Zöller/Herget, a.a.O., § 766 Rz. 27; Preuß in BeckOK.ZPO, a.a.O., § 766 Rz. 37; Sternal in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, a.a.O., § 766 Rz. 48). Es ist deshalb grundsätzlich Sache des Schuldners, solche Einwendungen vorzubringen, die eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme unzulässig machen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.9.2014 - VII ZB 21/13, NJW 2015, 157 Rz. 15; Saenger/Kindl, a.a.O., § 766 Rz. 16). Das Vollstreckungsgericht muss zwar von Amts wegen Umstände berücksichtigen, die ihm bekannt sind. Zu weiteren Nachforschungen ist es aber nicht verpflichtet (BGH NJW 2015, 157 Rz. 15).
Rz. 32
(2) Diesen Anforderungen an seine Darlegungslast ist der Schuldner nicht nachgekommen. Er hat sein Begehren auf Einstellung der Zwangsvollstreckung lediglich durch eine Bezugnahme auf das Schreiben des BVerfG vom 2.3.2017 gestützt, aus dem sich keinerlei Umstände ergeben, die auf einen Zusammenhang mit dem Gegenstand des vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahrens hindeuten. Dies genügt den Anforderungen an eine schlüssig begründete Rüge im Erinnerungsverfahren nicht.
Rz. 33
dd) Im Übrigen wäre das Zwangsvollstreckungsverfahren auch dann nicht einzustellen, wenn sich die vom Schuldner eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen den dem streitgegenständlichen Ausstandsverzeichnis zugrunde liegenden Festsetzungsbescheid richtete.
Rz. 34
(1) Grundlage der Zwangsvollstreckungsmaßnahme des Gläubigers ist nicht der Bescheid, mit dem die Rundfunkgebühren sowie eventuelle Säumniskosten und Mahngebühren festgesetzt werden, sondern das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde (vgl. BGH, Beschl. v. 11.6.2015 - I ZB 64/14, AfP 2016, 48 Rz. 54; Beschl. v. 27.4.2017 - I ZB 91/16, NVwZ-RR 2017, 893 Rz. 22). Für die Beitreibung von rückständigen Rundfunkgebühren in Bayern ist insoweit die vollstreckbare Ausfertigung des Ausstandsverzeichnisses gem. Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG maßgeblich. Die rechtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit oder Wirksamkeit des Festsetzungsbescheids durch den Gerichtsvollzieher und das Vollstreckungsgericht findet dagegen im Vollstreckungsverfahren nicht statt (BGH, NVwZ-RR 2017, 893 Rz. 22). Die Rüge der Rechtswidrigkeit des Festsetzungsbescheids ist deshalb für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung auch dann ohne Bedeutung, wenn gegen den Festsetzungsbescheid Verfassungsbeschwerde erhoben worden ist.
Rz. 35
(2) Damit ist kein Rechtsschutzdefizit verbunden. Der Schuldner kann sowohl vor Einleitung der Vollstreckung als auch nach einer Entrichtung der Gebühr nebst eventueller Säumniszuschläge den Verwaltungsrechtsweg beschreiten (vgl. BVerfG, ZUM 2008, 592 Rz. 21 bis 23; BGH AfP 2016, 48 Rz. 53; NVwZ-RR 2017, 893 Rz. 22). Ist der Schuldner im Verwaltungsrechtsweg erfolglos geblieben und legt er Verfassungsbeschwerde ein, kann er zur Abwendung von schwerwiegenden Nachteilen, die ihm durch die Vollstreckung drohen, den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 32 BVerfGG beantragen. Davon sind sowohl das Vollstreckungsgericht als auch das Beschwerdegericht im Streitfall ausgegangen, ohne dass die Rechtsbeschwerde insoweit Rügen erhoben hat. Ist der Schuldner mit seiner Verfassungsbeschwerde erfolgreich, kann er gem. § 10 Abs. 3 RBStV die Erstattung der eventuell im Rahmen der Vollstreckung bezahlten Beiträge verlangen (vgl. BVerfG, ZUM 2008, 592 Rz. 23).
Rz. 36
5. Soweit die Rechtsbeschwerde auf den Vorlagebeschluss des LG Tübingen vom 3.8.2017 (Aktenzeichen 5 T 121/17, juris) hinweist und insoweit geltend macht, dass der Gerichtshof der Europäischen Union auch zu den im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen zu befinden haben werde, hat sie keine konkreten Rügen gegen die mit dem vorliegenden Rechtsmittel angegriffene Entscheidung des Beschwerdegerichts erhoben und auch keine Anträge gestellt. Der Beschluss des LG Tübingen und das damit eingeleitete Vorlageverfahren ist für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen nicht von Bedeutung.
Rz. 37
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
NVwZ 2019, 253 |
NVwZ 2019, 9 |
WM 2018, 2281 |
DGVZ 2019, 36 |
JZ 2019, 39 |
MDR 2019, 58 |
Rpfleger 2019, 98 |
ZUM 2019, 253 |
K&R 2019, 43 |