Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der durch Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente wegen Unterhalts. Berufsständische Versorgung. Erfordernis unzumutbarer Härte
Leitsatz (amtlich)
Die Aussetzung der Kürzung des Versorgungsausgleichs wegen Unterhalt hat nicht zur Voraussetzung, dass die Unterhaltsbelastung für den Ausgleichspflichtigen ohne die Anpassung eine unzumutbare Härte darstellt.
Normenkette
VersAusglG § 33
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Beschluss vom 30.01.2013; Aktenzeichen 20 UF 58/12) |
AG Pforzheim (Entscheidung vom 06.03.2012; Aktenzeichen 2 F 430/11) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des OLG Karlsruhe vom 30.1.2013 wird auf Kosten der Antraggegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 5.000 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.
Rz. 2
Auf den am 12.1.2010 zugestellten Antrag hatte das FamG die am 18.5.1979 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Beteiligten (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Rz. 3
Während der Ehezeit (1.5.1979 bis 31.12.2009, § 3 Abs. 1 VersAusglG) erwarb der Ehemann Anrechte bei der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung (Antragsgegnerin), bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und bei einer kommunalen Zusatzversorgungskasse; die Ehefrau erwarb Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemanns bei der Antragsgegnerin zugunsten der Ehefrau ein Anrecht i.H.v. 1.346,29 EUR monatlich übertragen und auch seine übrigen Versorgungsanrechte intern geteilt wurden. Zulasten der Anrechte der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung wurden im Wege der internen Teilung 2,6669 Entgeltpunkte auf den Ehemann übertragen.
Rz. 4
Seit Dezember 2011 bezieht der Ehemann eine Altersrente von der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung i.H.v. monatlich 1.778,59 EUR. Ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs hätte die Rente des Ehemanns in der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung 3.124,88 EUR betragen.
Rz. 5
Daneben bezieht der Ehemann monatlich 407,28 EUR aus der kommunalen Zusatzversorgung sowie ein Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit i.H.v. monatlich rund 10.000 EUR; dem stehen unterhaltsrechtlich relevante Belastungen von monatlich 1.277,41 EUR gegenüber. Die Ehefrau bezieht ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.480,21 EUR, das um Versicherungsbeiträge i.H.v. monatlich 374,32 EUR zu kürzen ist. Außerdem bewohnt sie ein im Eigentum des Ehemanns stehendes Familienheim bis längstens Dezember 2013 mietfrei.
Rz. 6
Die Ehefrau bezieht keine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich übertragenen Anrecht. Aufgrund einer am 20.9.2011 geschlossen Unterhaltsvereinbarung zahlt der Ehemann ihr einen monatlichen Unterhalt von 1.000 EUR befristet bis einschließlich Mai 2019.
Rz. 7
Das FamG hat dem am 22.11.2011 gestellten Antrag des Ehemanns, die Kürzung seiner laufenden Versorgung gem. § 33 VersAusglG i.H.v. monatlich 1.000 EUR auszusetzen, stattgegeben. Das OLG hat die Beschwerde der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung zurückgewiesen; hiergegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 8
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 9
1. Das OLG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 33 VersAusglG sei die Norm auf die Antragsgegnerin als berufsständische Versorgung anwendbar. Der Ehefrau stünde ohne Kürzung durch den Versorgungsausgleich ein fiktiver nachehelicher Unterhalt i.H.v. wenigstens monatlich 1.000 EUR zu. Ob und in welchem Umfang sich die Kürzung der Versorgung auf den Unterhaltsanspruch auswirke, sei für die Aussetzung der Kürzung unerheblich.
Rz. 10
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
Rz. 11
a) Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.
Rz. 12
Nach § 32 VersAusglG ist die Anpassung der Rentenkürzung wegen einer fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zwar nur für Regelsicherungssysteme vorgesehen. Zu diesen Regelsicherungssystemen gehört aber die bei der Antragsgegnerin erworbene berufsständige Versorgung, da diese zu einer Befreiung von der Sozialversicherungspflicht führen kann (§ 32 Nr. 3 VersAusglG).
Rz. 13
b) Zu Unrecht meint die Beschwerdeführerin, die Anwendung des § 33 VersAusglG setze das Vorliegen einer unzumutbaren Härte voraus, welche dann nicht gegeben sei, wenn bei überdurchschnittlichen Einkünften des Ausgleichspflichtigen die Kürzung seiner Versorgung keine wesentliche Beeinträchtigung seines Lebensstandards bewirke, die Aussetzung der Kürzung jedoch zu einer unzumutbaren Belastung der in der berufsständischen Versorgung zusammengeschlossenen Solidargemeinschaft führe. Denn das Vorliegen einer unzumutbaren Härte gehört nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 VersAusglG.
Rz. 14
Der Anwendungsbereich des § 33 VersAusglG ist auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift auf solche Fälle zu beschränken, in denen sich durch die Kürzung im Wege des Versorgungsausgleichs bei gleichzeitiger Unterhaltspflicht eine unzumutbare Härte für den ausgleichspflichtigen Ehegatten ergäbe (vgl. auch BGH v. 7.11.2012 - XII ZB 271/12, FamRZ 2013, 189 Rz. 18 ff.). Zwar mag die Vermeidung unzumutbarer Härten - im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 53, 257, 303 f. = FamRZ 1980, 326, 335) - das Grundmotiv für die Regelungen der §§ 5, 6 VAHRG und jetzt des § 33 VersAusglG dargestellt haben (vgl. BT-Drucks. 9/562, 7). Bei der Ausformung des § 33 VersAusglG hat der Gesetzgeber jedoch die durch gleichzeitige Unterhaltsbelastung und Rentenkürzung eintretende Doppelbeanspruchung für sich genommen als Härte eingestuft und die Frage der Unzumutbarkeit (nur) daran angeknüpft, dass bestimmte Wertgrenzen überschritten werden müssen (§ 33 Abs. 2 VersAusglG). Dass darüber hinaus eine Abwägung der Interessen des Ausgleichspflichtigen mit denen der Solidargemeinschaft vorgenommen werden müsste, entspricht nicht der Intention des Gesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 5081559 |
EBE/BGH 2013, 259 |
FamRZ 2013, 1547 |
FuR 2013, 647 |
NJW-RR 2013, 1155 |
JZ 2013, 547 |
MDR 2013, 1102 |
NJ 2013, 5 |
FF 2013, 377 |
FamFR 2013, 368 |
FamRB 2013, 355 |
FamRB 2013, 6 |
NJW-Spezial 2013, 582 |