Verfahrensgang
AGH Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 09.05.2014; Aktenzeichen 2 AGH 4/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Rechtsanwältin gegen den Beschluss des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2014 wird auf ihre Kosten verworfen.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Das Anwaltsgericht K. hatte gegen die Rechtsanwältin wegen einer Pflichtverletzung gemäß § 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO ein Vertretungsverbot für die Bereiche des gesamten Strafrechts und des Ordnungswidrigkeitenrechts für die Dauer eines Jahres verhängt. Die Berufung der Rechtsanwältin war erfolglos geblieben. Der Senat hatte die Revision gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 18. Dezember 2013 als unbegründet verworfen.
Rz. 2
Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 beantragte die Rechtsanwältin bei der Rechtsanwaltskammer K., das Wirksamwerden des Vertretungsverbots bis zum Ablauf des 30. Juni 2014 aufzuschieben. Dies lehnte die Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 28. Januar 2014 ab. Mit Schreiben vom 31. Januar 2014 stellte die Rechtsanwältin beim Anwaltsgericht K. den Antrag, das Vertretungsverbot für sechs Monate aufzuschieben. Auf den Hinweis des Anwaltsgerichts, dass es für die Entscheidung unzuständig sein dürfte, nahm die Rechtsanwältin den Antrag zurück und stellte ihn unter dem 20. Februar 2014 beim Anwaltsgerichtshof. Ferner beantragte sie, eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Der Anwaltsgerichtshof verwarf den Antrag durch Beschluss vom 9. Mai 2014 als unzulässig, weil nicht er, sondern das Anwaltsgericht K. zuständig sei. Gegen diesen Beschluss hat die Rechtsanwältin sofortige Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die sofortige Beschwerde ist unzulässig.
Rz. 4
1. Die Bundesrechtsanwaltsordnung enthält keine Vorschrift, die – wie § 145 Abs. 3 und § 157 BRAO für andere Entscheidungen – ausdrücklich die Beschwerde gegen einen Beschluss des Anwaltsgerichtshofs im Vollstreckungsverfahren vorsieht. Die Voraussetzungen des § 112a Abs. 2 Nr. 2 BRAO sind schon deshalb nicht erfüllt, weil der Anwaltsgerichtshof in der angefochtenen Entscheidung die Beschwerde zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hat.
Rz. 5
2. Ein statthaftes Rechtsmittel ergibt sich auch nicht aus der in § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO zur Ergänzung angeordneten sinngemäßen Anwendung der Strafprozessordnung.
Rz. 6
Nach § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO sind Beschwerden gegen Verfügungen und Beschlüsse der Oberlandesgerichte, die nicht im ersten Rechtszug erlassen worden sind, nicht statthaft. Der Anwaltsgerichtshof steht insoweit einem Oberlandesgericht gleich (st. Rspr.; u.a. BGH, Beschluss vom 23. Juli 1990 – AnwSt (B) 3/90, BGHR BRAO § 116 Satz 2 Anfechtbarkeit 2; Beschluss vom 25. März 1991 – AnwSt (B) 27/90, BGHSt 37, 356, 357 jeweils m.w.N.; Beschluss vom 7. November 1960 – AnwSt (B) 1/60). Im anwaltsgerichtlichen Verfahren ist der Anwaltsgerichtshof nicht erstinstanzlich tätig (vgl. §§ 142, 143 BRAO). Dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag unmittelbar dort gestellt hat, ändert nichts an dieser Zuständigkeitsregelung. Darüber hinaus sind selbst dann, wenn das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug zuständig ist, nur die in § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO ausdrücklich genannten Entscheidungen mit der Beschwerde anfechtbar. Der Aufschub und die Aussetzung eines Berufsverbots sind dort nicht genannt. Danach ist der vom Anwaltsgerichtshof erlassene Beschluss nicht nach den Vorschriften der Strafprozessordnung anfechtbar.
Rz. 7
3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für den Erlass der begehrten Entscheidung aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses das Anwaltsgericht funktionell zuständig ist. Der Rechtsanwältin wird anheim gegeben, den zurückgenommenen Antrag erneut zu stellen.
III.
Rz. 8
Die Kostenentscheidung folgt aus § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Unterschriften
Kayser, Roggenbuck, Seiters, Martini, Quaas
Fundstellen
Haufe-Index 7446126 |
AnwBl 2015, 94 |