Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit bei Versorgungsausgleich
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG sind rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.
2. Dies gilt auch, wenn sich die maßgebliche Versorgungsordnung in einer Weise ändert, die sich auf die Qualität oder die Höhe der Versorgungsanwartschaften auswirkt.
Normenkette
VersAusglG § 5 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des 2. Familiensenats des OLG Jena vom 7.11.2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das OLG zurückverwiesen.
Verfahrenswert: 1.200 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Auf den am 5.11.2009 zugestellten Antrag hat das FamG die am 19.3.1977 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) - insoweit rechtskräftig - geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Rz. 2
Beide Ehegatten haben während der Ehezeit (1.3.1977 bis 31.10.2009; § 3 Abs. 1 VersAusglG) Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, die das FamG jeweils durch interne Teilung ausgeglichen hat.
Rz. 3
Darüber hinaus hat die Ehefrau Anrechte auf eine beamtenrechtliche Versorgung beim Freistaat Thüringen erworben, die das FamG im Wege der externen Teilung durch Begründung eines Anrechts bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland unter Anordnung einer Umrechnung in Entgeltpunkte ausgeglichen hat. Auf die hiergegen vom Freistaat Thüringen und vom Ehemann eingelegten Beschwerden hat das OLG den Ausgleichswert des Anrechts auf 548,95 EUR monatlich angehoben, es jedoch bei der angeordneten Umrechnung in Entgeltpunkte - anstatt, wie mit der Beschwerde verfolgt, in Entgeltpunkte (Ost) - belassen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Freistaats Thüringen.
II.
Rz. 4
Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Rz. 5
1. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG sind rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Das gilt auch, wenn sich die maßgebliche Versorgungsordnung in einer Weise ändert, die sich auf die Qualität oder die Höhe der Versorgungsanwartschaften auswirkt (vgl. BGH v. 7.12.2005 - XII ZB 197/04, FamRZ 2006, 321, 322; v. 26.10.1989 - IVb ZB 81/87, FamRZ 1990, 382, 383; v. 9.7.1986 - IV b ZB 32/83, FamRZ 1986, 976, 977 f. m.w.N.).
Rz. 6
Die Rechtsbeschwerde macht mit Recht geltend, dass die Vorschriften der zweiten Besoldungsübergangsverordnung des Landes Thüringen, nach denen die ursprüngliche Versorgungsauskunft erteilt war, mit Ablauf des 31.12.2009 außer Kraft getreten sind. Nach der seit dem 1.1.2010 geltenden Rechtslage sei für den Ehezeitanteil ein geänderter Ausgleichswert von 593,46 EUR anzunehmen, der, nachdem die Angleichung der Thüringischen Beamtenversorgung an das Westniveau nunmehr abgeschlossen sei, in Entgeltpunkte umgerechnet werden müsse.
Rz. 7
Ferner macht die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend, dass aufgrund der zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Anhebung der Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand eine abermalige Neubewertung des Ehezeitanteils der bei dem Freistaat Thüringen erworbenen Versorgung vorzunehmen und darüber eine weitere Versorgungsauskunft zu erteilen ist.
Rz. 8
2. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Wegen der noch einzuholenden Versorgungsauskunft kann der Senat nicht in der Sache abschließend entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 2961842 |
FamRZ 2012, 941 |
FuR 2012, 4 |
FuR 2012, 482 |