Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Rentenanwartschaftsrechten. Kirchliche Zusatzversorgungskasse Baden. Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Zur Bewertung von Anrechten bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Baden.
Normenkette
BarwertVO; BGB §§ 1587, 1587a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 i.V.m.
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des OLG Karlsruhe vom 24.6.2004 aufgehoben und das Urteil des AG - FamG - Karlsruhe vom 11.11.2003 zu Nr. 2 des Entscheidungssatzes dahin abgeändert, dass - neben den im Wege des Splittings übertragenen Rentenanwartschaften i.H.v. 271,74 EUR - zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 87,34 EUR begründet sowie vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund weitere Rentenanrechte i.H.v. monatlich 3,80 EUR übertragen werden, und zwar jeweils bezogen auf den 31.7.2001.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Antragsgegner.
Beschwerdewert: 2.000 EUR
Gründe
I.
[1] Die Parteien streiten um die Höhe des Versorgungsausgleichs.
[2] Die am 22.7.1966 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 23.8.2001 zugestellten Antrag durch Verbundurteil vom 11.11.2003 geschieden (insoweit rechtskräftig) und der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt.
[3] In der Ehezeit (1.7.1966 bis 31.7.2001, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar der Antragsgegner (im Folgenden Ehemann, geb. am 24.2.1940) i.H.v. 2.471,82 DM (= 1.263,82 EUR), und die Antragstellerin (im Folgenden Ehefrau, geb. 30.6.1942) i.H.v. 1.408,89 DM (= 720,35 EUR), jeweils monatlich und bezogen auf den 31.7.2001. Außerdem hat der Ehemann in der Ehe Anrechte der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (ZVK-KVBW) i.H.v. 650,57 DM (= 332,63 EUR) sowie Anrechte beim Pensions-Sicherungsverein (PSVaG) i.H.v. 49,80 DM (= 25,46 EUR) erworben, und zwar jeweils monatlich und bezogen auf den 31.7.2001. Er bezieht seine gesetzliche Rente ebenso wie die Rente der ZVK-KVBW seit dem 1.4.2002. Die Ehefrau hat in der Ehe zusätzlich Anrechte der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Baden (KZVK) i.H.v. (richtig:) 379,14 DM (= 193,85 EUR), monatlich und bezogen auf den 31.7.2001, erworben.
[4] Das AG hat die Versorgungen des Ehemannes bei der ZVK-KVBW und der Ehefrau bei der KZVK als statisch angesehen und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften i.H.v. 271,74 EUR (Splitting) und von 3,75 EUR (erweitertes Splitting) übertragen sowie zu Lasten des Versicherungskontos des Ehemannes bei der ZVK-KVBW auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften i.H.v. 63,55 EUR begründet hat.
[5] Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden der Ehefrau und der ZVK-KVBW hat das OLG die Entscheidung des AG abgeändert. Es hat dabei - wie bereits zuvor das AG - die Versorgungen des Ehemannes bei der ZVK-KVBW und der Ehefrau bei der KZVK als statisch angesehen, aber - anders als das AG - den Rentenbezug des Ehemannes berücksichtigt. Es hat deshalb vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften i.H.v. 271,74 EUR (Splitting) und von 3,56 EUR (erweitertes Splitting) übertragen sowie zu Lasten des Versicherungskontos des Ehemannes bei der ZVK-KVBW auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften i.H.v. 55,60 EUR begründet. Die weitergehende Beschwerde der Ehefrau, die die Versorgung des Ehemannes bei der ZVK-KVBW für volldynamisch erachtet, hat es zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Ehefrau mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
[6] Das Rechtsmittel ist begründet.
[7] 1. Das OLG geht davon aus, dass die für den Ehemann bei der ZVK-KVBW und für die Ehefrau bei der KZVK bestehenden Anrechte auf Zusatzversorgung statisch sind. Das trifft nicht zu.
[8] Wie der Senat - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, sind die Versorgungsanrechte bei der ZVK-KVBW nach der Neufassung der Satzung der ZVK-KVBW zum 1.1.2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten (BGH v. 23.3.2005 - XII ZB 255/03, FamRZ 2005, 878; v. 25.4.2007 - XII ZB 206/06, FamRZ 2007, 1084; vgl. auch BGH BGHZ 160, 41, 43 ff. betr. VBL). Für die Versorgungsanrechte der Ehefrau bei der KZVK, deren zum 1.1.2002 neugefasste Satzung der Regelung der übrigen Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes entspricht, gilt nichts anderes.
[9] 2. Die in der Ehezeit vom Ehemann bei der ZVK-KVBW und von der Ehefrau bei der KZVK erworbenen Anrechte auf Zusatzversorgung sind anhand der Barwert-Verordnung (in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 3.5.2006, BGBl. 2006 I 1144; zur Anwendung des aktuellen Rechts vgl. etwa Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587 Rz. 38 m.w.N.) neu zu berechnen. Der Ehezeitanteil beträgt für den Ehemann 650,57 DM x 12 = 7.806,84 DM x 16,52 (Vervielfältiger gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2, Satz 4 i.V.m. Tabelle 2 Anm. 1 und Tabelle 1 Anm. 2 [Lebensalter 61, vorzeitiger Rentenbezug 2 Jahre]: 9,1 + 21 v.H. + 50 v.H.) = 128.969 DM x 0,0000957429 (Umrechnungsgröße Ehezeitende) = 12,3479 EPe x 49,51 DM (aktueller Rentenwert Ehezeitende) = 611,34 DM. Für die Ehefrau beträgt der Ehezeitanteil 379,14 DM x 12 = 4.549,68 DM x 13,05 (Vervielfältiger gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Tabelle 2 Anm. 2 [Lebensalter 59]: 8,7 + 50 v.H.) = 59.373,32 DM x 0,0000957429 (Umrechnungsgröße Ehezeitende) = 5,6846 EPe x 49,51 DM (aktueller Rentenwert Ehezeitende) = 281,44 DM.
[10] 3. Die von dem Ehemann in der Ehezeit erworbene statische Betriebsrente beträgt - umgerechnet nach der Barwert-Verordnung (in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 3.5.2006, BGBl. 2006 I 1144) - (49,80 DM x 12 = 597,60 DM x 9,4 [Vervielfältiger gem. Tabelle 1, Lebensalter 61] = 5.617,44 DM x 0,0000957429 = 0,5378 EPe x 49,51 DM =) 26,63 DM.
[11] 4. Damit ergibt sich folgende Ausgleichsbilanz: Der Ehemann hat in der Ehe (dynamische) Versorgungsanrechte i.H.v. (2.471,82 DM + 611,34 DM + 26,63 DM =) 3.109,79 DM erworben, die Ehefrau (dynamische) Versorgungsanrechte i.H.v. (1.408,89 DM + 281,44 DM =) 1.690,33 DM. Der Ehefrau gebührt die Hälfte der Differenz, mithin (3.109,79 DM - 1.690,33 DM = 1.419,46 DM : 2 =) 709,73 DM. Dieser Ausgleichsanspruch ist - wie geschehen - i.H.v. (2.471,82 DM - 1.408,89 DM = 1.062,93 DM: 2 =) 531,47 DM = 271,74 EUR im Wege des Splittings zu erfüllen. Hinsichtlich des verbleibenden Ausgleichsbetrags von (709,73 DM - 531,47 DM =) 178,26 DM sind nach der Quotierungsmethode zu Lasten der Anrechte des Ehemannes bei der ZVK-KVBW im Wege des Quasisplittings für die Ehefrau Anrechte in der Deutschen Rentenversicherung Bund i.H.v. (178,26 DM x 611,34 DM: [611,34 DM + 26,63 DM =] 637,97 DM =) 170,82 DM = 87,34 EUR zu begründen. In Höhe des restlichen Ausgleichsbetrags i.H.v. (178,26 DM - 170,82 DM =) 7,44 DM = 3,80 EUR sind der Ehefrau im Wege des erweiterten Splittings Rentenanrechte des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 1874915 |
BGHR 2008, 291 |
EBE/BGH 2008 |
FamRZ 2008, 677 |
NJW-RR 2008, 523 |
FamRB 2008, 71 |