Leitsatz (amtlich)
Die Regelung des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB ist dahingehend auszulegen, dass eine Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme auch dann genehmigt werden kann, wenn ein nach § 1901a BGB zu beachtender Wille des Betroffenen nicht festgestellt werden kann.
Normenkette
BGB § 1906a Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 14.03.2018; Aktenzeichen 13 T 714/18) |
AG Hersbruck (Entscheidung vom 20.12.2017; Aktenzeichen XVII 711/12) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerden des Betroffenen und der weiteren Beteiligten zu 3) wird der Beschluss der 13. Zivilkammer des LG Nürnberg-Fürth vom 14.3.2018 (Hauptsache) aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Betroffene und die Beteiligte zu 3) (im Folgenden: Betreuungsbehörde) begehren die Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme.
Rz. 2
Der Betroffene, ein Kurde, ist Ende Februar 2009 aus dem Irak in das Bundesgebiet eingereist. Er leidet an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie einer mittelgradigen Intelligenzminderung und ist nicht geschäftsfähig. Der deutschen Sprache ist er kaum mächtig. Seit Mai 2009 ist für ihn eine Betreuung mit umfassendem Aufgabenkreis eingerichtet. Ebenfalls seit Mai 2009 ist er in einer beschützenden Abteilung eines Pflegeheims untergebracht, wobei die Genehmigungen für den Fall der Krisenintervention immer auch die Unterbringung im geschlossenen Bereich eines psychiatrischen Krankenhauses umfasst haben.
Rz. 3
Im Juli 2017 hat der Betreuer die Genehmigung einer Einwilligung zur Durchführung einer zahnärztlichen Zwangsbehandlung (Gebisssanierung unter Vollnarkose) in einem geeigneten Krankenhaus beantragt.
Rz. 4
Das AG hat den Antrag auf Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen hat das LG verworfen; die Beschwerde der Betreuungsbehörde hat es zurückgewiesen. Mit ihren zugelassenen Rechtsbeschwerden begehren der Betroffene und die Betreuungsbehörde weiterhin die Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme.
II.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerden sind gem. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in der angefochtenen Entscheidung nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG zugelassen hat. Sie sind auch sonst zulässig. Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen und der Betreuungsbehörde für das Verfahren der Rechtsbeschwerde folgt bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerden verworfen bzw. zurückgewiesen worden sind (vgl. etwa BGH v. 13.5.2020 - XII ZB 427/19 - juris Rz. 18 m.w.N.; v. 21.8.2019 - XII ZB 156/19 FamRZ 2019, 1890 Rz. 5 m.w.N.).
III.
Rz. 6
Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
Rz. 7
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beschwerden blieben ohne Erfolg, weil die Beschwerde des Betroffenen unzulässig sei und die Voraussetzungen der Genehmigung in die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB nicht vorlägen.
Rz. 8
Der Betroffene sei gegen die Ablehnung einer Zwangsbehandlung nicht beschwerdeberechtigt, weil er durch die Ablehnung nicht in seinen Rechten i.S.d. § 59 FamFG beeinträchtigt sei. Denn im deutschen Recht gebe es kein Recht des Betroffenen auf Beeinträchtigung seiner körperlichen Unversehrtheit gegen seinen Willen. Durch eine Ablehnung sei lediglich das Recht des Betreuers beeinträchtigt, gegen den Willen des Betroffenen zu dessen Wohl eine ärztliche Heilbehandlung unter Verletzung der körperlichen Unversehrtheit herbeizuführen. Daher stehe gegen eine Ablehnung nur dem Betreuer ein Beschwerderecht zu, nicht aber dem Betroffenen oder dem Verfahrenspfleger.
Rz. 9
Der Betroffene leide nach dem zuletzt eingeholten Sachverständigengutachten an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und einer etwa mittelgradigen Intelligenzminderung. Er sei daher nicht in der Lage, seinen Willen frei zu bestimmen und sei auch geschäftsunfähig. Ausweislich des vom AG eingeholten zahnärztlichen Sachverständigengutachtens müsse beim Betroffenen eine vollständige und umfassende Zahnsanierung erfolgen, die ausschließlich unter Vollnarkose und unter stationären Bedingungen durchgeführt werden könne. Andernfalls könne es zu einem Absterben der Zahnnerven kommen und in der Folge dann zu mit Eiterbildungen verbundenem Entzündungsgeschehen, wobei die Keime über die Blutbahn auch in anderen Körperregionen und an anderen Organen Sepsis und potentiell lebensgefährliche Infektionen auslösen könnten. Weniger belastende Maßnahmen kämen nicht in Betracht, da der Betroffene von der Notwendigkeit einer Zahnsanierung auch nicht ansatzweise überzeugt werden könne. Zwar sei eine unter Vollnarkose durchzuführende Behandlung immer mit einem Risiko behaftet, jedoch überwiege der von der zahnärztlichen Behandlung zu erwartende Nutzen das Risiko deutlich, da mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit auch bei Nichtbehandlung der Tod eintreten könne.
Rz. 10
Gleichwohl dürfe die Einwilligung in die ärztliche Zwangsbehandlung hier nicht genehmigt werden, da der nach §§ 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 1901a BGB zu beachtende maßgebliche Wille des Betroffenen nicht festgestellt werden könne. Eine Patientenverfügung des Betroffenen liege nicht vor. Seit seiner Einreise nach Deutschland sei er nicht mehr einwilligungsfähig gewesen. Ob er zuvor im Irak eine solche Einwilligung erklärt habe, sei nicht bekannt. Einer zahnärztlichen Behandlung habe der Betroffene vielmehr schon vor der Antragstellung des Betreuers und dann durchgehend durch verbale und nonverbale Äußerungen und Verhaltensweisen widersprochen, wobei er zuletzt bei einem Überzeugungsversuch des Zahnarztes davongelaufen sei. Unter Berücksichtigung der Gesetzgebungshistorie könne § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB nicht dahingehend verstanden werden, dass eine Genehmigung auch dann erteilt werden könne, wenn ein nach § 1901a BGB zu beachtender Wille des Betroffenen nicht festgestellt werden könne. Die Regelung des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB sei auch nicht verfassungswidrig.
Rz. 11
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 12
a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts war vorliegend die Erstbeschwerde nicht nur für die Betreuungsbehörde (§ 335 Abs. 4 FamFG), sondern auch für den Betroffenen eröffnet.
Rz. 13
Gemäß § 335 Abs. 3 FamFG kann der Betreuer auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Dies bezieht sich auf die nach § 1902 BGB bestehende Vertretungsmacht des Betreuers bzw. die rechtsgeschäftlich begründete Vertretungsmacht des Vorsorgebevollmächtigten (vgl. BGH v. 5.11.2014 - XII ZB 117/14 FamRZ 2015, 249 Rz. 7 f. und BGHZ 206, 321 = FamRZ 2015, 1702 Rz. 24). Daher ist entgegen der Auffassung des LG nicht zwischen der im Gesetz vorgesehenen Beschwerde durch den Betreuer "im Namen des Betroffenen" und der im anwaltlichen Schriftsatz vorgetragenen Beschwerde des Betroffenen, vertreten durch den Betreuer, zu differenzieren.
Rz. 14
b) Gemäß § 1906a Abs. 2 BGB bedarf die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Dabei kann der Betreuer nach § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB in die ärztliche Zwangsmaßnahme nur einwilligen, wenn diese dem nach § 1901a BGB zu beachtenden Willen des Betreuten entspricht. Liegen - wie hier - weder eine Patientenverfügung noch Behandlungswünsche des Betroffenen vor, ist insoweit gem. § 1901a Abs. 2 BGB der mutmaßliche Wille des Betreuten festzustellen. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insb. frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten (vgl. BGH BGHZ 214, 62 = FamRZ 2017, 748 Rz. 34).
Rz. 15
Dass unter Anwendung dieser Regelung hier auch ein nur mutmaßliches Einverständnis des Betroffenen mit der Zahnsanierung nicht festgestellt werden kann, wird von den Rechtsbeschwerden nicht in Frage gestellt.
Rz. 16
c) Zu Unrecht ist das LG weiter davon ausgegangen, dass die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1906a Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB nicht genehmigt werden kann, wenn ein nach § 1901a BGB zu beachtender Wille des Betroffenen nicht festgestellt werden kann.
Rz. 17
aa) Nach seinem Wortlaut setzt § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB voraus, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme dem nach § 1901a BGB zu beachtenden Willen des Betroffenen entspricht. Dies steht entgegen der Auffassung des LG einer Auslegung dahingehend nicht entgegen, dass eine Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme auch dann genehmigt werden kann, wenn ein nach § 1901a BGB zu beachtender Wille des Betroffenen nicht festgestellt werden kann. Denn dann besteht kein nach § 1901a BGB zu beachtender Wille, dem die ärztliche Zwangsmaßnahme entsprechen müsste und sie ist unter den übrigen Voraussetzungen nach § 1906a Abs. 1 Satz 1 BGB zulässig.
Rz. 18
bb) Diese Auslegung entspricht auch dem durch die Gesetzgebungsgeschichte belegten Willen des Gesetzgebers.
Rz. 19
Die Regelung des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB wurde durch das Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 17.7.2017 (BGBl. I 2426) geschaffen. Das Gesetz geht auf einen Entwurf der Bundesregierung zurück, die damit auf die Rechtsprechung des BVerfG reagierte. Das BVerfG hatte § 1906 Abs. 3 BGB in der seit der 26.2.2013 geltenden Fassung insoweit mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für unvereinbar erklärt, als für Betreute, denen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen drohen und die die Notwendigkeit der erforderlichen ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, eine ärztliche Behandlung gegen ihren natürlichen Willen unter keinen Umständen möglich ist, sofern sie zwar stationär behandelt werden, aber nicht geschlossen untergebracht werden können, weil sie sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind; zugleich wurde der Gesetzgeber verpflichtet, unverzüglich eine Regelung für diese Fallgruppe zu treffen (BVerfG FamRZ 2016, 1738 Rz. 66 ff.; vgl. auch Vorlagebeschluss des BGH v. 1.7.2015 - XII ZB 89/15 FamRZ 2015, 1484 Rz. 39 ff.).
Rz. 20
Die Bundesregierung wollte mit ihrem Gesetzentwurf nicht nur die beanstandete Regelungslücke schließen, sondern verfolgte darüber hinaus das Ziel, das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen bei medizinischen Behandlungen weiter zu stärken. Dazu sollte zur Klarstellung ausdrücklich als weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme bestimmt werden, dass ein nach § 1901a BGB zu beachtender Wille des Betroffenen der ärztlichen Zwangsmaßnahme nicht entgegenstehen darf (vgl. BT-Drucks. 18/11240, 2, 13 ff. und 19). Dementsprechend sah § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB-E vor, dass der Betreuer in die ärztliche Zwangsmaßnahme nur einwilligen kann, wenn "ein nach § 1901a zu beachtender Wille des Betreuten der ärztlichen Zwangsmaßnahme nicht entgegensteht" (vgl. BT-Drucks. 18/11240, 8).
Rz. 21
Demgegenüber hat der im Rahmen der Gesetzesberatung im Deutschen Bundestag federführende Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz folgende Formulierung empfohlen: "3. ... die ärztliche Zwangsmaßnahme dem nach § 1901a BGB zu beachtenden Willen des Betreuten entspricht" (BT-Drucks. 18/12842, 3). Zur Begründung hat der Ausschuss ausgeführt, eine Patientenverfügung, die Behandlungswünsche des Betreuten und sein mutmaßlicher Wille seien nach § 1901a Abs. 1 und 2 BGB in dieser Reihenfolge maßgeblich für eine Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsmaßnahme. Dafür reiche es nicht aus, dass der Betreute zu einem früheren Zeitpunkt der ärztlichen Zwangsmaßnahme mit freiem Willen nicht widersprochen habe. Vielmehr sei positiv festzustellen, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme dem nach § 1901a BGB zu beachtenden Willen des Betreuten entspreche. Dies solle durch eine positiv gewendete Formulierung klargestellt werden. Die Beachtung des Willens des Betreuten nach § 1901a BGB sei jedoch nur möglich, soweit ein Wille nach dieser Vorschrift festgestellt werden kann. Sei mangels konkreter Anhaltspunkte auch ein mutmaßlicher Wille gem. § 1901a Abs. 2 BGB nicht feststellbar, so könne der Betreuer dennoch zum Wohl und Schutz des Betreuten in die ärztliche Zwangsmaßnahme einwilligen, wenn alle weiteren Voraussetzungen nach § 1901a Abs. 1 Satz 1 BGB-E erfüllt seien (BT-Drucks. 18/12842, 8). In der durch den Ausschuss empfohlenen Fassung wurde das Gesetz nachfolgend beschlossen (vgl. abschließend BT-PlPr 18/240 S. 24649 D und BR-PlPr 959 S. 345 C-345 D).
Rz. 22
Die Begründung des Rechtsausschusses macht deutlich, dass durch die vorgeschlagene positive Formulierung ein engerer Rahmen nur für die Fälle abgesteckt werden sollte, dass eine Patientenverfügung, ein Behandlungswunsch oder ein mutmaßlicher Wille des Betroffenen bekannt ist. In solchen Fällen muss positiv festgestellt werden, dass die geplante Maßnahme dieser Willensäußerung entspricht (vgl. BGH BGHZ 214, 62 = FamRZ 2017, 748 Rz. 34 ff.). Ist hingegen eine solche Willensäußerung nicht zu ermitteln, beinhaltet die Vorschrift keine weitere Einschränkung. Indem der Gesetzgeber die vom Rechtsausschuss vorgeschlagene Formulierung übernommen und verabschiedet hat, ohne eine abweichende Begründung hinzuzufügen, hat er auch die durch den Rechtsausschuss gegebene Begründung mitübernommen.
Rz. 23
cc) Nur ein solches Verständnis des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB wird auch den verfassungsgerichtlichen Vorgaben gerecht, wonach sich hinsichtlich einer ärztlichen Zwangsbehandlung die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht des Betreuten durchsetzt, wenn es keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür gibt, dass gerade die Behandlungsverweigerung einem ursprünglich freien Willen des Betreuten entspricht. Allerdings muss die Gesetzgebung gewährleisten, dass eine medizinische Zwangsbehandlung nur vorgenommen werden darf, wenn feststeht, dass tatsächlich kein freier Wille der Betreuten vorhanden ist, dem gleichwohl vorhandenen natürlichen Willen nach Möglichkeit Rechnung getragen wird und dass die materiellen Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung nachweisbar vorliegen (vgl. BVerfG FamRZ 2016, 1738 Rz. 67 ff., 78 ff. m.w.N.).
Rz. 24
Daher ist die Regelung des § 1906a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB dahingehend auszulegen, dass eine Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme auch dann genehmigt werden kann, wenn ein nach § 1901a BGB zu beachtender Wille des Betroffenen nicht festgestellt werden kann.
Rz. 25
d) Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, nachdem das Beschwerdegericht zu den weiteren Voraussetzungen der Einwilligung gem. § 1906a Abs. 1 Satz 1 BGB keine verfahrensordnungsgemäßen Feststellungen getroffen hat. Der Senat weist insoweit für das weitere Verfahren insb. darauf hin, dass eine Anhörung des Betroffenen, die ohne die Möglichkeit einer Beteiligung des Verfahrenspflegers erfolgt, verfahrensfehlerhaft ist und den Betroffenen in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BGH, Beschl. v. 21.9.2016 - XII ZB 57/16 FamRZ 2016, 2092 Rz. 10 m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 14116246 |
ZAP 2020, 1165 |
ArztR 2021, 48 |
BtPrax 2021, 36 |
JZ 2020, 696 |
MDR 2020, 1377 |
Rpfleger 2021, 152 |
FF 2020, 465 |
FamRB 2021, 110 |
GesR 2020, 725 |
PflR 2021, 36 |
R&P 2021, 47 |